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Nur wir zwei? Ein Erfahrungsbericht über Exklusivzeit

Exklusivzeit_Geschwister
Zeit zu zweit: Mutter und Sohn / Bild © Oliver Rossi, getty images

Ungeteilte Aufmerksamkeit ist rar – und doch so wichtig. Den unterschiedlichen Bedürfnissen von Geschwisterkindern gerecht zu werden, ist gar nicht einfach bis unmöglich. Ist Exklusivzeit ein Ausweg aus dem Dilemma? Ein Erfahrungsbericht.

Ich erinnere mich noch gut an den Tag im August etwa 9 Monate nach der Geburt unserer Zwillinge. Mein Mann packte unseren älteren Sohn und einen der Zwillingsjungs ins Auto und fuhr eine gute Autostunde zu seiner Schwester. Kurz-Urlaub sozusagen. Ich freute mich auf die Zeit mit “nur” einem Zwilling und war mir sicher, dass er von der Exklusivzeit mit Mama profitieren würde. So wie unser Großer das ja anfangs immer hatte.

Doch die Wirklichkeit sah anders aus: Unser Jüngster war noch nie so unruhig und quengelig wie an diesem Tag. Kein Lächeln für die Mama, sondern verunsicherte Blicke ins Wohnzimmer und in allen anderen Räumen, die sagten: Wo ist der Rest der Familie? Warum ist es hier so ruhig? Ich brauchte etwas Zeit, um zu verstehen, dass dieses Baby es von Anfang an gewohnt war von seinen Geschwistern umgeben zu sein. Fokuszeit mit Mama war etwas komplett Neues und Ungewohntes. Auch Ruhe will gelernt sein.

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Inzwischen können es meine Kinder schon etwas mehr genießen, wenn sie mal nur Mama oder Papa für sich haben. Ungewohnt ist es trotzdem immer noch. Am meisten profitiert der Große davon, wenn er mal keine Rücksicht auf seine Zwillingsgeschwister nehmen muss. Neid und Missgunst gibt es zum Glück selten. Zumindest ausgesprochen. Insgeheim hege ich aber schon den Verdacht, dass es an den Zwillingsjungs knabbert, wenn der Papa mal wieder mit dem Großen einen Ausflug macht – und wenn`s nur in das nächste Möbelhaus geht. Aber inzwischen bekommen wir es auch schon ganz gut hin, dass auch mal ein anderes Kind diese Option exklusiv bekommt. Zu meinem Erstaunen entscheiden sie sich dann häufig jedoch dagegen und für die Zeit mit Geschwistern oder Freunden. 

Doch wechseln wir mal die Perspektive und schauen darauf, was das mit den Eltern macht: Ich persönlich genieße es besonders, mir immer mal wieder ein Kind bewusst “herauszupicken”. Denn ob wir es wollen oder nicht: Solche Erlebnisse können unseren Blick auf das einzelne Kind verändern. Es macht einfach einen Unterschied, ob im Zimmer nebenan noch ein anderes Kind wartet, sich die Schuhe anzieht oder gerade die Bügelperlen am Boden verteilt. Unsere Verantwortung und unser Bewusstsein sind dann geteilt und können sich nicht komplett auf das eine Kind fokussieren. Besonders fiel mir das auf, als wir unsere Zwillinge zum Schlafen jeden in sein eigenes Zimmer brachten. Es war plötzlich ein völlig anderes, exklusiveres und bewussteres Gute-Nacht-Sagen als früher. Auch wenn ich schon immer erst nur am Bett des einen saß. Auf der anderen Seite lag eben noch ein anderes Kind. Es muss also nicht immer ein großer Ausflug sein, Exklusivzeit ist auch im Kleinen möglich. 

Wenn ihr euch für Exklusivzeit für eure Kinder entscheidet, werden diese vielleicht nicht immer sofort begeistert reagieren oder auch plötzlich mehr von euch abverlangen als im bewährten und gewohnten Geschwister-Team. Aber vermutlich wird es eure Beziehung stärken – und das wünsche ich euch von Herzen. 

Was sind eure Erfahrungen mit Exklusivzeit für Geschwisterkinder? Schreibt uns gerne einen Kommentar.

Veröffentlicht von Clara Stark

Mit Mann und drei Kindern lebt Clara im niederbayerischen Landshut. Von dort aus unterstützt sie die babelli-Redaktion als Medizinjournalistin und erklärt Fachbegriffe rund um Schwangerschaft, Baby und Kleinkind - von Amniozentese bis Zytomegalie. Seit mehr als 20 Jahren recherchiert die Diplom-Molekularmedizinerin und gelernte Redakteurin zu Wissenschafts- und Medizinthemen. Komplexe Sachverhalte so zu erklären, dass sie leicht verständlich und konsumierbar sind, ist für sie selbstverständlich und herausfordernd zugleich.

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