Für unsere mit * gekennzeichneten, redaktionell unabhängigen Produktempfehlungen erhält Babelli ggf. eine Provision vom Händler, die den Preis jedoch nicht erhöht. Mehr dazu
Über 15 Prozent der deutschen Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig, mehr als ein Drittel von ihnen ist adipös. Dabei sind die Jüngsten noch selten betroffen. Die Gewichtsprobleme steigen mit dem Alter der Kinder. Trotzdem oder gerade deswegen sollten Eltern von Esslernern und Kleinkindern frühzeitig einen klugen Umgang mit Nahrung vermitteln. Dabei sollten sie nicht nur den Süßigkeitenkonsum regulieren, sondern auch allgemein gesunde Ernährungsweisen fördern.
Das Wichtigste in Kürze
- Fertigprodukte enthalten versteckten Zucker – auch Babynahrung!
- Hersteller von Babynahrung greifen tief in die Trickkiste, um unsere Kaufentscheidungen zu beeinflussen.
- Ein bisschen Zucker ist nicht das Problem, falsche Ernährungsgewohnheiten rühren aber oft von überzuckerten Fertigprodukten her.
- 9 Tipps um deinem Kind gesunde Ernährungsgewohnheiten zu vermitteln
Vorsicht Zuckerfalle
Ein Stück Schokolade hin und wieder hat noch keinem Kind geschadet? Das glauben wir auch nicht. Das Problem ist ein ganz anderes: Immer mehr fertige Nahrungsmittel und Snacks enthalten versteckte Zucker, weisen eine ungünstige Nährstoffzusammensetzung auf und vermitteln unseren Kindern einen leichtsinnigen Umgang mit Snacks und Fast Food. Selbst Babynahrung stehen laut Verbraucherorganisation Foodwatch „im Widerspruch zu den ernährungswissenschaftlichen oder ärztlichen Empfehlungen für Säuglinge“, da sie Babys „früh an einen hohen Zuckergehalt gewöhnen.“
Falsche Essgewohnheiten durch zu viele Fertigprodukte
Viel zu oft verlassen sich Eltern darauf, dass für Kinder deklarierte Lebensmittel zumindest nicht schaden und im Falle von Babynahrung sicher sogar gesund und vollwertig sind. Breie, Kindermenüs, Babykekse und Quetschis – abwechslungsreich, bio und natürlich ohne Zucker. Eine geradezu paradiesische Vielfalt für kleine Esslerner und gestresste Eltern! Unser Vertrauen kommt nicht von ungefähr. Dass Fruchtzwerge wohl doch nicht ganz „so wichtig wie ein kleines Steak“ sind und unsere Kinder die „Extra-Portion Milch“ auch auf gesünderen Wegen als durch Kinderschokolade aufnehmen können, haben wir inzwischen begriffen. Die Lebensmittelindustrie hat längst subtilere Wege gefunden, um ihre Produkte an das Kind zu bringen.
Die Tricks der Lebensmittelindustrie
Googelt der besorgte Elternteil beispielsweise nach den Worten „Kleinkind und Zucker“ stößt er prompt auf die Seite kleinkind-ernaehrung.de Na das beruhigt doch: Jedes Kind liebt Zucker und solange es bei einer Handvoll Süßigkeiten am Tag bleibt, ist alles in Ordnung. Den Zucker einfach als etwas ganz Normales behandeln und nur nicht so stark thematisieren. Auf derselben Webseite geifert ein anderer Artikel zum Thema Beikosteinführung in beißendem Ton gegen unentspannte Mütter, die in der Krabbelgruppe angeblich einen Feldzug gegen Gläschenkost führen und fragt „Warum es Gelassenheit nicht einfach im Supermarkt gibt?“. Erst bei genauer Recherche stoßen wir auf die Macher der Seite, die „Initiative des Bundesverbandes der Hersteller von Lebensmitteln für eine besondere Ernährung (DIÄTVERBAND) e.V.“. Auf dessen Webseite finden wir dann auch die Mitglieder des Verbands: Alete, Hipp, Milupa, Nestlé und viele andere Hersteller von Babynahrung. Na dann – schönen Dank für die Aufklärung – können wir ja beruhigt zu Brei und Babykeksen greifen.
Genuss im Vordergrund
Ich kann aber nicht den ganzen Tag lang kochen und jeden Bissen streng regulieren.
Das soll auch gar nicht das Ziel sein. Fertigprodukte verteufeln, jedes Gramm Zucker abwiegen und uns mit den Großeltern verwerfen, wenn sie dem Sprössling ein Stück Schokolade zustecken, lehrt unsere Kinder sicher keine gesunde Einstellung zum Essen. Schließlich soll auch der Genuss im Vordergrund stehen. An dieser Stelle könntest du dir mal Gedanken dazu machen, was Genuss eigentlich für dich bedeutet: Einen Riegel noch im Supermarkt zu verdrücken oder mit der Oma leckere Plätzchen backen? Eine leckere bestellte Pizza vom Italiener oder jeden Tag Tiefkühlpizza. Ein entspanntes Familienabendessen bei dem alle sich angeregt unterhalten oder die Fütterung des Babys mit dem Löffel, während es sich Videos auf dem iPad anschaut?
Der Weg zu einer stressfreien gesunden Ernährung
„Juhu Brokkoli!!!“ rufen die wenigsten Kleinkinder am Esstisch. Grundsätzlich ist es aber möglich, dass Kinder freiwillig und gerne nahrhafte Lebensmittel zu sich nehmen. Wenn du deinem Kind eine vielfältige Auswahl an Lebensmitteln bietest, kann es nach und nach kennenlernen, was ihm guttut. Dabei geht es nicht darum, bestimmte Lebensmittel oder gar Zucker und Fette zu verteufeln. Doch Lebensmittel sollten eben nicht nur auf dem Tisch landen, weil sie im Quengelware-Regal stehen oder eben als Kindernahrungsmittel deklariert sind. Wir glauben, dass die meisten natürlichen und wenig verarbeiteten Nahrungsmittel für Kinder geeignet sind und sie sich ganz intuitiv die auswählen, die ihr Körper gerade braucht und gut verträgt.
So förderst du gesunde Ernährungsgewohnheiten bei deinem Kind:
1. Koche selbst und beziehe deine Kinder mit ein
Selbst gekochte Speisen sind abwechslungsreicher, meist nahrhafter, günstiger und du weißt genau, was drin ist. Sie sehen schöner aus und machen so einfach mehr Spaß. Mit zunehmendem Alter kannst du deine Kinder miteinbeziehen. Mit Babys und Kleinkindern kannst du über die Lebensmittel sprechen, die du verwendest. Lass sie die unterschiedlichen Texturen einer Kartoffel, einer Zwiebel und einer Tomate erleben. Sie werden dich bald nachahmen und ihre eigenen Gerichte in Babymanier nachkochen. Damit deine Kinder den Vorgang des Kochens miterleben können, sollten sie in der Küche einen einladenden Platz zum Schauen und Spielen haben. Eine Kinderküche ist ideal, eine Tupper-Schublade zum Entdecken gibt Babys Beschäftigung, während du umrührst. Wichtig ist auch der Zeitfaktor: Es ergibt keinen Sinn, unter Druck ein Drei-Gänge-Menü zaubern zu wollen. Alle sind schon hungrig und entnervt? Dann bestellt heute etwas oder serviere ein Fertiggericht. Das darf ruhig auch mal sein, wenn es dem Familienfrieden guttut. An anderen Tagen solltest du ausreichend Zeit für die Nahrungszubereitung einplanen. Wenn möglich wechselt euch als Eltern ab und macht euch eine Liste von Gerichten, die alle gern essen, die schnell gehen oder günstig sind, auf die ihr zurückgreifen könnt.
Nimm deine Kinder mit zum Einkaufen, erkläre, warum du diese und nicht jene Lebensmittel verwendest. Macht Ausflüge zum Wochenmarkt, zum Bauernhof, etc… und mach Essen zu einem Erlebnis, das so viel früher anfängt, als auf dem Teller. Erkläre, woraus Lebensmittel bestehen und was sie dem Körper Gutes tun.
2. Mit allen Sinnen genießen
Babys und kleine Kinder entdecken die Welt spielend und das gilt auch fürs Essen. Ist sie nicht fantastisch, diese Entdeckungslust, mit der die Lebensmittel zwischen die kleinen Finger gleiten, diese Neugier, was passiert, wenn man hier quetscht und da drückt, diese Lust am Manschen und Panschen? Nein? Eklig sagst du? Man spielt nicht mit Essen? Und Verschwendung ist es auch?
Versuche, die Welt aus dem Blickwinkel deines Kindes zu betrachten. All die Dinge, die du schon weißt, die muss es selbst noch kennenlernen. Dass man Kartoffeln zermatschen kann und sie sich mit der Soße verbinden, dass Erbsen wegkullern, dass das Brötchen immer wieder nach unten fliegt, wenn man es fallen lässt und niemals nach oben und dass Papa dann jedes Mal so komisch guckt… Vielleicht kannst du deine Zweifel und Sorgen beiseiteschieben und deinem Kind diese Lust am Entdecken gönnen, um sich auf seine spielerische Art an das Essen heranzutasten. Denn wenn dein Kind von Anfang an nur „Das macht man nicht.“ und „Hör auf zu matschen.“ hört, wird es schnell merken, dass sein ureigener Entdeckertrieb fehl am Platz ist und schnell die Lust verlieren. Übrigens gibt es im Spiel niemals ein Ziel. Wenn dein Kind also die Erbsen kullern lässt, drängle es auch nicht, sie zu probieren. Es sieht ja, dass du sie auch isst und wird sie probieren, wenn es möchte.
Falls du damit absolut nicht leben kannst, dass dein Kind am Esstisch spielt, dann ist das auch ok. Die Mahlzeiten sollen ja allen Spaß machen. Versuche einen anderen Weg für euch zu finden. Vielleicht kann dein Kind sich in einer eigenen Matschküche ordentlich austoben und zu den Mahlzeiten gibt es dann Gemüsesticks & Co. die weniger kleckern.
3. Jedem seine Verantwortung
Dieser Tipp ist entscheidend für entspannte Familienessen: Jeder hat seine Verantwortung beim Thema Essen. Die Verantwortung der Eltern liegt darin, gesunde und nahrhafte Speisen zur Verfügung zu stellen. Sie entscheiden auch, wann das Essen auf den Tisch kommt. Die Verantwortung des Kindes liegt in der Entscheidung, ob und wie viel es isst. Keine langen Diskussionen, kein Zwang, kein „Morgen scheint die Sonne nicht“ oder gar Ablenkung durch das iPad. Ein gesundes Kind wird essen, wenn es Hunger hat. Also lehne dich zurück und zeige deinem Kind, wie du dein Essen genießt, anstatt es zu gängeln und zu triezen. Isst es nur die Möhrchen? Gut, dann ist das wohl das, was es gerade braucht. Oder vielleicht schmeckt das Fleisch ihm einfach nicht. Auch ok. Sicher hast du auch Dinge die dir nicht schmecken.
4. Sei ein gutes Vorbild
Kinder orientieren sich an freundlichen Erwachsenen. Wenn du aus Höflichkeit ein Salatblatt mitisst, aber sonst kein Interesse an gesunder Ernährung hegst, dann bekommt dein Kind das mit. Zeige deinem Kind, dass du abwechslungsreiche und gesunde Speisen gerne isst. Studien haben gezeigt, dass Ein- bis Vierjährige ein Nahrungsmittel doppelt so häufig probieren, wenn zuerst ein Erwachsener sie isst. Falls dein Kind andere Speisen bekommt, als die Erwachsenen, überdenke diese Strategie. Kleinkinder und sogar ältere Babys können durchaus am Familientisch mitessen, wenn entsprechende Speisen zubereitet werden. In den meisten Ländern gibt es so etwas wie fertige Kindergerichte und Gläschen gar nicht. Und trotzdem essen die Kinder.
5. Biete Nahrungsmittel öfter an
Dein Kind mag dies nicht und das nicht und jenes nicht? Die meisten Kinder brauchen 10 oder mehr Versuche, bis sie ein Lebensmittel annehmen und essen. Evolutionär ist das sinnvoll. Erst wenn sie überzeugt davon sein können, dass es nicht giftig ist, wird es gegessen. Auch die Geschmacksnerven müssen sich an Manches erst gewöhnen. Es ist als würdest du auf eine salzarme Ernährung umsteigen. Erst nach einer ganzen Weile wirst du dich daran gewöhnt haben, um dann auch Speisen ohne Salz als schmackhaft zu empfinden. Doch auch hier: Schraube deine Erwartungen herunter und übe keinen Druck aus. Wenn dein Kind keine Erbsen mag, dann brauchst du nicht fortan zwei Wochen lang Erbsen zu kredenzen, um es daran zu gewöhnen. Sie dürfen aber ruhig hin und wieder auf den Teller kommen.
Es kann auch sein, dass dein Kind ein Lebensmittel intuitiv ablehnt, weil sein Körper es nicht verträgt. Deshalb übe keinen Zwang aus. Es ist noch niemand an Brokkoli-Mangel gestorben.
6. Essen niemals mit Emotionen verknüpfen
„Waaas, das magst du nicht? Das habe ich extra für dich gekocht. Wie schade.“
„Iss doch ein bisschen, sonst ist die Omi enttäuscht.“
„Wow, du hast heute richtig gut gegessen! Da freue ich mich aber.“
„Bist du traurig, wollen wir ein Eis essen gehen, damit du dich besser fühlst?“
All diese und ähnliche Sätze solltest du aus deinem Kopf streichen. Essen sollte weder zur Belohnung noch zur Bestrafung oder auch zum Trost eingesetzt werden. Es dient der Nahrungsaufnahme und nicht dazu, das Ego von Mutti zu stärken, die „dazu den ganzen Tag in der Küche gestanden hat“. Klar ist es enttäuschend, immer wieder Speisen auf den Tisch zu bringen, die dein Kind nicht isst. Aber diese Enttäuschung ist dein Problem, lade sie nicht auf deinem Kind ab. Auch Lob für „gutes Essen“ ist fehl am Platz. Es schenkt dem ganzen eine viel zu große Aufmerksamkeit und gibt deinem Kind das Gefühl, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass es ausreichend isst. Außerdem fühlt sich dein Kind zu recht übermäßig beobachtet und gerät unter Druck, wenn jeder Bissen bewertet wird. Schmerzen, Enttäuschungen und Trauer sollten niemals durch Essen unterdrückt werden. All diese Gefühle gehören zum Leben dazu und müssen akzeptiert und nicht weggefuttert werden.
7. Vermeide Vergleiche
Ob der Papa längst aufgegessen hat, der Bruder schon Nachschlag hatte oder die Lise aus der Krabbelgruppe immer so fleißig ihr Obst mampft, sollte überhaupt nicht thematisiert werden. Essen ist kein Wettbewerb. Im Gegenteil geht es doch darum, ein gutes Körpergefühl zu entwickeln und eben nur dann zu essen, wenn man Hunger hat, und zwar in der gesunden Menge, die der eigene Körper braucht. Wie soll dein Kind das lernen, wenn es sich mit anderen messen, statt auf sich selbst achten soll?
8. Achte auf die Getränke
Erfrischungsgetränke wie Cola, Fanta oder andere Brausen enthalten oft sehr viel Zucker und haben keinen positiven Wert für die Ernährung. Sie sollten grundsätzlich nicht zum Durst Löschen eingesetzt und nur in Ausnahmefällen angeboten werden. Das Standardgetränk für Kinder sollte Wasser sein. Zusätzlich können ungesüßte Tees und verdünnte Säfte (1 Teil Saft auf 3 Teile Wasser) gereicht werden. Auch Milch darf im Speiseplan vorkommen, ist aber als Durstlöscher viel zu nahrhaft.
Kinder im Alter von 1-4 Jahren benötigen je nach Körpergewicht, Größe und Aktivitätslevel etwa 90-100 kcal pro Kilogramm Körpergewicht (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Häufig holen sie sich einen Großteil der Kalorien „zwischendurch“, wie unser Beispiel zeigt:
400 ml Vollmilch: 256 Kalorien
1 Banane: 124 Kalorien
30g Leibniz Zoo Kekse: 133 Kalorien
1 Laugenbrötchen: 189 Kalorien
Kein Wunder, dass das Kind zu den Mahlzeiten nicht mehr „reinhaut“. 702 Kalorien hat es schon nebenbei verputzt.
Süß war gestern
Zahlreiche Studien belegen die Gefahr von Zucker für unsere Gesundheit und die unserer Kinder. So belegte ein Forscherteam kürzlich, dass Kinder, die zu viel zucker- und fettreiche Nahrung essen als Jugendliche auch einen höheren Alkoholkonsum haben. Der Grund könnten biochemische Prozesse im Körper sein, die beim Verzehr von Zucker und Alkohol das Belohnungssystem aktivieren. Für transparentere Kennzeichnungen und gesündere Standards setzen sich Verbände wie Foodwatch oder auch die von der AOK ins Leben gerufene „Aktion gegen Zucker“ – seit Jahren ein. Doch für deine Kinder bist du der Hauptakteur in Sachen Ernährungskunde und das wichtigste Vorbild. Indem du ausgewogene Kost anbietest, den Druck aus den Mahlzeiten nimmst und mit gutem Vorbild vorangehst, zeigst du deinen Kindern, dass gesundes Essen Spaß machen kann. Der Schokoriegel schmeckt dann zwar immer noch, aber spielt nur eine untergeordnete Rolle im Speiseplan deines Kindes.
4 Buchtipps der Redaktion
Quellen
- Dein Kind isst besser, als du denkst!: Warum Eltern dem inneren Ernährungskompass vertrauen können – Das confidimus-Prinzip
Katharina Fantl & Julia Litschko, Kösel-Verlag, 1. Auflage - Foodwatch Kinderernährung:
https://www.foodwatch.org/de/informieren/kinderernaehrung/ (abgerufen am 23.01.2019) - Footwatch Babylebensmittel:
https://www.foodwatch.org/de/informieren/kinderernaehrung/mehr-zum-thema/baby-produkte/ (abgerufen am 23.01.2019)