Wie kleine Kinderhirne wirklich unter strengen Eltern leiden, haben Forscher herausgefunden.
Ständiges Ermahnen, Strafen, Hausarrest, Fernsehverbot, Schreien, Schütteln und leichtes Schlagen – das sind Erziehungsmethoden, die in der Forschung als „streng“ eingestuft werden. Und genau diese strikten Erziehungsmethoden sollen nun nachgewiesenermaßen einen starken Einfluss auf die seelische und körperliche Gesundheit von Kindern und auf ihr späteres Leben haben.
Schon das (gesellschaftlich teilweise akzeptierte) wütende Anschreien sorgt für Veränderungen im Gehirn. Angstzustände und Stress führen, laut Sabrina Suffren von der Universität Montreal, sogar zu kleineren Gehirnen. Im Fachmagazin Development and Psychology sagt sie: „Ich denke, es ist wichtig, dass die Eltern verstehen, dass der häufige Einsatz harter Erziehungspraktiken die Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen kann.“
Ein Forschungsteam der Universität Leuven in Belgien konnte außerdem zeigen, dass regelmäßige Strenge das Risiko, an Depressionen zu erkranken, erhöht. Die Studienleiterin Evelien van Assche erklärt: „Wir stützen unseren Ansatz auf frühere Arbeiten mit eineiigen Zwillingen. Zwei unabhängige Gruppen fanden heraus, dass der Zwilling, bei dem eine schwere Depression diagnostiziert wurde, bei den meisten dieser Hunderttausenden von Datenpunkten eine größere Bandbreite an DNA-Methylierung aufwies als der gesunde.“
Für die Studie aus Belgien wurden sowohl Jugendliche aus wertschätzenden und unterstützenden Haushalten befragt und untersucht, als auch Kinder, die immer wieder bestraft oder manipuliert worden sind. Bei denen mit strengen Eltern stellten die Forscher auch eine chemische Abänderung an den Grundbausteinen der Erbsubstanz einer Zelle fest. Diese sogenannte DNA-Methylierung steht im Zusammenhang mit Depressionen.
Die Studienergebnisse sind nur ein Teil der Forschung, wie sich Erziehung auf die lebenslange Gesundheit eines Menschen auswirkt. Dass zu strenge Erziehungsmethoden das Depressionsrisiko erhöhen, ist eine gute Erkenntnis für Experten, um gefährdete Kinder frühzeitig präventiv unterstützen zu können. Und für Eltern, vielleicht doch liebevoller mit ihren Kindern umzugehen.
Quellen
- CAMBRIDGE UNIVERSITY PRESS: Prefrontal cortex and amygdala anatomy in youth with persistent levels of harsh parenting practices and subclinical anxiety symptoms over time during childhood: https://www.cambridge.org/core/journals/development-and-psychopathology/article/abs/prefrontal-cortex-and-amygdala-anatomy-in-youth-with-persistent-levels-of-harsh-parenting-practices-and-subclinical-anxiety-symptoms-over-time-during-childhood/BD319B470C7D2DD990FB184E0728B5DA (abgerufen am 17.04.2023)
- EurekAlert!: Strict parenting may hard-wire depression risk into a child’s DNA:
https://www.eurekalert.org/news-releases/967811 (abgerufen am 17.04.2023)