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Schaden Eltern ihren Kindern mit der Nutzung digitaler Medien?

Schaden Eltern ihren Kindern mit der Nutzung digitaler Medien 2 - Schaden Eltern ihren Kindern mit der Nutzung digitaler Medien?
Kinder lernen, dass das Smartphone wichtiger ist und mehr Aufmerksamkeit bekommt. / Bild ©Marco, Adobe Stock

Neue Studien beschäftigen sich mit der Nutzung digitaler Medien in Familien. Handy, Smartwatch und Co. sind ständig präsent. Was macht das mit unseren Kindern? Wir haben uns zwei neue Studien genauer angesehen.

50 Prozent der Vorschulkinder besitzen bereits ein eigenes Tablet oder Smartphone – zu dem Ergebnis kommt die Studie eines Herstellers für digitale Lernspiele. In der Pressemitteilung steht, dass über 80 Prozent der Kinder Zugang zu einem Tablet oder Smartphone haben, mehr als 60 Prozent dieser Kinder ein eigenes Gerät besitzen. Die Kinder nutzen im Vergleich 80 Prozent Spiele mit Lerninhalten im Vergleich zu reinen Spielen. Das klingt schon mal nicht schlecht. Und wir sind uns auch einig, dass es nichts bringt Neues zu verteufeln und zu verbieten. Selbst bei der Erfindung des Buches hatten die Menschen damals Angst, die soziale Interaktion lasse nach und es würde weniger miteinander gesprochen.

Als ich ein Kind war, gab es die ersten Heimcomputer mit ganz simplen Spielen. Trotzdem habe ich meistens draußen gespielt und aus mir ist ein gesunder, sozialer und emotional nicht abgestumpfter Mensch geworden. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass es wichtig ist, den Kindern Medienkompetenz zu vermitteln. Offen über Nutzen und Schaden zu sprechen. In meiner Kindheit waren digitale Medien nicht allgegenwärtig. Genau dieser Umstand kann heute negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern durch ein anderes Miteinander haben.

Digitale Mediennutzung schadet emotionaler Intelligenz von Kindern

Eine kürzlich erschienene Studie der University of California in Santa Barbara belegt, dass die Nutzung digitaler Medien von Eltern der emotionalen Intelligenz ihrer Kinder schadet. Wie kann das sein? Die Fähigkeit, sich selbst wahrzunehmen, eigene Gefühle zu verstehen, zu beherrschen und auch die anderer zu lesen und darauf angemessen reagieren zu können, erlernen Kinder, indem sie ihre Eltern beobachten, mit ihnen in Kontakt sind. Vor allem in Augenkontakt und durch Mimik und Gestik.

Kinder brauchen also die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern, um ihre emotionale Intelligenz ausbauen zu können. Das wird durch die Nutzung digitaler Medien im Alltag immer schwerer. Wie oft ertappen wir uns am Handy, während unsere Kinder bei uns sind. Es findet dann keine bis wenig soziale Interaktion statt. In der Studie gaben die Eltern auch an, wie oft sie Gespräche mit ihren Kindern angefangen oder geführt haben, während sie gleichzeitig Handy, Computer oder Tablet benutzt haben.

Die Mediennutzung der Kinder und die Mediennutzung ihrer Eltern wirken sich unterschiedlich auf die Emotionale Intelligenz aus

Kinder, deren Eltern ihr Mobilgerät häufiger in Gegenwart ihres Kindes nutzten, haben eine niedrigere EI (EI = Emotionale Intelligenz). Eltern, die aber Kinder emotional an Medien heranführen und begleiten, berichteten über höhere EI-Werte bei ihren Kindern. Kritisch könnte also das „medienbezogene Verhalten der Eltern im Umgang mit ihren Kindern“ sein.

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Digitalisierung Schuld an mangelnder Lesekompetenz

Kürzlich hat der der Philologenverband Rheinland-Pfalz sich nach der für Deutschland schlecht ausgefallenen IGLU-Studie in Bezug auf Lesekompetenz in der Grundschule mit dieser Aussage gemeldet: Die Digitalisierung ist eine wesentliche Ursache für den diagnostizierten Verlust an Lesekompetenz.

Die Wissenschaft scheint das zu stützen. Denn Kinder, die viel Zeit mit dem Smartphone verbringen, lesen schlechter. Das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der TU Dortmund erklärt, dass Smartphones für die sprachliche Entwicklung problematisch sein können: „Der Wortschatz ist am kleinsten, wenn Kinder oft an digitalen Geräten lesen und gleichzeitig selten bis nie ein Buch“, sagt Bildungsforscher Ulrich Ludewig. Chatnachrichten, Anweisungen in Apps, kurze Teasertexte und keine längeren, aufeinander aufbauenden Textpassagen sowie weniger vielfältiger Wortschatz trage kaum zu einem Ausbau des Wortschatzes bei. Gleichzeitig fehle die Zeit für sprachförderliche Aktivitäten, so die Erkenntnis.

Eltern als Vorbild besonders wichtig

Kinder brauchen reale und viele Sinneserfahrungen: Riechen, Schmecken, Hören, Sehen und Fühlen. Die Initiative SCHAU HIN informiert zum Thema Mediennutzung und Kinder. Dort wird unter anderem erklärt, wie wichtig reale Erfahrungen in der echten Welt für die Entwicklung des kindlichen Gehirns sind. „Durch Ausprobieren und Nachahmen erfahren kleiner Kinder ihre Umwelt und brauchen dazu kein Tablet, Smartphone oder Fernsehgerät“, heißt es dort. Kinder müssen erst lernen, digitale Inhalte von der Realität zu unterscheiden. Einfache Bewegungsabläufe wie Tippen oder Wischen auf digitalen Devices helfen dabei nicht.

Grundsätzlich gilt: Es spricht nichts gegen gezielte Mediennutzung und den Ausbau einer Medienkompetenz in Begleitung der Eltern und in überschaubarem Maße. Medien ersetzen nicht die reale Zeit mit Freunden, das Spielen an der frischen Luft, Bewegung und soziale Interaktion mit unseren Mitmenschen und Zurechtfinden in unserer Welt. Und das gilt übrigens für Groß und Klein.

Quellen

Veröffentlicht von Nina Gaglio

Nina ist Mama eines Grundschulkindes und seit 25 Jahren leidenschaftliche Reporterin und Redakteurin. Angefangen hat alles beim Fernsehen, wo Nina neben ihrem Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaften Studium erste Erfahrungen sammeln konnte und dann 12 Jahre blieb. Danach kam viel PR und der Onlinejournalismus dazu. Familien- und Kinderthemen und die Arbeit mit Experten aus diesen Bereichen gehörte auch zum Redaktionsalltag. Und so war es nur logisch, dass Nina nach dem Mutterwerden auch für Parenting-Magazine schrieb.

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