Nur müde oder schon ausgebrannt? Wenn Eltern ins Burnout rutschen, leidet die ganze Familie.
Die Anforderungen des modernen Familienlebens sind hoch. Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung fordern täglich unsere Zeit und Energie. Für viele Eltern, besonders in der heutigen schnelllebigen und leistungsorientierten Gesellschaft, kann dieser Balanceakt zwischen beruflichen, familiären, häuslichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen zu einem echten Burnout führen. Wo vorher zu viel Feuer war, bleibt nur verbrannte Asche.
Eine Forsa-Umfrage der KKH unter 1.000 Eltern von Minderjährigen zeigt, dass die Burnoutzahlen von 2019 bis 2024 deutlich zugenommen haben: „Fast 70 Prozent der befragten Eltern fühlen sich infolge hoher Belastungen mitunter erschöpft oder ausgebrannt.“
Eltern im Dauermarathon
In den letzten Jahren hat sich die Gesellschaft zunehmend dafür geöffnet, die verschiedenen Formen des Elternseins zu hinterfragen. Der Wandel von traditionellen Geschlechterrollen und die stärkere Beteiligung beider Elternteile an der Erziehung der Kinder hat einerseits positive Effekte.
Andererseits stehen Eltern heute unter großem Druck, in beiden Bereichen – Familie und Beruf – gleichermaßen erfolgreich und immer erreichbar zu sein.
Der Spagat zwischen der beruflichen Karriere und den Anforderungen der Familie ist für viele zur täglichen Herausforderung geworden. Die Zeiten, in denen ein Elternteil vorwiegend für die Kinderbetreuung zuständig war, sind in vielen Familien längst vorbei.
Oft sind beide Elternteile im Arbeitsleben aktiv, was nur fair ist, aber eben auch zu einer doppelten Belastung von beiden Elternteilen führen kann, solange die Grundlagen dafür noch immer nicht geschaffen wurden.
Während berufliche Verpflichtungen Stress erzeugen, kommen private Sorgen und die Verantwortung für das Wohl der Kinder hinzu. Dies kann dazu führen, dass Eltern sich ausgelaugt und überfordert fühlen. Von ständiger Erschöpfung ist es dann nicht weit ins akute „Eltern-Burnout“ und/oder eine Depression.
Symptome eines Eltern-Burnouts
Das klassische Burnout wird oft mit dem Job in Zusammenhang gebracht. Aber das reicht als Erklärung nicht aus. Denn auch Eltern, die keiner „klassischen“ Burnout-Tätigkeit (z. B. Pflegeberufe oder mittleres Management) nachgehen, können typische Symptome erleben. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:
- Erschöpfung und Müdigkeit: Eltern fühlen sich ständig müde und leer, egal wie viel sie schlafen. Die Erschöpfung geht über die normale Müdigkeit hinaus und beeinträchtigt den Alltag.
- Schlafstörungen und körperliche Beschwerden: Schlafprobleme sind ein weiteres häufiges Symptom, ebenso wie körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Magenprobleme.
- Fehlende Motivation und Freude: Die Freude an alltäglichen Aufgaben wie dem Spielen mit den Kindern oder der gemeinsamen Freizeitgestaltung geht verloren. Die Eltern können aus Familienmomenten keine Erholung mehr ziehen.
- Emotionaler Rückzug: Oft distanzieren sich betroffene Eltern von den Kindern und/oder dem anderen Elternteil. Sie sind schneller reizbar und „funktionieren“ nur noch oder eben gar nicht mehr. Der Grund: Sie fühlen sich nicht mehr in der Lage, eine enge Bindung zu pflegen oder die Bedürfnisse ihrer Familie zu erfüllen.
Diese Symptome sind nicht nur ein Zeichen für eine Überlastung, sondern auch ein Alarmsignal des Körpers, dass die Grenze erreicht ist und eine Veränderung zwingend nötig wird. Der Körper zieht die Reißleine und schickt dich auf die Couch.
Die Ursachen des Eltern-Burnouts
Ein zentraler Grund für den Anstieg von Eltern-Burnout ist die zunehmende oder gefühlte Erwartung, dass Eltern sowohl im Beruf als auch zu Hause herausragende Leistungen erbringen müssen.
Krankfeiern war gestern. Eltern im Hamsterrad erlauben es sich eher selten, der Arbeit fernzubleiben, selbst wenn sie sollten. Zu groß die Befürchtung als nicht leistungsfähig aussortiert zu werden …
Dazu kommen die eigenen Ansprüche zuhause: Die Kinder müssen nicht nur versorgt, sondern bestmöglich gefördert werden. Die Wohnung muss glänzen, die Mahlzeiten abwechslungsreich sein und die Partnerschaft ein Traum.
Diese ständige Selbstverpflichtung, allen Ansprüchen bis zur Perfektion gerecht zu werden, ohne auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, führt schnell zu Überlastung.
Hinzu kommt der gesellschaftliche Druck, der oft durch Social Media verstärkt wird: Es scheint, als müsse jedes Elternpaar in der Lage sein, das perfekte Gleichgewicht zwischen Karriere, Familienleben und Selbstfürsorge zu finden. Die andere Seite der Fantasiefamilien sieht niemand. Auch die nette Familie aus der Kita, die ihr Kind immer ganz früh abholt, kann den Druck verstärken, wenn du dich mit ihnen vergleichst. Dabei weißt du nicht, was hinter der Fassade wirklich los ist …
Eine weitere, sehr wichtige Ursache ist die immer noch nicht vollständig gerechte Verteilung der Kinderbetreuung. Zwar arbeiten viele Väter mittlerweile aktiver mit, doch in vielen Familien übernehmen Mütter nach wie vor den Großteil der Betreuungs- und Haushaltsaufgaben. Auch, aber nicht nur, weil viele Väter noch immer Hauptverdiener in der Familie sind und keine Möglichkeit sehen, aus dieser Rolle herauszukommen.
Dies führt zu einer einseitigen Belastung und zu einem Ungleichgewicht, das gerade Mütter, aber eben auch Väter häufig an den Rand ihrer Kräfte bringt.
Wer am häufigsten betroffen ist
Bestimmte Eltern brennen schneller aus als andere:
- Eltern, die Kinder mit besonderen Bedürfnissen haben, weil ihre Begleitung und die Recherche nach Therapiemöglichkeiten bei chronischen Erkrankungen oder neurologischen Besonderheiten zusätzlich Zeit und Kraft kosten.
- Eltern, die selbst mit Persönlichkeitsmerkmalen wie ADHS (auch unerkannt) leben, weil sie es oft schon schwer genug finden, ihren eigenen Alltag zu meistern, ohne die Zusatzverpflichtungen, die durch das Elternsein hinzukommen. Zudem sind sie oft sensibler und können schwerer abschalten.
- Alleinerziehende Eltern, die kaum Hilfe haben
Besonders dramatisch, wenn alles zusammenkommt, was gar nicht selten der Fall ist. Aber auch alle anderen sind nicht vor einem Eltern-Burnout gefeit.
Wie können Eltern einem Burnout entgegenwirken?
Es gibt ein paar Ansätze, die gestressten Eltern in der Erschöpfungsspirale helfen können, sich vor dem Ausbrennen zu schützen oder aus einem Burnout zu befreien.
- Eingestehen:
Werde dir bewusst, wie kritisch es gerade ist. Schwäche zuzugeben, ist ein Zeichen von Stärke! - Ärztlichen Rat einholen:
Gerade Eltern neigen noch immer dazu, ihre Probleme so weit aufzuschieben, bis gar nichts mehr geht. Der erste Schritt ist also die Krankschreibung ohne schlechtes Gewissen! Wenn dann gleich eine Kur beantragt werden kann, umso besser. Dort lernst du hilfreiche Dinge wie Stressmanagement und musst dich eine Zeit lang um nichts kümmern. - Hilfe annehmen:
Ein weiterer Schritt ist, sich selbst einzugestehen, dass man nicht alles (alleine) stemmen muss. Es ist völlig in Ordnung, Hilfe von außen anzunehmen – sei es durch den anderen Elternteil, Großeltern oder Freunde. Vielen Eltern geht es wie euch, vielleicht könnt ihr euch gegenseitig stärken? Professionelle Unterstützung wie eine Psychotherapie und/oder ein Coaching können in dieser Phase begleitend sehr hilfreich sein, um alte, hinderliche Muster abzulegen und dir selbst wieder mehr Raum zu geben. Und es gibt Unterstützung von staatlicher oder Krankenkassenseite, von der viele Eltern gar nichts wissen. Selbstverständlich kannst du auch private Angebote wie eine Putzkraft oder einen Babysitter nutzen, wenn das finanziell drin ist. - Grenzen ziehen:
DAS perfekte Familienleben gibt es nicht. Das Streben nach Perfektion kann zu unnötigem Druck führen. Stattdessen sollte das Ziel sein, ausreichend Zeit für Erholung und für die eigenen Interessen zu finden. Denn was du deinen Kindern vorlebst, werden sie als eigene Glaubenssätze verinnerlichen. Wenn du euer Leben entschlacken kannst, dann mach! Hier hilft, den Alltag zu reflektieren und überflüssige Aufgaben knallhart auszusortieren. - Achtsamkeit und Selbstfürsorge vorleben:
Auch und gerade Eltern dürfen und müssen lernen, regelmäßig Pausen (auch digitale!) zu machen und auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. Gut essen, viel Wasser trinken, Achtsamkeitstraining, Meditation, leichter Sport oder auch nur kurze Auszeiten, in denen du dich vom familiären Alltag entfernst, können dir helfen, wieder zu Kräften zu kommen.
Fazit: Hinschauen und umdenken – zu Hause und in der Gesellschaft
Eltern-Burnout ist ein ernstzunehmendes Thema, das leider noch zu wenig Aufmerksamkeit erhält. In einer Gesellschaft, die immer schneller, leistungsorientierter und komplexer wird, müssen wir uns bewusst machen, wie belastend die Doppelbelastung von Beruf und Familie sein kann.
Nur durch ein gemeinsames Umdenken – sowohl innerhalb der Familie als auch in der Gesellschaft – kann die Erschöpfung vieler Eltern verringert werden. Hierbei ist es wichtig, dass sowohl Mütter als auch Väter die gleichen Rechte und Pflichten im Familienalltag wahrnehmen (können), um so zu einer gerechteren und gesünderen Aufteilung der Aufgaben zu gelangen.
Und Eltern müssen lernen, dass es okay ist, Hilfe zu suchen und nicht alles alleine zu schaffen. Nur wenn Eltern sich selbst für ihre Bedürfnisse und ihre Gesundheit einsetzen, können sie die Kraft finden, für ihre Kinder und ihre Familie da zu sein. Und nur so ist es überhaupt möglich, unser wertvollstes Gut – die Kinder und Jugendlichen – bestmöglich auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben begleiten.
Quellen
- Vivantes: Burnout-Syndrom: https://www.vivantes.de/themen/spezialisierungen/seelische-gesundheit/psychische-erkrankungen/aengste-stress/burnout-syndrom (abgerufen am 10.04.2025)
- NDR: Burnout – Symptome, Phasen und Behandlung: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Burnout-Symptome-Phasen-und-Behandlung,burnout230.html (abgerufen am 10.04.2025)
- KKH: Eltern-Burnout statt Familienglück? Forsa: Stresslevel bei Müttern und Vätern steigt – KKH-Expertin: Warnsignale ernst nehmen: https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/elternstress2024 (abgerufen am 10.04.2025)
- Statista: Berufsgruppen mit den meisten Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund von Burn-out-Erkrankungen im Jahr 2023: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239672/umfrage/berufsgruppen-mit-den-meisten-fehltagen-durch-burn-out-erkrankungen/ (abgerufen am 10.04.2025)