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„Warum ist Opa immer so gemein zu mir?“

Junge schaut traurig aus dem weihnachtlich geschmückten Fenster
Unverstanden zu Weihnachten, kein schönes Gefühl / Bild © Soloviova Liudmyla, Adobe Stock

Ein Meinungsstück zu alten Ansichten oder wie wir Weihnachten als Erwachsene für unsere Kinder wieder zu dem machen, was es mal sein sollte.

„Hör auf hier rumzurennen, das muss doch langsam mal besser werden!“, wirft der Großvater Hanna wütend an den Kopf, als sie in der Küche fast gegen die Tür läuft … nachdem sie zwei Stunden lang stillgesessen und dabei Unmengen der angebotenen Süßigkeiten vertilgt hat.

Sie bricht in Tränen aus und vergräbt ihr Gesicht an meinem Bauch. „Warum ist Opa immer so gemein zu mir?“

Meine Tochter hat eine angeborene innere Unruhe und strengt sich sehr an, nirgendwo aufzufallen: im Unterricht nicht – die Klassenleitung ist von der „alten Schule“ und äußerst streng. Unterwegs ebenfalls nicht, weil sie sich die hochgezogenen Brauen der älteren Semester sehr zu Herzen nimmt. Und bei Oma und Opa nicht, weil sie weiß, dass ihr normales Verhalten dort nicht gut ankommt. 

„Maskieren“ nennt sich das. Es ist sehr anstrengend für sie. Nur zu Hause kann sie sein, wie sie ist. Meistens jedenfalls.

Diesmal mache ich, was ich mir sonst verkneife: Ich hebe meine Stimme und verteidige sie – kurz, aber energisch. Opa ist empört, der Adventsnachmittag ruiniert und ich grusele mich wie jedes Jahr vor Weihnachten in Familie. 

Noch zwei Wochen … aber muss das so sein?

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„Nichts darf man mehr sagen!“

Deutschlands Senioren-Riege ist schon etwas Besonderes. Und man kann ihnen nicht mal böse sein, schließlich sind viele von ihnen mit harter Hand erzogen worden, Knecht Ruprecht und seine Rute lassen grüßen. 

Ihre Eltern gehörten zur Kriegsgeneration und der Erziehungsratgeber der Nationalsozialistin Johanna Harer war über viele Jahrzehnte ein Bestseller. Ihre fragwürdigen, teils menschenverachtenden Tipps prägen unsere Nation noch heute. 

Wenn du mehr dazu wissen willst, hör dir gern den babelli-Podcast dazu an:

Die Kinder von damals haben für sich Wege gefunden, mit ihren inneren Verletzungen umzugehen, leider nicht immer zum Wohle der nächsten Generationen. 

Wie gut oder schlecht alte Ansichten nun mit moderner, bindungsorientierter Erziehung zusammenpassen, hängt vor allem von der Fähigkeit zur Selbstreflexion der Beteiligten ab.

Ein ehemals beliebter Moderator hat vorgemacht, wie es NICHT geht. Wollen wir dieses Verhalten wirklich weitergeben?

Aber lasst uns die Vergangenheit begraben und gemeinsam schauen, wie es zu Weihnachten besser klappen könnte.

Ich habe da ein paar Ideen. Fangen wir damit an, auf den Kern dieses traditionellen Festes zu schauen: 

Weihnachten ist das Fest der Liebe. 

Es geht nicht um Geschenke. Es geht um Zusammensein und Zusammenhalt, Frieden, Verbindung und Nächstenliebe – allen Widrigkeiten zum Trotz, auch und gerade in schwierigen Zeiten. 

Das bedeutet, jedes Familienmitglied so zu nehmen, wie es eben ist. Auch den Opa? Na klar, aber auch und vor allem die Kinder!

Denn Opa ist erwachsen. Er hat, so hoffen wir zumindest, ein gewisses Maß an Einsicht und Selbstregulation erlangt. Außerdem ist er froh, wenn er einen Stuhl zum Draufsitzen hat. 

Von Kindern kann und darf man nicht das Gleiche erwarten. 

Sie müssen sich ganz viel bewegen, ihre Welt erkunden, sich überschwänglich freuen und wusstet ihr, dass die Reifung des Gehirns erst mit 28 abgeschlossen ist? Ich bis vor Kurzem auch nicht …

Wie wäre es also stattdessen, unsere Kinder nicht als störend wahrzunehmen, wenn sie sich ganz natürlich verhalten, sondern als das zu sehen, was sie eigentlich für die Familie sind? Das größte Geschenk von allen nämlich. Ihre leuchtenden Augen machen das Fest doch erst richtig besonders. 

Und deshalb …

Liebe Großeltern, liebe Tanten und Onkel, Pateneltern und sonst wie Verbandelte, meine Empfehlung zu Weihnachten wäre: Guckt auf die wundervolle Individualität der Kinder! Nicht nur an Weihnachten, aber vor allem dann.

Meine Tochter ist zum Beispiel sehr kreativ. Sie liebt die Natur und würde keinem Tier etwas zuleide tun. Ist das nicht wunderbar?

Sie hat kein Schutzschild um sich herum, deshalb treffen sie unnötige Anschuldigungen besonders hart. 

Dafür verträgt sie Zucker nur in Maßen, kann schlecht stillhalten, hat intensive Emotionen und ist öfter ungeschickt. Für all das kann sie nichts, es ist angeboren. Anschreien macht es nur schlimmer und am allermeisten leidet sie selbst darunter, irgendwie anders zu sein.

Aber ganz abgesehen von unserem Beispiel:

Jedes Kind ist wertvoll und verdient es, von uns wohlwollend unterstützt und aufrichtig als eigene Persönlichkeit wahrgenommen zu werden. Ich glaube fest daran, dass diese Sichtweise vieles in der Gesellschaft verbessern wird – denn kleingemacht wurde in der Vergangenheit bereits genug.

Opa hat sich übrigens persönlich bei meiner Tochter entschuldigt. Er hat extra angerufen. Das war neu und ich fand es großartig. Es ist eben nie zu spät, sich selbst zu reflektieren und ein bisschen mehr Liebe in diese Welt zu tragen.

Ich wünsche allen eine besinnliche Weihnachtszeit!

143bd8270c6f44078c8ef19603412a90 - „Warum ist Opa immer so gemein zu mir?“
Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

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