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Familienstreit an Weihnachten – wie den Kindern erklären?

Kind mit Weihnachtsmütze hält sich die Ohren zu, Eltern streiten im Hintergrund.
Es kann helfen, dem Kind vorab zu erklären, warum das Fest der Liebe gelegentlich Streit hervorruft. / Bild © estradaanton, Adobe Stock.

Vielen graust es schon Tage vor dem Fest davor, dass an Weihnachten ein Familienstreit herausbrechen könnte. Der eigene Umgang damit ist die eine Sache, aber was ist eigentlich mit dem Kind? Wir zeigen, wie du es hier altersgerecht abholen kannst.

Die Weihnachtszeit gilt als die schönste Zeit des Jahres. Die Realität sieht teilweise leider anders aus …

Stress + Erwartungen + unterschiedliche Bedürfnisse = AAAAH!

Gerade in der Vorweihnachtszeit bürden wir uns häufig ziemlich viel auf. Trotz der Vorfreude sind wir dadurch teilweise belastet und erschöpft, wenn Weihnachten dann da ist. 

Hinzu kommen unsere inneren Wunschvorstellungen zum Ablauf der Festtage. Wir sehen es in Filmen, hören es in Weihnachtsmusik und auf jedem Werbeplakat: das Bild der glücklichen Familie, die harmonisch zusammen Weihnachten feiert.

Wir stellen uns vorher vor, dass die Kinder lieb miteinander spielen, dass Oma Karin mal wieder tanzt, dass Onkel Hubert herzlich lacht und der stille Achim sich lautstark über das gute Essen freut. Und dann kracht es plötzlich und unerwartet. 

Weil an Weihnachten so viele unterschiedliche Bedürfnisse zusammen kommen, ist es schier unmöglich, dass jedes von Ihnen gleichermaßen erfüllt wird. Irgendwas wird leider immer auf der Strecke bleiben.

Hinzu kommt …

Familienfrieden um jeden Preis – ist das realistisch?

Manche Menschen, die wir oder die uns an Weihnachten besuchen, sehen wir das restliche Jahr über kaum und kennen sie daher nicht gut. Oder aber wir haben wissentlich komplett andere Ansichten zum Leben als Person XY. 

Und so sehr wir uns auch versuchen, an Weihnachten zusammenzureißen, meist wird es dadurch nur noch unauthentischer und anstrengender. Vor allem, wenn wir ohnehin schon unter Stress stehen und unsere eigenen Bedürfnisse für den Familienfrieden stark zurückstellen. 

Genau das führt letztlich dazu, dass wir irgendwann keine Lust mehr haben, uns zurückzuhalten. Das Maß ist einfach voll und schon entfacht ein Streit. 

Aber wie erklären wir diesen Streit unter dem Tannenbaum jetzt dem Kind?

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Betrachte Weihnachten in einem neuen Licht

Dafür dürfen wir uns zunächst klarmachen: Weihnachten ist weder das, was in der Werbung gezeigt wird, noch das, was wir in Filmen aufgeschnappt haben. 

Wir dürfen uns erlauben, die herrliche Unperfektheit an Weihnachten willkommen zu heißen.

Statt des inneren Bildes eines „perfekten Festes“ aufrechtzuerhalten, könnten wir uns eher bereits vor den Festtagen fragen: 

  • Wie können an Weihnachten möglichst alle Bedürfnisse Raum bekommen? Gerade die Bedürfnisse der Person, die das Fest maßgeblich organisiert, damit sie nicht ausbrennt?
  • Wie kann ich damit umgehen, wenn etwas anders verläuft als geplant? Innerlich wie auch in meiner Reaktion?
  • Fernab von allem, was ich gelernt habe: Was für eine Energie wünsche ich mir für die Festtage? Wie möchte ich mich fühlen? Was kann ich (zunächst mal nur für mich) tun, um dieses Gefühl hervorzurufen?

Wenn du dich schon vor den Festtagen mit dir selbst verbindest, gehst du mit einer ganz anderen inneren Einstellung an Weihnachten heran. Das könntest du übrigens auch in Hinblick auf mögliche Konflikte tun:

  • Was habe ich für eine Einstellung zu Meinungsverschiedenheiten an Weihnachten und warum? 
  • Gibt es sogar eine Möglichkeit, sie für mich zunächst zu akzeptieren, wenn sie aufkommen?
  • Wie kann ich mit ihnen umgehen lernen, ohne sie weiter zu befeuern?

Vorab: Die Erwachsenen sensibilisieren!

Bevor du jetzt dein Kind auf mögliche Konflikte vorbereitest, sind erst mal die Erwachsenen gefragt.

Denn eigentlich sollte klar sein, dass ausartende Auseinandersetzungen an Weihnachten nicht vor dem Kind ausgetragen werden.

Auf Eltern-Ebene ist das möglicherweise einfacher. Hier hilft ein gegenseitiges Erinnern daran, Unstimmigkeiten erst dann zu besprechen, wenn das Kind bereits schläft. 

Die übrigen Familienmitglieder kann man – wenn sie dafür offen sind und es Sinn macht – freundlich und gleichzeitig bestimmt darauf hinweisen. Gerade, wenn es sich um einen offenen Konflikt handelt, der immer wieder an Festtagen Thema wird. Sicher braucht es dafür Familienmitglieder, die bereit sind, ihr eigenes Handeln und ihre Worte zu reflektieren.

Beispiel: „Das Kind wird sich für immer an diesen Weihnachtsabend erinnern. Mit allem, was dazu gehört. Lasst uns das Thema XY daher nicht vor ihm besprechen. Es muss unsere Konflikte nicht mitbekommen, denn wir allein sind dafür verantwortlich, diese zu klären.“

So begleitest du Familienkonflikte kindgerecht

Wenn du dir über deine eigene Wahrnehmung zu Weihnachten und möglichen Konflikten an den Festtagen im Klaren bist, kannst du jetzt dein Kind darin begleiten. 

Denn das ist ein großer Teil seiner sozial-emotionalen Entwicklung. Dein Kind lernt von dir, wie man mit solchen Situationen umgehen kann. 

Du kannst dafür etwa so vorgehen:

  1. Erklären, was ist oder sein kann: „Es kann sein, dass Mama/Papa und ich uns an Weihnachten nicht einig über den Ablauf sind. Vielleicht streiten wir uns dann.“
  2. Gefühle und Situation benennen: „Das kommt, weil wir unterschiedliche Wünsche für Weihnachten haben. Dieses Jahr bekommen wir viel Besuch an Weihnachten, deswegen sind wir sehr aufgeregt. Vielleicht hast du das schon gemerkt in letzter Zeit.“
  3. Die Beteiligten nicht bewerten/vor dem Kind schlechtmachen: „Es ist okay, dass Mama/Papa und ich unterschiedliche Wünsche dazu haben. Das ist völlig normal, dass wir mal nicht einer Meinung sind.“
  4. Stabilität, Klarheit und Verlässlichkeit zeigen: „Falls wir uns dann kurz streiten, hat das nichts mit dir zu tun. Gefühle, wie Trauer oder Wut, sind normal. Wir lassen sie in unserem Körper zu, lassen sie raus und dann können sie wieder ziehen. Mama/Papa und ich können das miteinander klären, wenn wir darüber sprechen. 
  5. Das Kind vorab herausnehmen und Sicherheit bieten: „Auch wenn wir uns mal streiten sollten an Weihnachten, ist alles in Ordnung. Das hat nichts mit dir zu tun. Auch nicht mit unserer Liebe füreinander. Du musst dir keine Gedanken machen. Mama und ich klären das unter uns.“ 
  6. Offen für Fragen sein: „Hast du eine Frage oder ein Gefühl dazu?“

Inspiration für die Gespräche mit deinem Kind

Bedenke: Jeder Mensch ist individuell, hat eine einzigartige Persönlichkeit, Vorlieben, Interessen und muss anders begleitet werden. Bitte sieh diese Beispiele daher lediglich als Inspiration an.

Vor Weihnachten: 

  • „Maxi, an Weihnachten fahren wir zu Opa Klaus. Er ist im Moment etwas unglücklich. Es kann sein, dass Opa Klaus dadurch schneller wütend wird. Das hat dann etwas mit ihm zu tun und nichts mit uns. Wenn du Fragen hast oder dich unwohl fühlen solltest, bin ich immer da.“
  • „Weißt du noch, wie du dich beim letzten Mal gefühlt hast, als Oma und Papa sich gestritten haben? Was brauchst du in diesem Jahr, wenn die beiden sich an Heiligabend wieder streiten sollten?“

Nach Weihnachten: 

Hat es an Weihnachten innerhalb der Familie reichlich gekracht, darfst du mit deinem Kind danach so früh wie möglich sprechen. 

Vor allem dann, wenn du gespürt hast, dass es beim Streit oder kurz danach Angst, Unsicherheit, Überforderung oder andere starke Gefühle gezeigt hat. Die Begleitung deines Kindes hat dann Priorität. Nur so lernt es, mit überfordernden Emotionen umzugehen. 

Wenn es selbst beteiligt war oder ihr euch untereinander gestritten habt, ist es umso wichtiger, dass ihr noch einmal darüber sprecht.

  • „Luca, gestern hast du noch mitbekommen, wie ich mich mit Tante Lotte unter dem Weihnachtsbaum gestritten habe, oder? Hast du Fragen dazu?“
  • „Du hattest gestern kurz Angst, als Mama/Papa und ich uns gestritten haben, kann das sein? Komm, lass uns mal darüber sprechen, wenn du magst.“

Wann ist ein Streit wirklich relevant für das Kind und wann nicht?

Ein kurzes Missverständnis über das Weihnachtsessen ist vermutlich nicht so intensiv wie ein Streit zwischen den Generationen, der in Geschrei endete. 

Wie bereits angedeutet, sollte ein Familienstreit nur dann nachträglich mit dem Kind besprochen werden, wenn er auch wirklich relevant für es ist, etwa weil er Ängste oder Unsicherheit ausgelöst hat.

Wenn du allerdings spürst, dass dich ein Streit, in den du involviert warst, noch lange nach den Festtagen beschäftigt, merkt das vermutlich auch dein Kind. Selbst, wenn es gar nicht dabei war. Es bringt also nichts, vor dem Kind etwas schönzureden oder eine Rolle zu spielen. Dein Kind wird deine unterdrückten Gefühle ohnehin wahrnehmen und möglicherweise sogar spiegeln. 

Letztlich musst du die Frage: „Spreche ich es vor dem Kind an, oder nicht?”, immer auch in der Situation entscheiden und im Gesamtkontext des Streits betrachten. Und natürlich hängt das Ganze auch von der Individualität deines Kindes ab. 

Nimm dir also ruhig Zeit, das Ganze für dich nachzuspüren und darüber nachzudenken, ehe du hier eine vorschnelle Entscheidung triffst. 

Fazit

An Weihnachten sind Familienkonflikte nichts Ungewöhnliches. 

Wichtig ist dein innerer Umgang, deine äußere Reaktion darauf und wie du das Ganze mit deinem Kind begleitest. Schön wäre natürlich, wenn Konflikte für das Kind nicht die Magie von Weihnachten überschatten. 

Viel wichtiger ist jedoch, dass heftige Konflikte nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden, sondern mit dem Kind nachträglich aufgearbeitet und achtsam begleitet werden. 

Insbesondere dann, wenn der Streit beim Kind Ängste oder Fragen hervorgerufen hat.

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Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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