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Warum du dein Kind nicht andauernd loben musst und wie du trotzdem Anerkennung zeigst

Kinder nicht loben, sondern anerkennen und wertschätzen

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Viele moderne Elternratgeber raten dazu, sparsam mit Lob und Belohnung umzugehen. Warum das Loben in Verruf geraten ist und was du stattdessen sagen kannst, verraten wir in diesem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze

  • Kinder für alltägliche Dinge wie Spielen oder „ordentliches“ Verhalten loben, kann ihre Motivation auf lange Sicht schmälern.
  • Nicht jedes Lob ist schädlich. Anerkennung, Wertschätzung und sich zusammen freuen, kann auch motivieren.
  • Je weniger ein Kind von äußeren Bewertungen abhängig ist, desto eher spürt es Selbstwirksamkeit und Stolz aus sich selbst heraus.
  • Lob ist nicht schädlich, man sollte es nur nicht übertreiben.

Viele von uns sind mit Lob und Kritik aufgewachsen. Hatten wir als Kinder den Teller „schön leer gegessen“, dann wurde das anerkennend bestätigt. Hatten wir in der Schule gut mitgemacht, gab es neben der guten Note eine glückliche (oder erleichterte) Mami und manchmal sogar einen Fünfer.

Genau deshalb fühlt es sich für uns auch so richtig an, vermeintlich gute Verhaltensweisen unseres Kindes immer sofort zu kommentieren. Wir möchten ihm zeigen, dass wir sein Verhalten wahrnehmen und anerkennen. Wir möchten, dass es ein gutes Selbstvertrauen entwickelt und stolz auf sich sein kann.

Warum wir loben

Lob wird oft genutzt, um positives Verhalten zu verstärken. Dein Kind macht etwas, das dir gefällt. Du lobst und erhoffst dir damit instinktiv, dass es sich in Zukunft wieder so verhält. Nur leider stimmt das nicht ganz. Denn:

Lob schmälert die intrinsische Motivation

Intrinsische Motivation, das ist der eigene, innere Antrieb etwas zu tun, und zwar ohne dafür eine Belohnung von Außen zu erwarten.

Einige moderne Erziehungswissenschaftler sind der Meinung, dass Lob und Belohnungen diese intrinsische Motivation verringern. In seinem Buch „Punished by Rewards“* (zu Deutsch „bestraft durch Belohnungen“) zeigt der Autor Alfie Kohn anschaulich und mithilfe vieler wissenschaftlicher Studien, dass Kinder wie auch Erwachsene schlechtere Ergebnisse erzielen, wenn sie mit Lob, Bienchen, Geld oder anderen Anreizen belohnt werden.

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Warum ist das so?

Wenn uns etwas gelingt, erleben wir ein Glücksgefühl. Das Tolle ist: Das kommt von ganz allein. Dafür muss niemand sagen „Oh ja toll gemacht.“

Erhält ein Kind nun andauernd Lob fürs Spielen, Malen und andere alltägliche Dinge, fühlt es sich irgendwann an, als würde es diese nicht mehr aus eigenem Antrieb, sondern für Andere tun. Es geschieht nicht mehr freiwillig, sondern im Austausch gegen ein Lob oder eine Belohnung.

Zwar stimmt es, dass Loben und Belohnungen kurzfristig das Verhalten beeinflussen. Das heißt, ein Kind, das immer gelobt wird, weil es eine schöne Feuerwehr gemalt hat, wird das vermutlich wieder tun. Schließlich möchte es ja wieder positiv wahrgenommen werden. Mit der Zeit schwindet aber die Motivation, weil sie jetzt nicht mehr von innen heraus kommt.

Und es kann auch Druck erzeugen. Was, wenn das Bild beim nächsten Mal nicht so hübsch wird oder ich nicht mehr so artig sitzen kann im Restaurant?

Kinder loben, weil sie unerwartet „gut“ sind

Wenn du dein Kind lobst, weil es aufisst oder sich sozial verhält, dann schwingt da etwas mit: Nämlich das es eine besondere Leistung vollbracht hat. Ohne dein Lob würde es wieder zurückkehren zu dem unsozialen Verhalten.

Im Gegensatz dazu steht das Vertrauen, dass dein Kind immer sein Bestes gibt und sich sozial verhalten möchte. So gesehen ist es selbstverständlich, dass es sich „gut“ verhält. Dass es das nicht immer kann, steht auf einem anderen Blatt. Und das Loben verklärt auch ein bisschen den Blick darauf, warum es sonst nicht klappt.

Unsere Bewertung kommt oft zu schnell

Und häufig, wenn wir ganz schnell richten: Das war gut, das war schlecht, dann geben wir dem Kind gar keine Zeit, in sich hineinzuspüren und seinen eigenen moralischen Kompass zu entwickeln. Das gilt für jedes Verhalten, ob wir es als gut oder schlecht klassifizieren. Wenn dein Kind etwas „ausgefressen“ hat, wird es ganz automatisch einen Dialog mit seinem Gewissen führen (das gilt natürlich nicht für sehr junge Kinder). Genauso entstehen positive Gefühle, wenn es etwas Gutes tut. Wenn du nun immer sofort kommentierst und deine Bewertung abgibst, hat dein Kind gar keine Zeit, dieses eigene innere Gefühl wahrzunehmen und zu verarbeiten.

Statt sofort zu bewerten, könntest du fragen: Wie fühlt sich das für dich an?

Lob macht abhängig von äußeren Bewertungen

Wenn Kinder immer für eine bestimmte Sache gelobt werden, kann es passieren, dass sie sich ungesehen fühlen, wenn ihre Bemühungen nicht gesehen werden.

Kinder, die immer für ein bestimmtes Verhalten gelobt werden, fühlen sich unsicher, wenn dieses Verhalten einmal nicht wahrgenommen wird. Hab ich es jetzt nicht gut gemacht? Was ist los? Warum bemerkt keiner, dass ich gerade geteilt habe? Einige Kinder werden auch explizit darauf hinweisen „Das hab ich jetzt gut gemacht, oder?“.

Sein Erfolg existiert schließlich nur, wenn jemand anders ihn wahrnimmt. Dabei ist es so ein gutes Gefühl, Dinge für sich selbst zu tun und sich über seine eigenen Erfolge freuen zu können.

Einfach mal nicht bewerten

Wenn du bis hier hin gelesen hast, fragst du dich sicher längst „Soll ich jetzt alles, was mein Kind tut, ignorieren?“ „Darf ich nicht mehr wahrnehmen und mich mit meinem Kind freuen, wenn es etwas Schönes erlebt?“.

Tatsächlich kann es sich sehr befreiend anfühlen, nicht immer urteilen und bewerten zu müssen. Es gibt keinen Grund immer sofort einen Stempel draufzusetzen. Stell dir vor, deine Kollegen auf der Arbeit würden das machen. Selbst wenn du überwiegend Lob erntest, würdest du dich fühlen, als stündest du ganz schön unter Beobachtung. Lass dein Kind selbst spüren, wie es sich anfühlt, etwas geschafft zu haben und freue dich darüber.

Hilf deinem Kind, sich selbst zu erkunden

Du kannst ehrliches Interesse zeigen auch ohne eine Bewertung. Wenn dein Kind dir ein Bild zeigt, das es gemalt hat, könntest du etwas sagen wie:

  • „Du hast ein Bild gemalt.“
  • „Ich sehe viele rote Linien und da in der Ecke ist auch grün.“
  • „Was hast du gemalt?“
  • „Hat dir das Malen Spaß gemacht?“
  • „Wie gefällt dir dein Bild?“
  • „Wie fühlst du dich jetzt?“

Diese Sätze sind auch gleichzeitig eine Einladung an dein Kind, in sich zu gehen oder vielleicht noch etwas mehr zu erzählen. So kann es seine Gefühle darüber noch weiter erkunden und es entsteht vielleicht ein kleiner Dialog.

Du könntest ein Highfive geben und dich mit deinem Kind freuen oder anerkennen, wie schwierig es war durchzuhalten, um das Bild fertigzustellen.

Du kannst auch beschreiben, was du siehst, statt zu bewerten. „Du hast einen roten Turm gebaut und obendrauf ist ein kleines Dach.“ Das Schöne daran ist, dass du dich wirklich damit auseinandersetzt, was dein Kind da geschaffen hat.

Ist Lob schlecht für die Entwicklung?

Nein. Es ist überhaupt nicht verkehrt daran, dich hin und wieder mit deinem Kind und über dein Kind zu freuen. Und wenn der Opa 100 Mal applaudiert, weil es den Löffel schon zum Mund führen kann, dann ist das schön und wird nicht den Charakter deines Kindes versauen 😉 Schlimmer, als einmal zu viel dein Kind zu loben, wäre es, wenn du jedes Wort auf die Goldwaage legen müsstest.

Authentische Wertschätzung und ein fröhliches „YEAH“ kann die Motivation steigern und aufrechterhalten. Überdosiert kann es sich allerdings unauthentisch und manipulativ anfühlen oder sogar die Motivation schmälern. Es kommt also auf das gesunde Maß an.

Fazit

Oft reicht es, uns ein wenig zurückzunehmen. Mal nichts sagen, nicht gleich kritisch oder lobend kommentieren. Dein Kind teilt seinen Kuchen mit einem anderen Kind? Dann lass es spüren, wie das andere Kind sich freut, ohne gleich reinzugrätschen.

Lass es erleben, dass es sich gut anfühlt, mit anderen Kindern zu kooperieren und lenke es nicht von dem Gefühl ab, indem du gleich kommentierst.

Wenn dein Kind ein Feedback von dir haben möchte, kannst du dich ganz ehrlich mit ihm unterhalten. Du kannst Feststellungen machen über sein Werk. Das erfordert natürlich mehr Aufmerksamkeit, als ein „gut gemacht“. Du kannst deinem Kind Fragen darüber stellen. Dadurch entsteht ein richtiger Dialog, der aufrichtiger und wertschätzender ist, als ein schnell dahingesagtes „gut gemacht“.

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 12.12.2021
Dieser Artikel wurde von Janett Scheck geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Sibylle ist eine Babelli Redakteurin der ersten Stunde. Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt sie leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der Babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

2 Kommentare anderer Nutzer

  1. Liebe Sybille
    Danke für Deinen einfühlsamen Artikel. Als ich in meiner Kindheit gelobt wurde, fühlte ich mich oft manipuliert. Das Lob diente dazu, mich zu einem Verhalten zu bewegen, das den Eltern oder Lehrern gefiel, das merkte ich sehr wohl. Es hatte etwas von Dressur, von „Brav Fiffi“. Oft schämte ich mich, wenn ich gelobt wurde…

  2. Danke für deinen Artikel – und dass du den Eltern nicht gleich das Loben verbietest und sogar authentische Wertschätzung und ein fröhliches „YEAH“ lässt – viele Elternratgeber sind hier so Oberlehrerhaft, das finde ich ganz schrecklich.

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