Eine Schwangerschaft kann verschiedenste Gefühle auslösen, auch sehr widersprüchliche. Doch viele Frauen trauen sich nicht darüber zu sprechen, dass sie mitunter auch Ängste und Zweifel haben. Dabei ist das vollkommen normal. Woher die negativen Emotionen rühren und Tipps, wie du damit umgehen kannst.
Schwanger – aber nicht nur glücklich
Eine ungeplante Schwangerschaft kann die werdenden Eltern vor große emotionale Herausforderungen stellen. Das ist jedem klar.
Was seltener so klar ist: Auch eine geplante Schwangerschaft kann bei Frauen mehr oder weniger ambivalente Gefühle auslösen. Nur trauen sich viele nicht, diese vor ihrem Umfeld, manchmal sogar vor ihrem Partner zuzugeben. Zu groß ist die Sorge, sie könnten “undankbar” erscheinen oder mit dem Vorwurf konfrontiert werden: “Das hättest du dir vorher überlegen sollen.”
Denn auch wenn ein (weiteres) Kind gewünscht ist, können sich in der Schwangerschaft Zweifel entwickeln oder bestehende Unsicherheiten verstärken. Nicht zuletzt befindet sich der Körper in einem hormonellen Ausnahmezustand. Auch das bleibt nicht ohne Folgen für dein Gefühlsleben.
Darf ich in der Schwangerschaft unglücklich sein?
Ja, natürlich! Trotz großer Freude auf das Baby kann die sich ankündigende neue Lebenssituation auch negative Emotionen hervorrufen.
Es wäre viel zu einfach gedacht, würde man davon ausgehen, dass jede Schwangere ausschließlich glücklich und euphorisch ist.
Denn eins steht fest:
Ein Baby verändert einfach alles
So groß die Vorfreude auch ist und so sehr die Liebe für dieses unbekannte Wesen im Bauch auch wächst: Ein Baby zu bekommen bedeutet immer auch, Abschied nehmen zu müssen von dem Leben, das man bisher geführt hat.
Mit der Entscheidung für ein Kind geben Paare bewusst viele Freiheiten in ihrem Leben auf. Die Aussicht darauf kann zu ängstlichen, traurigen, manchmal auch widerwilligen Momenten führen. Das ist vollkommen normal!
Geht das nicht allen Menschen so, die vor einem neuen Lebensabschnitt stehen? Ein Tauziehen der Gefühle zwischen Glück und Angst kennen wir doch alle, wenn sich Veränderungen in unserem Leben ergeben; etwa ein neuer Job, ein Umzug, eine Hochzeit oder ein Hausbau. Man kann sich riesig darauf freuen und trotzdem Zweifel verspüren, ob dies der richtige Weg ist. Warum sollte das bei etwas Bedeutungsvollem wie der Familiengründung anders sein?
Im Vergleich zum ersten Kind ist die Ambivalenz in der Schwangerschaft beim 2. oder 3. Kind häufig stärker ausgeprägt. Denn anders als beim ersten Mal weiß man, was es heißt, für einen Säugling verantwortlich zu sein. Man kennt die schlaflosen Nächte, die Fremdbestimmtheit und die herausfordernden Phasen für Baby-Eltern aus eigener Erfahrung.
Das alles noch einmal vor sich zu haben – und zwar on top zu den bestehenden Ansprüchen des vorhandenen Kindes – kann bei aller Freude auf das Baby auch ablehnende Gefühle hervorrufen. Absolut nachvollziehbar!
Mögliche Gründe für ambivalente Gefühle
Unabhängig davon kann es auch andere und sehr individuelle Ursachen dafür geben, dass eine Schwangerschaft nicht nur Freude bereitet. Neben alltäglichen Einschränkungen, die sie mit sich bringt, Beschwerden und Komplikationen sowie einer möglichen Angst vor der Geburt gibt es noch viele andere Auslöser für ambivalente Gefühle, zum Beispiel:
- Eine diffuse Angst vor dem Unbekannten
“Was kommt da auf mich zu? Wie wird das Leben mit Kind sein? Wie wird es sich anfühlen?” - Zweifel an den eigenen Fähigkeiten
“Werde ich eine gute Mutter sein? Werde ich meinem Baby geben können, was es braucht? Kann ich allen Kindern gerecht werden? Was, wenn ich es nicht schaffe?” - Unsicherheiten in Bezug auf die Beziehung
“Ist er wirklich der richtige Partner? Wie wird sich unsere Beziehung verändern?” - Sorgen um den eigenen Körper
“Werde ich die Pfunde wieder los? Werde ich mich je wieder wohl in meiner Haut fühlen?” - Unsicherheiten zu den Auswirkungen auf andere Lebensbereiche
“Wie wird sich meine Abwesenheit auf meine Anstellung auswirken? Werde ich Kind und Job unter einen Hut bekommen? Werde ich noch Zeit und Energie für mein Hobby haben?” - Finanzielle Sorgen oder ungünstige Wohnsituation
- Persönliche Traumata oder aktuelle Konflikte und Ereignisse
beispielsweise schlechte Erfahrungen aus der ersten Schwangerschaft oder der Verlust eines geliebten Menschen - Schuldgefühle
etwa gegenüber einem ungewollt kinderlosen Paar im Bekanntenkreis, nahestehenden Personen, die gerade eine schwierige Zeit durchmachen oder auch den bereits vorhandenen Kindern
Beinahe jede schwangere Frau kennt solche Zweifel und Sorgen. Bei der einen sind sie stärker ausgeprägt, bei der anderen weniger.
Die gute Nachricht: Mit zunehmender Schwangerschaftsdauer lichten sich diese Stimmungswolken bei den meisten.
Je näher der Geburtstermin rückt, je besser man das Kleine auf den Ultraschallbildern erkennt und je stärker die Kindsbewegungen werden, desto größer wird in der Regel die Akzeptanz der neuen Situation – und damit auch die Zuversicht.
3 Tipps bei zwiespältigen Gefühlen in der Schwangerschaft
Tipp 1: Lass ambivalente Gefühle zu.
“Eine Schwangerschaft ist ein so sensibler Zustand, dass es vielleicht merkwürdiger wäre, keine ambivalenten Gefühle zu haben.” – so wird eine zweifache Mutter in einem Artikel der TODAY zitiert. Und das bringt es ganz gut auf den Punkt.
Alle Gefühle sind wichtig und richtig. Alle Gefühle dürfen immer GLEICHZEITIG existieren.
Statt dich schuldig zu fühlen oder dich selbst infrage zu stellen, versuche Ambivalenzen grundsätzlich als normale Begleiterscheinung der Schwangerschaft hinzunehmen.
Wichtig: Solltest du kaum noch Freude empfinden, stattdessen anhaltende Traurigkeit und Wut, kann mehr dahinterstecken. Eine Schwangerschaftsdepression zeigt sich zum Beispiel auch durch Antriebslosigkeit, innere Leere, Grübeln, Schlafprobleme oder das Gefühl, nichts mehr zu schaffen.
Sprich mit deiner Hebamme oder Frauenärztin, wenn du merkst, dass es dir dauerhaft nicht gut geht. Je früher, desto besser.
Tipp 2: Reden, reden, reden.
Wie bei allem, was dich mental belastet, lautet die beste Strategie: Rede darüber. Am besten mit einer dir nahestehenden Person, im Idealfall natürlich deinem Partner. Es kann schon sehr helfen, sich einfach einmal die Last von der Seele zu reden und auf Verständnis und Mitgefühl zu treffen.
Wenn du dich anderen Müttern anvertraust, wirst du feststellen, dass du nicht allein mit deinen Gefühlen bist. Sicher haben einige davon Ähnliches erlebt und können dich beruhigen. Gleichgesinnte findest du bestimmt in deinem Umfeld, ansonsten in Internetforen oder Kursen für Schwangere in deiner Umgebung.
Hast du niemanden in deinem Umfeld, an den du dich damit wenden möchtest oder suchst du professionelle Unterstützung, wende dich an deine Hebamme, Schwangerschaftsberatungsstellen in deiner Nähe oder suche dir online gezielt passende Coaching-Angebote.
Tipp 3: Affirmation und Mediation
Vielleicht helfen dir diese Techniken dabei, dich mehr auf die positiven Gefühle zu fokussieren. Affirmationen sind motivierende Sätze, die die eigenen Überzeugungen beeinflussen können. Wir empfehlen dir unseren Artikel dazu (der nicht nur für Kinder sehr wertvoll sein kann): Stärkende Worte, starkes Kind: die Kraft von Affirmationen!
Auch professionell angeleitete Meditationen können dabei helfen, das Gedankenkarussell zu stoppen, sich zu entspannen und die Wolken im Kopf beiseitezuschieben. Unser Tipp: der babelli Meditations-Podcast.
Fazit
Ambivalente Gedanken und Emotionen sind in der Schwangerschaft keine Ausnahme, sondern oft die Regel. Sie sagen nichts darüber aus, wie sehr du dein Kind lieben wirst oder wie geeignet du als Mutter bist. Sie zeigen nur, dass du dich ehrlich mit den Veränderungen auseinandersetzt, die vor dir liegen.
Erlaube dir, alle Gefühle zuzulassen – auch die unbequemen. Und sprich darüber. Du bist nicht allein damit. Je offener wir mit diesen Emotionen umgehen, desto leichter werden sie.
Und oft zeigt sich mit der Zeit: Aus Zweifeln wächst Vertrauen.
Quellen
- K. H. Brisch: Schwangerschaft und Geburt. Bindungspsychotherapie – Bindungsbasierte Beratung und Psychotherapie. Klett-Cotta, 2013.
- M. Kellson (Motherly): I’m pregnant with my second baby and feeling ambivalent about it. https://www.mother.ly/health-wellness/pregnancy-ambivalence/ (abgerufen am 07.04.2025)
- L. Keegan: Pregnancy Ambivalence: What is it? https://www.laurenkeeganpsychologist.com/s/stories/pregnancy-ambivalence-what-is-it (abgerufen am 07.04.2025)
- S. Spangler (Council For Relationships): Ambivalence Durin Pregnancy: Navigating the Unspoken. https://councilforrelationships.org/ambivalence-during-pregnancy-navigating-the-unspoken/ (abgerufen am 07.04.2025)
- D. Campoamor (Today): What is pregnancy ambivalence? It’s a lot more common than people know. https://www.today.com/parents/pregnancy/pregnancy-ambivalence-rcna81221 (abgerufen am 07.04.2025)