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Verschwindet die Blasenschwäche nach der Geburt wieder?

Frau sitzt auf der Toilette
Gegen die Blasenschwäche kann und sollte man etwas tun / Foto © Satjawat, Adobe Stock

Eine Blasenschwäche nach der Geburt ist keine Seltenheit. Der Beckenboden ist durch die Schwangerschaft und die Entbindung geschwächt und braucht nun besondere Aufmerksamkeit. Wir erklären dir, was du tun kannst, um der Inkontinenz entgegenzuwirken.

Warum kommt es zu einer Blasenschwäche nach der Geburt?

Eine Blasenschwäche (auch: Harninkontinenz) nach der Geburt ist vor allem auf den durch die Schwangerschaft und die Entbindung geschwächten Beckenboden zurückzuführen. Der Beckenboden befindet sich zwischen dem Schambein und den Sitzhöckern. Er stützt die inneren Organe im Bauchraum (Gebärmutter, Blase, Darm) und unterstützt normalerweise aktiv den Schließmechanismus der Blase und Harnröhre.

In der Schwangerschaft ist der Beckenboden weicher und nachgiebiger. Dafür sorgen die Hormone Östrogen, Progesteron und Relaxin. Eigentlich ein cleverer Schachzug der Natur. Denn ein weicher und somit dehnbarer Beckenboden ist für die Entbindung unerlässlich, da er stark nachgeben muss, um dem Kind den Weg nach draußen zu ermöglichen. Durch das “Aufweichen” des Beckenbodens wird allerdings auch der Schließmuskel der Blase nachgiebiger. Es können leichter Urintröpfchen austreten. Nach der Schwangerschaft hält dieser Zustand oft zunächst an.

Mehr als ein Drittel aller Frauen leidet in den ersten drei Monaten nach der Geburt an einer Harninkontinenz. Bei Frauen, die einen Dammriss oder eine Saugglocken- bzw. Zangengeburt hatten, können die Symptome besonders ausgeprägt sein. Auch Übergewicht, Schwangerschaftsdiabetes oder eine sehr lange Austreibungsphase unter der Geburt können eine Harninkontinenz begünstigen. In den meisten Fällen handelt es sich um eine Belastungsinkontinenz (auch: Stressinkontinenz). Der unfreiwillige Urinverlust tritt vor allem bei körperlicher Belastung oder auch beim Lachen, Niesen oder Husten auf. Eine Dranginkontinenz, bei der es zu einem plötzlichen, starken Harndrang kommt, ohne dass die Blase voll ist, ist nach einer Geburt deutlich seltener.

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Was hilft bei Blasenschwäche nach der Geburt?

Die gute Nachricht: Du kannst der Harninkontinenz entgegensteuern. Sie verschwindet nach der Geburt zwar nicht von selbst, aber sie muss keineswegs von Dauer sein. Wenn du gezielt deinen Beckenboden stärkst, kannst du die Blasenschwäche lindern. Wie lange die Blasenschwäche nach der Geburt anhält, lässt sich natürlich nicht vorhersagen. Aber: Je regelmäßiger du trainierst, desto schneller verschwindet sie normalerweise wieder.

Folgende Maßnahmen sind bei einer Harninkontinenz hilfreich

Bei einer Blasenschwäche nach der Geburt sind Übungen hilfreich, die den Beckenboden stärken. Weiterhin solltest du dich ausreichend bewegen, viel trinken und unbedingt Rückbildungsgymnastik machen. Hier die besten Maßnahmen auf einen Blick.

  • Beckenbodengymnastik: Sobald deine Hebamme ihr Okay gibt, kannst du mit sanfter Beckenbodengymnastik beginnen und deine Beckenbodenmuskulatur gezielt stärken. Dadurch kann dein Beckenboden deine Organe nach und nach wieder besser stützen. Übungen für zu Hause kannst du unserem Artikel zum Thema Beckenbodentraining entnehmen. In der Anfangszeit empfiehlt sich jedoch ein angeleiteter Kurs – entweder in Präsens oder online. Denn: Du solltest zunächst lernen, deinen Beckenboden zu spüren. Nur so kannst du deine Beckenbodenmuskulatur richtig anspannen. Später kannst du das Beckenbodentraining einfach in deinen Alltag integrieren und etwa an jeder roten Ampel zehnmal den Beckenboden anspannen. So erfolgt das Training ganz nebenbei.
  • Rückbildungskurs: Etwa 6 bis 8 Wochen nach der Geburt sollten Neu-Mamis mit Rückbildungsgymnastik beginnen, um Bauch- und Rückenmuskulatur sowie den Beckenboden zu stärken. Die Straffung des Beckenbodens ist ein wichtiger Bestandteil der Rückbildung. Die Kosten für einen Rückbildungskurs übernimmt die Krankenkasse. Nimm diese Möglichkeit unbedingt wahr. Durch gezielte Rückbildungsgymnastik kannst du der Blasenschwäche am besten entgegensteuern. Einige Rückbildungsübungen in Rücken- oder Bauchlage sind übrigens bereits früher möglich. Lass dich von deiner Hebamme beraten.
  • Osteopathie und Bio-Feedback/Elektrostimulation: Studien weisen darauf hin, dass die Kräftigung des Beckenbodens schneller geht, wenn eine Kombination aus Beckenbodentraining, osteopathischer Behandlung und Elektrostimulation (Bio-Feedback) zum Einsatz kommt. Mithilfe von Elektrostimulation wird die Muskulatur angeregt.
  • Bewegung: Wenn du dich in der ersten Zeit nach der Entbindung gut fühlst, können längere Spaziergänge dazu beitragen, den Beckenboden zu stärken und deine durch die Schwangerschaft veränderte Körperhaltung zu verbessern. Achte darauf, dass du auf weichen Untergründen spazieren gehst und auf gut gefederten Sohlen unterwegs bist. Sportarten, bei denen es zu Stoßbelastungen kommt (etwa Joggen), sind nach der Geburt erst einmal tabu. Falls du dich sportlich betätigen möchtest, sind sanfte Sportarten wie Schwimmen oder Yoga geeignet. Wichtig: Halte Rücksprache mit deiner Hebamme, bevor du mit einem Sportprogramm startest.
  • Genug trinken: Auch wenn es im ersten Moment kontraproduktiv erscheint, solltest du darauf achten, ausreichend Flüssigkeit zu dir zu nehmen. Ärzte und Ärztinnen empfehlen täglich etwa 1,5 bis 2 Liter Wasser oder ungesüßten Tee zu trinken. Vor allem Still-Mamis brauchen in der Stillzeit viel Flüssigkeit, damit der Kreislauf stabil läuft. Ein weiterer Grund, viel zu trinken: Flüssigkeitsmangel kann zu Verstopfung führen. Das Pressen auf der Toilette schwächt den Beckenboden enorm.
  • Ballaststoffreiche Ernährung: Um eine Verstopfung zu vermeiden, solltest du zudem auf eine ballaststoffreiche Ernährung achten. Viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte tragen zu einer guten Verdauung bei.
  • Über die Seite husten/niesen: Häufiges Husten oder Niesen kann dazu führen, dass Urin austritt. Denn durch das Husten bzw. Niesen spannt sich dein Bauch jedes Mal kurz an. Das belastet den Beckenboden. Huste oder niese daher seitlich über die Schulter. So werden lediglich die seitlichen Bauchmuskeln belastet, nicht der Beckenboden selbst.

Tipp: Slipeinlagen, Binden oder Inkontinenzslips sorgen für ein gutes Gefühl!

Bei einer Harninkontinenz nach der Geburt geben dir Slipeinlagen oder Inkontinenzbinden ein gutes Gefühl und halten deinen Intimbereich trocken. Es gibt sogar spezielle Slips, die du bei besonders schwerer Blasenschwäche nach der Geburt nutzen kannst. Keine Sorge, man sieht ihnen ihre Funktion nicht an.

Wann du zum Arzt gehen solltest

Bleibt deine Blasenschwäche nach der Geburt trotz Beckenboden- und Rückbildungsgymnastik auch nach Monaten bestehen, solltest du mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt darüber sprechen. Sie können dir weitere Tipps geben und dich gegebenenfalls an eine urologische Praxis überweisen. Eine Blasenschwäche ist behandelbar.

Zur weiteren Therapie können etwa Physiotherapie, Medikamente oder Pessare zum Einsatz kommen. Pessare sind meist schalen- oder ringförmige Hilfsmittel aus Gummi oder Silikon, die in die Vagina eingeführt werden. Sie sollen die Organe im Beckenbereich anheben und die Symptome abgesenkter Beckenorgane therapieren. Bei einer Belastungsinkontinenz kann ein Pessar die Harnröhre stützen. Als letzte Option und bei einem hohen Leidensdruck der Betroffenen kommt eine Operation infrage. Keine Sorge: Solche Maßnahmen sind nur in Ausnahmefällen nötig.

Fazit: Eine Blasenschwäche nach der Geburt muss kein Dauerzustand sein!

Sei unbesorgt, eine Blasenschwäche nach der Geburt ist in den allermeisten Fällen vorübergehend und durch konservative Methoden behandelbar. Durch gezielte Beckenboden- und Rückbildungsgymnastik lässt sich die Inkontinenz nach der Geburt wieder in den Griff bekommen. Sprich mit deiner Hebamme über deine Beschwerden. Sie hat sicher weitere, wertvolle Tipps für dich und kann dich bei deinem “Kampf” gegen die Blasenschwäche unterstützen. Übrigens: Auch wenn die Geburt bereits eine Weile zurückliegt: Es ist nie zu spät, mit Beckenbodentraining anzufangen! Für einen langfristigen Erfolg solltest du die Übungen dauerhaft in deinen Alltag integrieren.

Hast oder hattest du eine Blasenschwäche nach der Geburt und möchtest uns an deinen Erfahrungen teilhaben lassen? Wir freuen uns über eure Kommentare!

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Quellen

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.