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Moment mal, „Muttertag“ war anders gemeint …

Der Ursprung des Muttertags - was er eigentlich wollte
Was am Muttertag wirklich wichtig ist. © Oliver Rossi, Getty Images

Der zweite Sonntag im Mai ist Muttertag. Das schreit uns der Handel schon seit Wochen entgegen. Aber wusstet ihr, dass die Erfinderin dieses Feiertags ihn zeit ihres Lebens in seiner jetzigen Form wieder abschaffen wollte? Warum, hat unsere Autorin für euch aufgeschrieben.

Jedes Jahr schicke ich meiner Mutter einen großen Strauß Blumen und Schokolade zum Muttertag. Sie freut sich und wartet regelrecht darauf. Trotzdem hat der Tag für mich einen Beigeschmack. Denn seit ich selbst Mutter bin, frage ich mich jedes Jahr, warum es den einen Tag braucht?! Ein Tag voller Lob, an dem alle Geschütze in Form von Pralinen, Blumen und Geschenken aufgefahren werden, wo doch sonst gilt: Mütter müssen funktionieren und machen sowieso alles falsch.

Nun gönne ich jeder Frau ihre Geschenke, wenn sie denn welche bekommt. Ehrlich, Mädels, genießt es! Auch das Frühstück ans Bett oder der Ausflug mit den Lieblingsmenschen tun gut und dürfen sein. Genau wie die selbstgemalten Bilder und die überschwängliche Umarmung unserer Kinderlein.

Was also ist mein Problem damit, werdet ihr euch vielleicht fragen? Genau benennen konnte ich es nicht, bis meine Kollegin wissen wollte, wo der Feiertag überhaupt herkäme. Ich habe recherchiert. Nun ja, lest selbst – ich bin gespannt, wie ihr danach über den Tag denkt.

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Was die Erfinderinnen des Muttertags wollten

Erfunden haben den Muttertag nicht eine, sondern gleich zwei Frauen – genauer gesagt ein Mutter-Tochter-Gespann: Ann Maria und Anna. Die Mutter, Ann Maria Reeves Jarvis, war Methodistin, also Anhängerin einer evangelischen Freikirche, die großen Wert auf soziales Engagement legt. 

In den 1860er Jahren traf sich Ann Maria mit anderen Müttern in Mothers’ Day Work Clubs, um mit vereinten Kräften die Kindersterblichkeit in den umliegenden Gemeinden zu verringern. Denn die war zu jener Zeit wegen unhygienischer Verhältnisse und viel Unwissenheit enorm hoch.

Während des amerikanischen Bürgerkriegs versorgten die Freundinnen-Clubs verwundete Soldaten beider Seiten. Ann Maria setzte sich stets dafür ein, dass die Frauen trotz unterschiedlicher politischer Einstellungen zusammenhielten.

Als der Krieg vorüber war, initiierte sie Mother-Friendship-Days: Tage, an denen sie Nachbarn und Soldaten der beiden Lager an einem Tisch zusammenbrachte, damit sie wieder zusammenfanden. Jedes der Treffen hätte eskalieren können, tat es aber nicht. Eine der vielen Friedensleistungen der US-amerikanischen Frauenbewegung also.

Im Anschluss wollten Ann Maria und andere Frauen die Idee des Frauenzusammenhalts mit einem Muttertag zur Ehrung aller Mütter weiterverfolgen.

Den konnte jedoch erst ihre Tochter Anna Jarvis durchsetzen. Im Gedenken an ihre 1905 verstorbene Mutter verteilte sie am zweiten Maisonntag 1908 nach einem feierlichen Gottesdienst rote und weiße Nelken, die an der Brust getragen alle Mütter ehren sollten. 

Der Muttertag war geboren und Anna galt offiziell als seine Begründerin. In den nächsten Jahren setzte sie alles daran, ihn als nationalen Feiertag anerkennen zu lassen. 1914 gelang es und die Welt wurde aufmerksam.

Was die Wirtschaft wollte

Der Grundgedanke des Muttertags ist also durchaus gut. Die Wirtschaft dagegen roch Geld. Denn der Feiertag war neben dem sozialen Gedanken DIE Gelegenheit, den Absatz von Blumen und anderen Geschenken ordentlich anzukurbeln. 

So ist es kein Wunder, dass es nicht die europäische Frauenbewegung, sondern der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber war, der den Muttertag 1922 nach Deutschland brachte

1923 wurde er als offizieller Feiertag bei uns anerkannt. Er wird also dieses Jahr 100 Jahre alt. Grund zu feiern? Ja und nein:

Während 1925 endlich auch bei uns bunt geschmückte Schaufenster um Kaufwillige buhlten, wurde Anna Jarvis in Philadelphia festgenommen, weil sie eine Muttertagsfeier gestört hatte.

Tragisches Ende einer Frauenrechtlerin

Dass die Wirtschaft den Muttertag für ihre Zwecke maßlos ausschlachtete, wollte und konnte Anna nicht hinnehmen. Denn sein Siegeszug setzte sich fort. Vor allem die westliche Welt nahm ihn bereitwillig an, die Blumen- und Grußkartenindustrie florierte. Der soziale Gedanke rückte immer mehr in den Hintergrund.

Anna versuchte, den Tag mit Boykott-Aktionen und Androhung von Gerichtsverfahren zur Grundidee zurückzuführen, was komplett misslang. Bis in die 1940er Jahre kämpfte sie mit allen Mitteln gegen die Kommerzialisierung des Feiertags.

1948 verstarb Anna Jarvis völlig verarmt. Sie hatte ihre gesamte Erbschaft im Kampf gegen den Muttertag verbraucht … wenn das keine Ironie ist.

Mein Fazit, unser Fazit?

Die Geschichte von Anna und ihrer Mutter Ann Maria hat mich etwas nachdenklich zurückgelassen … und mir gezeigt, was mir am Muttertag, zumindest wie er uns präsentiert wird, so sauer aufstößt: 

Es geht um Anerkennung der Leistung einer Mutter, ja. Aber immer mehr geht es auch um Geschenke. Darum, wer den schönsten Blumenstrauß samt geschmücktem Gabentisch auf Instagram präsentieren darf und damit weniger reich Beschenkte und Frauen ohne Kinder blass aussehen lässt.

Es ist also das Gegenteil von dem, was der Tag eigentlich wollte: Gemeinsamkeiten aufzeigen, Freundschaften pflegen und die weibliche Lebensleistung feiern. Ich frage mich, können wir den Tag wieder zu dem machen, was er eigentlich ist?

Das soll nicht heißen, dass Blumen oder andere Aufmerksamkeiten verkehrt sind. Wie wäre es aber damit: Besucht eure Mütter, trefft euch mit anderen Frauen, habt Spaß, schwelgt in Erinnerungen, stellt was auf die Beine und helft einander. Gemeinsame Zeit ist alles, was zählt.

Also, Frauen und Mütter dieser Welt, lasst euch nicht ausnutzen und haltet zusammen! Ihr seid toll!

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Quellen

Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

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