Während die Werbung für Alkohol und Zigaretten durch Verbote aus der deutschen Werbelandschaft verschwunden ist, dürfen Lebensmittel für den Nachwuchs mit ungesunden Inhaltsstoffen massiv beworben werden. Damit soll endlich Schluss sein. Kommt nun ein Werbeverbot für Junkfood bei Kindern?
Nicht nur Kinderärzten und Verbraucherschützern von Foodwatch sind sie seit langem ein Dorn im Auge: Manipulativ gestaltete Designs bei Lebensmitteln und Süßigkeiten, deren Zutatenliste sich mit einer gesunden Ernährungsweise nicht vereinbaren lässt. Neben den Verpackungen sind es aber insbesondere die Werbespots für ungesunde Lebensmittel im TV und auf Streamingdiensten, die zu bester Sendezeit für Kinder ausgestrahlt werden, welche dem Aktionsbündnis rund um den Starkoch Jamie Oliver aufstoßen.
Klare Worte zum bevorstehenden Gesetzentwurf
In einem offenen Brief an die Ampelkoalition wird Junkfood-Werbung bei Kindern eindringlich thematisiert. Dabei geht es dem breiten Aktionsbündnis vor allem darum, dass der vom Bundesernährungsministerium geplante Gesetzesentwurf nicht nur eine “Lightversion” wird. Mit klaren Worten wird ausgesprochen, was sich viele Eltern wünschen:
- Keine Junkfood-Werbung in Kindersendungen mehr!
- Eine Werbebeschränkung für Junkfood zwischen 6 und 23 Uhr auf allen TV-Kanälen, Radiosendern und Streamingdiensten!
- Im Umkreis von rund 100 Metern zu Kitas, Schulen sowie Spielplätzen keine plakative Junkfood Werbung mehr!
- Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel auch bei Influencern und Influencerinnen!
Einer Studie zufolge, die an der Universität Hamburg durchgeführt wurde, sehen Kinder zwischen 3 und 13 Jahren täglich rund 15 Spots, die für Fastfood, Süßigkeiten oder Snacks werben.
Braucht es ein Werbeverbot für Junkfood bei Kindern?
Wir finden: Ja, es braucht eine solche Werbebeschränkung. Denn die bisher freiwilligen Selbstverpflichtungen durch die Lebensmittelindustrie, ungesunde Inhaltsstoffe stark zu reduzieren, bleiben de facto wirkungslos. Denn immer noch enthalten gerade Produkte für Kinder viel zu viel von ungesunden Fetten, Salz und Zucker. Und Kinder sind nun einmal noch sehr stark beeinflussbar.
Babys und Kinder brauchen nichts Süßes, um süß zu sein!
Im Koalitionsvertrag ist es schon längst verankert, dass gegen die Junkfood-Werbung vorgegangen werden soll. Nun ist es Zeit, dieses Versprechen endlich umzusetzen. Immerhin sind es laut einer Umfrage der VZBV rund 93 Prozent der Eltern, die sich für eine Höchstgrenze für Zucker, Salz und Fett bei Lebensmitteln für Kinder aussprechen.
Während die ungesunden Inhaltsstoffe überwiegend gleich bleiben, steigt dafür das Werbeetat für Junkfood erschreckend. Laut Statistiken sind die Werbeausgaben für Süßwaren im Jahr 2021 in Deutschland auf etwa 1,06 Milliarden Euro gestiegen. Ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass die Kosten für die Behandlung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen jährlich enorme Summen verschlingen.
Jedes 7. Kind zwischen 3 und 17 Jahren ist stark übergewichtig.
Wenn Junkfood die gesunde Ernährung bei Kindern erschwert
“Während ich bei unserem Einkauf darauf achte, nur gesunde Lebensmittel in den Korb zu packen, wird mein Bestreben nach einer abwechslungsreichen und unbedenklichen Ernährungsweise spätestens an der Kasse massiv torpediert. Sehr praktisch in Griffhöhe meines Jüngsten (2 Jahre), der im Kindersitz des Einkaufswagens sitzt, angeordnet gibt es da fruchtige Lollis, Smarties und Co. Zähneknirschend versuche ich seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Doch die bunten Verpackungen mit den coolen Kinderdesigns wirken wie hypnotisierend. Kann man nicht mal Äpfel und anderes Obst so kindgerecht verpacken und an der Kasse platzieren?”
Es sind beileibe nicht nur die unpraktisch platzierten Snacks und Süßigkeiten im Kassenbereich, die ganz besonders für Kinder so verlockend sind. Selbst bei Kinderkeksen namhafter Hersteller für Babynahrung findet man auf der Zutatenliste immer wieder ziemlich hohe Angaben zu Zucker und Co. Schwierig für Eltern, um dann noch die gesunde Ernährung jeden Tag sicherzustellen.
Das RKI sieht unter anderem auch das Fernsehverhalten als Risikofaktor an. Dabei geht es dem Institut zwar in erster Linie darum, dass zu viel Fernsehen dick macht, weil die Kinder sich zu wenig bewegen. Am Ende sind es aber die unzählig vielen Werbespots für Junkfood, die sich negativ auf Kinder und Jugendliche auswirken. Immerhin sehen es rund 76 Prozent befragter Eltern und Großeltern als problematisch an, dass der Nachwuchs von klein auf mit solchen Werbespots förmlich bombardiert wird. Kein Wunder, dass Mama und Papa beim Einkaufen ins Schwitzen kommen, weil die Kleinen lautstark nach den tollen Fruchtdrops oder dem zuckersüßen Lolli verlangen.
Fazit
Für Eltern ist es gar nicht so leicht, ihr Kind gesund zu ernähren. Ungesunde Lebensmittel lauern praktisch überall. Und wer kann es seinem Nachwuchs verdenken, wenn die coolen Designs der Verpackungen und die Werbespots die Kleinen förmlich manipulieren? Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzentwurf zum Werbeverbot für Junkfood bei Kindern bald kommt. In Großbritannien tritt eine umfassende Werbebeschränkung 2024 in Kraft. Und in Deutschland? Aktuell können wir es nicht sagen. Doch vielleicht erzeugen die klaren Worte des Aktionsbündnisses für genügend Druck, damit auch hierzulande mehr für die gesunde Ernährung von Kindern getan wird.
Findest du, Werbung für ungesunde Lebensmittel beeinflusst dein Kind? Was tust du dagegen?
Quellen
- Ärzteblatt, “Jedes siebte Kind in Deutschland zu dick oder fettleibig
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/91831/Jedes-siebte-Kind-in-Deutschland-zu-dick-oder-fettleibig (abgerufen am 08.11.2022) - Robert Koch-Institut, “Kindliche Adipositas: Einflussfaktoren im Blick”
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas_Monitoring/AdiMon_Infobroschuere.pdf?__blob=publicationFile#:~:text=Etwa%20jedes%20sechste%20Kind%20in,ist%20es%20sogar%20jedes%20f%C3%BCnfte (abgerufen am 08.11.2022) - Statista, “Bruttowerbeaufwendungen für Süßwaren in Deutschland 2021”
https://de.statista.com/prognosen/197004/werbeausgaben-fuer-schokolade-und-zuckerwaren-in-deutschland-seit-2000 (abgerufen am 08.11.2022) - Verbraucherzentrale Bundesverband. “Strenge Regeln für Zucker- und Fettbomben nötig”
https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/strenge-regeln-fuer-zucker-und-fettbomben-noetig (abgerufen am 08.11.2022) - Foodwatch, Offener Brief Werbeschranken für Ungesundes
https://www.foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Kinderernaehrung/Dokumente/Offener_Brief_Werbeschranken_fuer_Ungesundes.pdf (abgerufen am 08.11.2022) - Bild: 244311053 vaaseenaa / Adobe Stock