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Vertrauliche Geburt: Ablauf, Voraussetzungen & Anlaufstellen

Vertrauliche Geburt - Vertrauliche Geburt: Ablauf, Voraussetzungen & Anlaufstellen
Wie funktioniert eine vertrauliche Geburt? / Bild © Summit Art Creations, Adobe Stock

Jede Frau, die ihre Schwangerschaft geheim halten möchte, kann sich für eine vertrauliche Geburt entscheiden und ihr Kind anonym, aber medizinisch sicher zur Welt bringen. Wir erklären dir, was eine vertrauliche Geburt ist, wie sie abläuft und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die vertrauliche Geburt ist in Deutschland gesetzlich verankert.
  • Ziel des Gesetzes ist es, Schwangeren eine anonyme, aber medizinisch sichere Geburt zu ermöglichen und das Kind gesund zur Welt zu bringen.
  • Die vertrauliche Geburt kann bundesweit in allen geburtshilflichen Einrichtungen oder mit einer Hebamme als Hausgeburt stattfinden.
  • Die Kosten für die Vorsorge, die Geburt und die Nachsorge trägt der Bund.

Was ist eine vertrauliche Geburt?

Eine vertrauliche Geburt bietet schwangeren Frauen die Möglichkeit, ihr Kind unter einer geschützten Identität in einem medizinisch betreuten Umfeld zur Welt zu bringen. Das Hilfsangebot richtet sich somit an Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten möchten, etwa weil sie sich in einer schwierigen familiären Situation befinden. Durch die vertrauliche Geburt soll diesen Frauen ein Ausweg aufgezeigt und eine Verzweiflungstat wie die Aussetzung des Babys verhindert werden. Gleichzeitig soll dem Baby durch die medizinische Betreuung ein guter und gesunder Start ins Leben ermöglicht werden.

Das Hilfsangebot der vertraulichen Geburt ist in Deutschland seit 1. Mai 2014 gesetzlich geregelt. Das Gesetz bietet Frauen eine rechtssichere Grundlage, um ein Kind unter einem Pseudonym zu entbinden. Auch den beteiligten Behörden sowie den Kliniken und Hebammen dient die gesetzliche Verankerung als sichere Handlungsgrundlage. Die vertrauliche Geburt ist legal.

Wer ist an der vertraulichen Geburt beteiligt?

Die vertrauliche Geburt basiert auf einer Zusammenarbeit des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) mit …

  • Schwangerschaftsberatungsstellen
  • Jugendämtern
  • Adoptionsvermittlungsstellen
  • Standesämtern
  • Geburtshilflichen Einrichtungen und Hebammen
  • ggf. Familiengerichten.

Den Schwangerschaftsberatungsstellen kommt hierbei eine besonders wichtige Rolle zu. Sie dienen als erste Anlaufstelle für Frauen und organisieren das gesamte Verfahren.

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Was sind die Voraussetzungen für eine vertrauliche Geburt?

Eine vertrauliche Geburt ist an eine Beratung durch eine Schwangerschaftsberatungsstelle geknüpft. Im Rahmen dieser Beratung werden Frauen, die ungewollt schwanger sind, über ihre Möglichkeiten aufgeklärt. Die Gründe für den Wunsch nach einer vertraulichen Geburt spielen keine Rolle. Jede Frau hat das Recht, selbst zu entscheiden, wie sie mit der Schwangerschaft umgehen möchte.

Kann man sich kurzfristig für eine vertrauliche Geburt entscheiden?

Schwangere Frauen können sich auch kurz vor der Entbindung für eine vertrauliche Geburt entscheiden – selbst dann noch, wenn sie bereits in der Klinik sind. Das medizinische Personal der geburtshilflichen Einrichtung nimmt dann umgehend Kontakt zu einer Schwangerschaftsberatungsstelle auf. Dort werden alle Formalitäten in die Wege leitet. Die ausführliche Beratung durch eine Mitarbeiterin einer Schwangerschaftsberatungsstelle ist in solchen Fällen auch nach der Geburt möglich.

Wie ist der Ablauf einer vertraulichen Geburt?

Bei einer vertraulichen Geburt ist der Ablauf vorgegeben. Leichte Abweichungen sind möglich, etwa wenn sich die Schwangere erst sehr spät für eine vertrauliche Geburt entscheidet. In der Regel folgt die vertrauliche Geburt jedoch folgendem Schema:

  • Die Schwangere sucht eine Schwangerschaftsberatungsstelle auf: Dort wird sie umfassend und unter Berücksichtigung ihrer Lebenssituation über ihre Möglichkeiten aufgeklärt.
  • Der Herkunftsnachweis wird erstellt: Entscheidet sich die schwangere Frau für eine vertrauliche Geburt, muss sie sich einmalig bei ihrer Beraterin in der Schwangerschaftsberatungsstelle ausweisen. Ihre Identität wird erfasst und in einem geschlossenen Briefumschlag als Herkunftsnachweis für das Kind sicher aufbewahrt. Die Beraterin unterliegt der gesetzlichen Schweigepflicht. Sie darf die wahre Identität der Schwangeren nicht preisgeben.
  • Das Pseudonym wird festgelegt: Alle weiteren Schritte der vertraulichen Geburt erfolgen unter einem Pseudonym, das die Schwangere selbst wählen kann. Ihr richtiger Name taucht nirgends auf.
  • Die Beraterin informiert Behörden und Geburtseinrichtung: Die Beraterin teilt das Pseudonym allen weiteren, an der vertraulichen Geburt beteiligten Stellen mit. Das Jugendamt beginnt direkt mit den Vorbereitungen für die Inobhutnahme sowie mit der Suche nach einer geeigneten Pflegestelle.
  • Die Schwangere nimmt ihre Vorsorgeuntersuchungen wahr: Die schwangere Frau kann unter ihrem Pseudonym sämtliche Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Ihre Beraterin dient ihr während der Schwangerschaft (und auch danach) jederzeit als Ansprechpartnerin und steht ihr unterstützend zur Seite.
  • Die Geburt findet statt: Sobald die Geburt losgeht, begibt sich die Schwangere in die Klinik oder das Geburtshaus. Dort wird sie bei der Geburt medizinisch betreut.
  • Die Beraterin und die Behörden werden informiert: Ist das Kind auf der Welt, informiert die Entbindungseinrichtung das Standesamt, die Schwangerschaftsberatungsstelle sowie das Jugendamt.
  • Das Kind wird in Obhut genommen: Nach der Entbindung übernimmt zunächst das Jugendamt die gesetzliche Amtsvormundschaft für das Baby. Die Mutter kann vor der Inobhutnahme den Vornamen des Kindes bestimmen. Um die Identität der Mutter weiterhin zu schützen, erfolgt der Eintrag ins Geburtsregister unter ihrem Pseudonym.
  • Der Herkunftsnachweis wird vervollständigt und sicher aufbewahrt: Die Beraterin der Schwangerschaftsberatungsstelle vervollständigt den Herkunftsnachweis mit den Daten des Kindes (Name, Geburtstag etc.) und leitet den versiegelten Umschlag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben weiter. Dort wird er sicher in einem Tresor aufbewahrt. Wenn das Kind 16 Jahre ist, hat es das Recht, den Herkunftsnachweis einzusehen.

Hilfetelefon: Das Hilfsangebot für schwangere Frauen

Solltest du eine vertrauliche Geburt in Erwägung ziehen, kannst du rund um die Uhr das Hilfetelefon „Schwangere in Not“  in Anspruch nehmen. Die Rufnummer lautet: 0800 40 40 020. Am Telefon wird man dich kostenlos und anonym beraten und über deine Möglichkeiten aufklären. Eine Beratung ist auch per E-Mail oder Chat möglich.

Alternativ kannst du dich direkt an eine Schwangerschaftsberatungsstelle wenden. Hier findest du Beratungsstellen in deiner Nähe.

Was passiert nach der vertraulichen Geburt?

Nach der Geburt nimmt die Frau ihre Nachsorgetermine wahr. Bei Fragen, Problemen und Sorgen kann sie sich weiterhin an die für sie zuständige Beraterin der Schwangerschaftsberatungsstelle wenden. Auch nach der vertraulichen Geburt wird die leibliche Mutter nicht alleingelassen.

Das Kind wird indessen an eine Pflegestelle bzw. an Adoptiveltern vermittelt. Bis zum endgültigen Adoptionsbeschluss kann sich die leibliche Mutter noch für ein Leben mit dem Kind entscheiden (dazu gleich mehr).

Erfährt das Kind irgendwann, wer seine Mutter ist?

In Deutschland gehört es zu den Grundrechten eines Menschen, die eigene Herkunft zu kennen. Daher hat das Kind nach seinem 16. Geburtstag die Möglichkeit, den Umschlag einzusehen, der die Angaben zur Identität der Mutter enthält.

Sollte die leibliche Mutter nicht damit einverstanden sein, dass das Kind ihre Identität erfährt, kann sie ab dem 15. Lebensjahr des Kindes Widerspruch gegen die Offenlegung ihrer Daten einlegen. Allerdings muss der Widerspruch begründet sein. Die Frau muss nachweisen, dass sich durch die Einsichtnahme für sie eine Gefährdung ergeben würde. Im Zweifelsfall muss das Familiengericht entscheiden, ob die Interessen des Kindes oder der Mutter schwerer wiegen.

Wer trägt die Kosten für die vertrauliche Geburt?

Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben kommt für sämtliche Vor- und Nachsorgeuntersuchungen sowie für die Geburtskosten auf.

Um die Anonymität der Schwangeren zu wahren, erfolgt die Abrechnung nicht über die Krankenkasse. Die Praxen, Kliniken und Hebammen, die an den Untersuchungen und der Geburt beteiligt sind, stellen dem BAFzA eine formlose Rechnung aus. Auf der Rechnung wird lediglich das Pseudonym der Frau verwendet.

Falls sich die Frau nach der Geburt doch entscheiden sollte, ihre Anonymität aufzugeben, kann der Bund die Kosten von der Krankenversicherung der Frau zurückfordern.

Kann man eine vertrauliche Geburt rückgängig machen?

Die leibliche Mutter kann die vertrauliche Geburt in der Anfangszeit rückgängig machen, indem sie …

  • ihre Anonymität aufgibt
  • ihre Mutterschaft nachweist.

Voraussetzung ist natürlich, dass das Kindeswohl durch die Rücknahme nicht gefährdet wird. Weiterhin darf das Adoptionsverfahren noch nicht abgeschlossen sein. Sobald nach der vertraulichen Geburt die Adoption rechtskräftig ist, kann die leibliche Mutter das Kind nicht mehr zu sich nehmen. In der Regel dauert es rund ein Jahr, bis ein rechtskräftiger Adoptionsbeschluss vorliegt.

Wie viele vertrauliche Geburten gibt es in Deutschland?

Schaut man sich die vertrauliche Geburt in Zahlen an, stellt man fest, dass sie sich seit Jahren auf einem recht konstanten Level befindet. Im Durchschnitt kommt es hierzulande zu 110 vertraulichen Geburten pro Jahr. Seit die Möglichkeit der vertraulichen Geburt gesetzlich verankert ist, konnte ein Rückgang der anonymen Kindsabgaben etwa durch Babyklappen verzeichnet werden. Das Gesetz zur vertraulichen Geburt kann somit als Erfolg gewertet werden.

Fazit: Vertrauliche Geburt als Ausweg für Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten möchten

Keine Frau muss ihr Kind hierzulande allein und ohne medizinische Betreuung entbinden. Die vertrauliche Geburt bietet Schwangeren, die ihr Baby nicht behalten können und ihre Schwangerschaft geheim halten möchten, einen Ausweg aus der Situation. Solltest du schwanger sein und das Baby nicht großziehen können, wende dich an eine Schwangerschaftsberatungsstelle in deiner Nähe. Dort wird man dir deine Möglichkeiten aufzeigen. Du bist nicht allein!

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FAQ: Häufige Fragen zum Thema vertrauliche Geburt

Muss eine vertrauliche Geburt in einer Klinik stattfinden?

Alle geburtshilflichen Einrichtungen können eine vertrauliche Geburt durchführen. Die Geburt kann auf Wunsch auch in einem Geburtshaus oder als Hausgeburt mit einer Hebamme stattfinden.

Was sind bei der vertraulichen Geburt die Rechte des Vaters?

Bei der vertraulichen Geburt sind die Rechte des Vaters zwar offiziell nicht eingeschränkt, allerdings ist die Anerkennung der Vaterschaft natürlich nicht möglich, wenn die Schwangere den Namen des Vaters nicht angibt und er nichts von der Schwangerschaft weiß. Da die schwangere Frau nicht dazu verpflichtet ist, den Namen des Vaters zu nennen, bleibt er bei einer vertraulichen Geburt meist unbekannt. Daher wird oft kritisiert, dass die vertrauliche Geburt den Vater diskriminiere.

Falls der Vater von der Geburt des Kindes erfährt, kann er jedoch versuchen, eine Aufhebung der Adoption geltend zu machen – sofern noch keine drei Jahre seit dem Adoptionsbeschluss verstrichen sind. Das Familiengericht entscheidet in diesem Fall darüber, ob eine Aufhebung infrage kommt oder ob durch die Aufhebung das Wohl des Kindes gefährdet wäre.

Weshalb haben Kinder erst mit 16 Jahren das Recht, den Herkunftsnachweis einzusehen?

16 gilt in diesem Fall als Schwellenalter, da man davon ausgeht, dass Jugendliche in diesem Alter in ihrer Entwicklung bereits gefestigt sind. Weiterhin soll zunächst die Beziehung der Kinder zu ihren Adoptiveltern gefördert werden.

Können die Adoptiveltern des Kindes die Identität der leiblichen Mutter erfragen?

Die Adoptiveltern können sich über die Umstände der Herkunft des Kindes aufklären lassen. Aber: Sie erhalten keine Auskunft über die Identität der leiblichen Mutter. Einzig das Kind hat mit 16 Jahren das Recht darauf, den Brief mit dem Herkunftsnachweis zu öffnen.

Hat die leibliche Mutter die Möglichkeit, das Kind zu kontaktieren?

Die leibliche Mutter hat die Möglichkeit, Nachrichten an das Kind zu schreiben. Diese Nachrichten werden von der Schwangerschaftsberatungsstelle an die zuständige Adoptionsvermittlungsstelle weitergeleitet. Dort werden die Nachrichten der Vermittlungsakte des Kindes hinzugefügt. Nach der Vollendung des 16. Lebensjahres kann das Kind Einsicht in die Vermittlungsakte zur Adoption nehmen.

Bei nicht adoptierten Kindern werden die Nachrichten bei den Unterlagen des Kindes im BAFzA aufbewahrt. Der Vormund des Kindes kann sie jederzeit einsehen.

Was ist der Unterschied zwischen anonymer und vertraulicher Geburt?

Bei einer vertraulichen Geburt hat die schwangere Frau die Möglichkeit, unter einem Pseudonym sämtliche Vorsorgeuntersuchungen bei einem Frauenarzt, einer Hebamme und im Krankenhaus wahrzunehmen. Sie wird während und nach der Schwangerschaft sowie bei der Geburt umfassend medizinisch betreut. Ihre Identität wird zwar von einer Mitarbeiterin einer Schwangerschaftsberatungsstelle erfasst, jedoch sicher verwahrt, bis das Kind 16 Jahre wird.

Bei einer anonymen Geburt erscheint die schwangere Frau erst zur Entbindung in einem Krankenhaus. Sie behält ihre Identität komplett für sich. Ihre Daten werden nirgendwo erfasst – auch nicht unter einem Pseudonym. Das Kind wird nie erfahren, wer seine Eltern sind. Vor- und Nachsorgeuntersuchungen finden bei einer anonymen Geburt nicht statt. Lediglich die Geburt wird medizinisch begleitet. Hierzu ist das Krankenhaus verpflichtet.

Anders als eine vertrauliche Geburt ist eine anonyme Geburt nicht gesetzlich geregelt.

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 12.09.2024
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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