Close Babelli.deBabelli.de

Ab wann und wie lange erinnern sich Babys?

Eine Bilderwand mit verschiedenen schwarz-weiß Fotos aus der Kindheit
An den ersten Geburtstag können sich Kinder später nicht erinnern. / Bild © blantiag, Adobe Stock

„Wie oft muss ich das noch sagen?“ – viele Eltern kennen den verzweifelten Ausspruch. Die einfache Antwort: Sehr oft! Ab wann sich Babys (und ältere Kinder) überhaupt an Dinge erinnern können, wie lange solche Erinnerungen halten und warum das alles so ist, erfährst du nun.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die meisten Erinnerungen von Babys sind sehr kurz haltbar.
  • Die Erinnerungsspanne erhöht sich nach und nach, während das Gehirn wächst.
  • Emotionen sind davon unabhängig.

Das Erinnerungsvermögen entwickelt sich langsam 

Bis Babys sich überhaupt bewusst an Ereignisse, Abläufe oder Personen erinnern können, vergeht viel Zeit. Mit einem halben Jahr sind es gerade einmal 24 Stunden, in denen sich dein Kind an bestimmte Dinge erinnert. Mit neun Monaten etwa vier Wochen. Vergeht zu viel Zeit, ist das Erlebte fürs Erste nicht mehr abrufbar, auch wenn Teile davon irgendwo vergraben bleiben, bis sie verblassen oder überschrieben werden.

Je mehr das kleine Gehirn wächst, desto mehr steigt die Gedächtnisleistung an – langsam und stetig. Und dazwischen passiert eine ganze Menge, die alles zuvor Erlernte infrage stellen kann. Aber dazu weiter unten mehr. Lass uns mit den Meilensteinen der Gedächtnisentwicklung starten:

Meilensteine der Gedächtnisentwicklung

Besonders gut ist die Entwicklung des Gedächtnisses bei Babys nicht erforscht. Ein paar Durchschnittswerte lassen sich für die Kindheit jedoch nennen:

Geburt bis 2. Geburtstag: In den ersten beiden Jahren steigt das Erinnerungsvermögen sehr langsam an. Dein Baby merkt sich Dinge, die ihm passiert sind, bewusst nur für sehr kurze Zeit (episodisches Gedächtnis). Auch Abläufe bleiben, wenn überhaupt, nur kurz im Gedächtnis (prozedurales Gedächtnis):

  • Wenige Stunden Erinnerung mit 4 Monaten
  • 24 Stunden Erinnerung mit 6 Monaten
  • 4 Wochen Erinnerung bis 9 Monaten
  • 4 Monate Erinnerung mit 17 Monaten
  • 1 Jahr Erinnerung mit 24 Monaten

2. bis 3. Geburtstag: Das episodische und prozedurale Gedächtnis wird effizienter. Das heißt, dein Baby kann sich nun auch eine bestimmte Zeit lang an Namen, Ereignisse, Abläufe und Orte erinnern.

4. bis 8. Geburtstag: Das „prospektive Gedächtnis“ entwickelt sich. Dein Kind kann sich jetzt auch Dinge merken, die in der Zukunft liegen, wie beispielsweise eine Verabredung oder den geplanten Urlaub. Sehr zuverlässig ist diese Erinnerung jedoch noch nicht und die Zeitspanne erhöht sich langsam.

Bis ins Erwachsenenalter hinein verbessern sich die einzelnen Gedächtnisleistungen. Dabei kann die Hirnentwicklung durchaus behindert werden. Vor allem Dauerstress und Gewalterfahrungen beeinflussen negativ, wie gut oder wie schlecht Teile unseres Gedächtnisses später funktionieren. Das belegen zahlreiche Studien wie diese.

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Warum sich Neugeborene kaum erinnern können

Das kleine Babygehirn ist bei der Geburt etwa ein Viertel so groß, wie das eines Erwachsenen. Schon mit 2 Jahren wird es dreimal so groß sein. Seine Aufgaben fürs Erste: Hirnzellen bilden und vor allem Synapsen, Synapsen, Synapsen. Das sind die vielen Verästelungen, die vom Zellkern strahlenförmig in viele Richtungen wegführen. In den ersten Lebensmonaten und Jahren produziert das kleine Gehirn eine schier unglaubliche Menge davon – 10.000 pro Zelle, um genau zu sein. Mehr, als dein Baby später wirklich brauchen wird.

Verbindungen zwischen diesen wurzelähnlichen Gebilden, die Axone, gibt es zu Anfang nur wenige. Sie sind jedoch die Wege, auf denen Erinnerungen an ihren Ablageort gelangen und von dem sie wieder abgerufen werden können. Zu Anfang sind es Trampelpfade, dann ausgebaute Straßen und später Autobahnen.

hirnzellen - Ab wann und wie lange erinnern sich Babys?

Darstellung von Neuronen, Synapsen und Axonen / Bild © Matthieu, Adobe Stock

Bei jeder Umstrukturierung des Babygehirns – und davon gibt es in den ersten Jahren bis zur Pubertät sehr viele – werden Verbindungen gekappt und neue geschaffen. Die Sprünge, du „erinnerst“ dich? Das erklärt, warum Babys Welt nach einem solchen Sprung immer wieder Kopf steht. Durch die Umorganisation vergisst es, was es schon konnte. Und neu angelegte Fähigkeiten muss es im Wirrwarr der Nervenzellen erst einmal entdecken. Ein Knoten im Gehirn sozusagen, den es zu lösen gilt.

Wo werden Erinnerungen eigentlich gespeichert?

Es gibt keinen festen Platz im Gehirn, in dem Erinnerungen im Ganzen gespeichert werden. Das, was wir uns unbewusst oder bewusst merken, steckt in den vielen, vielen Synapsen. Die Erinnerungsbruchstücke sind über das ganze Gehirn abgelegt, gruppiert nach bestimmten Kategorien. Daten hierhin, Ereignisse dorthin, Vokabeln woanders und Gerüche und Emotionen ebenfalls.

Ob und wo welche neuen Informationen abgelegt werden, entscheidet bei Fakten der Hippocampus. Er filtert und verschickt die Informationen, ist also DIE Schaltzentrale für unser Faktengedächtnis. Man geht davon aus, dass er Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis überträgt. Erst im Erwachsenenalter ist er voll ausgereift. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. 

Ob und wie gut wir auf die gespeicherten Informationen zugreifen können, hängt aber auch von den Verbindungen zwischen den Gehirnzellen ab. Und davon gibt es in der Babyzeit eben auch noch nicht so viele. 

Aber warum erinnern sich Babys an ihre Eltern?

Wenn es beim Gedächtnis nur um Fakten und Abläufe ginge, wäre die Menschheit verloren. Denn es gibt noch einen bedeutsamen Teil: die Gefühle und alles, was damit zusammenhängt. Dass dich dein Neugeborenes trotz kurzer Erinnerungsspanne an Stimme und Geruch erkennen und eine feste Bindung zu dir aufbauen konnte, verdankst du dem Amygdala.

Dieses nur mandelgroße Organ ist unter anderem für das Abspeichern von Emotionen, Gerüchen und Geräuschen zuständig. Er entwickelt sich bereits im Mutterleib. Auch seine Entwicklung ist erst später abgeschlossen, aber die wichtigsten Funktionen stehen schon vor der Geburt bereit. Die engsten Bezugspersonen sind also nicht einfach so austauschbar.

Was bedeutet das für Babyeltern?

Für Babyeltern bedeuten die Erkenntnisse der Hirnforschung: Erwarte nicht zu viel von deinem Kleinen. Denn Babys können sich viele Monate lang nur für extrem kurze Zeit an Dinge, Ereignisse oder Abläufe erinnern. Schritt für Schritt und Sprung für Sprung verbessert sich die Gedächtnisleistung.

Und jetzt kommt das ABER: Das emotionale Gedächtnis ist von dieser Entwicklung teilweise unabhängig. Denn was Babys emotional widerfahren ist, merken sie sich unbewusst sehr wohl. Spuren des Erlebten können bis ins hohe Alter bleiben, etwaige Traumata das spätere Gefühlsleben und sogar die Gesundheit beeinflussen. Ein Grund mehr, auf die Grundbedürfnisse deines Babys liebevoll einzugehen. 

Fazit

Wie auch alles andere, entwickelt sich auch das Gedächtnis von Kindern sehr individuell. Die Entwicklung wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter genetische Veranlagung, frühkindliche Erfahrungen, Interaktionen mit der Umgebung und die Qualität der elterlichen Fürsorge. Eine anregende Umgebung, in der dein Baby aus eigener Motivation viele verschiedene Erfahrungen machen kann und in der es sich geborgen fühlt, ist dabei ideal. 

ec836d6b14d74a4e81ecf82083b2afe4 - Ab wann und wie lange erinnern sich Babys?

Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 01.05.2024
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert