In der Schwangerschaft ist eine gesunde Ernährung wichtig. Zucker solltest du nur in Maßen konsumieren. Aber wie sieht es mit Zuckerersatzstoffen aus? Stellt Süßstoff in Schwangerschaft und Stillzeit eine gute Alternative dar? Wir verraten dir, ob Süßstoff erlaubt ist oder ob du darauf verzichten solltest.
Das Wichtigste in Kürze
- Das BfR hält die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Süßstoff in Schwangerschaft und Stillzeit für unwahrscheinlich.
- Aber: Aufgrund der unzureichenden Studienlage ist nicht eindeutig klar, ob Süßstoffe in jeglicher Hinsicht unbedenklich sind.
- Klar ist, dass Süßstoff in die Plazenta und später in die Muttermilch gelangt und somit Auswirkungen auf das Baby haben könnte; weitere Forschungen sind nötig.
- Unsere Empfehlung: Verzichte in der Schwangerschaft auf Süßstoff oder verwende ihn nur in geringe Mengen
Ist Süßstoff in der Schwangerschaft bedenklich?
Süßstoffe sind wesentlich süßer als herkömmlicher Zucker und haben weniger Kalorien. Eine kleine Menge genügt, um deinen Tee, deinen Joghurt et cetera zu süßen. Dennoch haben Süßstoffe mitunter einen schlechten Ruf. Zu Recht? Ist Süßstoff in der Schwangerschaft schädlich?
Unzureichende Datenlage erschwert Risikobewertung
Laut einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bei regelmäßiger Aufnahme von Süßstoffen unwahrscheinlich. Allerdings weisen die Verfasser der Stellungnahme darauf hin, dass die Studienlage bislang gerade in Bezug auf Schwangere unzureichend ist. Ob Süßstoffe in jeglicher Hinsicht unbedenklich sind, lässt sich laut aktuellem Forschungsstand nicht eindeutig klären. Es fehlen aussagekräftige Langzeitstudien an Menschen.
Das BfR weist außerdem darauf hin, dass in vielen Lebensmitteln Kombinationen aus mehreren Süßstoffen zum Einsatz kommen. In nahezu allen bisherigen Studien wurde Süßstoff jedoch als Einzelstoff betrachtet. Auch aufgrund des Mangels an Studien, in denen gesundheitliche Effekte von Süßstoffkombinationen untersucht werden, kann das BfR Süßstoff nicht abschließend bewerten.
Wie kann sich Süßstoff auf das Baby auswirken?
Es existieren nur wenige Humanstudien, die Auskunft über die Folgen eines regelmäßigen Süßstoffkonsums liefern könnten. Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Süßstoffkonsum basieren somit größtenteils auf Tierversuchen. Diese Versuche zeigen jedoch, dass Süßstoffe in die Plazenta und später in die Muttermilch gelangen. Der Süßstoffkonsum der Mutter kann somit durchaus Auswirkungen auf einen Fötus haben:
- In einer kanadischen Studie wurde an Ratten der Einfluss von pränatalem Süßstoffkonsum auf Welpen untersucht. Die Muttertiere erhielten die Süßstoffe Aspartam oder Stevia. Ihre Nachkommen wiesen ein erhöhtes Körpergewicht, einen höheren Körperfettanteil und eine veränderte mikrobielle Darmflora auf.
- Israelische Forscher fanden in einer mehrteiligen Studie heraus, dass verschiedene Süßstoffe die Darmflora teils massiv verändern. Aus diesen Veränderungen können Übergewicht und ein gestörter Glucosestoffwechsel entstehen. Dadurch steigt das Risiko für Diabetes.
- Eine der wenigen Humanstudien an schwangeren Frauen deutet darauf hin, dass sich Süßstoff in der Schwangerschaft auf den späteren BMI des Kindes auswirkt. Für die Studie wurden über 3000 schwangere Frauen sowie deren Nachwuchs untersucht. Ein Jahr nach der Geburt wiesen die Kinder der „Süßstoff-Frauen“ einen höheren BMI auf als die Kinder der Frauen, die keinen Süßstoff konsumierten. Andere Ursachen für das Übergewicht, etwa die Ernährung des Kindes oder ein erhöhter BMI der Mutter, konnten ausgeschlossen werden. Allerdings wurden nicht alle Faktoren berücksichtigen. Eine Kausalität lässt sich durch die Studie daher nicht belegen.
- Eine Humanstudie dänischer Forscher brachte einen hohen Süßstoffkonsum mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten in Verbindung. Andere Studien konnten einen solchen Zusammenhang nicht feststellen und attestierten der Studie methodische Mängel.
Die Studienlage ist somit nicht eindeutig. Es bedarf weiterer Untersuchungen, um die Auswirkungen von Süßstoff abschließend bewerten zu können. Du solltest bei Süßstoff also vorsichtig sein. Zumal Süßstoffe teils im Verdacht stehen, in größeren Mengen möglicherweise krebserregend zu sein. Zwar weist die Deutsche Diabetes Hilfe darauf hin, dass Gerüchte über ein erhöhtes Krebsrisiko durch Süßstoff nicht wissenschaftlich bestätigt werden konnten. Laut BfR besteht jedoch etwa bei Sucralose nach wie vor der Verdacht, dass beim Erhitzen gesundheitsschädliche und zum Teil krebserzeugende Verbindungen entstehen können. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) führt derzeit eine Neubewertung von Sucralose und anderen Süßstoffen als Lebensmittelzusatzstoffe durch.
Die Dosis macht das Gift
Auch wenn das BfR gesundheitliche Beeinträchtigungen laut aktuellem Forschungsstand für unwahrscheinlich hält, können sie nicht vollständig ausgeschlossen werden. Unsere Empfehlung lautet daher: Verzichte in der Schwangerschaft (weitestgehend) auf Süßstoff oder verwende ihn nur in geringe Mengen. Die Dosis macht das Gift. Zu viel Süßstoff in der Schwangerschaft ist nicht zu empfehlen.
Übrigens: Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe sind nicht dasselbe!
Süßstoffe sind von Zuckeraustauschstoffen wie Sorbit, Xylit, Mannit oder Laktit zu unterscheiden. Zuckeraustauschstoffe sind kalorienhaltig und haben, je nach Verbindung, einen mehr oder minder starken Effekt auf den Blutzucker. In größeren Mengen können sie Verdauungsprobleme und Durchfall auslösen.
Süßstoff bei Schwangerschaftsdiabetes: (k)eine gute Idee?
Zuckerersatzstoffe wie Aspartam, Saccharin oder Stevia haben laut der Deutschen Diabetes Hilfe keinen Effekt auf den Blutzuckerspiegel. In der S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus heißt es daher bezüglich Süßstoff bei Schwangerschaftsdiabetes: „Energiefreie Süßstoffe (z.B. Aspartam) können in der Schwangerschaft verwendet werden. Wenn die sogenannten ADI-Werte (Acceptable Daily Intake = akzeptierbare tägliche Dosis) beachtet werden, ist ihre Anwendung unbedenklich.“
Aber: Leider fehlt es auch in Sachen Schwangerschaftsdiabetes und Süßstoff an aussagekräftigen Langzeitstudien, die die Unbedenklichkeit von Süßstoffen eindeutig belegen. Daher lautet auch hier die Empfehlung, Süßstoff bei Schwangerschaftsdiabetes nicht oder nur in kleinen Mengen zu konsumieren.
Ist Süßstoff in der Stillzeit erlaubt?
Du fragst dich: Kann ich während der Stillzeit Süßstoffe essen? Auch in der Stillzeit solltest du Süßstoffe meiden oder zumindest nur in geringen Mengen konsumieren. Dein Baby nimmt die Stoffe mit der Muttermilch auf. Wie bereits erwähnt, kann Süßstoff Tierversuchen zufolge negative Auswirkungen auf die Mikroorganismen im Darm haben und Übergewicht begünstigen.
Da die im Rahmen der Tierversuche untersuchten Mäuse den menschlichen Organismus nur in Teilen abbilden, ist unklar, inwieweit sich die Ergebnisse auf Menschen übertragen lassen. Aber: Auch wenn die Ergebnisse der Tierversuche zur Wirkung von Süßstoff erst noch in Studien mit Menschen bestätigt werden müssten, raten Experten stillenden Müttern dazu, den Süßstoffkonsum zumindest stark zu reduzieren.
Woran erkenne ich, dass Lebensmittel Süßstoff enthalten?
Bei verpackten Lebensmitteln verrät ein Blick auf die Zutatenliste, ob Süßungsmittel enthalten sind. Süßstoffe werden im Zutatenverzeichnis entweder mit ihrem Namen oder einer sogenannten E-Nummer gelistet. Folgende Süßstoffe sind derzeit zugelassen:
- Acesulfam K (E 950)
- Aspartam* (E 951)
- Cyclamat (E 952)
- Saccharin (E 954)
- Sucralose (E 955)
- Thaumatin (E 957)
- Neohesperidin DC (E 959)
- Steviolglycoside, auch Stevia genannt (E 960)
- Neotam (E 961)
- Aspartam-Acesulfamsalz (E 962)
- Advantam (E 969).
*Wichtig: Menschen, die an der angeborenen Stoffwechselstörung Phenylketonurie (PKU) leiden, sollten Aspartam nicht konsumieren. In Aspartam ist die Aminosäure Phenylalanin enthalten. Durch die Stoffwechselstörung kann der Körper Phenylalanin nicht abbauen. Reichert sich Phenylalanin im Körper einer Schwangeren an, kann dies schädlich für das ungeborene Kind sein. Kalorienreduzierte Lebensmittel, die mit Aspartam gesüßt wurden, müssen in Deutschland mit dem Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet sein.
Gut zu wissen: Süßstoffe sind nicht nur in Lebensmitteln enthalten
Künstliche Süßstoffe verbergen sich nicht nur in zahlreichen Nahrungsmitteln und Getränken, sondern auch in alltäglichen Dingen wie Medikamenten, Zahnpasta und Mundspülungen. Du solltest auch bei solchen Produkten einen Blick auf die Inhaltsstoffe werfen. Apps wie Yuka können dir dabei helfen, bedenkliche Inhaltsstoffe in Lebensmitteln und Kosmetikartikeln zu identifizieren. Manche Apps schlagen dir sogar gesündere Alternativen vor.
Natürliche Zuckeralternativen
Dass wir unsere Speisen und Getränke mit Zucker süßen, hängt mit den Gewohnheiten unseres Geschmackssinns zusammen. Wir haben uns „antrainiert“, dass uns künstlich gesüßte Lebensmittel und Getränke besser schmecken. Viele Nahrungsmittel sind von Natur aus süß genug. Versuche also, deinen Geschmackssinn wieder an die geringere Süße zu gewöhnen und weder Süßstoffe noch Zuckeraustauschstoffe zu verwenden. Natürliche Zuckeralternativen sind:
- Trockenfrüchte: Aprikosen, Feigen oder Datteln eignen sich hervorragend, um beispielsweise Smoothies oder süße Aufstriche zu süßen. Die getrockneten Früchte einfach einweichen, pürieren und mit deinem Essen vermischen – fertig.
- Reifes Obst (etwa Bananen): Reifes Obst ist eine gesunde und leckere Zuckeralternative. Du kannst reifes Obst wunderbar zum Backen verwenden.
Indem du auf natürliche Zuckeralternativen setzt, kannst du dein Verlangen nach Zucker langfristig verringern. Wenn du auf Dauer gesünder leben möchtest, musst du bei deiner individuellen Süßschwelle „ansetzen“ und diese nach und nach senken. Mit Süßstoffen gelingt dies aufgrund ihrer hohen Süßkraft nicht. Sie sind somit letztlich keine gesündere Alternative zu klassischem Haushaltszucker.
Zuckerreduzierte Limonade auf Dauer nicht gesünder!
Durch süßstoffhaltige Erfrischungsgetränke lässt sich zwar die Kalorienaufnahme reduzieren, zu einer gesünderen Lebensweise tragen sie jedoch nicht bei. Durch übermäßig süße Getränke wie Fanta oder Cola Zero/Light erhöhst du die Reizschwelle für süßen Geschmack. Das heißt: Dein Verlangen nach Süßem steigt. Du solltest Limonade somit nur in Maßen genießen und nicht als täglichen Durstlöscher nutzen. Bei Cola in der Schwangerschaft ist zudem aufgrund des Koffeins Vorsicht geboten. Bessere Alternativen sind „dünne“ Saftschorlen oder ungesüßte Früchtetees.
Fazit: Süßstoff in Schwangerschaft und Stillzeit nicht oder nur in Maßen konsumieren
Inwiefern Süßstoff schädlich ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Zahlreiche Studien machen auf wichtige gesundheitliche Aspekte in puncto Süßstoffkonsum aufmerksam, über die nachgedacht werden muss – Beweise liefern sie nicht oder in nicht ausreichendem Maße. Es besteht somit weiterer Forschungsbedarf zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Süßstoff in Schwangerschaft und Stillzeit. Daher ist es ratsam, diese Stoffe bestenfalls gar nicht, zumindest nicht im Übermaß zu konsumieren. Mit natürlichen Alternativen bist du sicherlich besser beraten.
Wie hältst du es mit Süßstoff in Schwangerschaft und Stillzeit? Wir freuen uns über eure Kommentare!
Quellen
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Süßungsmittel: Mehrheit der Studien bestätigt keine Gesundheitsbeeinträchtigung – allerdings ist die Studienlage unzureichend, Stellungnahme Nr. 004/2023 des BfR vom 07. Februar 2023.
https://www.bfr.bund.de/cm/343/suessungsmittel-mehrheit-der-studien-bestaetigt-keine-gesundheitsbeeintraechtigung-allerdings-ist-die-studienlage-unzureichend.pdf (abgerufen am 07.06.2024) - Deutsche Hebammen Zeitschrift: Süßstoffe – Eine gesunde Alternative?
https://www.dhz-online.de/no_cache/de/archiv/archiv-inhalt-heft/archiv-detail-leseprobe/artikel/eine-gesunde-alternative/ (abgerufen am 07.06.2024) - Deutsche Diabetes Hilfe: Fakten über Süßstoff
https://www.diabetesde.org/fakten-suessstoffe (abgerufen am 07.06.2024) - S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM)
https://register.awmf.org/assets/guidelines/057-008l_S3_Gestationsdiabetes-mellitus-GDM-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2019-06.pdf (abgerufen am 07.06.2024) - European Food Safety Authority (EFSA): Sweeteners
https://www.efsa.europa.eu/en/topics/topic/sweeteners (abgerufen am 07.06.2024) - W. Wang, J.E. Nettleton, M.G. Gänzle et al.: A Metagenomics investigation of intergenerational effects of non-nutritive sweeteners on gut microbiome. Front. Nutr., Jan 2022: 1-11.
https://doi.org/10.3389/fnut.2021.795848 (abgerufen am 07.06.2024) - M.B. Azad, A.K. Sharma, R.J. de Souza et al. : Association Between Artificially Sweetened Beverage Consumption During Pregnancy and Infant Body Mass Index. JAMA Pediatr. 2016;170(7):662–670.
https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2016.0301 (abgerufen am 07.06.2024) - T.I. Halldorsson, M. Strøm, S.B. Petersen, S.F. Olsen: Intake of artificially sweetened soft drinks and risk of preterm delivery: a prospective cohort study in 59,334 Danish pregnant women. Am J Clin Nutr. 2010 Sep;92(3):626-33.
https://doi.org/10.3945/ajcn.2009.28968 (abgerufen am 07.06.2024) - J. Suez, Y. Cohen, R. Valdés-Mas, U. Mor, M. Dori-Bachash et al.: Personalized microbiome-driven effects of non-nutritive sweeteners on human glucose tolerance, Cell, Volume 185, Issue 18, 2022, Pages 3307-3328.e19.
https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.07.016 (abgerufen am 07.06.2024) - Ärzteblatt: Künstliche Süßstoffe in der Schwangerschaft machen Kinder dicker
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66605/Kuenstliche-Suessstoffe-in-der-Schwangerschaft-machen-Kinder-dicker (abgerufen am 07.06.2024) - Verbraucherzentrale: Süßungsmittel: Was sind Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe?
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/suessungsmittel-was-sind-suessstoffe-und-zuckeraustauschstoffe-81624 (abgerufen am 07.06.2024) - Bundeszentrum für Ernährung: Süßende Lebensmittel und Süßungsmittel
https://www.bzfe.de/lebensmittel/trendlebensmittel/suessende-lebensmittel-und-suessungsmittel/ (abgerufen am 07.06.2024)