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Frustrationstoleranz: So lernt dein Kind, mit Enttäuschungen umzugehen

Was ist die Frustrationstoleranz beim Kind?

Die meisten Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder die Herausforderungen des Lebens annehmen und meistern. Dazu gehört auch, mit Enttäuschungen konstruktiv umzugehen und sich nicht so leicht entmutigen zu lassen. Doch wie soll das gehen, wenn dein Kind wegen einer zerbrochenen Banane in Panik gerät? In diesem Artikel erklären wir dir, was Frustrationstoleranz ist, wozu sie gut ist und wie du sie bei deinem Kind fördern kannst.

Was ist Frustrationstoleranz?

Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit, Rückschläge, Benachteiligungen und Enttäuschungen sowie die Nichterfüllung von Lustempfinden über einen längeren Zeitraum auszuhalten, um ein Ziel zu erreichen. Frustrationstoleranz ist also eine Voraussetzung dafür, dass wir motiviert bleiben unsere Ziele zu erreichen, auch wenn der Weg schwierig ist und Erfolge auf sich warten lassen.

Frustrationstoleranz ist eng verwandt mit Begriffen wie Selbstdisziplin, Geduld und Belohnungsaufschub. Alle Begriffe beschreiben im weiteren Sinne die Fähigkeit, auf eine sofortige Belohnung (die ja im Körper durch hormonelle Prozesse positive Gefühle hervorruft) zu verzichten, um dann langfristig ein höheres Ziel zu erreichen.

Warum ist Frustrationstoleranz wichtig?

Im Leben geht nicht immer alles glatt. Kleine und große Enttäuschungen gibt es immer wieder. Wer es schafft, mit diesen Enttäuschungen konstruktiv umzugehen oder ihnen sogar positive Seiten abzugewinnen, dem fällt es viel leichter, motiviert zu bleiben und seine Ziele zu verfolgen, auch wenn mal nicht alles glattläuft. Und es lebt sich einfach auch viel angenehmer, wenn nicht jede Enttäuschung Stress und negative Gefühle hervorruft. Wer da gelassen bleiben kann, lebt einfach zufriedener.

Frustrationstoleranz brauchen schon die Kleinsten

Frustrationstoleranz hilft deinem Kind in vielen Bereichen, und zwar schon von Anfang an. Überleg mal, wie unerreichbar manche Dinge am Anfang erschienen, die dein Kind jetzt mit Leichtigkeit meistert: Laufen, Rennen, Sprechen, mit Besteck essen. Als dein Baby nur wenige Monate alt und noch nicht einmal in der Lage war, ein Spielzeug zu greifen, da war noch gar nicht daran zu denken. Und doch hat dein Kind all diese Dinge gelernt, und zwar, weil es drangeblieben ist. Obwohl es hingefallen ist, und zwar nicht nur einmal. Obwohl am Anfang nur komische Laute aus dem Mund kamen, die Mama und Papa nicht verstanden haben.

Hobby, Schule, Alltag: Herausforderungen gibt es überall

Und so geht es weiter. Alle Herausforderungen im Leben erfordern eine gewisse Hartnäckigkeit. Möchte dein Kind später ein Instrument erlernen, wird es damit klarkommen müssen, dass es in den ersten Wochen noch nicht die schöne Melodie spielen kann, die es gerne möchte. Zuerst muss es sich vielleicht mit Noten auseinandersetzen oder seine Finger trainieren, damit die sich überhaupt so auf dem Instrument platzieren, wie es das möchte.

In der Schule geht es weiter. Auch da muss dein Kind sich anstrengen, um langfristig seine Ziele zu erreichen. Selbst Kinder, denen das Lernen zufliegt und die sich nicht besonders anstrengen müssen, werden irgendwann Rückschläge erleben. Und wenn sie mit diesen gut umgehen können, werden sie gestärkt aus ihnen hervorgehen.

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Was ist die Wutkraft und warum wir Frust auch nicht immer hinnehmen müssen

Frustration entsteht dann, wenn wir Enttäuschungen, Rückschläge und Benachteiligungen hinnehmen müssen. Und es ist gut, wenn wir das können. Ob im Liebesleben, auf der Arbeit oder sogar schon im Kindergarten. Nirgendwo läuft einfach alles so wie wir es uns vorstellen.

Manche Situationen können wir einfach nicht ändern. Gefühle von Enttäuschung und Trauer sind dann angemessen, um darüber hinwegzukommen und uns umzuorientieren. Dann gibt es noch Situationen, in denen wir wütend werden. Unsere Wut sagt uns dann „ich empfinde das als falsch“. Vivian Dittmar weist in ihren Büchern jedem Gefühl eine Kraft zu. Wut hat die Kraft, etwas zu ändern. Wenn wir eine Situation als falsch empfinden, dann können wir also etwas tun, damit es für uns wieder richtig wird. Wenn wir etwas als richtig erachten, dann empfinden wir Freude. Wir brauchen also manchmal auch Frust, um ins Handeln zu kommen und wieder Freude zu empfinden.

Frustrationstoleranz zu haben ist gut, wenn sie dazu führt, dass wir uns nicht von Rückschlägen entmutigen lassen. Wenn wir dranbleiben, auch wenn es mal schwierig ist und unser Ziel im Blick behalten. Misserfolge als Teil des Weges zu akzeptieren und Möglichkeiten finden, aus ihnen zu lernen sind großartige Eigenschaften erfolgreicher Menschen.

Wut wertschätzen und genau hinschauen

Doch Frust kann auch Ausdruck dafür sein, dass etwas einfach nicht richtig für uns ist. Vielleicht ist dein Kind jedes Mal frustriert, wenn Brokkoli auf den Tisch kommt. Oder ein älteres Kind möchte über Wochen partout nicht zum Klavierunterricht. Wer immer nach dem Prinzip „Augen zu und durch“ vorgeht, der schenkt sich selbst nicht die nötige Achtung und Selbstliebe. Denn Gefühle wie Frust und Wut sagen uns klar, dass wir etwas nicht möchten. In den beiden Beispielen oben, da missfallen deinem Kind Dinge, die du für es ausgesucht hast. Und es ist ok, wenn es sich dagegen sträubt. Denn vielleicht bekommt ihm Brokkoli einfach nicht und die Klavierstunden machen einfach keinen Spaß.

Es lohnt sich also, genau hinzuschauen. Warum bin ich frustriert? Muss ich da jetzt durch im Sinne eines größeren Ziels? Lohnt sich das und will ich das wirklich? Oder möchte mir mein Frust einfach sagen, dass ich einen ganz anderen Weg einschlagen sollte? Dass das einfach nichts für mich ist? Und dabei kannst du deinem Kind natürlich auch helfen, indem du genau hinschaust und deinem Kind vielleicht Mut machst, dranzubleiben ohne zu viel Druck und Zwang auszuüben.

Wie entwickeln Kinder Frustrationstoleranz?

Frustrationstoleranz ist eigentlich nichts, dass du deinem Kind aktiv beibringen musst. Rückschläge erlebt dein Kind immer wieder, und zwar schon ganz früh. Einfach, weil Babys vom ersten Moment an neue Dinge lernen und das geht nur, indem sie viel üben. Dabei beobachten, experimentieren und probieren sie ganz viel aus und machen regelmäßig die Erfahrung, dass etwas nicht gleich funktioniert.

Der große Fehler, den fast alle Eltern machen

Doch was dann ganz oft passiert ist, dass wir Eltern sehen unser Kind versucht gerade etwas und sofort einspringen und zu Hilfe eilen. Dein Baby robbt im Schneckentempo zur Rassel und du kannst das gar nicht mitansehen, wie es sich abmüht und drückst sie ihm in die Hand. Dein Baby zieht sich am Schrank hoch und du stützt es sofort mit der Hand. Dein Kleinkind möchte sich den Reißverschluss selbst schließen. Du weißt ganz genau, dass es das nicht schaffen wird, und greifst sofort ein.

Du merkst schon, worauf es hinausläuft… Das Problem ist, dass wir unser Kind mit jedem Eingreifen der Erfahrung eines Rückschlages berauben. Wir schwächen seine Frustrationstoleranz. Statt unserem Kind zu erlauben hinzufallen, um es dann noch einmal zu versuchen, stützen wir es und ersparen ihm den vermeintlichen Rückschlag.

Die Freude am Erfolg

Auf diese Weise ersparen wir unseren Kindern nicht nur Herausforderungen und die Einsicht, dass man manchmal hartnäckig dranbleiben muss, um zum Ziel zu kommen. Wir nehmen ihnen auch die Freude am Erfolg. Denn es fühlt sich einfach viel besser an, etwas selbst geschafft zu haben, als wenn jemand geholfen hat – vor allem dann, wenn man hart dafür gearbeitet hat. Dieses Erfolgserlebnis, nach zehn Hochziehversuchen es endlich allein geschafft zu haben, der setzt ganz andere hormonelle Prozesse im Kopf frei, als wenn Mama die Hand unter den Po legt und das Baby anhebt. Und diese Glückshormone, die da freigesetzt werden, die prägen sich ein. Dein Kind weiß jetzt: Ich kann etwas schaffen, wenn ich es oft genug probiere. Und je häufiger es diese Erfahrung machen darf, desto mehr verinnerlicht es sie.

Wir sind viel zu ergebnisorientiert

Kinder leben noch nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“. Es probiert einfach aus und dann nochmal und nochmal. Und daran haben Kinder eine große Freude. Gerade Babys und Kleinkinder lieben den Prozess des Ausprobierens und ärgern sich keineswegs, wenn etwas nicht klappt. Im Gegensatz, das gibt ihnen die Möglichkeit, es noch einmal zu versuchen. Was wir aber ganz subtil vermitteln, indem wir immer wieder eingreifen und korrigieren ist, dass nur das Ergebnis zählt. Und wir vermitteln, dass es immer sofort klappen muss und Rückschläge nicht ok sind. Und das ist schade, weil unsere Kinder natürlich auch irgendwann diesen Anspruch übernehmen. Oder sie resignieren und denken „Ich kann das ja eh nicht, die Erwachsenen können es sowieso viel besser.“

Wie du die Frustrationstoleranz deines Kindes fördern kannst

Halte dich zurück. Erspare deinem Kind nicht jeden Frust, vor allem nicht ungefragt. Erziehung bedeutet nicht, unseren Kindern jede Enttäuschung zu ersparen. Wir Eltern sollten unsere Kinder viel mehr begleiten. Sie in den Arm nehmen, ermutigen und ihnen erlauben, die Welt in ihrem eigenen Tempo zu entdecken.

Und das Schöne ist: Du musst dafür gar nicht so viel tun. Du musst dein Kind nicht auf die riesige Rutsche schicken, vor der es eine Heidenangst hat und von unten herunterrufen „Du schaffst das schon“. Wenn dein Kind bereit dazu ist, dann wird es den Schritt gehen, vor allem wenn es vorher oft die Erfahrung machen durfte, dass es selbstwirksam ist.

Beobachte dich einfach mal selbst. In welchen Situationen springst du sofort zur Hilfe, wenn etwas bei deinem Kind nicht klappt? Wann sagst du Dinge wie „Das wird nicht klappen, das kann ich dir jetzt schon sagen. Der große Becher passt nun mal nicht in den Kleinen, mach es so herum.“ Wie oft hilfst du deinem Kind, wenn du einen Anflug von Verzweiflung siehst beim Versuch eine Aufgabe zu bewältigen?

Wie du die Bemühungen deines Kindes würdigen kannst

Statt sofort einzugreifen, wenn etwas nicht klappt, kannst du die Leistung deines Kindes würdigen. Wenn du siehst, dein Kind ärgert sich, weil etwas nicht klappt, könntest du sagen „Hmmmm das sieht wirklich schwierig aus“. Wenn dein Kind es nicht schafft, liegt es daran, dass es schwierig war. Wenn es die Aufgabe doch bewältigt, kann es umso einfacher sein. Häufig versuchen wir, unsere Kinder zu motivieren, wenn wir sagen „Das ist wirklich einfach, probier es selbst“. Doch das setzt sie nur noch mehr unter Druck, bei so einer vermeintlich leichten Aufgabe nicht zu versagen.

Nicht jeden Wunsch sofort erfüllen

Im Amazon-Zeitalter können wir fast alles, was wir uns wünschen, auf Knopfdruck innerhalb von einem Tag haben. Daran sind wir schon so gewöhnt, dass wir es völlig normal finden, jedem Wunsch von uns selbst und vielleicht auch von unseren Kindern sofort nachzugeben. Aber was lernt unser Kind daraus? Dass man alles immer gleich haben kann und sich nicht anstrengen muss. Das mag zwar stimmen für billige Spielzeuge, aber die großen Ziele im Leben erreicht man so nicht.

Das bedeutet nicht, dass ihr total asketisch leben müsst und dein Kind sich von heute an alles verdienen soll. Aber wir sollten achtsam sein, was wir unseren Kindern vermitteln. Kaufen wir Dinge, weil unsere Kinder sie wirklich brauchen oder um unsere eigene Kauflust zu befriedigen? Setze größere Wünsche ruhig auf die Weihnachts- oder Geburtstagsliste. Langfristig wird dein Kind auch mehr Freude daran empfinden, als wenn es immer alles sofort haben kann.

Kinder, die die Erfahrung machen, dass jeder Wunsch sofort erfüllt wird, empfinden es als Zumutung, wenn das dann nicht mehr eintrifft. Und spätestens im Kindergarten oder in der Schule müssen sie dann auch mal zurückstecken, weil das einfach so ist in einer Gemeinschaft mit mehreren Leuten.

Auch mal verlieren lassen

Wenn dein Kind ein Einzelkind ist, wird es seltener die Erfahrung machen, dass es auch mal zurückstecken muss. Erwachsene streiten sich einfach nicht so leidenschaftlich darum, ob sie den Knopf vom Fahrstuhl drücken dürfen oder nicht. Nutze die Gelegenheiten, die sich bieten, um deinem Kind zu zeigen, dass es nicht immer der Erste, Beste, Schnellste und Gewinner sein kann. Gut eignen sich Gesellschaftsspiele. Denn da gewinnt jeder einmal.

Keine Angst vor Gefühlen

Wenn dein Kind frustriert, traurig oder wütend ist, dann schenke diesem Gefühl Beachtung, ohne es zu verteufeln. Es ist normal und ok, hin und wieder Frustration zu empfinden. Gerate nicht in Panik, weil dein Kind gerade verärgert ist. Damit zeigst du ihm nur, dass das etwas Schlimmes ist, das man nicht empfinden darf. Tröste dein Kind, wenn es das braucht, begleite Wutanfälle liebevoll und halte dich zurück, wenn dein Kind dich nicht um Hilfe bittet. Denn dann kann dein Kind auch die Erfahrung machen, dass es selbst über den Frust hinwegkommt.

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Quellen

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt Sibylle leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

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