Auf Fotos und in Filmen sieht man Gebärende fast immer in liegender Position und nie stehend. Dabei ist eine Geburt im Stehen einen Versuch wert, denn in dieser Position hilft dir die Schwerkraft, dein Baby auf die Welt zu bringen. Wir erklären dir, wie du dich am besten aufstellst und wie dein Partner und deine Hebamme dir bei dieser Geburtsposition helfen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine aufrechte Position kann die Geburt beschleunigen, da die Wehen durch die Schwerkraft wirksamer sind.
- Du kannst zusammen mit deinem Partner verschiedene aufrechte Positionen ausprobieren und bist viel selbstbestimmter als in Rückenlage.
- Eine Geburt im Stehen endet seltener in einem ungeplanten Kaiserschnitt als eine Geburt in normaler Position.
- Allerdings ist aufgrund des stärkeren Drucks nach unten eine Geburtsverletzung im Bereich des Damms etwas wahrscheinlicher.
So kannst du dein Baby im Stehen gebären
Die meisten werdenden Mamas bevorzugen zu Beginn der Geburt aufrechte Positionen und laufen auf und ab oder kreisen ihr Becken. Die Bewegungen von Frauen unter der Geburt sind oft instinktiv richtig – lass dich also, wann immer es geht, von deinem Körpergefühl leiten. Solange du dich in der aufrechten Haltung gut fühlst, kannst du auch eine Geburt im Stehen ausprobieren. Bei fortschreitender Geburt hängen sich manche Frauen gerne mit den Armen an ein Seil oder Tuch – oder an die Schultern des Partners. Dies entlastet den Körper etwas und erlaubt kurze Pausen.
Wie genau eine Geburt im Stehen abläuft, kannst du dir in unserem Insta Post anschauen. Auch werdende Papas erhalten hier Tipps, wie sie ihren Partnerinnen bei der Geburt im Stehen helfen können. Neben dem Video findest du außerdem eine Reihe von praktischen Hebammen-Tipps für diese Geburtsposition!
Das sind die Vorteile einer Geburt im Stehen
- Im Stehen bist du selbstbestimmter und kannst aktiver sein – etwa dich bewegen oder die Position leicht ändern.
- Angezogen von der Schwerkraft sinkt dein Baby tiefer ins Becken, was sich positiv auf den Gebärmutterhals und den Muttermund auswirkt.
- Die Wehen sind bei einer Geburt im Stehen oft regelmäßiger und häufiger.
- Das Atmen kann dir in dieser Position leichter fallen, da der Druck auf deinen Oberkörper geringer ist.
Diese Nachteile kann eine Geburt im Stehen haben
- Stehen ist körperlich anstrengend – bei einer längeren Geburt kann deine Kraft schwinden und ein Positionswechsel ist angebracht.
- Einige Untersuchungen sind bei einer Geburt im Stehen schwieriger, auch das Anlegen einer CTG ist erschwert (aber möglich).
- Der Druck auf dein Gewebe und insbesondere auf deinen Damm ist größer und es treten etwas wahrscheinlicher Geburtsverletzungen auf.
Kleiner Extra-Tipp: Achte auch auf deine Füße!
Wenn du in der Schwangerschaft Yoga praktizierst, kennst du vielleicht den Einfluss der Fußstellung. Die meisten von uns haben im Stand parallel stehende oder leicht nach außen gedrehte Füße. So steht man stabiler auf dem Boden. Bei einer Geburt im Stehen kannst du deine Fußspitzen aber ausnahmsweise ein wenig nach innen drehen. Diese kleine Änderung bewirkt, dass sich dein Beckenausgang nach unten hin ein Stück weiter öffnet und den Weg für dein Baby etwas erleichtert. Probiere es ruhig zu Hause ein paar Mal aus, denn so hilfreich diese Fußstellung bei der Entbindung ist, sie erfordert von dir auch ein bisschen Übung und Balance. Wenn du dich im Stand sicher fühlst, kannst du ebenfalls schaukelnde oder kreisende Bewegungen deines Beckens austesten. Diese Bewegungen helfen deinem Kind dabei, durch die einzelnen Ebenen deines Beckens zu gelangen.
Weniger Kaiserschnitte in aufrechter Position
Tatsächlich gelingt es mehr Frauen, ihr Kind natürlich zu gebären, wenn die Geburt im Stehen oder in aufrechter Haltung geschieht. Die deutschlandweite „Be-Up-Studie“ untersuchte, ob Geburten anders verlaufen, wenn der Kreißsaal auf aufrechte Geburtspositionen eingestellt ist. Das Forscherteam gestaltete für diese Studie einige Kreißsäle neu: Statt Gebärbett wurden Bodenmatten und Möbelstücke verwendet, die eine aufrechte Körperhaltung unterstützen. Das Ergebnis: Die Kaiserschnittrate konnte deutlich reduziert werden und fast 90 Prozent der werdenden Mütter brachten ihr Kind in dieser Umgebung vaginal zur Welt.
Wann sollte man die Geburtsposition besser wechseln?
Ganz allgemein kannst du deine Position während der Geburt immer ändern, wenn du dich nicht mehr wohlfühlst oder ausruhen und Kraft tanken musst. Deine Hebamme kann dir jederzeit alternative Positionen vorschlagen oder wird dir auch von Positionen abraten, wenn diese nicht zur Geburtsphase passen. Dafür untersucht deine Hebamme im Kreißsaal zwischendurch bei der Tastuntersuchung, wie sich der Kopf deines Babys an das Becken angepasst hat. Wenn sie die Lage deines Babys genau bestimmt hat, kann sie dir konkrete Empfehlungen für passende Geburtspositionen geben.
Übrigens: Eine aufrechte Geburtsposition und eine PDA schließen sich keinesfalls aus! Es ist heute üblich, zunächst niedrig dosierte, sogenannte „Walking-PDAs“ zu geben, mit der du im Kreißsaal deine Beweglichkeit behältst. Am besten gibst du deiner Hebamme regelmäßig Bescheid, wie es dir geht und wie sicher du dich im Stand fühlst. Werden deine Beine schwächer oder kommt leichter Schwindel auf, ist höchstwahrscheinlich ein Positionswechsel angesagt.
Ist eine Geburt im Stehen wirklich sicher?
Vielleicht fragst du dich, ob dein Kind auch wirklich sanft auf die Welt kommt, wenn du bei der Geburt stehst. Denn die Schwerkraft zieht dein Kind ja nicht nur aus deinem Körper hinaus, sondern danach auch Richtung Boden, der bei einer Geburt im Stehen meistens mit einer weichen Matte ausgelegt ist. Aber keine Sorge, dein Baby wird nicht einfach aus dir herausfallen. Nachdem das Köpfchen erfolgreich das Licht der Welt erblickt hat, kommt erst in einem zweiten Schritt der restliche Körper hinterher. Diese Zeit wird deine Hebamme nutzen, um dein Baby mit einem geübten Griff entgegenzunehmen. Darauf kannst du dich verlassen und dich voll und ganz auf deine Atmung und die Wehen konzentrieren. Manchen Frauen gelingt es sogar, ihr Kind mit den eigenen Händen in Empfang zu nehmen, wenn sie sich das wünschen und zutrauen. In der Hocke ginge das am besten, denn auch sie gehört zu den aufrechten Positionen.
Die drei besten Geburtspositionen
Die Geburt im Stehen gehört zu den drei besten Geburtspositionen. Dort wurde sie von Hebammen sogar auf den ersten Platz gesetzt, denn ein Baby stehend oder hängend zu gebären, kann den Geburtsablauf verkürzen und wird von vielen Frauen als sehr selbstbestimmt erlebt. Auf Platz zwei ist die Geburt im Sitzen gelandet und Platz drei belegt die Geburt in Knie-Ellenbogen-Lage. Lass dich aber von diesem Ranking nicht unter Druck setzen. Gerade der Wechsel verschiedener Positionen kann die Geburt voranbringen, da manche Positionen dem Kind auf die Welt helfen und manche der werdenden Mama zum Verschnaufen dienen. Beides ist wichtig, gerade bei einem etwas längeren Geburtsverlauf.
Quellen
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: Aufrecht das Leben geben: https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/aufrecht-das-leben-geben-17163.php (abgerufen am 02.05.2024)
- Hebammenblog: Geburtspositionen: https://www.hebammenblog.de/geburtspositionen/ (abgerufen am 02.05.2024)
- Karoline Weinmann, Yogamaya: Geburt im Stehen? Hier kommt ein kleiner Extratipp: https://www.myyogamaya.de/geburt-im-stehen-hier-kommt-ein-kleiner-extratipp/ (abgerufen am 02.05.2024)
- Krankenhaus St. Elizabeth und St. Barbara: Im Kreißsaal mobil bleiben und Schmerzmittel selbst dosieren: https://www.krankenhaus-halle-saale.de/unser-krankenhaus/aktuelles/news/detailseite (abgerufen am 02.05.2024)
- Calais-Germain, B. & Parés: “Das bewegte Becken”, 1. Auflage. Hannover: Elwin Staude Verlag.