Close Babelli.deBabelli.de

NIPT: Der nicht-invasive Pränataltest auf Trisomien

Blutprobe einer Schwangeren für den NIPT
Beim NIPT wird kindliche DNA aus dem Blut der Mutter herausgefiltert und untersucht. / Bild © angellodeco, Adobe Stock

Eine simple Blutprobe von dir kann Auskunft darüber geben, wie hoch das Risiko dafür ist, dass dein Baby eine genetische Fehlbildung hat. Den sogenannten nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) kann jede Frauenarztpraxis durchführen. Ob du dich für den freiwilligen Suchtest entscheidest, solltest du vorher aber gut abwägen.

Was ist ein nicht-invasiver Pränataltest?

Ab der 10. SSW ist es möglich, den Fötus „nicht-invasiv“ auf bestimmte Erkrankungen untersuchen zu lassen. Das heißt, dass dafür kein Gewebe oder Fruchtwasser aus der Gebärmutter entnommen werden muss, was trotz modernster Methoden und Technik mit Risiken verbunden wäre. Stattdessen reicht eine einfache Blutprobe der Mutter dafür aus. Die Durchführung des Tests stellt damit keine Gefährdung für das ungeborene Baby dar. 

Ganz unproblematisch ist der NIPT trotzdem nicht. Werdende Eltern müssen sich bewusst sein, dass das Ergebnis des Tests im Zweifel eine hohe psychische Belastung verursachen und schwere Entscheidungen von ihnen abverlangen kann.

Deine Frauenärztin ist daher verpflichtet, dich vor dem Test umfassend über seine Ziele, seine Aussagekraft und seine möglichen Folgen aufzuklären

Kosten: Wer zahlt für den NIPT?

Der NIPT ist freiwillig und gehört nicht zu den Routineuntersuchungen in der Schwangerschaft. Das heißt, er muss in der Regel selbst gezahlt werden (IGeL). Die Kosten variieren je nach Umfang und Anbieter zwischen 170 und 300 Euro.

Seit 2022 übernehmen jedoch die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Untersuchung recht großzügig. Etwa, wenn andere Tests zuvor Hinweise auf mögliche Fehlentwicklungen lieferten oder es in der persönlichen Situation der Mutter angebracht ist. Dazu zählt eine genetische Vorbelastung oder wenn die Sorgen, dass das Kind betroffen sein könnte, die werdende Mutter schwer belasten. 

Auf dem deutschen Markt gibt es verschiedene NIPT-Anbieter. Sie arbeiten alle nach dem gleichen Prinzip und werben jeweils mit einer sehr hohen Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse. Zu den bekanntesten zählen fetalis® (Amedes Group), Harmony® (Roche Diagnostics) und PraenaTest® (Eurofins LifeCodexx GmbH). Die gynäkologischen Praxen arbeiten in der Regel mit einem Anbieter zusammen, sodass du als Patientin normalerweise keinen Einfluss darauf hast, welcher Test bei dir zum Einsatz käme. 

Wie funktioniert der NIPT?

Ziel des NIPT ist es, mögliche Chromosomen-Fehlverteilungen im kindlichen Erbgut zu erkennen. Dafür wird dir, nach ärztlicher Aufklärung und deiner Zustimmung per Unterschrift, eine Blutprobe entnommen und ins Labor geschickt. Dort wird die in deinem Blut enthaltene kindliche DNA herausgefiltert und genau untersucht.

Anschließend lassen sich Vorhersagen darüber machen, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Baby eine bestimmte Chromosomenstörung hat. Zu den bekanntesten Fehlentwicklungen dieser Art gehören Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 18 (Ewards-Syndrom) und Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), die mit körperlichen und geistigen Behinderungen einhergehen. 

Hintergrundwissen: Der Mensch hat normalerweise 23 Chromosomenpaare, insgesamt also 46 Chromosomen. Liegt ein Chromosom jedoch drei- statt zweifach vor, spricht man von einer Trisomie. Die Betroffenen haben dann ein Chromosom mehr, insgesamt also 47 Chromosomen. Es kann auch sein, dass ein Chromosom nur einfach statt zweifach vorliegt (Monosomie). 

Je nachdem, welches Chromosom betroffen ist und welche Fehlverteilung vorliegt, treten verschiedene, mehr oder weniger gravierende Entwicklungsstörungen auf.

Neben Trisomie und Monosomie kann ein nicht-invasiver Bluttest auch andere genetische Auffälligkeiten aufdecken, die auf bestimmte Erkrankungen hinweisen können. Außerdem lassen sich Abweichungen der Geschlechtschromosomen ausmachen. Abgesehen davon kannst du im Rahmen des NIPT auch das Geschlecht des ungeborenen Babys bestimmen lassen. 

Worauf jeweils getestet wird, ist abhängig vom Test-Anbieter und deinen Wünschen in Absprache mit deiner behandelnden Frauenärztin. Es wäre zum Beispiel möglich, lediglich auf Trisomien 13 und 18 zu testen, nicht aber auf das Down-Syndrom. 

Das Testergebnis liegt normalerweise innerhalb von drei bis sieben Werktagen vor. Hast du das Geschlecht mitbestimmen lassen, erfährst du dieses entsprechend dem Gendiagnostikgesetz aber erst nach Ablauf der 14. SSW.

Mögliche Ergebnisse des NIPT

Ein NIPT kann drei verschiedene Befunde haben. 

  1. Der Test ist nicht auswertbar: In dem Fall konnte nicht genügend kindliches Erbgut in der Blutprobe herausgefiltert werden, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen. Der Test würde einige Tage später wiederholt werden. Dieses Szenario kommt jedoch selten vor, da die modernen Tests sehr sensibel sind und für die Analyse bereits winzige Mengen kindlicher DNA ausreichen.
  1. Der Test ist unauffällig: Die Untersuchung ergibt keine Hinweise auf eine Chromosomenabweichung. Das Kind ist mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit nicht von den getesteten Auffälligkeiten betroffen. 
  1. Der Test ist auffällig: Es ist wahrscheinlich, dass das Kind von einer Trisomie oder einer anderen Abweichung betroffen ist. Aber: Die Ergebnisse des Tests müssen immer in Zusammenhang mit dem mütterlichen Alter gesehen werden. Die falsch-positive Rate (auffälliger Befund bei gesundem Kind) ist bei jüngeren Frauen deutlich höher als bei älteren Schwangeren.

    Beispiel: Ein auffälliges Ergebnis für eine Trisomie 21 bestätigt sich bei einer 40-jährigen Schwangeren in 93 von 100 Fällen, bei einer 20-Jährigen „nur“ in 52 von 100 Fällen. (Quelle: BZgA)

    Deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt wird dir das Ergebnis und dessen Aussagekraft umfassend erklären und Vorschläge für weitere Untersuchungen machen, um den Verdacht zu überprüfen.

Wie zuverlässig ist das NIPT-Ergebnis?

Zunächst sei noch einmal betont, dass es sich beim Ergebnis des NIPT immer nur um eine Wahrscheinlichkeit handelt, nicht um eine Diagnose. Trotzdem sind die Vorhersagen im Allgemeinen sehr verlässlich. Die einzelnen Test-Anbieter werben mit ähnlich hohen Erkennungsraten zwischen 93 bis knapp 100 Prozent.

Mit welcher Sicherheit ein NIPT eine genetische Erkrankung erkennt, hängt neben dem Alter der Mutter auch von der untersuchten Abweichung ab. Die Vorhersagen für eine Trisomie 21 sind zuverlässiger als für eine Trisomie 13 oder Trisomie 18. Und insgesamt können Trisomien deutlich besser vorhergesagt werden als etwa Fehlverteilungen der Geschlechtschromosomen.

Kein Test-Anbieter kann für seine Ergebnisse jedoch 100-prozentige Sicherheit geben. Das heißt, es besteht immer die Möglichkeit eines falsch-positiven oder eines falsch-negativen Befundes. 

Bei einem auffälligen Ergebnis würden dir von ärztlicher Seite aus daher weitere Untersuchungen angeboten werden, die den Verdacht sicher bestätigen oder widerlegen können. Infrage kämen eine Untersuchung des Fruchtwassers (Amniozentese) oder des Plazenta-Gewebes (Chorionzottenbiopsie). Diese Tests kannst du in Anspruch nehmen oder ablehnen.

Über die Aussagekraft und Bedeutung der NIPT-Ergebnisse wirst du in der gynäkologischen Praxis aufgeklärt. Zusätzlich dazu können Schwangerschaftsberatungsstellen psychosoziale Unterstützung leisten.

NIPT – was spricht dafür, was dagegen?

Alle Eltern, die den NIPT durchführen lassen, erhoffen sich ein unauffälliges Ergebnis. Viele entscheiden sich vermutlich nur deshalb für den Test, um sich bestätigen zu lassen, dass sich ihr Kind im Mutterleib gesund entwickelt. 

Aber was ist, wenn der NIPT anzeigt, dass es vermutlich nicht so ist? 

Diese meist unerwartete Nachricht kann die gesamte Welt der werdenden Eltern auf den Kopf stellen. Und zwar nicht erst nach der Geburt, sondern bereits im sehr frühen Stadium der Schwangerschaft. Fragen, Unsicherheit, Angst und Überforderung – alles in einer frühen Phase der Schwangerschaft, in der es rechtlich noch möglich wäre, sie zu beenden. 

Kritik am NIPT

Daraus ergeben sich ethische Fragen, die zwischen Gegnern und Befürwortern des NIPT emotional diskutiert werden. Das Bündnis #NONIPT beispielsweise stellt sich insbesondere gegen die großzügige Kassenfinanzierung des Tests. Es sieht darin die Gefahr, dass der Test zur Standard-Untersuchung wird und eine zunehmende Selektion im Mutterleib beeinträchtigter Kinder stattfindet.

Es konfrontiert den Beschluss der Kostenübernahme mit Fragestellungen, wie:

  • Darf ein Kind abgetrieben werden, weil es nicht den Vorstellungen der Eltern entspricht? Oder den Erwartungen dessen, was wir als Gesellschaft unter “entwicklungsentsprechend” oder “gesund” kategorisiert haben?
  • Wer entscheidet, ob ein Leben lebenswert ist?
  • Welches Signal senden wir als Gesellschaft, wenn wir Kinder mit bestimmten Entwicklungstendenzen vor der Geburt “aussortieren”?

Dazu kommt, dass abseits von medizinischen Statistiken niemand genau vorhersagen kann, wie das Leben des Kindes mit einer Behinderung wirklich verlaufen wird. 

Verbinden wir diese Diagnose in der Schwangerschaft automatisch mit einer bestimmten Zukunft des Kindes, hier auf Erden? Wenn ja, warum? 

Wichtig ist auch zu betonen, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens auch eine Behinderung oder Erkrankung erwerben kann – egal in welchem Alter. Entwicklungsentsprechend und auf dem Blatt Papier „gesund“ geboren zu werden, kann nicht die Zukunft eines Menschen, sein Lebensglück, seine Erfahrungen oder das mentale wie körperliche Wohlergehen voraussagen.

Chancen den NIPT

Die Kenntnis über eine Fehlentwicklung des Babys muss aber nicht gleichbedeutend sein mit der Entscheidung zur Abtreibung. Man darf Paaren, die sich für den NIPT entscheiden, nicht unterstellen, sie würden sich bei einem auffälligen Ergebnis ohnehin nur gegen das Kind entscheiden. Für viele steht fest, dass sie ihr Kind definitiv austragen werden. 

Stattdessen wollen sie die Chance nutzen, sich so früh wie möglich mit einer möglichen Diagnose auseinandersetzen, sich informieren und sich darauf vorbereiten zu können. Denn ein Kind mit einer Behinderung zu bekommen, bedeutet immer auch eine besondere Herausforderung für die Eltern, in vielerlei Hinsicht: emotional, finanziell und auch organisatorisch. 

Jochen Frenzel vom Bundesverband der Frauenärzte e.V. formulierte das Ziel des NIPT in einer Meldung von 2022 so: “Ziel ist es, diesen Frauen eine Auseinandersetzung mit dem Vorliegen einer Trisomie im Rahmen der weiteren ärztlichen Begleitung beim Kind zu ermöglichen. Das bedeutet, der Schwangeren sowohl medizinisch als auch psychosozial bestmögliche Unterstützung in dieser Lebenssituation zukommen zu lassen.“

Das heißt also, dass das frühzeitige Wissen um eine mögliche Behinderung des Kindes den Eltern die Chance gibt, sich auf ihr zukünftiges Leben vorzubereiten und dafür die nötige Unterstützung zu erhalten. 

Wie die Entscheidung bei einer Auffälligkeit aber am Ende wirklich aussehen würde, hängt von der persönlichen Situation, der individuellen Lebensrealität des Familiensystems und sicherlich auch von der genauen Diagnose ab. 

Also, NIPT machen oder lassen?

Es gibt an dieser Stelle keine Empfehlung für oder gegen den NIPT von uns. Stattdessen der Rat, dir im Vorfeld über einige Fragen Gedanken zu machen und daraus deine persönliche Entscheidung abzuleiten:

  • Was erwarte ich mir von dem Test?
  • Was würde es für mich bedeuten, sollte das Ergebnis auffällig sein? 
  • Was würde mir die Diagnose über eine Chromosomenabweichung des Kindes nützen?
  • Was würde die Diagnose für das Leben meines Kindes bedeuten? 
  • Wie blicke ich auf das Leben? Was macht für mich ein Menschenleben aus? In erster Linie mein eigenes, das meiner Liebsten und das meines ungeborgenen Kindes? 
  • Wie definiere ich eigentlich den Begriff „gesund“ oder „entwicklungsentsprechend“ – wenn ich nur von mir ausgehe und nicht von den Überzeugungen, die ich im Lebensverlauf durch meine eigene Prägung darüber gesammelt habe?

Was du auch bedenken musst: Eine Sicherheit, dass das Kind vollkommen gesund zur Welt kommt, hat man auch nach dem Screening nicht, unabhängig davon, welches Ergebnis er liefert. Denn im Rahmen des NIPT wird nur ein kleiner Teil aller möglichen Fehlentwicklungen untersucht. 

Fazit zum NIPT

Der NIPT kann ohne gesundheitliches Risiko für das ungeborene Baby eine sehr zuverlässige Vorhersage darüber treffen, ob das Kind eine bestimmte genetische Auffälligkeit hat oder nicht. Das Ganze aber ohne 100-prozentige Sicherheit. Denn auch, wenn die Tests eine hohe Erkennungsrate haben, können sie in falschliegen.

Allen Eltern steht zu, einen solchen Test ab der 10. SSW durchführen zu lassen. In vielen Fällen zahlen ihn inzwischen auch die gesetzlichen Krankenkassen. Leichtfertig sollten Paare die Entscheidung für den Test dennoch nicht fällen, sondern im Vorfeld darüber nachdenken, wie sie mit einem unerwarteten Ergebnis umgehen würden.

Hier stellt sich für jeden Elternteil auch die Frage, welche Überzeugungen und Blickwinkel man auf das Leben und auf das Thema „Gesundheit“ hat.

Hast du Fragen oder Anmerkungen zum Artikel? Schreib uns gern einen Kommentar.

Mehr zum Thema

Quellen

4773725eef9d4688a2b491bbe60ab97b - NIPT: Der nicht-invasive Pränataltest auf Trisomien

✔ Inhaltlich geprüft am 27.02.2025
Dieser Artikel wurde von Christine Müller geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Carolin Severin

Carolin ist zweifache Mama und leidenschaftliche Familien-Redakteurin. Sie beschäftigt sich schon seit über 10 Jahren hauptberuflich mit allem, was (werdende) Eltern interessiert. Bei Babelli versorgt sie euch mit Informationen und News rund ums Thema Schwangerschaft. Dabei ist es ihr besonders wichtig, komplexe medizinische Themen verständlich und sensibel aufzubereiten und dabei möglichst Sorgen und Ängste zu nehmen. Dafür arbeitet sie eng mit unserer Expertin Hebamme Emely Hoppe zusammen.