Dass Kinder morgens beim Abschied in der Kita weinen, ist keine Seltenheit – macht das Loslassen aber natürlich nicht leichter. Warum es überhaupt dazu kommt, und wie du damit umgehen kannst, erfährst du hier.
Zu Hause war noch alles okay, dein Kind hat sich sehr auf die Kita gefreut, aber beim “Tschüss“-Sagen vor Ort will es dich plötzlich nicht mehr gehen lassen?
Diese Situation kennen viele Eltern.
Hinter tränenreichen Abschieden können verschiedene Gründe stecken, wie etwa …
Normaler Trennungsschmerz
Als Elternteil bist du vermutlich eine der Bindungspersonen für dein Kind. Bei dir sieht es seine Grundbedürfnisse befriedigt und findet Nähe, Sicherheit, Geborgenheit und Liebe.
Bis zum 15. bis 18. Lebensmonat erlebt es sich sogar noch als Einheit mit dir und der anderen Bindungsperson. Erst danach erkennt es allmählich, dass es ein eigenständiges Wesen mit individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Meinungen ist.
Insofern ist ein gelegentlicher Trennungsschmerz am Morgen im Kleinkindalter völlig entwicklungs- und altersentsprechend.
Die Tages- und Phasenstimmung
Vermutlich hast auch du mal Tage, an denen du einfach nur die Decke über den Kopf ziehen möchtest. Es sind gerade diese Zeiten, in denen deine Herzensmenschen besonders wichtig für dich sind, oder?
Wie jeder Mensch hat auch dein Kind unterschiedliche Stimmungen und Phasen. Das wiederum verstärkt womöglich sein inneres Bedürfnis nach Sicherheit, Stabilität und Geborgenheit.
War dein Kind lange krank, ihr im Urlaub oder ist es der erste Kita-Tag nach einem langen Wochenende als Familie, kann das den Abschied noch mehr erschweren. Auch ein aktiver geistiger Entwicklungsschub oder ein körperlicher Wachstumsschub können morgendliche Abschieds-Tränen verstärken.
Dein (unbewusstes wie bewusstes) Gefühl beim Abschied
Ja, auch deine eigenen Gefühle spielen bei der Verabschiedung vom Kind eine Rolle. Gerade im Kita-Alter lernt dein Kind nämlich größtenteils durch Nachahmung und liest jedes deiner Signale akribisch.
Vielleicht ist in dir ganz verborgen ein Gefühl von “Ich mag das Kind eigentlich nicht gerne loslassen.” – genau das könnte dir das Kind möglicherweise spiegeln.
Um das herauszufinden, könntest du so vorgehen:
- Frage dich, ob du den Fachkräften der Kita wirklich vertraust und ob du ein gutes Gefühl dabei hast, dein Kind am Morgen in die Kita zu geben.
- Wenn es nicht so ist, woran liegt das?
- Wie kannst du deine innere Einstellung hier verändern? Braucht es dafür noch Klärungsgespräche mit der Kita?
- Oder ist es ein Prozess, der ausschließlich dich betrifft?
- Fällt es dir aktuell (warum auch immer) einfach etwas schwerer, dein Kind morgens loszulassen?
Hier geht es im Übrigen nicht um eine Bewertung deiner Gefühle, sondern schlichtweg um ein inneres Erkennen: “Ah, der Trennungsschmerz meines Kindes könnte auch etwas mit meinem eigenen Gefühl zu tun haben.”
Wenn du dir dessen bewusst bist, kannst du überlegen, wo du noch hinschauen darfst, damit dein Kind in Zukunft gerne und vor allem sicher in die Kita gehen kann.
Die Gegebenheiten in der Kita
Ob lange Schließzeiten durch Personalausfall, ganze Gruppenschließungen, chronischer Personalmangel, hohe Krankheitsraten oder ein niedriger Personalschlüssel: Die strukturellen Gegebenheiten in der Kita können für alle Beteiligten extrem belastend sein.
Das kann beim Kind langfristig Stress und innere Unruhe auslösen. Und vielleicht ist genau das auch ein Grund dafür, dass es morgens beim Abschied weint. Einfach, weil es aktuell ungern in die Kita geht.
Tausche dich hierzu mit anderen Eltern aus und sucht im Zweifel das Gespräch mit der Kita-Leitung.
Womöglich wird diese wenig an der strukturellen Benachteiligung der Institution machen können, allerdings könntet ihr gemeinsam Lösungen überlegen, damit die Kinder gerne und sicher in die Kita gehen können. Denn das Kindeswohl sollte immer an erster Stelle stehen.
Eure aktuelle Lebensphase als Familie
Ob die Geburt des Geschwisterchens, der Tod des geliebten Haustieres oder zwei Kinderarztpraxis-Termine in einer Woche: Alles kann, nichts muss, Stress beim Kind auslösen.
Überlege hier ganz aufrichtig, ob ihr als Familie gerade eine herausfordernde Phase durchmacht oder ob es etwas anderes gibt, was das Kind aktuell stressen könnte.
Trennungsangst
Auch das Fremdeln oder eine phasenweise Trennungsangst sind völlig normal. Dann zeigt sie sich womöglich nicht nur in der Kita, sondern vielleicht auch bei den Großeltern, Paten, Freunden, Babysittern und Co.
Bei langfristigem, auffälligem Fremdeln sieht es hingegen anders aus: Wenn dein Kind auch zu Hause nicht mehr ohne dich in einem Raum sein möchte oder es auffällig stark an deinen Körper klammert, solltest du wachsam bleiben.
Vielleicht liegt eine bislang unerkannte seelische oder organische Belastung vor, die es ärztlich abzuklären gilt. Suche im Zweifel immer den Rat der Kinderarztpraxis. Hier wirst du auch weitervermittelt zu Kinder- und Jugendpsychotherapie-Praxen, falls notwendig.
Fehlende Routinen bei Abschieden
Ist die Verabschiedung in der Kita jeden Tag anders, wie etwa manchmal sehr lang, an anderen Tagen extrem kurz und hektisch, fehlen vielleicht Klarheit und Verlässlichkeit.
Das kann zügig Unsicherheit, Unruhe oder ein Gefühl von Misstrauen auslösen.
Denn nur feste, stimmige Routinen schaffen Verlässlichkeit, Vertrauen, Stabilität, Geborgenheit und innere Sicherheit. Ohne diese Dinge fällt es deinem Kind selbstverständlich schwerer, ohne dich in der Kita zu bleiben.
Wir empfehlen daher …
Nutze klare, liebevolle und kurze Verabschiedungen
Vermittle deinem Kind in der Verabschiedung: “Ich vertraue dir, dass du ohne mich woanders sein kannst. Ich vertraue dem Kita-Personal. Du bist hier sicher und geborgen.”
Sprich ruhig und bedacht mit deinem Kind, sodass du ausdrückst, was dir für den Abschied wichtig ist.
Beispiel:
- “Ich gehe jetzt zur Arbeit. So lange bleibst du hier in der Kita bei Emma (Name Bezugsfachkraft oder Fachkraft, der das Kind vertraut) und den anderen.
- Hier kannst du heute spielen, auch mit den anderen Kindern.
- Ich wünsche dir einen schönen Tag, mein Schatz. Später hole ich dich wieder ab.” Sei hier so konkret wie möglich. Beispiel: nach dem Mittagessen, nach dem Snack, nach der Turnstunde in der Turnhalle usw.
Nimm die Gefühle deines Kindes ernst!
Weint dein Kind beim Abschied, solltest du die Gefühle immer ernst nehmen und dir die Zeit nehmen, diese bewusst zu begleiten.
Gehe dafür im Zweifel lieber etwas früher zur Kita, um nach hinten raus keinen innerlichen Stress zu bekommen.
Denn die Gefühle deines Kindes haben immer die oberste Priorität. Nur wenn es sich von dir gesehen und ernst genommen fühlt, wird es sich diese weiterhin erlauben und vor dir äußern.
Du und die begleitende Fachkraft solltet hier gut im Austausch bleiben, wie lange und wie du die Gefühle deines Kindes begleitest und ab welchem Zeitpunkt sie das Ganze achtsam übernehmen kann (wenn du dann etwa tatsächlich zur Arbeit losmusst).
Hat dein Kind ein Kita-Kuscheltier?
Möglicherweise kann auch ein Kuscheltierbegleiter oder ein anderes Übergangsobjekt bei aktivem Trennungsschmerz am Morgen helfen.
Wenn du mehr darüber wissen möchtest, höre super gerne in unsere Podcastfolge mit U3-Pädagoge und Papa Cedric Teubl rein:
Fazit
Tränen beim Kita-Abschied können unterschiedlichste Ursachen haben und sind gelegentlich völlig normal.
Wichtig ist immer, dass du dein Kind in seinen Gefühlen ernst nimmst und ihm durch deine Körpersprache, deine Worte und eine klare Routine beim Verabschieden Verlässlichkeit, Sicherheit, Stabilität und Geborgenheit vermittelst.
Hält das Verhalten ungewöhnlich lange an und ist es sehr auffällig, betreibe Ursachenforschung. Zögere nicht, dir hier ärztlichen Rat und Unterstützung einzuholen.