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Wenn das Baby ungern kuschelt, wirbelt das ganz schön viele Fragen auf. Wir zeigen, wie du damit umgehen kannst.
Wenn du auf diesen Artikel geklickt hast, zeigt sich bei deinem Baby vermutlich ein anderes Bild, als das, was du von anderen Eltern so hörst. Vielleicht hast du auch schon ein älteres Kind und kannst hier direkte Vergleiche ziehen.
Es gibt Babys, die einfach nicht gern kuscheln. Selbst wenn Nähe ein Grundbedürfnis ist, dass das Baby bei seinen Bindungspersonen – in der Regel die Eltern – gestillt sieht.
Deswegen machst du dir vielleicht Gedanken, warum dein Baby nicht gern mit dir kuschelt.
Die Hintergründe können vielfältig sein …
Teil der Persönlichkeit, entwicklungsbedingt oder eine Phase
Vielleicht ist es einfach ein Teil der individuellen Persönlichkeit deines Schatzes, dass es ungern kuschelt. Es kann auch damit zusammenhängen, dass es diese Welt so spannend findet, dass es bisher nicht die Ruhe aufbringen kann, die es für das Kuscheln braucht. Vor allem bei bewegungsfreudigen Babys kann das der Fall sein.
Oder aber, dein Baby macht gerade einen großen Entwicklungssprung durch und kann Kuschel-Nähe deshalb einfach nicht so gut aushalten.
Manchmal kann sich in der Baby-Entwicklung aber auch ein Phänomen zeigen, dass letztlich keine tiefere Bedeutung hat, sondern nur eine Phase ist. Und Phasen wechseln einander ab und sind endlich.
Die Autonomiephase steht bevor?
Im Babyalter ist es zwar nicht die Regel und gleichzeitig nicht ausgeschlossen, dass sich die Autonomiephase (früher Trotzphase) frühzeitig anbahnt.
In dieser Phase – durchschnittlicher Beginn zwischen 18 und 24 Monaten – spürt das Kind, dass es einen eigenen Willen sowie individuelle Bedürfnisse, Vorlieben und Wünsche hat, die sich von denen der Bindungspersonen unterscheiden können.
Bei einem Baby mit frühen Autonomiephase-Anzeichen kann es also gut sein, dass es plötzlich weniger Lust auf Kuscheln hat, weil es sich stärker als eigenständige Persönlichkeit spüren will.
Es ist deinem Baby „zu viel“
Gerade wenn deine Art, deine Liebe auszudrücken, die körperliche Berührung ist, fällt es dir vermutlich nicht leicht, dass das Baby ein anderes Bedürfnis hat als du.
Aber: Dein Baby muss nicht gern mit dir kuscheln, wenn das Bedürfnis von dir und nicht von ihm ausgeht. Denn es ist natürlich keine Puppe oder ein Kuscheltier, sondern ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen.
Es kann auch gut möglich sein, dass deinem Baby dein Kuschelbedürfnis „zu viel“ ist. Hier geht es nicht um Schuld, sondern um ein ehrliches Hinschauen und Hinterfragen deinerseits, denn du bist die erwachsene Person, die die Verantwortung in eurer Beziehung übernimmt.
Falls du spürst, dass du hier auf etwas gestoßen bist, wo du hinschauen darfst, nimm dir gern Zeit, um zu reflektieren …
Reflektiere dich selbst
Dieser Prozess geht möglicherweise tief. Sei hier deshalb milde mit dir und nimm dir ausgiebig Zeit, etwa, wenn das Baby schläft. Sprich auch gern mit Menschen darüber, denen du vertraust und erfrage, wie sie das Ganze bei dir beobachten.
Gerade, wenn du dich in deiner Vergangenheit nach Liebe gesehnt hast, kann es zügig dazu kommen, dass du dein eigenes unerfülltes Bedürfnis – ohne es zu merken oder zu wollen – auf dein Baby überträgst.
Ist dem so, darfst du dir klarmachen, dass dein Baby ein eigenständiger Mensch ist, dessen Aufgabe es nicht ist, dir Halt und Liebe zu schenken – denn das ist schließlich deine Rolle als Elternteil. Dein Baby sollte niemals eine Lücke in deinem Herzen füllen (müssen).
Wenn du das Gefühl hast, dass da noch etwas ist, wo du bewusst hinschauen darfst, zögere nicht, dir professionelle Unterstützung zu suchen. Wir müssen durch Themen, die tief sitzen und belastend sind, niemals alleine durch.
- Telefonseelsorge, Tel: 0800-1110111 und 0800-1110222
- Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“, Tel: 0800-1110550
Zusätzlich möchten wir dir dieses Buch* von Psychologin Philippa Perry empfehlen. Es ist in Großbritannien ein Bestseller und wurde von Karin Schuler ins Deutsche übersetzt.
Manchmal hilft es, über Bücher eine andere Perspektive unserer Erlebnisse einzunehmen und Glaubenssätze zu hinterfragen.
4 Strategien für Eltern, damit umzugehen
1. Du bist nicht alleine
Wichtig ist zunächst, dass du dir bewusst machst, dass du nicht alleine bist.
Häufig haben wir Menschen das Gefühl, dass wir mit Situationen, über die nicht so viel gesprochen wird, völlig alleine dastehen oder mit uns etwas nicht stimmt.
Doch das, was du gerade wahrnimmst, kennen ganz viele Eltern. Vielleicht hilft dir der Gedanke, um etwas Schwere aus der Situation zu nehmen.
Wenn du magst, tausche dich gern unten in den Kommentaren mit anderen Eltern zum Thema aus.
2. Nicht persönlich nehmen
Das ist mitunter der schwierigste Schritt. Denn natürlich ist es nicht einfach anzunehmen, wenn das eigene Baby kaum Kuscheleinheiten oder Nähe sucht.
Du darfst hier ganz milde mit dir, der Situation und dem Baby sein. Versuche dir klarzumachen, dass Babys Verhalten nichts mit dir als Person zu tun hat.
Als Elternteil bist du in der Regel mit dem anderen Elternteil die Bindungsperson für dein Kind. Das bedeutet, es nimmt sich zurzeit ohnehin noch als Einheit mit dir und euch wahr. Möglicherweise ist es sich dieser Verbindung und der bedingungslosen Liebe so sicher, dass es keine zusätzliche Nähe benötigt.
Ist es so, darfst du dir auf die Schulter klopfen. Denn Sicherheit, Geborgenheit und bedingungslose Liebe sind das größte Geschenk, dass du deinem Kind machen kannst.
3. Annehmen, was ist
Wichtig ist nur, dass du annimmst, dass das Baby ein anderes Bedürfnis hat als du und eben nicht so gern kuschelt. Versuche, deine Bedürfnisse nach Nähe nicht auf es zu übertragen.
Gehst du in den inneren Widerstand, löst das möglicherweise nicht nur bei dir, sondern auch bei deinem Baby Unwohlsein aus. DAS wiederum könnte eure Bindung langfristig beeinflussen.
Falls du dich danach sehnst, zu kuscheln, kannst du das getrost auch mit dem anderen Elternteil oder dem Partner tun, sofern du einen hast. Auch tiefe Umarmungen mit lieben Herzensmenschen sind wundervoll.
Hast du es alternativ schon mal mit einer schönen Selbstumarmung in einem kuscheligen Kissen probiert? Das kann richtig entspannend wirken und ein wahrer Akt der Selbstliebe sein.
4. Bei starken Zweifeln – ab zur Kinderarztpraxis
Wenn plötzlich weitere, dir auffällig erscheinende Merkmale bei deinem Baby hinzukommen, solltest du die Kinderarztpraxis aufsuchen. Wichtig ist, dass du dich hier wohlfühlst und das Gefühl hast, dass deine Sorgen ernst genommen werden. Ansonsten wechsele im Zweifel die Praxis.
Vielleicht liegt bei deinem Baby eine organische Ursache, eine Entwicklungsverzögerung oder eine seelische Belastung vor. Obendrein kann auch eine akute, belastende Auslösesituation dahinterstecken. Möglicherweise könnte es auch ein erstes Anzeichen einer Autismus-Spektrum-Störung sein, muss es aber nicht.
All das kann nur ärztlich abgeklärt und untersucht werden. Damit du bestmöglich beraten und weiter überwiesen wirst, zu anderen Fachstellen.
Fazit
Wenn das Baby nicht gern kuschelt, kann, muss aber nicht immer ein konkreter Grund dahinterstecken.
Neben einer Phase, einem aktiven Entwicklungsschub oder der individuellen Persönlichkeit deines Kindes kann es auch sein, dass du zu viel Nähe zu deinem Baby suchst, ohne es zu merken. In diesem Fall haben wir dir oben Hilfestellen hinterlassen.
Kommt dir das Verhalten allerdings ungewöhnlich vor oder hast du das Gefühl, ein konkreter Auslöser steckt dahinter, solltest du das Ganze immer auch mit der Kinderarztpraxis abklären.
Übe dich ansonsten darin, anzunehmen, dass dein Baby nicht gern kuschelt und es vor allem nicht persönlich zu nehmen. Eine Kuschel-Unlust hat nichts mit dir als Mensch zu tun und sagt auch nichts über eure Bindung aus.
Sie ist lediglich ein anderes Bedürfnis des Babys als dein eigenes.
Quellen
- Davies, Uzodike, van Loon, Wirth (2022). Das Montessori Baby. Geborgen und mit offenen Sinnen ins Leben starten. Weinheim: Verlagsgruppe Beltz.
- Largo, Remo H. (2016). Babyjahre. Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren (18. Auflage). München/Berlin: Piper Verlag GmbH.
- Perls, Frederick S., Hefferline, Ralph F., Goodman, Paul (2015). Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (9. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.