Musik macht vieles. Sie trägt uns durch traurige oder glückliche Momente, bringt uns in den Arbeitsflow und ihre Melodien überdauern mühelos die Zeit. Aber kann sie auch beeinflussen, wie sich das Gehirn eines Babys entwickelt? Wahrscheinlich schon! Wir zeigen wie.
Melodien und Rhythmen sind uralt
Musik ist so alt wie die Menschheit selbst. Mindestens. Denn tirilierende Vögel zeigen uns, dass angenehme Klänge keine menschliche Erfindung sind. Und wusstest du, dass sich auch Elefanten im Takt wiegen und selbst Ratten ein musikalisches Verständnis haben und ähnliche Musik mögen wie wir?
Dass sich Musik durch unsere Erdgeschichte zieht, hat einen Grund: Wir profitieren von ihr. Sie regt uns an oder beruhigt uns. Sie tut uns einfach gut. Aber nicht nur das:
So profitiert dein Baby schon jetzt
Musik ist in der Gehirnforschung eines der Felder, zu dem es stetig neue Studien und Erkenntnisse daraus gibt. Wer weiß, vielleicht macht Musikforschung den Forschenden besonders viel Spaß.
Auch wenn der „Mozart-Effekt“ ein Mythos ist: Regelmäßiges Musikhören und vor allem Musizieren soll bereits und vor allem im Kindesalter eine Vielzahl von positiven Effekten haben. Eine kleine Auswahl:
- Die Wahrnehmung verbessert sich.
- Die emotionale Selbstwahrnehmung und -kontrolle nehmen zu.
- Die Lernfähigkeit erhört sich.
- Das räumliche Vorstellungsvermögen nimmt zu.
- Beide Gehirnhälften werden besser vernetzt.
Das Gehirn von Musikmachenden ist leistungsfähig
Am größten ist der Effekt für das Gehirn bei selbstgemachter Musik, denn dann ist die soziale, emotionale und körperliche Beteiligung besonders groß.
Wenn Kinder schon früh viel singen oder erste Instrumente spielen, kann das ihr Denkvermögen positiv beeinflussen. Musizierende Kinder sind oft kreativ, motorisch geschickt, redegewandt, fit in Mathe und können gut buchstabieren.
Deshalb plädieren Fachleute schon länger dafür, Fächer wie Musik, aber auch Kunst und Sport als mindestens ebenso wichtig wie Deutsch und Mathematik anzusehen.
Der wahrscheinliche Grund: Musik stimuliert gleichzeitig verschiedene Teile unseres Gehirns. Neue Nervenzellen bilden sich und vernetzen beteiligte Areale noch besser. Bekannte Melodien und Rhythmen sorgen zudem für einen kräftigen Dopaminausstoß. Und Dopamin braucht es, damit die elektrischen Impulse von einer Nervenzelle zur anderen hüpfen können. Dadurch fließen Informationen ungehindert, Erlerntes wird schneller abgerufen und neue Informationen effizienter abgelegt. Win-win-win also.
Zusammen Musik machen
Das gemeinsame Musizieren macht nicht nur gute Laune. Es verbindet uns Menschen auch. Denn beim Hören wird Oxytocin gebildet und das stärkt unter anderem die Empathiefähigkeit und das Vertrauen in andere. Zudem lernen die Kinder im Takt aufeinander achtzugeben und zu kooperieren.
Musik hilft Frühgeborenen
Eine Studie von 2019 belegt, dass das Gehirn zu früh geborener Kinder mithilfe von Musikbeschallung per Kopfhörer schneller nachreifte, als das der Babys, die stattdessen dem lauten Piepen der sie umgebenden Geräte ausgesetzt waren. Innerhalb weniger Monate hatten sie ihre Defizite gegenüber termingeborenen Babys weitestgehend aufgeholt.
Je früher Kinder also mit Musik in Kontakt kommen, desto besser ist es für ihre weitere Entwicklung. Sie starten damit von einer besseren Position. Aber auch Senioren können mit Liedern noch ihr Gedächtnis verbessern.
Es gilt also wie so oft auch hier: Es ist nie zu spät!
Leicht umsetzbare Ideen für Babyeltern
Du wirst sehen, vieles (oder sogar alles?) davon machst du sicherlich ohnehin schon, ohne darüber nachzudenken.
- Singe und summe, so oft du Lust dazu hast.
- Lerne Kinderlieder und singe sie zusammen mit deinem Kind.
- Mache öfter schöne Musik an, die euch im jeweiligen Moment guttut. Ausprobieren!
- Klatscht zur Musik, sobald dein Kind klatschen kann.
- Singe ein Schlaflied oder benutze eine Spieluhr als Teil der Einschlafroutine.
- Zweckentfremde Haushaltsgegenstände wie Topf und Kochlöffel oder Schneebesen mit Tischtennisball als Musikinstrumente.
- Gehe in Krabbelgruppen, die mit Kinderliedern und Fingerspielen arbeiten.
- Spendiere der Krippe/Kita kindgerechte Musikinstrumente oder Musik-CDs, falls sie keine haben, was unwahrscheinlich ist.
- Lass dein Kind später verschiedene Instrumente ausprobieren. Vielleicht findet es einen Favoriten, den es lernen möchte. Hier reicht eine zusätzliche Musikstunde pro Woche völlig aus, damit dein Kind nicht überfordert wird.
Musikalität liegt nur teilweise in den Genen
Bist du selbst sehr musikalisch, aber dein Baby zeigt bisher nur wenig Interesse? Das kann gut sein. Denn musisches Talent liegt verteilt auf tausenden verschiedenen Genen. Die werden vererbt, oder eben nicht. Das ist jedoch kein Grund, aufzugeben. Begabung allein macht keine Musikgenies. Denn ein großer Teil der Musikalität entsteht auch durch eine musikerfüllte Umgebung und häufige Wiederholungen.
Oder andersherum: Singst du nie, weil man dir früher gesagt hat, dass du es bleiben lassen sollst oder du nicht gut singen kannst? Das ist nicht nur gemein, sondern auch schade.
Denn nur weil du einzelne Töne nicht triffst, sollte dich das niemals vom Singen abhalten. Dasselbe gilt für Musikinstrumente. Das Gehör lässt sich außerdem bis zu einem gewissen Grad trainieren.
Es geht beim Musizieren nicht darum, Dinge „richtig“ oder „besonders gut“ zu machen. Die Effekte, die das Musizieren fördert, werden dadurch hervorgerufen, dass du sie einfach machst. Ohne Ziel oder Kopfzerbrechen, ob das, was du tust, gut oder schlecht ist oder gar einen Sinn hat.
Sei dir sicher: Deinem Kind wird es gefallen, wenn du dein Kindheitstrauma ablegst, ihm etwas vorsingst oder einfach mit musizierst.
Fazit
Babys profitieren also auf unterschiedlichste Weise von Musik – vor und nach der Geburt sowie im weiteren Leben. Je mehr Musik du in euren Alltag integrieren kannst, desto schöner. Das ist das Tolle an Musik: Sie fördert nicht nur die Gehirnentwicklung, sondern macht auch Freude.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Musizieren!
Quellen
- SRF: Musik hilft unserem Gehirn in allen Lebensphasen: https://www.srf.ch/wissen/mensch/harmonie-im-hirn-musik-hilft-unserem-gehirn-in-allen-lebensphasen (abgerufen am 17.07.2024)
- UNICEF: Was passiert, wenn Babys Musik hören? https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/babys-und-musik-soundtrack-zur-gesunden-entwicklung/274442 (abgerufen am 17.07.2024)
- Vortrag von Dr. Dr. Manfred Spitzer: Musik und Gehirn: https://www.youtube.com/watch?v=LUNuSra2X3g (abgerufen am 17.07.2024)
- University of Chigago: Skill Formation and the Economics of Investing in Disadvantaged Children: https://jenni.uchicago.edu/papers/Heckman_Science_v312_2006.pdf (abgerufen am 17.07.2024)
- Studie: Sala, G., Gobet, F. Cognitive and academic benefits of music training with children: A multilevel meta-analysis. Mem Cogn 48, 1429–1441 (2020). https://doi.org/10.3758/s13421-020-01060-2 (abgerufen am 17.07.2024)
- Studie: Lara Lordier, Djalel-Eddine Meskaldji, Frédéric Grouiller, Marie P. Pittet, Andreas Vollenweider, Lana Vasung, Cristina Borradori-Tolsa, François Lazeyras, Didier Grandjean, Dimitri Van De Ville, and Petra S. Hüppi; Music in premature infants enhances high-level cognitive brain networks: https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.1817536116 (abgerufen am 17.07.2024)
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- Studie: Wesseldijk, L.W., Abdellaoui, A., Gordon, R.L. et al. Using a polygenic score in a family design to understand genetic influences on musicality:. Sci Rep 12, 14658 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-18703-w (abgerufen am 17.07.2024)
- MDR: So kann Musiktherapie bei Demenzerkrankungen helfen: https://www.mdr.de/ratgeber/gesundheit/musik-therapie-demenz-alzheimer-hilfe-100.html (abgerufen am 17.07.2024)
- MDR: Macht Musik Kinder klüger? https://www.mdr.de/wissen/macht-musik-fit-und-schlau-100.html (abgerufen am 17.07.2024)