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Zucker-Konsum beim Baby: Sollten wir strikt dagegen sein?

Sollten Babys Zucker bekommen?

Zu viel Zucker ist ungesund, klar. Sollten wir daher komplett darauf verzichten und Babys ohne Zucker ernähren? Oder sind ein Babykeks zwischendurch und ein Quetschie auf die Hand halb so schlimm? Wir erklären, warum du dein Kind möglichst lange zuckerfrei ernähren solltest, ab wann Zucker für dein Baby gelegentlich okay ist und weshalb Zucker im Babybrei gar nicht notwendig ist!

Das Wichtigste in Kürze

  • Fertigprodukte enthalten versteckten Zucker – auch Babynahrung.
  • Überzuckerte Fertigprodukte können zu falschen Ernährungsgewohnheiten beitragen.
  • Babys sollten im ersten Lebensjahr bestenfalls keinen industriellen Zucker zu sich nehmen. Milch- und Fruchtzucker sind okay.
  • Bei älteren Kinder gilt die Faustregel: So viele Süßigkeiten pro Tag, wie in die kleine Kinderhand passen.

Zucker für das Baby: ja oder nein?

Zu viel Zucker ist ungesund. Er ist schlecht für die Zähne, macht dick und schlimmstenfalls krank. Er erhöht unter anderem das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kann der Darmflora schaden. Es gibt sogar eine Studie, die aufzeigt, dass Kinder, die zu viel zucker- und fettreiche Nahrung essen, als Jugendliche einen höheren Alkoholkonsum haben. Als möglichen Grund nennen die Forscher biochemische Prozesse im Körper, die beim Verzehr von Zucker und Alkohol das Belohnungssystem aktivieren. Sollten wir daher strikt gegen Zucker-Konsum beim Baby sein?

Die Antwort lautet: Jein! Es kommt auf den Zucker an. Frucht- und Milchzucker sind in Ordnung. Milchzucker nimmt ein Baby ohnehin durch die Muttermilch zu sich. Fruchtzucker ist ab Beikostalter in Maßen ebenfalls okay. Bei industriell hergestelltem Zucker ist jedoch Vorsicht geboten!

Auf industriellen Zucker solltest (und kannst!) du möglichst lange verzichten

Kleinkinder haben circa 10.000 Geschmacksknospen, das sind die Knospen, die auf der Zunge sitzen und durch die wir die Fähigkeit haben, Geschmack oder Genuss wahrzunehmen. Und der Erwachsene hat circa 3.000 bis 5.000 Geschmacksknospen.

Prof. Andrea Maier-Nöth

Babys sind wahre Gourmets. Sie nehmen Geschmäcker sehr intensiv wahr. Bereits die natürliche Süße eines Apfels oder einer Beere stillt das Bedürfnis nach Süß. Fertiger Babybrei und Quetschies enthalten jedoch häufig versteckten Zucker oder Aromastoffe. Sie sind deutlich süßer als selbstgemachtes Fruchtmus. Kennt dein Baby diese süßen Fertigprodukte erst, wird es mit Fruchtzucker womöglich nicht mehr zufrieden sein.

Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch warnt vor den Folgen falscher Ernährung bei Babys. Denn oft stehen Baby-Lebensmittel „im Widerspruch zu den ernährungswissenschaftlichen oder ärztlichen Empfehlungen für Säuglinge“, da sie Babys „früh an einen hohen Zuckergehalt gewöhnen“. In den ersten beiden Lebensjahren bildet sich der Geschmackssinn. Nehmen die Kinder in dieser Zeit regelmäßig Zucker zu sich, passt sich ihr Geschmackssinn den süßen Produkten an.

Das Problem: Zucker hat viele Namen

Bei der Herstellung [von Beikost] sollte auf den Zusatz von Salz und Zucker verzichtet werden, um eine entsprechende Prägung des kindlichen Geschmacks zu vermeiden.

Empfehlung der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)

Leider ist das mehr Wunschdenken als Realität. In Babygläschen sind oft versteckte Zuckerzusätze enthalten, die dein Baby geschmacklich eben doch an einen hohen Zuckergehalt gewöhnen. Nur weil das Wort „Zucker“ nicht in der Zutatenliste eines Produktes steht, heißt es nicht, dass es zuckerfrei ist. In Deutschland gibt es über 70 verschiedene Bezeichnungen für Zucker und Zuckeraustauschstoffe, die teils auch in Babybrei und anderen Babyprodukten vorkommen, etwa

  • Saccharose
  • Glukose
  • Fruktosesirup
  • Dextrose
  • und viele mehr.
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Um dein Baby wirklich zuckerfrei zu ernähren, solltest du dich mit diesen Begriffen vertraut machen (hier findest du eine gute Übersicht über Zuckerarten in Lebensmitteln). Denn die Nahrungsmittelindustrie tarnt Zucker gerne. Welche Tricks dabei angewendet werden, kannst du dem Ratgeber Kinder und Familie 2019 der Stiftung Öko-Test entnehmen.

Sind Fertigprodukte generell schlecht?

Wir möchten Fertigprodukte nicht verteufeln oder dich dazu verdammen, jedes Gramm Zucker abzuwiegen. Im ersten Lebensjahr hast du es aber (noch) selbst in der Hand, dein Baby zuckerfrei zu ernähren. Es wird nicht nach dem Schokoriegel oder dem Keks verlangen. Es isst (oder probiert zumindest), was du ihm anbietest. Das solltest du nutzen, um den Geschmack deines Kindes aktiv zu prägen – und seinen Gaumen nicht direkt an Industriezucker zu gewöhnen.

Ab wann darf ein Baby Zucker essen?

Irgendwann wird dein Kind Süßigkeiten für sich entdecken. Spätestens im Kindergarten, wenn der Sitznachbar beim Frühstück seine Milchschnitte oder seinen Fruchtzwerg auspackt. Ist dein Kind noch nie in den „Genuss“ solcher süßen Leckereien gekommen, weckt das Begehrlichkeiten. Daher raten wir dir, ab dem zweiten Lebensjahr gelegentlich zuckerhaltige Lebensmittel zu erlauben. Natürlich ist Zucker ab dem zweiten Lebensjahr nicht plötzlich gesünder für dein Kind. Aber es ist kontraproduktiv, Zucker komplett zu verbieten. Wenn ein Kind etwas sieht, aber nicht haben darf, schafft das Neugier und Frustration. Kinder sollten aber ein gesundes Verhältnis zu Süßem entwickeln.

Unser Rat lautet daher bei Kleinkindern ab einem Jahr: Zucker, ja – aber mit Maß und Ziel! Den Ernährungsexperten der WHO zufolge sollten zuckerhaltige Lebensmittel den täglichen Energiebedarf zu maximal 10 Prozent decken, idealerweise zu weniger als 5 Prozent. Zugegeben, die Prozentangabe ist nicht gerade alltagstauglich. Am besten merkst du dir für den Süßigkeiten-Konsum folgende Faustregel:

So viele Süßigkeiten pro Tag, wie in das kleine Kinderhändchen passen.

Hört sich wenig an? Stimmt! Aber Zucker ist nicht nur in Süßigkeiten, sondern auch in anderen Lebensmitteln enthalten (etwa in Wurst, Fertigsoßen, Toast). Selbst vermeintlich „gesunde“ Lebensmittel wie Joghurt und Säfte kommen selten ohne Zucker aus. Da sind 5 bis 10 Prozent des Tagesbedarfs an Kalorien schnell erreicht.

Wie kannst du deinem Kind einen gesunden Umgang mit Süßigkeiten beibringen?

Sei Vorbild! Lebe deinem Kind vor, was Genuss bedeutet. Genuss bedeutet nicht, eine ganze Tüte Gummibärchen oder eine Tafel Schokolade in sich hineinzuschaufeln. Es bedeutet, sich nur eine Handvoll Gummibärchen zu gönnen und diese bewusst zu genießen. Oder nur ein Stück Schokolade zu essen und es auf der Zunge zergehen zu lassen. Du prägst die Essgewohnheiten deines Kindes mit. Indem du ausgewogene Kost anbietest und isst, dir Zeit für das Essen nimmst und auch in puncto Süßigkeiten-Konsum mit gutem Beispiel vorangehst, lebst du deinem Kind ein gesundes Essverhalten vor.

Weitere Tipps, um deinem Kind ein gesundes Essverhalten näherzubringen

  • Kaufe alle Zutaten frisch ein.
  • Koche selbst, bunt und abwechslungsreich.
  • Verwende alternative Süßungsmittel wie Obstmark, Datteln, Süßkartoffeln – alles, was die Natur hergibt.
  • Kaufe nur wenige Süßigkeiten. Wenn du viele Süßigkeiten zu Hause hast, ist die Versuchung da.
  • Mache wenig Aufhebens um Süßigkeiten. Setze sie nicht als Belohnung ein. Vor allem nicht als Belohnung dafür, dass dein Kind zuvor etwas Gesundes (etwa Gemüse) gegessen hat. Das macht das Gemüse essen psychologisch zur Pflicht, zu etwas Unangenehmem. Die Süßigkeiten bekommen einen besonderen Stellenwert.
  • Setze Süßigkeiten nicht als Trostpflaster ein. Verhaltensweisen werden in der Kindheit geprägt. Gibt es bei Kummer etwas Süßes, behält das Kind dies später bei. Der Begriff „Kummerspeck“ kommt nicht von ungefähr…
  • Verbote machen Dinge interessant. Du solltest Zucker nicht verbieten, sondern ihn einfach nicht explizit anbieten.
  • Gib deinem Kind Wasser oder stark verdünnte Fruchtsaftschorle. Säfte, Limonaden und Eistee enthalten viel Zucker.

Tipp: Serviere Süßigkeiten nicht allein, sondern in Form eines Snacktellers!

Außer der Süßigkeit legst du Fingerfood dazu, beispielsweise Paprika, Karotten, frisches Obst – je nach Hunger und Laune. Dadurch bekommen die Süßigkeiten keinen besonderen Stellenwert.

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Fazit

Wir finden, Eltern sollten das Thema Zucker-Konsum beim Baby nicht zu dogmatisch sehen und Zucker nicht generell verbieten. Aber: Solange dein Baby klein ist und nicht nach Süßigkeiten verlangt, ist es ratsam, auf Zucker zu verzichten. Denn ein zu früher und zu hoher Zucker-Konsum kann zu falschen Ernährungsgewohnheiten beitragen.

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Umfrage: Wie handhabst du den Zucker-Konsum bei deinem Kind?

Ernährst du dein Baby zuckerfrei oder geht dir die "Zuckerfrei"-Diskussion auf die Nerven?

Tipp: Höre auch unseren Podcast „Zucker und Kleinkinder – worauf wir achten sollten“

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Quellen

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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