Eine Mutter räumt das Spielzeug ihres kleinen Aufräum-Muffels in Müllsäcke und lädt diese Erziehungsmethode auf TikTok hoch. Ist ihre Aktion lehrreich oder gefährlich? Wir beziehen Stellung!
Der Hintergrund des Videos
Auf TikTok teilte die Nutzerin Marie Tabatha ein Video, das zeigt, wie sie das gesamte Spielzeug ihres 5-jährigen Sohnemanns in Müllsäcke verfrachtet und kurzerhand im Keller ablädt.
Zuvor hatte der Junge sich zwei Tage lang geweigert, sein Zimmer aufzuräumen und meinte „No, you clean it, Mommie!“ (Auf Deutsch: „Nein Mama, du sollst das aufräumen!“). Gesagt – Getan! Marie Tabatha fackelte nicht lange und wählte diesen radikalen Schritt. Der Hintergrund? Sie wollte ihrem Sohn durch die Aktion Respekt beibringen. Im TikTok-Video erklärt sie weiter, dass ihr Sohn schon früh lernen soll, dass Aufräumen nicht die Aufgabe von Frauen ist.
Auch uns hat das Video zunächst fasziniert. Hat Marie hier etwa eine neue Erziehungsmethode entwickelt? Oder kann das Ganze auch nach hinten losgehen?
Das TikTok-Video
@tabathamarie I hated seeing the look on his face when he seen his room. It hurt me just as much but my babies will not be disrespectful #parenting #fyp #foryoupage
Ist DAS gute Erziehung?
Sicher ist es eine lustige Vorstellung, bei einem nicht-hören-wollenden-Kind als genervter Elternteil einfach mal den Stecker zu ziehen und ein Zeichen zu setzen. Aber hilft die Methode langfristig? Aus pädagogischer Sicht, ganz klar: Nein!
Denn: Marie bedient sich hier „Erziehung durch Bestrafung“. Sie nimmt ihrem Sohn ohne Ankündigung sein Spielzeug weg und gibt vor, es „entsorgt“ zu haben. Unabhängig davon, was vorher war, kann das bei ihm zügig Angst und Unsicherheit auslösen.
Je öfter Eltern solche Methoden anwenden, desto eher lernt das Kind:
- „Mamas Handlungen sind unvorhersehbar, ich kann ihr nicht vertrauen.“
- „Das, was mir gehört, wird mir genommen und ich kann nichts dagegen tun. Mein Zimmer ist kein sicherer Raum.“
- „Aus Angst, dass Mama plötzlich wieder XYZ macht, schlucke ich meine Gefühle lieber herunter oder zeige sie über andere Wege. Ich bin nicht sicher.“
Sprich: Diese Erziehungsmethode bringt nichts! Ganz im Gegenteil: Sie schadet dem Kind sogar langfristig und verringert die Eltern-Kind-Bindung, das Vertrauen und die Kommunikation.
Gut zu wissen: Ein 5-jähriges Kind ist noch mittendrin in seiner emotionalen Entwicklung. Es kann den Zusammenhang zwischen seinen Worten/Handlungen: „Ich möchte nicht aufräumen, du sollst das machen.“ und einer Konsequenz/Bestrafung der Eltern: „Dann entsorge ich dein gesamtes Spielzeug.“ nicht verarbeiten.
Deswegen versteht das Kind auch nicht, WARUM es plötzlich bestraft wird. Es spürt nur, dass es so ist. Das, was bleibt, ist das schlechte Gefühl. Die möglichen Folgen von ständigen Drohungen und Bestrafungen sind starke Ängste, ein niedriges Selbstwertgefühl und eine innere Wut oder Unsicherheit.
Ja, aber was sind die Alternativen?
Klar, auch du hast dich als MaPa womöglich schon mal in Maries Lage befunden. Allerdings gibt es bessere Möglichkeiten, diese Situation zu lösen.
Wir empfehlen:
- Gemeinsam statt einsam! Von einem Klein- und Vorschulkind kann man noch nicht erwarten, dass es alleine aufräumt. Wichtig ist, dass ihr als Eltern diesen Prozess begleitet, sowohl sprachlich als auch beim Tun. Beispiel: „So, jetzt essen wir gleich zu Abend, lass uns vorher noch aufräumen!“ Das Kind lernt so automatisch, dass Aufräumen im Alltag dazugehört. Irgendwann wird es das Aufräumen dann ganz natürlich auch ohne dich machen können, voraussichtlich im Grundschulalter.
- Aufräumen macht Spaß! Macht euch Musik beim Aufräumen an oder tanzt mit dem Spielzeug durchs Zimmer. Egal, was es auch ist: Die Handlung „Aufräumen“ muss nicht ernst und nervig sein! Sie wird immer das sein, was du als Elternteil daraus machst!
- Sensible Momente erkennen! Sicher, wenn dein Kind gerade nach einem 8-Stunden-Kita-Tag zurück ist, wird es wenig Lust darauf haben, jetzt noch sein Zimmer aufzuräumen. Wir empfehlen daher, dass du sensible Momente für das Aufräumen abpasst. Das kann etwa nach einer Mittagspause oder vor dem Schlafengehen der Fall sein, denn dann ist das Kind meist gut ausgepowert und offener für Aufforderungen.
- Weniger ist mehr! Du hast das Gefühl, ihr seid ständig nur mit dem Aufräumen beschäftigt oder diskutiert darüber? Gerade Kleinkinder und Vorschulkinder benötigen häufig gar nicht viel Material zum Spielen, wenn sie auch Alltagsgegenstände nutzen dürfen. Sortiert also regelmäßig aus. Denn je weniger Zeug ihr habt, desto weniger muss auch aufgeräumt werden!
Was ist deine Meinung zum TikTok-Video? Schreib es uns in die Kommentare!