Vielleicht hast du beim letzten Ultraschall gehört: „Ihr Baby ist etwas größer als üblich.“ Das wirft verständlicherweise Fragen auf und vielleicht auch ein paar Sorgen. Hier erfährst du, was Makrosomie bedeutet – und was für dich jetzt wichtig zu wissen ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Makrosomie bedeutet ein Geburtsgewicht von über 4.000 Gramm.
- Das Babygewicht vor der Geburt wird nur geschätzt, Abweichungen von ca. 10 Prozent sind normal.
- Hauptrisikofaktoren für Makrosomie: mütterliches Übergewicht, (Schwangerschafts-)Diabetes, eine starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft.
- Ein großes Baby kann bei der Geburt zu Komplikationen wie Schulterdystokie, Geburtsverletzungen oder Notkaiserschnitt führen; viele Geburten verlaufen aber auch problemlos.
- Eventuell können eine Einleitung oder ein geplanter Kaiserschnitt infrage kommen.
- Ernährung, Bewegung und gute Diabeteskontrolle helfen, das Risiko für Makrosomie zu senken.
Geschätztes Baby-Gewicht: Wann ist groß “zu groß”?
Die meisten Kinder in Deutschland werden mit einem Gewicht von 3.000 bis 4.000 Gramm geboren. In einer gemeinsamen Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten die untersuchten Neugeborenen beispielsweise ein Durchschnittsgewicht von 3.480 Gramm.
Das heißt, ein Geburtsgewicht von beispielsweise 3.800 Gramm wäre hierzulande eher überdurchschnittlich, aber läge noch im normalen Bereich.
Medizinisch relevant, weil mit Risiken verbunden, wird es erst ab einem Geburtsgewicht von über 4.000 Gramm. Das betrifft laut Robert Koch-Institut etwa jedes 10. Neugeborene in Deutschland.
Bei sehr großen Neugeborenen bzw. Föten spricht man in der Medizin von Makrosomie bzw. LGA (Large for Gestational Age):
- Makrosomie bezieht sich auf das absolute Geburtsgewicht eines Babys. Es gibt keine einheitliche Definition, aber in der Regel spricht man von einer Makrosomie, wenn das Baby bei der Geburt besonders schwer ist (> 4.000 Gramm), egal, wie weit die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Geburt fortgeschritten ist.
- LGA beschreibt hingegen den Verdacht, dass ein ungeborenes Baby für die aktuelle Schwangerschaftswoche besonders groß ist und zwar größer, als 90 Prozent aller anderen Föten in diesem Alter.
Kurz gesagt:
Makrosomie = sehr schwer bei der Geburt
LGA = auffällig groß für das jeweilige Schwangerschaftsalter
Wie schätzt man das Gewicht des Babys?
Per Ultraschall werden mehrere Körpermaße des Babys ermittelt. Dazu gehören zum Beispiel der Kopfdurchmesser, der Kopfumfang, der Bauchumfang und die Länge des Oberschenkelknochens. Diese Werte werden dann zusammen in eine Rechenformel (z.B. die Hadlock-Formel) eingesetzt, um das geschätzte Gewicht des Babys zu berechnen.
Ärzte und Hebammen können die Größe des Babys unter anderem auch anhand des Fundusstand oder mithilfe der Leopoldschen Handgriffe ertasten und einschätzen.
Es handelt sich bei Größe und Gewicht des Babys vor der Geburt immer um einen Schätzwert.
Das vorhergesagte und das tatsächliche Geburtsgewicht können bis zu 10 Prozent voneinander abweichen. Ein auf 3.500 Gramm geschätztes Baby könnte also tatsächlich zwischen 3.150 Gramm und 3.850 Gramm wiegen.
Das heißt, aus einem LGA-Baby wird nicht immer automatisch Makrosomie. Das Neugeborene kann deutlich leichter sein als erwartet – oder auch schwerer.
Warum ist mein Baby so groß?
Das Wachstum des Fötus ist von vielen Faktoren abhängig, die je nach Ausprägung eine fetale Makrosomie begünstigen können. Dazu zählen:
- Geschlecht: Jungen sind zur Geburt in der Regel etwas schwerer als Mädchen.
- Alter der Mutter: Frauen über 35 Jahre entbinden häufiger schwerere Babys.
- Körpergröße der Mutter: Je größer sie ist, desto schwerer das Baby.
- Schwangerschaftsalter: Mit jeder Schwangerschaftswoche steigt das Gewicht des Babys. Bei mehrtägigen Übertragungen knacken Neugeborene deshalb gern mal die 4.000 Gramm-Marke.
- Anzahl der Geschwister: Meistens werden die Kinder einer Mutter von Geburt zu Geburt schwerer.
- Genetische Syndrome: In sehr seltenen (!) Fällen sind Fehlentwicklungen Ursache für eine übermäßige Gewichtsentwicklung des Fötus.
Wichtigster Faktor aber: Adipositas und Diabetes der Mutter
Die größten Risikofaktoren für eine Makrosomie sind aber das Gewicht und die Gesundheit der Schwangeren. Die Wahrscheinlichkeit für ein besonders hohes Geburtsgewicht steigt, wenn die Mutter:
- bereits vor der Schwangerschaft starkes Übergewicht und/oder Diabetes hat
- während der Schwangerschaft schnell und viel an Gewicht zunimmt
- einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt
Das Zusammenspiel aus einem Überangebot an Nährstoffen (v.a. Zucker) und Hormonen (v.a. Insulin) kann das Wachstum des Fötus besonders anregen.
Es gilt: Je schlechter der (mögliche) Diabetes der Mutter eingestellt ist, desto stärker wächst das Kind.
Ist es schlimm, wenn mein Baby zu groß ist?
Tatsächlich gibt es einige Risiken für Mutter und Kind während und nach der Geburt, die mit einem sehr hohen Gewicht des Babys einhergehen.
Risiken für das Kind
Komplikationen bei der Geburt
Ein gefürchtetes Problem ist die Schulterdystokie. So nennt man es, wenn nach dem Durchtritt des Köpfchens die Schultern im Geburtskanal stecken bleiben. Der daraus folgende Geburtsstillstand ist für das Baby sehr gefährlich. Das Geburtshelfer-Team wird versuchen, die Blockade der Schultern mit bestimmten Griffen zu lösen. Gelingt das nicht, muss ein Notkaiserschnitt erfolgen.
Adaptionsschwierigkeiten
Makrosome Neugeborene haben tendenziell einen niedrigeren Apgar-Score und ein erhöhtes Risiko für bestimmte Startschwierigkeiten nach der Geburt. Dazu gehören:
- Anpassungsschwierigkeiten beim Übergang vom Leben im Bauch zur Welt draußen (zum Beispiel Schreien, Unruhe, Schlaf- und Fütterstörungen)
- Atemprobleme direkt nach der Geburt
- Unterzuckerung (zu niedriger Blutzucker)
- Mehr rote Blutkörperchen als üblich, was den Kreislauf belasten kann
- Zu niedriger Kalziumspiegel, was sich auf Muskeln und Nerven auswirkt
- Gelbsucht, die etwas stärker ausgeprägt sein kann als bei anderen Babys
Wichtig zu wissen: Diese möglichen Probleme sind meist gut behandelbar und werden nach der Geburt routinemäßig überwacht.
Im späteren Leben
Kinder, die bereits groß und schwer zur Welt kommen, haben oft auch im späteren Leben Probleme mit Übergewicht, Bluthochdruck sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen (metabolische Syndrom).
Risiken für die Mutter
Geburtsverletzungen
Das Risiko für einen (höhergradigen) Dammriss ist bei der vaginalen Geburt eines sehr großen Babys erhöht. Unter Umständen kann auch ein Dammschnitt nötig werden, um ihm den Austritt zu erleichtern.
Interventionen unter der Geburt
Bei einem verzögerten Geburtsverlauf kann unter Umständen die Saugglocke zum Einsatz kommen, die mit Risiken verbunden ist. Zudem kann ein verzögerter Geburtsprozess den (verstärkten) Einsatz von Wehen- und Schmerzmitteln erforderlich machen.
Erhöhte Kaiserschnittrate
Geht es nicht voran und wird die Situation für dein Baby und/oder dich zu gefährlich, wird die Geburt durch einen Notkaiserschnitt beendet. Dieser rettet Leben, läuft aber sicher nicht unter dem Begriff “Traumgeburt”.
Unter bestimmten Umständen kann ein geplanter Kaiserschnitt von vornherein die sicherere Variante sein, etwa, wenn das Geburtsgewicht über 4.500 Gramm geschätzt wird oder die Mutter ein eher schmales Becken hat. In den Leitlinien der DGGG findet sich jedoch keine generelle Empfehlung für einen Kaiserschnitt ab einer bestimmten Gewichtsmarke.
Postpartale Blutungen
Eine Überdehnung der Gebärmutter sowie Komplikationen bei der Entbindung begünstigen starke Blutungen nach der Geburt.
Was bedeutet ein großes Baby für die Geburt?
Aufgrund der genannten Risiken wird den betroffenen Schwangeren empfohlen, in einem Perinatalzentrum unter Anwesenheit einer Fachärztin oder eines Facharztes zu entbinden. Vom Geburtshaus oder einer Hausgeburt wird abgeraten. In der Regel lehnen Hebammen die Betreuung einer Geburt eines makrosom geschätzten Babys aus Sicherheitsgründen ohnehin ab.
Eine Wassergeburt ist normalerweise nicht möglich, da im Falle eines Geburtsstillstands schnell gehandelt werden muss. Ob du in die Wanne kannst und wenn ja, wie lange, besprichst du am besten im Vorfeld mit deinem geburtshilflichen Team vor Ort.
Natürliche Geburt oder Kaiserschnitt bei einem sehr großen Baby? Diese Frage kann pauschal nicht beantwortet werden. Welche Variante die bessere ist, hängt unter anderem vom geschätzten Babygewicht und deiner Statur ab.
Die Entscheidung für oder gegen einen geplanten Kaiserschnitt triffst du als werdende Mutter in enger Absprache mit deinem geburtshilflichen Team.
Großes Baby: Muss die Geburt eingeleitet werden?
Je schwerer das Baby zur Geburt ist, desto höher ist das Risiko für Komplikationen. Deshalb kann es sein, dass dir von ärztlicher Seite aus zu einer früheren Einleitung der Geburt geraten wird.
In den S2k Leitlinien heißt es konkret: “Bei Verdacht auf einen LGA-Fetus > 95. Perzentile sollte ab 39+0 SSW die Geburtseinleitung angeboten werden.”
Wird dein Baby also schwerer geschätzt als 95 Prozent aller anderen Babys in der gleichen SSW, kann die Geburt aus ebendiesem Grund vorzeitig eingeleitet werden – wenn du das möchtest.
Deine Ärztin oder dein Arzt werden dich dahingehend genauestens beraten und dir ihre Empfehlung begründen – zum Beispiel mit einer höheren Chance auf eine natürliche Geburt, wenn das Baby noch “händelbare” Maße hat. Aber: Am Ende liegt die Entscheidung bei dir.
Da es sich beim Gewicht des Babys, wie oben schon erwähnt, immer um einen Schätzwert handelt, ist es nicht möglich, die tatsächlichen Risiken der Geburt genau vorherzusagen. Das macht Ärzten und Hebammen oft gar nicht so leicht, einen klaren Rat (Einleitung, Kaiserschnitt) auszusprechen.
Wie verhindere ich, dass mein Baby zu groß wird?
Nicht alle Faktoren, die zu einer Makrosomie führen, kannst du beeinflussen. Aber gibt es einige Möglichkeiten für dich, das Risiko zu senken:
- Ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung hilft, deinen Blutzuckerspiegel stabil und deine Gewichtszunahme in der Schwangerschaft in einem gesunden Rahmen zu halten
- Regelmäßige Bewegung, wie Spaziergänge, Schwimmen oder moderater Sport, kann den Stoffwechsel unterstützen.
- Besonders wichtig: die Früherkennung und gute Einstellung eines (Schwangerschafts-)Diabetes durch engmaschige Vorsorgeuntersuchungen, Ultraschallkontrollen und ärztliche Beratung. So lässt sich die körperliche Entwicklung des Babys gut beobachten und bei Bedarf rechtzeitig reagieren.
Fazit: Gut informiert, gut vorbereitet!
Ein auffällig großes Baby bedeutet nicht automatisch eine problematische Geburt. Zwar kann eine Makrosomie mit gewissen Risiken für Mutter und Kind verbunden sein, doch dank moderner Vorsorge, genauer Diagnostik und individueller Betreuung lassen sich viele Komplikationen gut vermeiden oder frühzeitig erkennen.
Wichtig ist: Bleib im engen Austausch mit deinem Ärzteteam, achte auf eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und die Kontrolle deines Blutzuckers.
Und vor allem: Lass dich nicht verunsichern und höre auf deine Intuition. Viele große Babys kommen gesund und problemlos zur Welt – und oftmals auch deutlich kleiner als vorhergesagt.
Das könnte dich auch interessieren:
- Geburtseinleitung: Vorteile, Ablauf, Risiken und Alternativen
- Warum Eisen in der Schwangerschaft so wichtig ist
- Beckenbodentraining in der Schwangerschaft
Quellen
- Robert Koch Institut (RKI): Themenblatt: Geburtsgewicht. https://www.rki.de/DE/Themen/Nichtuebertragbare-Krankheiten/Studien-und-Surveillance/Studien/Adipositas-Monitoring/Vor_und_nach_Geburt/HTML_Themenblatt_Geburtsgewicht.html (abgerufen am 13.06.2025)
- A. Richter: Fetale Makrosomie: »Schwere« Diagnose. In: Deutsche Hebammen Zeitschrift, 75(6):8-13. https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/252433/1/Richter_DHZ_2306.pdf (abgerufen am 13.06.2025)
- M. M. Müller, O. Lapaire: Das Geburtsmanagement bei adipösen Patientinnen Empfehlungen für den klinischen Alltag. In: Gynäkologie 5/2020. https://www.rosenfluh.ch/media/gynaekologie/2020/05/Das-Geburtsmanagement-bei-adipoesen-Patientinnen.pdf (abgerufen am 13.06.2025)
- A. Brodersen: Hebammendiagnostizierte Makrosomie. Ein Verdacht. https://staudeverlag.de/ein-verdacht/ (abgerufen am 13.06.2025)
- T. Kiserud et al.: The World Health Organization Fetal Growth Charts: A Multinational Longitudinal Study of Ultrasound Biometric Measurements and Estimated Fetal Weight. In: PLOS Medicine (2017), DOI: http://dx.doi.org/10.1371/journal.pmed.1002220
- DGGG, OEGGG, SGGG: Leitlinienprogramm: Geburtseinleitung. Version 1.1 Addendum vom März 2021, Stand Dezember 2020. https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-088ladd_S2k_Geburtseinleitung_2021-04.pdf (abgerufen am 13.06.2025)
- MSD Manuals:
- Für das Schwangerschaftsalter zu große (LGA) Neugeborene. https://www.msdmanuals.com/de/heim/gesundheitsprobleme-von-kindern/allgemeine-beschwerden-bei-neugeborenen/f%C3%BCr-das-schwangerschaftsalter-zu-gro%C3%9Fe-lga-neugeborene (abgerufen am 13.06.2025)
- Schulterlage. https://www.msdmanuals.com/de/heim/gesundheitsprobleme-von-frauen/komplikationen-w%C3%A4hrend-der-geburtswehen-und-entbindung/schulterlage?query=Schulterdystokie (abgerufen am 13.06.2025)
- Neugeborenen-Asphyxie. https://www.msdmanuals.com/de/heim/gesundheitsprobleme-von-kindern/allgemeine-beschwerden-bei-neugeborenen/neugeborenen-asphyxie (abgerufen am 13.06.2025)
- Metabolisches Syndrom. https://www.msdmanuals.com/de/heim/ern%C3%A4hrungsst%C3%B6rungen/adipositas-und-metabolisches-syndrom/metabolisches-syndrom?query=Metabolisches%20Syndrom (abgerufen am 13.06.2025)













