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Isst mein Kind zu viel?

Ein Kleinkind isst mit den Fingern und sitzt dabei in einem Kinderstuhl.
Kann ein Kind „zu viel“ essen? / Bild © Africa Studio, Adobe Stock.

Dein Kind hat oft Hunger und kann bemerkenswerte Mengen verputzen? Wir erklären, was für dich jetzt wichtig zu wissen ist.

Isst das eigene Kind gefühlt viel und häufig, fragst du dich vielleicht: Wie viel ist eigentlich zu viel?

Wir sind der Sache auf den Grund gegangen …

Warum manche Kinder mehr Hunger haben

Klar ist: Menschen haben individuelle Hunger- und Sättigungsgefühle. Das gilt für Erwachsene wie für Kinder. 

Und diese Gefühle hängen von verschiedenen Faktoren ab:

  • Genetik und Stoffwechsel: Wie der Körper Essen verstoffwechselt, ist immer auch genetisch bedingt. Manche Kinder haben einfach einen schnellen Stoffwechsel, einen aktiven Schub, entwicklungsbedingt einen größeren Magen und brauchen mehr Energie über Nahrung als andere, selbst bei ähnlichem Aktivitätslevel.
  • Aktivität: Manche Kinder sind tagsüber viel aktiv, turnen herum und stellen viele Fragen. Andere bewegen sich vielleicht weniger oder beobachten und träumen eher. Beides verbraucht eine gewisse Menge an Energie. Wie viel das ist, lässt sich von außen nicht steuern oder vorhersagen. Der Körper des Kindes gibt den richtigen Weg über die individuellen Hungersignale vor.
  • Phasen: Es gibt Phasen, da hat das Kind einen Bärenhunger und dann wieder Zeiten, in denen es gefühlt kaum etwas zu sich nimmt. Wie das Leben ist auch die Energiezufuhr voller sich abwechselnder Phasen. Damit einhergehen natürlich auch Gewichtsschwankungen. Solange diese noch im Normbereich liegen, ist alles okay.
  • Nahrungsart: Auch die Art des Essens bestimmt das Hungergefühl. Bei Proteinen und Fetten benötigt der Magen zum Verdauen länger. Kohlenhydrate, wie Nudeln und Brot, werden schneller verstoffwechselt. Dementsprechend hat das Kind einfach eher wieder Hunger. Gerade im Kleinkindalter bevorzugen viele Kinder schnelle Kohlenhydrate, um weiter munter diese bunte Welt entdecken zu können.
  • Emotionale Bedingungen: Ob die Geburt des Geschwisterchens, ein voller Alltag oder der Tod des Haustiers: Emotionale Herausforderungen, aber auch Langeweile und Gewohnheit beeinflussen das Essverhalten. Wie auch wir Erwachsene das sogenannte “Stress-Essen” kennen und dann entweder mehr oder weniger Hunger haben, ist es auch beim Kind. Manchmal braucht der Körper dann mehr Energie, manchmal weniger. 

Der Körper kennt den Weg

Gerade im Baby- und Kleinkindalter erkennen Kinder die Hunger- und Sättigungssignale ihres Körpers ganz genau (sofern ihnen diese nicht abtrainiert werden). Und das ist wundervoll. 

Denn ihr Körper sagt ihnen so stets zuverlässig …

  • wann er Nahrung benötigt
  • welche Nahrung er braucht
  • wie viel Nahrung er benötigt
  • wann er satt ist

Damit haben Kinder einen direkten Zugang zu ihren körperlichen Bedürfnissen und können diesen gut vertrauen.

Wir Erwachsene hingegen essen häufig nicht mehr ausschließlich nach unserem Hunger- und Sättigungsgefühl, sondern auch mit unserem Verstand …

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Erwachsene essen auch mit dem Kopf

Das ist einerseits natürlich sinnvoll, weil wir wissen, welche Nahrung gut für unseren Körper ist und was uns eher schadet. Andererseits kann uns das Ganze – je nach Ausprägung – in unserem Alltag auch belasten und einschränken. 

Beispiele: 

  • Du hast Hunger, unterdrückst aber die Signale deines Körpers, weil du in 2 Stunden zum Essen verabredet bist. Im Restaurant angekommen, bist du völlig erschöpft und leer.
  • Du hast noch keinen Hunger, da aber dein Kind frühstückt, isst du schon mal mit ihm. Damit du nichts wegschmeißen musst, isst du auch noch seine Reste auf, obwohl es dir eigentlich zu viel ist.
  • Du hast Lust auf ein Eis, verbietest es dir aber, weil es dir zu ungesund ist. Stattdessen isst du einen Apfel. Später gehst du unglücklich ins Bett oder snackst dann mit schlechtem Gewissen.

Diese Situationen kennt jeder von uns. Gelegentlich sind sie völlig unbedenklich und eher ein lustiges Schmankerl aus dem Alltag. 

Wenn sie regelmäßig vorkommen, können sie problematisch werden, weil wir verlernen, auf unseren Körper zu hören und stattdessen immerzu den Kopf entscheiden lassen, was wir wann und wie viel essen.

Wie stark das ausgeprägt ist, hängt auch von unserer eigenen Prägung in Bezug auf das Essen ab. Auch unsere individuelle Lebensrealität spielt eine Rolle. Etwa, ob wir viel Stress haben, ob wir Essen priorisieren oder unsere eigenen Bedürfnisse insgesamt. Hinzu kommen soziale Verpflichtungen und Gruppendynamiken, die unser Essverhalten beeinflussen.

In Bezug auf dein Kind bedeutet das für dich …

Dinge, die du nicht beeinflussen solltest

  • Vermeide unbedingt, deinem Kind Essen zu verbieten, wenn sein Körper ihm etwas anderes sagt. Dasselbe gilt, wenn du dein Kind zum Essen drängst, wenn es keinen Hunger hat oder es unter Druck setzt, etwas unbedingt aufzuessen. 
  • Das Kind sollte nicht nach der Uhr oder von dir vorgegebenen Portionsgrößen essen müssen. Damit trainierst du ihm sein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl langfristig ab. 
  • Kommentiere niemals, was, wann oder wie viel dein Kind isst und schreite ein, falls du das bei anderen Bezugspersonen oder Angehörigen mitbekommen solltest!
  • Setze dein Kind niemals von dir selbst aus auf eine Diät! So etwas solltest du ohnehin niemals ohne eine ärztliche Verordnung der Kinderarztpraxis samt Ernährungsplan und professioneller Beratung machen. 

All diese Dinge können sein Wachstum und seine Entwicklung negativ beeinflussen und schwere Folgen haben. Warum das so ist und weitere Risiken, erfährst du in diesen Artikeln:

Dinge, die du als Elternteil beeinflussen kannst

  • Die Nahrungsmittel: Dein Kind kann nur das Essen, was ihr auch zu Hause habt. Du legst die Basis, was es isst, dein Kind bestimmt die Menge und Häufigkeit, die es braucht. Eine ausgewogene Ernährung startet also schon beim Einkaufen. Wenn du abwechslungsreiche, hauptsächlich unverarbeitete Nahrungsmittel einkaufst, die möglichst alle Nährstoffe abdecken, bist du auf der sicheren Seite. Zucker- und fettreiche Lebensmittel darfst du ihm eher in Maßen, statt in Massen anbieten. 
  • Portionierung: Statt den Teller deines Kindes bis zum Rand zu füllen, beginne eher mit kleinen Portionen und frage dein Kind regelmäßig, ob es noch einen Nachschlag haben möchte. So vermeidest du auch, allzu viel wegzuschmeißen.
  • Regelmäßigkeit der Mahlzeiten: Wenn du deinem Kind regelmäßige Mahlzeiten anbietest, wie etwa 3 große plus 2-3 Zwischenmahlzeiten, bietest du einen optimalen Rahmen für eine stabile Essstruktur. Lass in dieser Routine allerdings auch Platz für die individuellen Hunger- und Sättigungsgefühle deines Kindes. Auch die Zwischenmahlzeiten darfst du zwar zu regelmäßigen Zeiten anbieten, gleichzeitig auch flexibel bleiben, falls das Kind früher, später oder gar nicht snacken möchte.
  • Wie ihr esst: Versuche, deinem Kind eine bewusste Esskultur ohne Ablenkungen vorzuleben. Das heißt, Spielzeug, Tablets und Co. sollten am Esstisch kein Thema sein. Im besten Fall esst ihr gemeinsam am Esstisch, mit viel Zeit und ohne Hektik. Auch hier gilt natürlich: Ausnahmen bestätigen die Regel.
  • Welches Essverhalten du vorlebst: Wie du über Essen denkst, sprichst und handelst, wird auf dein Kind abfärben. Wenn du dir selbst etwa eine ständige Diät auferlegst oder dich immer wieder mit übermäßigem Essen belohnst, wird dein Kind dich früher oder später nachahmen. 

Im Zweifel immer – ab zur Kinderarztpraxis

Wie du siehst, ist das Essverhalten so individuell, dass du dir in der Regel keine Sorgen machen musst, wenn dein Kind sehr viel isst.

Falls dein Bauchgefühl Alarm schlägt und dir weitere ungewöhnliche Verhaltensweisen auffallen, solltest du den Gang zur Kinderarztpraxis allerdings nicht aufschieben.

Beispiele:

  • Zusätzliche psychische Symptome: Wirkt dein Kind auch emotional anders auf dich, bleibe wachsam. Ist es etwa plötzlich schnell gereizt, unruhig, ängstlich oder wirkt es abwesend, steckt hinter dem Essverhalten vielleicht eine seelische Belastung. 
  • Symptom fehlendes Sättigungsgefühl: Das Symptom eines fehlenden Sättigungsgefühls kann ebenfalls auf eine seelische Belastung oder psychische Erkrankung hinweisen. Das Kind kompensiert durch das viele Essen ohne inneres Stopp-Signal seine innere Belastung. Entlastend kann jetzt eine Überweisung an eine Praxis der Kinder- und Jugendpsychotherapie sein. Auch kann das Symptom eines fehlenden Sättigungsgefühls auf eine (noch maskierte) ADHS, eine Autismus-Spektrum-Störung oder eine Entwicklungsverzögerung hinweisen.
  • Zusätzliche körperliche Symptome: Hat dein Kind nach, vor oder während des Essens Symptome wie Bauchschmerzen, Erbrechen oder Hautirritationen, können auch andere Dinge hinter dem vermehrten Appetit stecken. Auch bei einem gleichzeitigen übermäßigen Durst, ständigem Wasserlassen oder großer Müdigkeit solltest du wachsam bleiben. 
  • Ungewöhnlich zügige Gewichtszunahme: Isst dein Kind zurzeit viel, muss sich das nicht zwangsläufig auf der Waage zeigen. Auch sagt eine Gewichtszunahme nichts über ein ungesundes Essverhalten aus. Weicht das Gewicht des Kindes bei den ärztlichen Untersuchungen allerdings auffällig stark von den durchschnittlichen Wachstums- und Gewichtskurven ab, sprich das Ganze in der Praxis an. Vielleicht steckt ein gesundheitliches Problem, eine Stoffwechselstörung oder etwas anderes dahinter.

Wichtig ist, dass du der behandelnden Kinderarztpraxis vertraust. Wird hier (unbewusst) Body Shaming betrieben oder hast du das Gefühl, dass du nicht ernst genommen wirst, wechsele lieber die Praxis. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan, vor allem bei überfüllten Kinderarztpraxen.

Im Zweifel sollte die mentale Gesundheit deines Kindes aber immer an erster Stelle stehen.

Fazit

Kinder kommen mit einem intuitiven Hunger- und Sättigungsgefühl auf die Welt, sofern wir Erwachsenen es ihnen nicht abtrainieren. 

Isst dein Kind mehr oder häufiger als andere, kann das schlichtweg mit individuellen Faktoren wie einem Wachstumsschub, seinem Stoffwechsel oder seiner hohen Aktivität (körperlich wie emotional) zusammenhängen.

Wenn du als Elternteil darauf achtest, welche Lebensmittel du einkaufst und deinem Kind eine gesunde Esskultur mit regelmäßigen Mahlzeiten ohne Druck oder Ablenkung vorlebst, bist du auf der sicheren Seite. 

Falls weitere auffällige Symptome zum großen Hunger dazukommen, suche im Zweifel die Kinderarztpraxis auf. 

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Quellen

  • Bürgin, Dieter (1993). Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter. Stuttgart: Gustav Fischer Verlag.
  • Caby, Filip und Andrea (2011). Die kleine psychotherapeutische Schatzkiste. Tipps und Tricks für kleine und große Probleme vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter. (2. Auflage). Dortmund: Borgmann Media.
  • Dilling, Horst, Freyberger, Harald J. (2016): ICD-10. Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. (8. Auflage). Hogrefe Verlagsgruppe.
  • Greving, Prof. Dr. Heinrich, Ondracek, Prof. Dr. Petr (2010): Handbuch Heilpädagogik. (2. Auflage) Troisdorf: Bildungsverlag EINS GmbH.
  • Perls, Frederick S., Hefferline, Ralph F., Goodman, Paul (2015). Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (9. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
  • Siegel, Elaine V. (1997): Tanztherapie. Seelische und körperliche Entwicklung im Spiegel der Bewegung. Ein psychoanalytisches Konzept. (4. Auflage) Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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