Warum morgendlicher Stress vor der Kita nicht sein muss und wie ihr ihm vorbeugen könnt, zeigen wir jetzt.
- Kind: “Wo ist mein Hasi?”
- Du: “Hast du deine Haferflocken noch gar nicht gegessen?”
- Kind: “Ich will heute nicht in die Kita!”
- Du: “Bitte beeil dich, wir müssen eigentlich schon längst da sein.”
- Kind: “Ich muss noch mal!”
- Du: “So ein Mist! Jetzt muss ich auf der Arbeit anrufen, dass ich später komme.”
- Kind: “Nicht die Jacke, die ist doof!”
Viele Eltern kennen das oben genannte Beispiel-Szenario am Morgen. Doch Hektik vor der Kita darf künftig bei euch die Ausnahme bleiben – mit unseren 6 Strategien!
1. Vorbereitung ist die halbe Miete
Unsere erste Strategie, um morgendlichen Stress zu vermeiden, ist definitiv die Vorbereitung. Alles, was du also am Abend vorher schon bereitlegen oder erledigen kannst, hilft dir dabei, am Morgen darauf mehr Zeit für das Wesentliche zu haben.
Beispiele:
- Das Outfit des Kindes für den Folgetag heraussuchen. Du kannst auch nach dem 2-Optionen-Prinzip gehen und ihm 2 Outfits bereitlegen, sodass es am Morgen nur noch auf das zeigen muss, was es anziehen möchte. So förderst du ganz nebenbei seine kindliche Mitbestimmung.
- Die Kita-Brotdose schmieren und im Kühlschrank bereitlegen.
- Die Kita-Tasche, Schuhe und Jacke im Flur so drapieren, dass das Kind am Folgetag alles nur noch greifen und anziehen muss.
- Deine eigene Brotdose, Arbeitstasche, Einkaufstasche, Outfit oder alles, was du für den Tag brauchst, ebenfalls am Vortag bereitlegen. Wenn das Wichtigste bereits vorbereitet ist, bist du auf alle Eventualitäten am Morgen gewappnet.
Sicher geht das durch Erschöpfung, Termine und Co. nicht an jedem Abend. Doch schon zwei bis drei Abende in der Woche, in der du dir nach dem Abendessen etwa Zeit dafür nimmst, können manchmal wahre Wunder bewirken.
Und selbstverständlich solltest du das nicht alles alleine machen müssen. Bitte den anderen Elternteil (oder einen anderen Herzensmenschen, falls du alleine mit Kind lebst) aktiv um Mithilfe bei der Vorbereitung, so teilt ihr euch die Verantwortlichkeiten am Abend gerecht auf.
2. Was kann das Kind am Morgen selbst machen?
Überlege auch gerne, wo dein Kind dich am Morgen unterstützen kann. Dadurch sprichst du schon morgens seine Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit an.
Bei Kleinst- und Kita-Kindern muss das gar nicht viel sein. Schon Kleinigkeiten machen hier viel aus.
Beispiele:
- Kann das Kind die Brotdose selbst in seine Tasche verstauen, damit du dir währenddessen die Schuhe anziehen kannst?
- Mag das Kind vielleicht selbst eine neue Windel aus dem Bad holen, während du schon mal die Regenjacken bereitlegst?
- Kann es seinen Kuscheltierbegleiter holen, während du den Küchentisch abräumst?
Wichtig ist hierfür, dass das Kind an alles, was es eigenständig holen soll, auch alleine herankommt. Obendrein sollte es natürlich mitbestimmen wollen. Du solltest es niemals dazu zwingen, sondern ihm lediglich ein Angebot machen.
Ob ein Kind am Morgen bereit ist, mitzuhelfen oder Dinge alleine zu machen, liegt auch an seiner individuellen Persönlichkeit, seinen Vorlieben, Interessen und an seiner Wachheit.
Hier gilt: Alles ist okay, nichts ist besser oder schlechter. Manche Kinder sind morgens schon hellwach, andere benötigen einfach etwas länger, um in den Tag zu starten.
3. Mit Fantasie und Spiel durch den Morgen: Alles ist eine Party!
Dein Kind lebt im Hier und Jetzt. Anders als Erwachsene hat es noch kein Zeitgefühl. Zum Glück! Denn dadurch sammelt es tolle gegenwärtige Lernerfahrungen, ohne sich bislang dem Konstrukt “Zeit“ unterordnen zu müssen.
Deswegen kann es eben auch gut sein, dass es morgens trödelt oder lieber spielen möchte, als sich für die Kita anzuziehen.
Hier kannst du dich spielerisch einhaken, damit ihr am Morgen ohne Stress aus dem Haus kommt und dein Kind dennoch sein individuelles Bedürfnis befriedigen kann.
Hier hilft häufig das Prinzip: Mache alles zu einer Party und nutze deine Fantasie! Das kann das morgendliche Anziehen, der Toilettengang, das Frühstück oder der Weg zur Kita sein.
Beispiele:
- “Hast du Lust auf eine Umzieh-Party? Wir machen in deinem Zimmer ein Lied an und am Ende des Liedes sind wir beide umgezogen. Bist du bereit? Auf die Plätze, fertig …”
- “Ich bin schon ganz gespannt, was unsere Hündin zu unseren heutigen Outfits sagt, du auch? Wollen wir sie ihr zeigen und eine kleine Modenschau in die Küche machen?”
- “Hast du Lust auf eine Toiletten-Party? Ich nehme mein Handy mit ins Bad und wir machen dein Lieblingslied an und tanzen dazu?”
- “Oh, mein Bauch freut sich schon so aufs Frühstück. Was sagt dein Bauch?”
- “Wollen wir mal schauen, wo die Kleidungs-Elfe heute unsere Jacken versteckt hat? Was meinst du?”
- “Wollen wir ein kleines Wettrennen bis zur Garage machen?”
- “Ich glaube, deine Freundin/dein Freund XY sind heute auch schon früh in der Kita. Hast du schon eine Idee, was ihr gleich gemeinsam spielen könntet?”
Siehe diese Beispiele eher als Inspiration an, die du ausprobieren kannst. Wenn du dein Kind und seine Interessen, Vorlieben und seine Persönlichkeit kennst, wirst du wissen, was ihm gefällt und was nicht.
Im Übrigen helfen solche Spiele immer auch der eigenen Laune am Morgen und fördern, die Dinge nicht allzu ernst zu nehmen.
4. Die eigene Gelassenheit als Anker
Deine persönliche Energie überträgt sich auf alles um dich herum – auch auf dein Kind. Je gelassener du also bist, desto mehr Ruhe und Vertrauen strahlst du aus.
Selbst wenn dein Kind morgens eher mäkelt, die halbe Nacht nicht geschlafen oder keine Lust auf die Kita hat, empfehlen wir: Versuchs mal mit Gelassenheit! Häufig klappen die Dinge dann ein wenig leichter als unter Dauerstress.
Natürlich sollst du dich nicht in toxische Positivität überschlagen und dir alles schönreden, wenn es das offensichtlich nicht ist. Wir meinen mit Gelassenheit eine innere, friedliche Akzeptanz des gegenwärtigen Moments – also dessen, was sich an dem Morgen eben so zeigt. Ohne, es zu bewerten.
Und ja, das ist natürlich die Königsdisziplin und immer einfacher gesagt als getan. Aber einen Versuch ist es alle Male wert, oder?
Die ersten Minuten des Tages – nur für dich
Im Übrigen können die ersten 5 Minuten nach dem Aufwachen hierfür wahre Wunder wirken.
Denn nur wenn du dir selbst genügend Aufmerksamkeit schenkst, hast du auch die Kapazität für die Bedürfnisse deines Kindes.
Beispiel: Wenn du dir den Wecker etwa 5 Minuten eher stellst und diese Minuten etwa für eine kurze Meditation, das Beobachten deines Atems oder einfach eine Innenschau nimmst, startest du direkt mit mehr Kraft und innerer Stabilität in den Tag.
5. Aufkommendes Drama zulassen – ja, du hast richtig gehört!
Ja, morgendliche Hektik vor der Kita ist nervig und löst Stress sowie Anstrengung aus.
Aber wie so viele Widrigkeiten im Leben wird es einfacher, sie loszulassen, wenn wir sie im ersten Schritt zunächst annehmen.
Hättest du gewusst, dass ein Gefühl – etwa das Gefühl von Druck – im Prinzip nur 90 Sekunden anhält, sofern wir es auch wirklich fühlen? Das hat die Neurologin Jill Bolte Taylor herausgefunden.
Wenn du also akzeptierst, dass ihr zu spät kommt und der Morgen vor der Kita sehr stressig war, dann kannst du dich möglicherweise viel schneller damit abfinden, als wenn du dich innerlich weiter dagegen wehrst.
Vielleicht findest du dann auch viel schneller eine Lösung für den Stress…
6. Kreative Kompromisslösungen finden!
Ansonsten hilft bei akutem Drama auch immer die eigene Kreativität und Flexibilität.
Wenn du mit deinem Kind offen über eure jeweiligen unterschiedlichen Bedürfnisse am Morgen sprichst, bist du auf der sicheren Seite, um kreative Kompromisse für Drama-Situationen zu finden.
Beispiele:
- Wenn das Kind sich am Morgen nicht anziehen möchte, kannst du ihm 2 bequeme Outfits herauslegen, sodass es eine Wahl hat. Dadurch grenzt du seine Optionen ein (dein Bedürfnis, den Morgen-Ablauf zügig weiterzumachen) und gibst ihm dennoch eine Wahl (seine Auswahlmöglichkeit).
- Hast du die Möglichkeit, mit deinem Kind kurz gemeinsam die Druck-Gefühle am Morgen herauszulassen, etwa über das wilde Tanzen zu einem Lied?
- Bei akuter “Ich-will-nicht-zur-Kita”-Phase: Welche Optionen gibt es, den Kita-Weg spielerisch zu verkürzen? Etwa die Bahn, der Roller, das Rad oder eine Auto-Party auf dem Weg dorthin? Lass dein Kind auch hier zwischen 2 Optionen entscheiden, die du vorher auswählst (am besten sind das die 2 Optionen, die du favorisierst).
Wie oben bereits kurz benannt, helfen Situationen, in denen das Kind mitbestimmen kann, meist sehr gut, um Drama zu vermeiden.
Denn wenn du aktiv seine Selbstwirksamkeit ansprichst, kann sein eigenes Bedürfnis besser erfüllt werden und ihr gemeinsam eine gute Kompromisslösung finden.
In diesem Artikel findest du Verbote, die eigentlich keine sind und die dir bei akutem Drama-Morgen möglicherweise helfen können:
Fazit
Ist das Drama am Morgen vor der Kita groß, liegen die Nerven schnell blank – bei allen Beteiligten.
Mit einer guten Vorbereitung, ausreichend innerer Gelassenheit, kreativen Spiel-Ideen für akute Unlust, der Mitbestimmung des Kindes und der Offenheit, Drama als solches anzunehmen, bist du auf der sicheren Seite.
Ansonsten höre super gerne mal in diesen Podcast von uns rein. Hier kannst du überlegen, was du in deiner Sprache mit dem Kind möglicherweise noch anpassen kannst, damit ihr gute Kompromisse findet und Hektik am Morgen vermeidet:
Quellen
- Largo, Remo H. (2016). Babyjahre. Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren (18. Auflage). München/Berlin: Piper Verlag GmbH.
- Davies, Uzodike, van Loon, Wirth (2022). Das Montessori Baby. Geborgen und mit offenen Sinnen ins Leben starten. Weinheim: Verlagsgruppe Beltz.
- Perls, Frederick S., Hefferline, Ralph F., Goodman, Paul (2015). Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (9. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
- Sussex Publishers, LLC (2020): The 90-Second Rule That Builds Self-Control. https://www.psychologytoday.com/us/blog/the-right-mindset/202004/the-90-second-rule-builds-self-control