Medikamente in der Schwangerschaft sind immer heikel. Denn schließlich wird mit ihnen nicht nur die werdende Mutter, sondern auch das Baby gleich mit behandelt. Aber was, wenn dich eine fiese Erkältung erwischt hat, Kopfschmerzen plagen oder wenn du dauerhaft Medikamente nehmen musst? Wir klären auf, was geht und was nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Etliche Medikamente sind nicht für die Schwangerschaft zugelassen.
- Auch viele rezeptfreie Medikamente sind in der Schwangerschaft tabu.
- Vorsicht auch bei naturheilkundlichen Arzneien!
- Medikamente vor Einnahme immer mit dem Frauenarzt oder Spezialisten abklären.
- Aber: Verschreibungspflichtige Medikamente in der Schwangerschaft nicht einfach so absetzen. Nachfragen!
- Bei ungefährlichen Wehwehchen lieber mit Hausmitteln arbeiten.
- Embryotox ist ein unabhängiges und sehr hilfreiches Portal der Charité Berlin. Die Spezialisten beraten dich auch am Telefon.
Schwangere Frauen müssen auf vieles verzichten. Nicht immer fällt das leicht. Bei Medikamenten in der Schwangerschaft sieht das ähnlich aus. Denn das ungeborene Kind bekommt die Wirkstoffe über die Plazenta ebenso zu spüren, wie die Mutter und das, obwohl es nicht krank ist.
Wie schlimm die Folgen sein können, zeigen die Contergan-Fälle aus den 60er-Jahren. Contergan war ein einfaches Schlafmittel, das auch Schwangeren verschrieben wurde. Erst als es im Anschluss unzählige schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen gab, wachte man auf.
So etwas kann sich jederzeit wiederholen. Selbst wenn die Pharmaindustrie neue Medikamente in Tierversuchen testet, randomisierte Studien an Schwangeren gibt es aus ethischen Gründen nicht. Deshalb gilt: bei ungefährlichen Beschwerden lieber ohne Medikamente durch die Schwangerschaft. Wenn es nicht anders geht, beispielsweise wenn die Mutter eine chronische oder potenziell lebensgefährliche Erkrankung hat, sollten möglichst jahrzehntelang erprobte Arzneimittel zum Einsatz kommen.
Informiere dich vorab bei Embryotox
Da das Thema der Medikamente in der Schwangerschaft sehr heikel ist und es unzählige verschiedenen Präparate auf dem Markt gibt, können auch Ärzte schnell überfordert sein. Zum Glück gibt es Embryotox. Dabei handelt es sich um eine Datenbank der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die den aktuellen Stand der Wissenschaft zu jedem Medikament enthält und die du kostenlos und einfach über das Portal embryotox.de einsehen kannst. Das Portal wird vom Staat finanziert. Es ist also unabhängig vom Einfluss der Pharmaindustrie.
Neben der Eigenrecherche bieten die Spezialisten von Embryotox bei konkreten Fragen auch eine telefonische Beratung für Schwangere an. Alles in allem sehr zu empfehlen!
Wenn du Fragen zu einem Medikament hast, raten wir dir, dich vorher dort zu informieren und dann mit den gewonnenen Informationen zu deiner Ärztin zu gehen. Du kannst auf dem Portal sowohl nach häufigen Krankheiten als auch nach konkreten Medikamenten suchen.
Verschreibungspflichtige Medikamente in der Schwangerschaft
Manchmal geht es nicht ohne Medikamente. Gerade bei ernsten oder chronischen Erkrankungen muss eine Ärztin immer sorgfältig abwägen, ob das Risiko, dem Baby zu schaden, mit oder ohne Medikamente größer ist.
Antibiotika in der Schwangerschaft – ja oder nein?
Es kann auch in der Schwangerschaft Situationen geben, in denen die Einnahme von Antibiotika nötig wird. Zum Beispiel, wenn eine bakterielle Blasenentzündung die Gesundheit der Mutter und des Ungeborenen bedroht. Damit der Arzt richtig entscheiden kann, muss er unbedingt wissen, dass du schwanger bist oder sein könntest. Denn Antibiotikum ist nicht gleich Antibiotikum. Zu einigen Präparaten liegen jahrzehntelange Informationen vor, andere sind noch relativ neu auf dem Markt:
- Zu Penicillin und Cephalosporinen gibt es die meisten guten Erfahrungen. Sie sind die Mittel der ersten Wahl.
- Auch bei den Makroliden ist die Fehlbildungsrate nicht signifikant erhöht. Sie können eingesetzt werden, wenn das zuerst verschriebene Präparat nicht anschlägt oder die Schwangere es nicht verträgt.
- Clindamycine sind noch zu wenig erforscht und sollte nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden.
Übrigens: Wenn du dein Kind geboren hast, darfst du Antibiotika nehmen und trotzdem stillen.
Was tun bei chronischen Erkrankungen?
Manchmal müssen Schwangere dauerhaft Medikamente nehmen. Wenn eine chronische körperliche oder psychische Erkrankung vorliegt, kommst du wahrscheinlich auch in der Schwangerschaft nicht um die Einnahme herum. Denn die Krankheit kann für das Ungeborene gefährlicher sein als der Wirkstoff, mit dem sie bekämpft wird. Daher solltest du Medikamente nie einfach so absetzen, sobald du schwanger bist!
Ob die Dosis deines Medikamentes angepasst werden muss oder es gegen ein anderes getauscht werden sollte, kann dir nur deine Ärztin sagen. Manchmal geraten aber auch Ärzte an ihre Grenzen. Deshalb ist es wichtig, dass du dich zusätzlich bei Embryotox informierst und deine Ärztin gegebenenfalls auf das Beratungsangebot der Charité aufmerksam machst.
Chronische Erkrankungen, die auch in der Schwangerschaft mit Medikamenten behandelt werden müssen, sind zum Beispiel:
- Bluthochdruck
- Diabetes
- Epilepsie
- Asthma
- Schilddrüsenfehlfunktionen
- Schwere Allergien
- Ernste Depressionen
Es kann sein, dass sich Beschwerden, wie beispielsweise Asthma, in der Schwangerschaft bessern und weniger bis keine Medikamente nötig sind. Andere, wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder Bluthochdruck, können sich dagegen noch verstärken. Ändere die Dosierung bitte nie eigenmächtig, sondern lass dich engmaschig überwachen, damit sofort reagiert werden kann.
Rezeptfreie Medikamente sind ebenfalls riskant
Man sollte meinen, dass Medikamente, die frei verkäuflich sind, Schwangeren nicht schaden können. Das stimmt aber ganz und gar nicht! Selbst Volksdrogen wie Kopfschmerzmittel und Nasenspray solltest du nicht einfach so nehmen. Die meisten Hersteller vermerken auf dem Beipackzettel zur eigenen Absicherung: „Nicht für Schwangerschaft und Stillzeit geeignet“, denn an Schwangeren testen dürfen sie nicht.
Am besten ist es, wenn du dich, bevor du rezeptfreie Medikamente in der Schwangerschaft einnimmst, genau informierst. Am besten bei Embryotox UND bei deiner Ärztin.
Nasenspray und Nasentropfen
Ist die Nase verstopft, und das passiert in der Schwangerschaft gern, solltest du nur im Notfall zu abschwellenden Nasensprays greifen und vorher den Apotheker fragen. Als Alternative gelten Salzlösungen sowie Nasensprays mit Dexpanthenol, die die Schleimhaut befeuchten und heilen.
Hustensaft
Hustensäfte bringen nichts. Das gilt in und außerhalb der Schwangerschaft. Aber sie können durchaus deinem Baby schaden. Wenn du Husten hast, kannst du heißen Wasserdampf inhalieren. Die besten Ergebnisse erzielst du, wenn du dem heißen Wasser Meersalz hinzufügst. Alternativ gibt es in der Apotheke Emser-Salz genau für diesen Zweck.
Schmerzmittel
Starke Schmerzen wie z.B. Kopfschmerzen in der Schwangerschaft sind kein Spaß und können sehr belasten. Dennoch gilt, so wenig Schmerzmittel wie nur irgend möglich, am besten gar keins. Die meisten Erfahrungen gibt es mit Paracetamol. Es ist das Mittel der Wahl, wenn es gar nicht anders geht. Ibuprofen sollte nur im ersten Schwangerschaftsdrittel gewählt werden. Diclofenac und Acetylsalicylsäure-haltige Mittel wie Aspirin können notfalls bis zur 27. SSW zum Einsatz kommen, danach nicht mehr.
Bei allen Schmerzmitteln gilt: immer vorher den Arzt fragen!
Abführmittel und Co.
In der Schwangerschaft kommt es vor allem gegen Ende leicht zu Verstopfungen. Abführmittel solltest du dennoch nicht anwenden. Stattdessen hilft viel trinken, Bewegung sowie ballaststoffreiche und regelmäßige Ernährung. Außerdem können Flohsamenschalen Linderung bringen.
Vorsicht: empfindliche Menschen können allergisch auf ungewaschene Flohsamen reagieren, deshalb lieber gewaschene aus der Apotheke kaufen und mit einer kleinen Menge testen.
Auch bei Durchfall, Sodbrennen und Übelkeit gilt: lieber mit Hausmitteln behandeln.
Mittel gegen Pilzinfektionen
Pilze lassen sich in der Schwangerschaft schwerer bekämpfen. Denn es dürfen in Absprache mit dem Arzt nur Mittel zum Einsatz kommen, die äußerlich angewendet werden. Eine systemische Behandlung mit Tabletten ist nicht möglich.
Vitamin- und Mineralstoffpräparate
Auch hier gilt, sei lieber vorsichtig und nimm nur Präparate ein, die auch ausdrücklich für Schwangere zugelassen sind. Dein Apotheker kann dir darüber Auskunft geben. Außerdem solltest du bei deiner Ärztin feststellen lassen, ob du tatsächlich unter einem Mangel leidest.
Auch Naturheilmittel können schaden
Schulmedizinische Arzneimittel unterliegen strengen Zulassungskriterien. Naturheilkundliche Mittel jedoch nicht. Daher musst du gerade in der Schwangerschaft besonders vorsichtig damit sein. Keinesfalls solltest du dir Kräuteranwendungen, homöopathische Mittelchen oder Ähnliches selbst verordnen. Auch solche Verfahren gehören in professionelle Hände. Lass dich daher von einer gut ausgebildeten Heilpraktikerin beraten oder zieh deine Hebamme zurate.
Impfen in der Schwangerschaft
Am Impfen scheiden sich die Geister. Generell gilt, in der Schwangerschaft sollte so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig geimpft werden. Lebendimpfstoffe wie die gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken sind nicht erlaubt. Aber auch Totimpfstoffe sollten mit Vorsicht verabreicht werden und nur, wenn die Gefahr einer Ansteckung sonst zu groß ist. Denn nicht nur die Wirkstoffe selbst können problematisch sein, auch die Trägerstoffe enthalten Substanzen wie Aluminium, die sich im Körper ablagern.
Schwangeren wird in der Frühschwangerschaft vor allem im Winter zur Grippeimpfung geraten. Eine Grippe in der Schwangerschaft kann auch für das Ungeborene bedrohlich werden, nämlich dann, wenn es zu Folgeinfektionen wie Lungenentzündung kommt. Ob du Impfungen in der Schwangerschaft in Anspruch nehmen willst, musst leider allein du selbst entscheiden.
Wenn du nicht wusstest, dass du schwanger bist…
Es kommt immer wieder vor, dass eine Frau bei der Medikamenteneinnahme oder zum Zeitpunkt der Impfung gar nicht weiß, dass sie schwanger ist. Wenn du erst kürzlich erfahren hast, dass du Mutter wirst, gerate nicht in Panik, sondern lass dich zeitnah beraten. Sowohl Embryotox als auch deine Frauenärztin geben dir verlässlich Auskunft darüber, welche Auswirkungen die Einnahme des jeweiligen Medikaments auf dein Baby haben könnte und wie du weiter verfahren solltest.
Hast du noch Fragen oder Erfahrungen zu Medikamenten in der Schwangerschaft? Dann schreib uns gern einen Kommentar!
Quellen
- Berufsverband der Frauenärzte: Medikamente in der Schwangerschaft – Reale Risiken und übertriebene Ängste:
https://www.frauenaerzte-im-netz.de/aktuelles/meldung/medikamente-in-der-schwangerschaft-reale-risiken-und-uebertriebene-aengste/ (abgerufen am 7.2.2018) - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Medikamente in der Schwangerschaft:
https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/das-baby-vor-gefahren-schuetzen/medikamente/ (abgerufen am 7.2.2018) - Embryotox: Arzneimittel:
https://www.embryotox.de/arzneimittel/ (abgerufen am 7.2.2018) - Birgit Gebauer-Sesterhenn & Dr. Med. Thomas Villinger:
Schwangerschaft und Geburt (GU Große Ratgeber Kinder)
GU Verlag, Auflage: 6 (8. September 2012)