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Geduld! So bringst du deinen Kindern das Warten bei

Geduld lernen Kind

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„Haben, haben, haben!!!!“ schreit der kleine Ben in schrillem Ton und streckt seine Hände aus. Über ihm die Mama mit dem heißen Abendessen in der Hand. „Das muss noch abkühlen, Ben. Bitte hab Geduld“. Hat er aber nicht. Ben wütet, weint und stapft laut auf. Es scheint ihm unerträglich zu sein, noch diese zwei Minuten zu warten, bis das Essen abgekühlt ist. Warum ist das so und was kann seine Mutter tun, damit er geduldiger wird?

Wer warten kann, hat es leichter im Leben. Stell dir einfach eine Person vor, die regelmäßig wütend wird, wenn die Schlange im Supermarkt langsam vorangeht und eine andere, die sich dadurch keineswegs aus der Ruhe bringen lässt. Wer glaubst du, ist grundsätzlich zufriedener in solchen alltäglichen Situationen? Sicher ist, dass deine Nerven und die deines Kindes weniger strapaziert würden, wenn es sich in Geduld üben könnte.

Und da sind wir schon mitten im Thema, denn wie die Redewendung sagt, lässt sich Geduld tatsächlich üben. Wichtig dabei ist, dass wir die Geduld unserer Kinder „nicht überstrapazieren“. Denn anfänglich sind Kinder wirklich nur eine ganz kurze Zeit in der Lage zu warten. Erst mit der Zeit lernt dein Kind, auch längere Wartezeiten auszuhalten.

Bisher ging man davon aus, dass die Fähigkeit des Belohnungsaufschubs und somit des Wartens im Kindesalter weitreichende Auswirkungen auf den Lebenserfolg im Erwachsenenalter hat. Das häufig zitierte Marshmallow-Experiment zeigte, dass Kinder, die es schafften, einen Marshmallow nicht zu essen, um später einen zweiten dazu zu bekommen, unabhängig von ihrer Intelligenz Jahre später erfolgreicher in fast allen Lebenslagen abschnitten. Inzwischen sind diese Ergebnisse umstritten, ganz so einfach ist das wohl doch nicht. Neben der Fähigkeit zum Belohnungsaufschub und der Impulskontrolle müssen noch andere kognitive Strategien vermittelt werden, die unsere Kinder stark und erfolgreich machen.

So lange können Kinder warten

Kinder haben noch kein akkurates Zeitgefühl und Wartezeit fühlt sich deutlich länger an, als für einen Erwachsenen. Etwa so lange können die meisten Kinder entsprechend ihrem Alter warten:

AlterWartezeit
18 Monate30 Sekunden
30 Monate2 Minuten
3-5 Jahre15 Minuten

Das ist eine enorme Leistung. Wie lange stehst du denn an der Bushaltestelle, ohne dein Handy zu zücken?

Alles zu seiner Zeit

Schreit ein Baby und gerade ein jüngeres, so hat es ein akutes Bedürfnis. Da es hilflos ist, ist es darauf angewiesen, dass seine Eltern reagieren und ihm helfen, sein Bedürfnis zu befriedigen. In diesem jungen Alter sollten Eltern auch grundsätzlich schnell auf das Weinen ihres Babys reagieren, denn ein Baby weint immer, weil es ein Problem hat. Dabei schadet es dem Kind nicht, wenn die Eltern mal einen Moment länger brauchen, etwa weil sie gerade mit dem Geschwisterchen beschäftigt sind. In solchen Fällen ist es aber hilfreich zu signalisieren, dass sie da sind und bald kommen werden. Nicht entschuldigend oder gar hektisch „Ja ja ich komme gleich, es tut mir leid!“ sondern in ganz ruhigem entspanntem Ton, der dem Baby signalisiert, dass alles ok ist.

Etwa ab dem zweiten Lebensjahr merken kleine Kinder, dass sie neben Bedürfnissen auch Wünsche haben (ein bestimmtes Spielzeug haben, etwas machen, etc.). Dass andere nicht die gleichen Wünsche haben wie sie selbst, können sie sich allerdings noch nicht vorstellen. Jetzt ist es an der Zeit, dass deine Kinder einerseits lernen, dass diese Wünsche nicht immer und vor allem nicht immer sofort erfüllt werden. Mit ein bisschen Hilfe deinerseits haben sie jetzt die Gelegenheit Geduld zu lernen.

So lernen Kinder warten

Es ist wichtig, dass du dir darüber im Klaren bist, dass Fähigkeiten wie Geduld, Impulskontrolle und Belohnungsaufschub erst langsam erlernt werden und dass ihnen gewisse andere Fähigkeiten vorausgehen müssen. Man kann von einem knapp 2-Jährigen einfach noch nicht erwarten, dass er bewusst seine Impulse steuert und geduldig wartet, bis er an der Reihe ist. Aber man kann es in kleinen Schritten üben.

Daher ist es auch grundsätzlich wichtig, dass du die mangelnde Fähigkeit deines Kindes zur Geduld nicht als Defizit betrachtest und es vor allem auch nicht dafür beschämst. Es ist einfach eine Fähigkeit, zu der dein Kind aufgrund seines Alters kognitiv noch nicht in der Lage ist und die es noch nicht ausreichend geübt hat.

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1. Klein anfangen

Geduld kannst du mit deinen Kindern in ganz alltäglichen Situationen üben. Äußert dein Kind einen Wunsch – beispielsweise nach einem Buch im Regal, an das es nicht heranreicht – bitte ihn, einen kurzen Moment zu warten, beende deine Tätigkeit und reiche es ihm dann. Wichtig ist: Je jünger das Kind, desto kürzer sollte die Wartezeit sein. Am Anfang reichen vielleicht 10 Sekunden und langsam kannst du die Zeitabstände ausdehnen.

Wichtig beim Warten üben ist, dass die Wartezeit natürlich ist, sprich, dass du wirklich gerade eine Aufgabe beendest (oder zumindest nicht sofort unterbrichst) oder eben gerade mit irgendetwas beschäftigt bist. Wenn du hingegen den Gegenstand der Begierde in die Hand nimmst, deinem Kind vors Gesicht hältst und es bittest, jetzt aber noch zu warten, wird es sich machtlos und ungerecht behandelt fühlen. Warum soll es auch warten, wenn das Ding doch schon da ist?

2. Wartezeit visualisieren

Zeit ist für Kinder etwas sehr Abstraktes. Noch drei Minuten warten? Wie soll ein Kleinkind, das weder von Mengen noch von zeitlichen Begriffen ein tieferes Verständnis hat, wissen, wie lang das ist? Damit deine Kinder Wartezeiten richtig einschätzen und nachvollziehen können, kannst du Sanduhren oder Stoppuhren nutzen, um die Zeit für sie zu visualisieren.

Tipp: Timer sind nicht nur praktisch, um Wartezeiten zu visualisieren. Du kannst sie eigentlich immer einsetzen, wenn dein Kind nur begrenzt Zeit für eine Aktivität hat, beispielsweise zum Spielen, bevor ihr das Haus verlasst. Sag deinem Kind, dass es noch 10 Minuten spielen kann, bevor du ihm beim Anziehen hilft. Das ist so lange, bis der Sand durch die Sanduhr nach unten gelaufen ist. Dann platziere die Uhr an einem für dein Kind sichtbaren Ort.

3. Spielend warten lernen…

Auch Gesellschaftsspiele sind eine schöne Möglichkeit, um das Warten zu lernen. Hat das Kind seine Figur gesetzt, sind erst einmal die anderen Spieler an der Reihe. Erste Spiele* gibt es schön für die ganz Kleinen ab etwa 2 Jahren.

Spielend lernen können Kinder aber nicht nur mithilfe der Erwachsenen. Ganz im Gegenteil, denn zu oft stehen wir unseren Kindern sogar im Weg, indem wir sie ablenken, sie umlenken oder ihnen helfen. Ganz allein stellen Kinder sich Herausforderungen, die anfänglich zum Scheitern verurteilt sind. Eine wahre Geduldsprobe! Schreiten wir immer ein, um zu helfen, nehmen wir unserem Kind die Möglichkeit zu lernen, mit der Frustration klarzukommen und es weiter zu versuchen.

Besser: Greife nicht ein, wenn dein Kind sich selbstständig an einer Aufgabe versucht. Warte so lange, bis dein Kind dich um Hilfe bittet. Schwierige Dinge wie Schleifen binden oder Ähnliches kannst du nun langsam zeigen. Möchte dein Kind Hilfe bei einer sehr einfachen Sache, die es eigentlich selbst bewältigen sollte, kannst du sagen „Hmmmmm das ist schwierig. Wie könnte das gehen?“. Auf diese Art motivierst du dein Kind, erneut darüber nachzudenken.

4. Ein gutes Vorbild sein

Was auch immer du deinem Kind beibringen möchtest, wenn du es selbst nicht kannst, wird es schwierig. Dein Kind orientiert sich an dir. Wenn du selbst es nicht erträgst, dass dein Kind zwei Minuten quengelt, weil es jetzt sofort irgendetwas möchte, dann ist dies die Möglichkeit, dich zusammen mit deinem Kind in Geduld zu üben. Hat dein Kind einen dringenden Wunsch, den du aktuell nicht erfüllen kannst oder möchtest, dann bleibe Konsequent und halte die Nörgelei aus. Das hilft auch deinem Kind, denn es lernt, sich auf dich zu verlassen. Wenn du wie ein Fähnchen im Wind erst nein und dann ja sagst, lernt es hingegen, dass es mit seiner Ungeduld und Quengelei durchaus weiter kommt.

In Situationen, in denen du selbst auf einen Wunsch verzichtest und dich in Geduld übst, hilft es deinen Kindern, wenn du diese Situationen erläuterst. Du könntest so etwas sagen wie „Ich würde heute gern in die Therme gehen. Die kostet allerdings viel Geld. Wenn wir stattdessen im Park spielen, sparen wir viel Geld und können bald einen richtigen Strandurlaub machen.“

5. Wartezeiten nutzen

Warten gehört zum Leben dazu und das kannst du deinen Kindern auch genau so trocken sagen. Selbst die Kleinsten warten schon beim Arzt, an der Bushaltestelle oder einfach morgens an der Haustür bis es losgeht. Verlange nicht einfach von deinem Kind, geduldig zu sein, sondern biete ihm Vorschläge, die Zeit anregend zu gestalten. Auf diese Art lernt es Strategien kennen, um Wartezeiten zu überbrücken. Ob ihr euch vorbeifahrende Autos anschaut, „Ich sehe was, das du nicht siehst“ spielt oder ein Buch lest, die Möglichkeiten sind schier unendlich. Schaffst du es, schöne Momente zu kreieren, ist die Wartezeit keine verlorene Zeit, sondern eine Chance, um Spaß zu haben. Schließlich ist unser Alltag schnell genug.

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Sei verlässlich!

Wie du siehst, gibt es etliche Möglichkeiten, um mit deinen Kindern Geduld zu üben. Sie allein reichen aber nicht. Damit sie funktionieren, muss sich das Warten für deine Kinder lohnen. Daher ist es mindestens genauso wichtig, dass sich deine Kinder darauf verlassen können, dass am Ende des Wartens das Ersehnte auch eintritt. Versprichst du deinen Kindern, in den Zoo zu gehen nach dem Einkaufen, dann solltest du das eben auch tun und nicht kurzfristig die Pläne ändern, weil etwas anderes dazwischen gekommen ist. Sagst du deinen Kindern, dass es in 5 Minuten losgeht, sollten daraus nicht 15 werden. Je öfter du die Bemühungen deiner Kinder enttäuschst und die erwartete „Belohnung“ nicht eintritt, desto mehr werden sie lernen, dass sich Warten nicht lohnt. Daher solltest du ganz genau darauf achten, was du deinen Kindern versprichst und ob du es auch so einhalten kannst.

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Quellen

  • Dr. Harvey Karp: Das glücklichste Kleinkind der Welt
    Goldmann Verlag, deutsche Erstausgabe vom 8. Februar 2010
  • Danielle Graf & Katja Seide: Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch Trotzphasen
    Beltz; 9. Auflage vom 19.06.2017
  • 3 Ways to Teach Kids Patience!
    https://www.youtube.com/watch?v=F45lrFLRPIU (abgerufen am 25. April 2019)

✔ Inhaltlich geprüft am 02.02.2022
Dieser Artikel wurde von Janett Scheck geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt Sibylle leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

  1. Meine quirligen enkel. Ich versuche mich mit ihnen zubeschäftigen wie puzzeln ,buch an schauen ,spiele spielen oder jeder erzählt eine Geschichte. Danach tobe ich mit ihnen im Garten sie sind danach ruhiger und kuschelig. LG

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