Nelkenöltampon zur Einleitung: Macht man das heute noch?

Geht die Schwangerschaft weit über den errechneten Entbindungstermin hinaus, fragst du dich vielleicht auch: Was kann ich dafür tun, um die Geburt anzuregen? Zu den alternativen Methoden der Geburtseinleitung zählt der Nelkenöltampon. Wie er wirkt, welche Nebenwirkungen sich einstellen können und ob man ihn heute überhaupt noch einsetzt, erfährst du jetzt.

Nelkenöltampon zur sanften Geburtseinleitung

Manche Babys genießen das wohlige Leben in Mamas Bauch über den errechneten Geburtstermin hinaus und machen gefühlt keine Anstalten, ihr warmes Nest überhaupt verlassen zu wollen. Etwa ein Drittel aller Babys in Deutschland verpasst seinen sorgfältig ausgerechneten Geburtstermin und lässt seine Eltern noch einige Tage oder Wochen länger auf sich warten. 

Bis SSW 41+6 spricht man in diesen Fällen von einer Terminüberschreitung, ab SSW 42+0 handelt es sich um eine Übertragung. Eine Geburt nach dem errechneten Termin birgt unter Umständen Risiken für Mutter und Kind, sodass von medizinischer Seite aus ab der 42. SSW zunehmend eine Geburtseinleitung empfohlen wird. 

Um nicht direkt mit den schweren Geschützen auffahren zu müssen, probieren Schwangere, Hebammen und medizinisches Personal zunächst gern sanfte Methoden, um die Geburtsprozesse anzuregen. Eine dieser Alternativen ist der Nelkenöltampon. Es handelt sich hierbei tatsächlich um einen Tampon, der mit einer Nelkenölmischung beträufelt in die Vagina eingeführt wird. Dort soll er den Muttermund reifen, also sich öffnen lassen.

Wie wirkt der Nelkenöltampon?

Nelkenöl wird neben einer antiseptischen und krampflösenden Wirkungen auch eine wehenfördernde Wirkung nachgesagt. Vermutlich kann Nelkenöl entzündliche (inflammatorische) Prozesse im menschlichen Gewebe simulieren und so die körpereigene Produktion und die Ausschüttung der Prostaglandine fördern. Prostaglandine sind die Hormone, die ganz zu Beginn der Geburt den Muttermund lockern.

Tatsächlich sind Nelken schon lange Teil der traditionellen Geburtshilfe. Früher tranken Schwangere mit Wehenschwäche unter anderem Nelkentee oder nahmen Nelken ein, um die Gebärmutter zu stärken. Später entwickelte sich daraus die Tamponmethode.

Was sagt die Wissenschaft?

Die Studienlage zur Wirkung des Nelkenöltampons ist aktuell dürftig. Es gibt einige kleinere Untersuchungen, die mögliche Erfolge der Tamponmethode verzeichnen.

• In einer Studie am Marienhospital Euskirchen (2001–2003) wurden 171 Schwangere bei Terminüberschreitung mit Nelkenöltampons behandelt. In 58 Prozent der Fälle kam es nach Anwendung eines (oder mehrerer) Tampons zum Wehenbeginn. Allerdings reichte es damit nur bei 32 Prozent der Schwangeren bis zur Geburt. Die restlichen Frauen benötigten im weiteren Verlauf zusätzliche wehenfördernde Mittel (Prostaglandin-Gel, Oxytocin-Tropf).
  
  Allerdings zeigte sich bei denen, die ausschließlich einen Nelkenöltampon verwendeten, ein höherer Prozentsatz an spontanen Geburten und ein geringerer an sekundären Kaiserschnitten, im Vergleich zu der Gruppe, bei denen auch Prostaglandin-Gel angewendet wurde.

• Eine weitere Studie stammt aus dem Jahr 2017. Untersucht wurden unter anderem 22 Nelkenöltampon-Anwenderinnen. Auch hier reichte die Tamponmethode in etwa der Hälfte der Fälle aus, um die Geburt ohne zusätzliche Unterstützung einzuleiten.

Unklar ist, ob jeweils das Nelkenöl den gewünschten Wehenbeginn provoziert hat oder die mechanische Reizung des Muttermunds durch den Tampon für ein Einsetzen der Kontraktionen verantwortlich war.

Da die Datenlage zur Wirksamkeit und den möglichen Risiken zum aktuellen Zeitpunkt nicht überzeugend ist, wird der Nelkenöltampon in der S2k Leitlinie zur Geburtseinleitung nicht empfohlen (Stand 2024).
Weil aber, wie so oft, empirische Daten und die Beobachtungen von Hebammen zwei Paar Schuhe sind, wird der Tipp mit dem Nelkenöltampon auch heute noch häufig weitergegeben. Das Universitätsklinikum Graz beispielsweise bietet den Nelkenöltampon auch ganz offiziell als Methode zur Einleitung an. Wohl auch, weil er bei Schwangeren als “sanfte Methode” eine hohe Akzeptanz erfährt.

Rezept für einen Nelkenöltampon

Für den Nelkenöltampon zur Geburtseinleitung mischt man 50 Tropfen Nelkenöl (gewonnen aus Wasserdampfdestillation der Blätter und Blüten der Gewürznelke) mit 30 ml Mandelöl. Es gibt auch Rezepte, in denen das Nelkenöl mit Nachtkerzenöl gemischt wird.

Von dieser Mischung werden fünf Tropfen auf einen Tampon aufgetragen und eingeführt. Dort verbleibt er für eine Stunde und wird danach wieder entfernt. Das Ganze darf im Abstand von sechs Stunden wiederholt werden, jedoch insgesamt nur drei Mal in 24 Stunden.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

In etwa 20 Prozent der Anwendungen eines Nelkenöltampons kommt es zu Gewebereizungen, die sich in einem unangenehm warmen bis brennenden Gefühl in der Vagina äußern. In diesem Fall sollte der Tampon entfernt und die Anwendung nicht wiederholt werden. Unter Umständen kann es auch zu leichten bis schweren allergischen Reaktionen kommen.

Wichtig: Das Nelkenöl darf niemals pur eingeführt werden, sondern immer nur im angegebenen Mischungsverhältnis. Andernfalls riskiert man starke Gewebereizungen, allergische Reaktionen (bis zum anaphylaktischen Schock) und Leberschäden.

Fazit zum Nelkenöltampon

Um den Geburtsbeginn bei einer Terminüberschreitung schonend zu fördern, gibt es viele verschiedene Tipps und Methoden. Dazu zählt neben Akupunktur, Wehentees, Brustwarzenstimulation, Sex oder der Eipollösung auch der Nelkenöltampon. Er wird nach wie vor von einigen Hebammen empfohlen, da er in der Regel gut vertragen wird. 

Wenn du die Nelkenölmethode ausprobieren möchtest, empfehlen wir dir vor der Anwendung Rücksprache mit deiner Hebamme oder deiner Gynäkologin zu halten, um auf Nummer sicher zu gehen. 

Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 11.11.2024
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