Zweifelst du, ob es normal ist, in der Babyzeit keine Lust auf Sex zu spüren? Wir durften Frauen im ersten Jahr nach der Geburt anonym zu ihrem Bedürfnis nach Intimität befragen. Viele von ihnen haben uns geschrieben. In diesem Artikel findest du 9 ausgewählte Erfahrungsberichte, die wir mit dir teilen dürfen.
Über Sex in der Babyzeit spricht man nicht? Oh doch! Heute brechen wir ein längst überholtes Tabu. Denn drei von vier der von uns befragten Frauen hatten nach der Geburt keine Lust auf ihren Partner – teilweise jahrelang.
Wir danken denjenigen, die an der Umfrage teilgenommen hatten, für die Offenheit und hoffen, damit vielen Frauen (und ihren Partnern) den Druck nehmen zu können. Falls du auch betroffen bist, wirst du sehen, du bist nicht allein!
Falls du noch schwanger bist: Es muss nicht so kommen, kann aber. Gut, wenn du weißt, dass es normal ist und dass es auch – wie so vieles in der Elternschaft – eine Phase ist, die vorbeigeht, wenn alles andere in der Partnerschaft einigermaßen rund läuft.
9 Erfahrungsberichte aus der babelli-Community
Das Bedürfnis nach Sex habe ich gar nicht
„Unser Baby ist schon 13 Monate alt und wir hatten bis jetzt ein halbes Mal Sex und das war für uns beide purer Stress und Zwang aus dem schlechten Gewissen heraus. Ich bin noch immer sehr aufs Baby fixiert und achte auch sonst kaum auf meine Bedürfnisse. Das Bedürfnis nach Sex habe ich gar nicht. Wenn, dann nach mehr Nähe und Kuscheln. Ich müsste mich erst an die körperliche Nähe wieder gewöhnen. Wir sind ein tolles Team als Eltern, aber als Paar kaum mehr zu erkennen. Es ist schade und ich fühle mich sehr schlecht deswegen, wüsste aber nicht, wie ich/wir es ändern sollen. Das Schlimme ist, dass ich den Sex nicht vermisse. Meine Frauenärztin meint, es sei normal und üblich.“
Wollte nur, dass es vorbei ist
„Komisches Gefühl unten herum nach der Geburt. Konnte den Sex kein bisschen genießen, auch wegen der Sorge, dass das Baby jederzeit wach werden könnte. Wollte nur, dass es vorbei ist. Mein Partner setzt mich stark unter Druck, was den Sex angeht und wenn es nach mir ginge, dann hätten wir erstmal gar keinen Sex.“
Was, wenn ich es nicht mehr kann?
„Mir fehlt die Lust, obwohl ich meinen Partner vermisse. Das bedrückt mich. Ich liebe ihn, vielleicht sogar mehr als vor unserem Baby, aber die Lust will nicht kommen. Auch wenn unser Baby abends früh im Bett ist, irgendwie trauen wir uns nicht so ganz dran ans Thema. Ich denke oft, wo sollen wir miteinander schlafen, wenn das Baby im Schlafzimmer direkt neben uns im Beistellbett liegt? Was, wenn ich es nicht mehr kann? Und überhaupt sind wir abends beide zu müde. Zudem habe ich Angst zu versagen und meinen Partner zu enttäuschen, falls es nicht funktioniert. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso länger zögere ich es hinaus und umso größer wird der Druck für mich. Wir haben auch über meine Ängste gesprochen und mein Partner ist total verständnisvoll. Er sagt, ich brauche keine Angst haben, es ist nicht schlimm, wenn es nicht klappt. Trotzdem baue ich mir da selbst so einen Druck auf.“
Mein Partner hat viel Druck gemacht
„Mein Partner hat viel Druck gemacht und mich die ganze Zeit immer wieder an Busen und Po angefasst. Das hat mich sehr aggressiv gemacht, da ich mehrfach gesagt hatte, dass ich aktuell so gar keine Lust habe.“
Anmerkung der Redaktion
Das eben beschriebene Verhalten des Partners ist sehr übergriffig. Wut ist ein Alarmsignal unseres Körpers und zeigt uns, dass es dringenden Änderungsbedarf gibt. Wenn darüber zu sprechen nicht ausreicht, könnt ihr euch allein oder gemeinsam mit dem anderen an eine Familienberatung oder ein Hilfstelefon wie die „Nummer gegen Kummer“ wenden.
Ich merke, dass ich da komplett blockiert bin
„Seit der Geburt habe ich nie an Sex gedacht, bis mein Partner mich daran erinnerte. Ich habe mich selbst jedes Mal, wenn das Thema aufkam, stark unter Druck gesetzt. Auch wenn mein Partner mir eigentlich wirklich alle Zeit der Welt gelassen hat und sehr verständnisvoll ist. Er hat immer ganz vorsichtig angefragt, wie es denn in der nahen Zukunft aussähe. Ich habe überhaupt keine Lust. Auch jetzt ein Jahr nach der Geburt noch nicht. Er muss mich immernoch ‘daran erinnern’, dass schon wieder einige Wochen vergangen sind.
Das erste Mal nach etwa einem halben Jahr, war ich so verspannt, dass er kaum eindringen konnte. Hört sich an wie ein Traum, nach einer Geburt? Es kann leider auch viel zu eng sein. Ich bin ihm dann ‘zur Hand’ gegangen. Aber auch das war noch zu viel für mich. Jede körperliche Nähe fühlte sich seltsam unangenehm an. Für meinen Partner war das auch sehr schwierig.
Inzwischen kann ich mich wieder etwas entspannen und es ist angenehm, mit ihm zu schlafen. Aber Lust oder gar einen Orgasmus kann ich mir gar nicht vorstellen.
Ich merke, dass ich da komplett blockiert bin. Aber ich möchte meinen Partner nicht immer nur abweisen. Ich muss mich also überwinden, um es hinter mich zu bringen. Währenddessen ist es aber angenehm, wieder die Nähe meines Partners zu spüren.
Ich habe das Gefühl, wir finden uns ganz langsam als Paar wieder. Und damit, denke ich, wird auch der Sex wieder reizvoller für mich. Wir wussten beide, dass mindestens das erste Jahr schwierig wird.
Wie auch immer es von euch erlebt wird, was auch immer gerade schlecht ist, es ist nicht für immer so. Ich bin davon überzeugt, dass es wieder besser wird. Wie in allen Lebenslagen gibt es auch hier Hochs und Tiefs. Nach der Geburt müssen wir mit unseren Partnern gemeinsam da durchgehen, bis wieder besser Zeiten kommen.“
Das sagt Hebamme Christine dazu
Auch wenn wir eine aufgeklärte Gesellschaft sind, fällt es immer noch sehr vielen Paaren extrem schwer, ihre Bedürfnisse zu offenbaren. Deshalb spreche bei einem meiner letzten Hausbesuche immer sehr offen mit dem Paar darüber. Dabei merke ich immer wieder, wie gelöst die Stimmung nach diesem Gespräch auf der „Bettkannte“ ist. Alles kann, nichts muss! Es ist hilfreich, wenn Elternpaare im Gespräch bleiben, um ihrer beider Bedürfnisse anzuerkennen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Abends bin ich froh, wenn mich mal niemand berührt!
„Meine Tochter ist mittlerweile 15 Monate alt und ich bekomme seit mindestens 6 Monaten fast täglich auf teilweise subtile oder direkte Art mitgeteilt, wie unzufrieden mein Partner mit der fast fehlenden sexuellen Beziehung ist. Das setzt mich nicht nur unter Druck, es lässt auch jede Lust auf Romantik platzen und ich bin nur noch genervt. Man bekommt das Gefühl, dass es sich für den Mann nur noch darum dreht. Er versteht nicht, dass mein Bindungsakku durch unsere Tochter extrem aufgeladen wird und ich mich ganz oft ‘overtouched’ fühle. Ich kuschel nicht mal mehr gern mit der Katze, die ich seit 13 Jahren wirklich liebe. Einfach weil ich abends froh bin, wenn mich mal niemand berührt! Ab und an befriedige ich meinen Mann dann einseitig, also ohne, dass ich etwas davon „habe“, nur damit er für eine Zeit zufriedengestellt ist. Dabei fühle ich mich manchmal extrem schlecht und will es nur hinter mich bringen. Er findet das sogar in Ordnung so. Als sei es mein Job. Vielleicht würde mir das alles leichter fallen, wenn er mehr Verständnis hätte, sich mehr Mühe mit unserer Tochter geben würde und mich auch als Mensch wieder sehen könnte und nicht nur als Lustobjekt. Wir hatten bisher zweimal Sex seit der Geburt und jedes Mal war es zwar so, dass ich auch wirklich Lust hatte, leider war es dann immer super schnell vorbei und ich enttäuscht. Ich habe keine Ahnung, ob es nach dem Abstillen evtl leichter wird. Ich glaube, mein Partner hängt gedanklich daran, dass es wieder wie vorher wird, bevor unsere Tochter geboren wurde. Ich denke, dass das ausgeschlossen ist.“
Ich bin schlichtweg immer zu zweit mit meinem Baby
„Wir haben nach 11 Monaten nach der Geburt noch keinen Sex, da unser Kind nur mit mir schlafen kann, nachts und auch tagsüber. Daher hatten wir einfach noch keine Gelegenheit für Sex. Ich bin schlichtweg immer zu zweit mit meinem Baby.“
Die Unterstützung fehlt
„Wir hatten zwar relativ schnell (nach ca. 5 Wochen) wieder Sex. Aber nur zweimal und seitdem nicht mehr, also seit 5 Monaten. Es war nicht so schön wie vorher und ich habe irgendwie keine Lust mehr. Auch, weil es sonst nicht so gut läuft mit meinem Partner und die Unterstützung fehlt. Andernfalls hätte ich wahrscheinlich mehr Lust.“
Es bleibt einfach wenig Zeit, um auf lustvolle Gedanken zu kommen
„Es hat ganz lange gedauert, bis ich wieder sowas wie echte Lust verspürt habe. Durch das Stillen ist mein Bedürfnis nach körperlicher Nähe eigentlich schon gestillt, sodass weitere Nähe schnell zu einem Gefühl des ‘overtouched’ führt. Auch bin ich einfach so fertig. Die Nächte mache ich alleine, sodass ich seit über einem Jahr nicht mehr durchgeschlafen habe. Am Tage kümmere ich mich dann ums Kind, den Haushalt, das Essen, den Einkauf und alles andere, was die Familienorganisation betrifft. Seit einem Monat kommt jetzt auch noch meine Arbeit dazu. Da bleibt einfach wenig Zeit, um überhaupt auf lustvolle Gedanken zu kommen. Durch das Stillen ist der Östrogenspiegel auch sehr niedrig, sodass die Schleimhaut nicht so gut befeuchtet ist, was Geschlechtsverkehr zu einer schmerzhaften Angelegenheit machen kann. Je weniger aber gestillt wird, desto angenehmer wird es. Aktuell ist es noch nicht wie vor der Geburt. Wir haben es ein halbes Jahr nach der Geburt das erste Mal versucht und abgebrochen, weil es zu sehr geschmerzt hat. Das ging mehrere Monate so. Ich mich unter Druck fühlte, das Bedürfnis des Papas zu erfüllen, statt mich erstmal mit mir selbst und meinem ‘neuen’ Körper zu befassen. Als es dann aber genau ein Jahr nach der Geburt, das erste Mal wieder mit vaginalem Geschlechtsverkehr geklappt hat, war das ein wunderbares Gefühl der Nähe und Verbundenheit mit meinem Partner.“
Unser Fazit
Nach der Geburt und in der Babyzeit keine Lust auf Sex zu haben, ist normal! Und die Erklärung ganz einfach: Dein Baby vereinnahmt dich, denn seine Bedürfnisse kann es nicht allein stillen. Dein Körper muss sich nach der Geburt erst einmal erholen und du darfst dich als Frau und Mutter neu erfinden. Wie lange du dafür brauchst, hängt stark von den Umständen ab.
Manche Frauen erholen sich schneller, bei anderen dauert es länger. Wenn du in der Partnerschaft genug unterstützt und nicht gedrängt wirst, stellt sich die Lust auf Sex irgendwann von ganz allein wieder ein.
Möchtest du wissen, was den meisten Müttern fehlt, für die der bloße Gedanke an Intimität gerade ein Graus ist? Möglicherweise hilft dieses Wissen auch deinem Partner. Lies gern hier weiter:









