Close Babelli.deBabelli.de

Ich will nicht abstillen, warum drängen mich alle?

Frau will nicht abstillen

Für unsere mit * gekennzeichneten, redaktionell unabhängigen Produktempfehlungen erhält Babelli ggf. eine Provision vom Händler, die den Preis jedoch nicht erhöht. Mehr dazu

Die Stilldauer ist eine persönliche Entscheidung! Dennoch haben viele Mütter das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie ihr einjähriges (oder älteres) Kind stillen. Weshalb ist das so? Und wie kannst du darauf reagieren, wenn dich jemand zum Abstillen drängt? Wir haben ein paar Tipps für dich!

Durchschnittliche Stilldauer in Deutschland und weltweit

In Deutschland beträgt die durchschnittliche Stilldauer acht Monate. Ein Blick in die WHO-Datenbank zur weltweiten Stilldauer zeigt: Im internationalen Vergleich ist das ein sehr niedriger Wert.

Weshalb ist das so?

Die durchschnittliche Stilldauer eines Landes hängt zum einen vom allgemeinen gesellschaftlichen Konsens ab. Zum anderen spielen soziale Faktoren eine Rolle.

Als Beispiel: In Entwicklungsländern ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln schwierig. Muttermilch ist kostenlos, immer verfügbar und versorgt das Kind mit allem, was es braucht. Daher stillen Mütter beispielsweise in Afrika deutlich länger.

In Deutschland können Mütter auf eine Fülle an Babynahrung zugreifen. Babys werden auch ohne Muttermilch groß und brauchen keine Mangelerscheinungen zu fürchten. Ein weiterer Grund für die hierzulande kurze Stilldauer ist die Berufstätigkeit. Viele Frauen möchten (oder müssen aus finanziellen Gründen) schnell in den Job zurückkehren. Sie nehmen den Wiedereinstieg in den Beruf als Anlass, mit dem Abstillen zu beginnen.

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Die genannten Gründe sind nur zwei Beispiele von vielen, weshalb eine lange Stilldauer in Industriestaaten wie Deutschland eher verpönt, in anderen Teilen der Welt vollkommen natürlich ist. Fakt ist: In der Diskussion um die Stilldauer gibt es kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist, dass sich Mutter und Kind gut fühlen. Dennoch sehen sich hierzulande viele Mütter dem Druck von außen ausgesetzt – ganz gleich, wie lange sie stillen oder ob sie überhaupt stillen.

Während sich manche Mütter nach der Geburt ihres Kindes gedrängt fühlen, es zu stillen und dies als unangenehm empfinden, erleben stillende Mütter (zumindest im westlichen Kulturkreis) ein halbes Jahr später ein anderes Phänomen: Sie fühlen sich zunehmend unwohl, wenn sie ihr Kind an die Brust nehmen, und sie werden auf direkte oder subtile Weise zum Abstillen gedrängt.

Sibylle Lüpold (Autorin des Buches „Stillen ohne Zwang“)

Es ist ein seltsames Phänomen, das Müttern hierzulande begegnet. Auf den „Stillzwang“ folgt der „Abstillzwang“. Leider lässt dieser „Abstillzwang“ viele Frauen am (Weiter-)Stillen zweifeln…

Empfehlungen der WHO und der Nationalen Stillkommission

Es gibt keinen Grund, das lange Stillen infrage zu stellen. Die WHO rät zu einer Stillzeit von mindestens zwei Jahren. Sechs Monate sollte die Ernährung ausschließlich über Muttermilch erfolgen. Nach Einführung der Beikost sollte Muttermilch die Ernährung ergänzen.

Auch die Nationale Stillkommission rät, nach Einführung der Beikost (zwischen dem Beginn des 5. Monats und dem 7. Monat) parallel weiterzustillen, solange es Mutter und Kind guttut. Die Stilldauer ist eine persönliche Entscheidung von Mutter und Kind – und von niemand anderem!

Gründe, weshalb Mütter zum Abstillen gedrängt werden & Tipps, wie du am besten damit umgehst

Die Gründe, weshalb Mütter zum Abstillen gedrängt werden, sind vielfältig. Zum einen herrscht ein gewisser gesellschaftlicher Druck. Zum anderen sind auch der Partner, die Großeltern oder andere Frauen mitunter treibende Kraft. Welche Gründe besonders häufig hinter dem „Abstilldruck“ stecken und wie du am besten damit umgehst, verraten wir dir.

Berufstätigkeit der Frau

Die meisten Frauen sind hierzulande berufstätig. Im Schnitt nehmen Mütter in Deutschland nach 14,5 Monaten ihre Arbeit wieder auf. Natürlich muss der Wiedereinstieg in den Job nicht gleichbedeutend mit dem Still-Ende sein. Im Mutterschutzgesetz ist das Recht auf Stillzeiten verankert, in denen du stillen oder Milch abpumpen kannst. Allerdings gilt dieses Recht nur für die ersten zwölf Monate. Danach muss das Stillen außerhalb der Arbeitszeit organisiert werden. Dadurch sehen sich viele Frauen gezwungen, abzustillen.

Unser Tipp: Stille dein Kind, kurz bevor du morgens zur Arbeit gehst. Und lege es direkt an, wenn du nach Hause kommst. So hältst du die stillfreie Zeit so kurz wie möglich und ihr habt morgens und abends ein schönes Ritual, auf das ihr euch freuen könnt. Zwischendurch kann dein Kind Beikost essen.

Eifersucht des Partners auf die Mutter

Stillen bedeutet Geborgenheit, Sicherheit, Entspannung, Trost – all dies möchten auch die Partner ihren Kindern bieten. Die Intimität, die innige Beziehung zwischen Mutter und Baby kann dem Partner daher zu schaffen machen. Er fühlt sich außen vor. Das kann den Wunsch hervorrufen, dass die Mutter abstillt.

Unser Tipp: Findet einen Kompromiss. Beispielsweise kannst du einmal am Tag Milch abpumpen und dein Partner kann sie eurem Baby mit dem Fläschchen geben. Oder du „übergibst“ deinem Partner direkt nach dem Stillen euer Baby und er übernimmt das „Warten aufs Bäuerchen„. Dadurch fühlt sich dein Partner vielleicht weniger außen vor.

Eifersucht des Partners auf das Baby

Manchmal versucht der Partner der Frau, sie zum frühen Abstillen zu drängen, weil er „seine“ Brust nicht mit einem Säugling teilen möchte. Er ist eifersüchtig auf die Intimität, die zwischen Mutter und Baby besteht und fühlt sich ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Zärtlichkeit zwischen beiden Elternteilen nach der Geburt oft zu kurz kommt. Die besondere Nähe zwischen Mutter und Kind kann dadurch erst recht Eifersucht hervorrufen.

Unser Tipp: Auch wenn du die Eifersucht auf das Baby als Quatsch empfindest, Gefühle sollte man ernst nehmen. Achte darauf, dass dein Partner nicht zu kurz kommt. Eine Umarmung und ein Küsschen hier, ein paar liebe Worte da – das ist Balsam für die verunsicherte Seele deines Partners.

Mehr zum Thema

Andere Erziehungsvorstellung der Eltern oder Schwiegereltern

Früher war es nicht üblich, alle Bedürfnisse des Kindes direkt zu befriedigen. Man ließ Kinder schreien oder stillte nach Plan statt nach Bedarf. Kinder sollten in ein Schema passen – so sahen es frühere Erziehungsratgeber vor. Dass Erziehung auch anders funktioniert, möchten Vertreter der älteren Generation manchmal nicht wahrhaben. Daher rührt auch das Argument, dass wir Mütter von heute unsere Kinder verwöhnen. Oder das Argument, dass wir nicht loslassen können. Das ist Quatsch.

Unser Tipp: Die Bedürfnisse deines Kindes zu stillen, hat nichts mit Verwöhnen zu tun. Das solltest du deinen (Schwieger-)Eltern klarmachen. Falls sie nicht auf dich hören, schenke ihnen das Buch „Kinder verstehen: Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt„* von Herbert Renz-Polster. Er erklärt anschaulich aus evolutionsbiologischer Sicht, weshalb man Babys nicht verwöhnen kann. Das regt deine (Schwieger-)Eltern vielleicht zum Umdenken an…

Unbewusster Wehmut der Eltern oder Schwiegereltern

Vertreter älterer Generationen haben oft keine derart liebevolle Erziehung genossen, wie sie Babys heutzutage genießen. Womöglich weckt die enge Beziehung, die du zu deinem Kind hast, schlichtweg unbefriedigte Bedürfnisse. Womöglich spricht der Schmerz aus deinen (Schwieger-)Eltern, da es früher nicht üblich war, einfühlsam auf die Bedürfnisse eines Kindes einzugehen und sie keine derart liebevolle Beziehung zu ihren Eltern aufbauen konnten.

Unser Tipp: Das ist traurig, aber das sollte nicht dein Problem sein. Lass dich davon nicht beirren.

Die Meinung anderer Frauen

Wie, du stillst noch?“ – Diese Frage verunsichert. Das „noch“ impliziert, dass man bereits viel zu lange stillt. Hakt man nach, hört man bei vielen Frauen heraus, dass sie sich für das Abstillen entschieden haben, um mehr Freiheiten zu erlangen. Das mag für diese Frauen der beste Weg gewesen sein. Aber es muss nicht euer Weg sein.

Unser Tipp: Solange dir und deinem Kind das Stillen guttut, gibt es keinen Grund etwas zu ändern. Scheue dich nicht, das genau so zu kommunizieren.

Fazit: Wenn du abstillst, obwohl du nicht bereit dazu bist, wirst du es bereuen

Finde gemeinsam mit deinem Baby euren ganz persönlichen Weg. Für diesen Weg gibt es keine einheitliche Empfehlung. Daher solltest du keine Einmischung von außen zulassen. Stillen ist gut für dein Baby. Es wird keinen Schaden nehmen, wenn du es länger als der Durchschnitt stillst.

Die gesamte Umgebung versuchte mir klarzumachen, was für ein schlimmer Fehler das [lange Stillen] sei, und ich bekam die gruseligsten Geschichten zu hören. Jetzt, 12 Jahre später, sehe ich auf mein Kind und sehe, dass sie „gut“ geworden ist. Kein Schaden. Keine psychische Abhängigkeit von der Mutter. Selbstständig, stark und kompetent… Es war also nichts dran an den Vorurteilen der Umwelt.

Stillberaterin Kristina Wrede (stillte ihre Tochter 3 ¼ Jahre)

Im Grunde ist es einfach: Fühlt sich die Mutter wohl, geht es dem Kind gut. Und das ist am Ende das Wichtigste. Wenn du weiterstillen möchtest, weil es dich und dein Kind glücklich macht, dann stille weiter. Vertraue auf dein Gefühl und deinen Instinkt – und nicht auf andere Leute. Du weißt am besten, was gut für euch ist!

Fühlt ihr euch auch manchmal dazu gedrängt, abzustillen? Wie geht ihr damit um? Wir freuen uns über eure Erfahrungsberichte!

66ce1a0007cb47d5806587010a64eff7 - Ich will nicht abstillen, warum drängen mich alle?

Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 23.06.2022
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert