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Das steckt WIRKLICH hinter den Lästereien unter Eltern?

3 Mütter mit Kinderwägen unterhalten sich im Park.
Lästereien und Eltern-Bashing haben auch einen Einfluss auf Kinder ... / Bild © Tyler Olson, Adobe Stock.

Lästereien helfen uns manchmal dabei, uns selbst zu entladen. Gleichzeitig verbraucht Tratsch viel Energie, kann auf die Kinder abfärben und ist verletzend. Warum wir überhaupt lästern und wie sich das aktiv vermeiden lässt, mehr dazu hier.

  • „Das Kind läuft barfuß? Wie kann man so verantwortungslos sein! Na ja, spätestens nach dem ersten Wespenstich werden die Eltern ihm schon Schuhe anziehen.“
  • „Sie haben ihm zum 4. Geburtstag ein Tablet geschenkt. Klar, dann kannst du das Kind davor parken und hast Zeit für Schwätzchen und Sektchen.“
  • „Ständig muss sie sagen, was ihr Baby schon alles Tolles kann. Na und? Mir doch egal. Meiner kann es eben noch nicht!“

Wenn du Mama oder Papa bist, kennst du dieses gegenseitige Eltern-Bashing vor und nach der Kita, auf dem Spielplatz oder bei Verabredungen der Kinder vermutlich nur zu gut. Auch auf Social-Media nimmt das Ganze beängstigende Dynamiken an. 

Und machen wir uns nichts vor: Solche Gespräche tun zur eigenen Entladung manchmal gut. Doch warum tratschen wir Menschen überhaupt?

Die Sache mit dem Selbstwertgefühl

Wenn wir selbst mit einem geringen Selbstwert oder Zweifeln zu kämpfen haben, gleichen wir durch Lästereien unbewusst unseren eigenen Mangel aus. 

Wenn wir sagen: „Kein Wunder, dass das Kind so drauf ist. Sieh dir mal die Eltern an.“

Sagen wir im Kern eigentlich: „Ich mache/bin/habe es besser.”

Jedenfalls für diesen einen Moment, in dem wir uns über Elternteil XY und dessen Verhalten aufregen, fühlen wir uns besser. Das kann unseren Selbstwert allerdings nicht langfristig stärken.

Natürlich spielen hier auch Eifersucht und Missgunst eine Rolle, wenn wir tratschen. Ob wir uns diesen Gefühlen nun bewusst sind oder nicht. Letztlich liegt aber auch dieses Gefühl immer nur bei uns und hat nichts mit dem Gegenüber zu tun, auf das wir eifersüchtig sind. Sie dient hier als Spiegel.

Den eigenen Wert kann jeder von uns nur in sich selbst finden. Er ist damit immer unabhängig von den Taten und Worten anderer Menschen.

Auch hat er nichts mit unserer Leistung, unserem Können, Schwächen, Entscheidungen, Misserfolgen, unserem Beruf, unserer Familie, unserem Körper, unserer Lebenssituation oder unseren Erfahrungen zu tun.

Worauf wir hinauswollen …

Lästern vs. Integrität

Lästern mag dir kurzweilig ein gutes Gefühl verschaffen. Das war es dann aber auch. Hinzu kommt, dass du wahrscheinlich genau spürst, falls du dich „einfach mal nur aufregen” wolltest. Möglicherweise hast du danach auch ein schlechtes Gewissen. 

Was bleibt, ist letztlich nur deine fehlende Integrität, weil du es hinter dem Rücken der Person machst und es ihr nicht ins Gesicht sagst.

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Bindung, Gruppendynamik und Kontrolle

Manchmal lästern wir auch, weil wir gerne Teil einer bestimmten Gruppe sein möchten. Oder weil wir einzelne Bindungen dadurch verstärken wollen.

Hinzu kommt, dass uns die Zugehörigkeit zu einer Gruppe samt ihren Meinungen und Werten ein Gefühl von Kontrolle gibt. Haben wir ähnliche Meinungen, droht uns kein Ausschluss. Wird hier viel über andere gesprochen, ist direkt klar, wie die Spielregeln sind, um dazuzugehören. 

Dennoch können wir natürlich nicht wissen, was wiederum hinter unserem Rücken passiert.

Und dann gibt es in jeder Gruppe meist eine Person, die am meisten und mit viel Selbstbewusstsein lästert.

Hier 2 unangenehme Fakten, die du vielleicht schon im Bauchgefühl hattest:

  1. Eine Clique oder Gruppe, deren hauptsächliche Verbindung das Lästern über andere ist, hat nichts mit wahrer Freundschaft zu tun. 
  2. Personen, die viel lästern, können noch so abgeklärt wirken, letztlich haben sie ein sehr schwaches Selbstbewusstsein.

Kompensation eigener Themen

Dann ist das Hinschauen und Lästern über andere natürlich immer auch ein guter Weg, um …

  • sich von den eigenen Themen und Problemen abzulenken
  • Spannung, Langeweile, Unsicherheit und Frustration auszuhalten

Und im voll beladenen Alltag gibt es davon eine ganze Menge. Und dennoch …

Was Lästern uns kostet

Quatschereien haben ihren Preis. Neben der eigenen Energie, die wir in dieser Zeit auch für andere Dinge aufbringen könnten, leidet auch unsere Authentizität darunter. 

Denn wenn uns ein Verhalten ärgert, warum sprechen wir dann eigentlich mit anderen darüber als mit der bestimmten Person? Oder ist dieses Verhalten im Endeffekt gar nicht so schlimm, als dass wir uns darüber aufregen müssten?

Obendrein leidet unser Selbstbewusstsein enorm. Denn jedes Mal, wenn wir uns mal wieder kritisch über jemand anderen äußern, verpassen wir die Chance, in uns selbst hineinzuhören.

Was beim Lästern aber vor allem draufgeht, ist …

Die Vergeudung wertvoller Lebenszeit

Das Leben ist kurz und jeder Mensch hat seine eigene Antwort darauf, was er hier auf der Erde noch erleben möchte. 

Möchtest du dich wirklich mit Lästereien davon aufhalten?

Und ja, du kannst das Verhalten anderer Menschen trotzdem kritisieren. Sofern du es konstruktiv und mit der Person machst, die du kritisieren möchtest …

Selbstreflexion: Ist es Lästern oder konstruktive Kritik?

Es macht einen großen Unterschied, ob du jemandem ins Gesicht sagst, was du an seinem Verhalten nicht gut findest, oder ob du es hinter seinem Rücken machst.

Dafür ist natürlich zunächst wichtig zu überlegen, ob es sich überhaupt lohnt, ein bestimmtes Verhalten zu kritisieren.

Lohnt es sich, das anzusprechen?

Um zu wissen, ob es sich lohnt, eine Situation anzusprechen, die du etwa an einem anderen Elternteil kritisierst, könntest du zuerst einmal nachspüren, warum du etwas kritisierst.

Frage dich dafür zunächst selbst:

  1. Was an dem Verhalten der Person stört mich?
  2. Hat das einen direkten Einfluss auf mich? Wenn ja, kann ich es ansprechen?
  3. Falls nein, warum stört es mich überhaupt? Was spiegelt mir das wider? Was wird mir hier gerade in Bezug auf meine eigenen Lebensthemen gezeigt?

Kritisiere ich den Menschen oder das Verhalten?

Auch hier frage dich gerne selbst:

  1. Stört mich wirklich das Verhalten des Menschen? Wenn ja, warum?
  2. Stört mich etwas anderes an der Person?
  3. Wenn ja, was löst das in mir aus? 
  4. Was hat das mit meinen Lebensthemen und mir zu tun?
  5. An wen aus meinem Leben erinnert mich die Person oder ihr Verhalten?

Hier lohnt es sich, ein Journal, Tagebuch oder Ähnliches hinzuzuziehen und deine Gedanken aufzuschreiben. Andere Menschen und die Dinge, die uns an ihnen stören, verraten uns immer auch etwas über uns selbst und über die Bereiche, wo wir selbst hinschauen dürfen.

Verletzte Menschen verletzen Menschen.

Wir sehen von anderen Menschen nur einen Bruchteil ihres Lebens. Von all den Verletzungen, Erfahrungen und Hürden wissen wir nichts. 

Was also gibt uns das Recht, über andere zu urteilen oder zu bewerten, warum sie wie handeln?

Verletzte Menschen verletzen Menschen. So setzt sich der Kreislauf fort, bis ihn jemand durchbricht. Sei du jemand, der es tut und seinen Mitmenschen mit Respekt und Empathie begegnet. Und der genau das seinem Kind vorlebt.

Niemals vor, mit oder über Kinder lästern!

Wenn du dich oder andere beim Lästern erwischst, frage dich auch immer, über wen hier gerade gelästert wird: über das Kind oder über den erwachsenen Menschen?

Beides ist unschön. 

Jedoch solltest du für die gesunde mentale Entwicklung deines und anderer Kinder immer vermeiden, über ein Kind zu lästern, es zu bewerten oder abzuwerten. Das kann schwerwiegende Folgen für die Psyche und den Selbstwert des Kindes haben.

Mitunter kann es sogar dazu kommen, dass dein Kind hört, wie du über ein anderes lästerst. Und das, was du ihm vorlebst, das wird dein Kind früher oder später nachahmen. 

Wenn dein Kind also mitbekommst, wie du sagst: „Die mästen ihn ja auch mit Brei, kein Wunder, dass er so dick ist.“ 

Dann wird dein Kind bestimmte Glaubenssätze über seinen eigenen und andere Körper sowie über das Essen entwickeln. Das kann so weit gehen, dass es schwerwiegende seelische Belastungen davon trägt.

Übergriffiges Lästern

Wenn du nicht das Verhalten, sondern den Menschen selbst, sein Auftreten oder seine Art zu sprechen nachahmst, nachäffst oder kritisierst, ist das übergriffig. 

Damit greifst du die einzigartige Individualität des anderen an. Und genau diese ist es, die du ja auch bei dir selbst bewahrt und respektiert haben möchtest. 

Mehr zum Thema

Was du tun kannst, wenn in deinem Beisein gelästert wird

Ihr steht auf dem Spielplatz und befreundete Eltern fangen plötzlich an, zu lästern.

Beispiel: „Das da vorn ist die übereifrige Mama. Windelfrei und selbstgekochter Brei und so.“

  1. Aktives Zuhören: Was wird hier eigentlich gerade gesagt? Wird der Mensch kritisiert oder das Verhalten? Werden Grenzen überschritten, oder nicht?
  2. Ehrliche Selbstreflexion: Möchte ich an diesem Tratsch teilnehmen? Hat das einen Mehrwert für mich, jetzt mitzumachen? 
  3. Empathie äußern: Was steckt hinter dem Verhalten der Mutter, die hier so „übereifrig“ beschrieben wird? Was scheint ihr wichtig zu sein? Beispiel: „Bine scheint sich viele Gedanken zu machen. Das bewundere ich an ihr. Wir sollten nicht bewerten, warum sie das tut. Es ist ihre Entscheidung.“
  4. Grenzen setzen: Wenn du den Tratsch als übergriffig erlebst, schreite ein. 

Fazit

Mit Humor und Leichtigkeit betrachtet, dient Lästern zur eigenen Entladung. 

Allerdings ist es auch verletzend und vergeudet kostbare Lebenszeit. 

Wenn du dich beim nächsten Mal beim Lästern erwischst, frage dich, was für ein Gefühl bei dir eigentlich dahintersteckt. Hat die Person dich mit ihrem Verhalten verletzt, sprich es lieber direkt konstruktiv an. Ist das nicht der Fall, bleibe bei dir und forsche, was dich lästern lässt.

Lästern vor, mit oder über Kinder solltest du IMMER vermeiden, um die Seele des Kindes zu schützen und deinem eigenen Kind ein gutes Vorbild zu sein. 

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Quellen

  • Bürgin, Dieter (1993). Psychosomatik im Kindes- und Jugendalter. Stuttgart: Gustav Fischer Verlag.
  • Caby, Filip und Andrea (2011). Die kleine psychotherapeutische Schatzkiste. Tipps und Tricks für kleine und große Probleme vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter. (2. Auflage). Dortmund: Borgmann Media.
  • Dilling, Horst, Freyberger, Harald J. (2016): ICD-10. Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. (8. Auflage). Hogrefe Verlagsgruppe.
  • Greving, Prof. Dr. Heinrich, Ondracek, Prof. Dr. Petr (2010): Handbuch Heilpädagogik. (2. Auflage) Troisdorf: Bildungsverlag EINS GmbH.
  • Perls, Frederick S., Hefferline, Ralph F., Goodman, Paul (2015). Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (9. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
  • Siegel, Elaine V. (1997): Tanztherapie. Seelische und körperliche Entwicklung im Spiegel der Bewegung. Ein psychoanalytisches Konzept. (4. Auflage) Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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