Stillen fördert die besondere Bindung zwischen Mutter und Kind. Viele Väter fühlen sich dadurch in der ersten Wochenbettzeit außen vor. Wie Väter die frischgebackenen Mamis beim Stillen unterstützen und auch als nicht stillender Elternteil eine enge Bindung zum Baby aufbauen können, erfährst du in diesem Artikel.
Anmerkung: Wir sprechen im Titel und Text zwar von den „Vätern“, die Tipps gelten aber natürlich gleichermaßen für alle Co-Mamas.
Väter im Gefühlschaos
Für frischgebackene Väter ist es nicht immer leicht, ihren Platz in der neuen, kleinen Familie zu finden. Sie empfinden tiefes Vaterglück. Aber sie können es oft nicht unbeschwert genießen. Denn durch die enge Bindung zwischen Mutter und Kind fühlen sich viele Männer außen vor. Der Mutter scheint es mühelos zu gelingen, das Baby zu beruhigen. Bei ihr fühlt sich das Neugeborene wohl, sicher und geborgen. Mutter und Kind bilden eine eingeschworene Einheit.
Die Bedeutung des Stillens
Besonders das Stillen trägt dazu bei, dass Mutter und Säugling von Beginn an eine enge Beziehung haben. Denn Stillen dient nicht „nur“ der Ernährung. Es beruhigt, vermittelt Nähe und Geborgenheit. Es spendet dem Kind Sicherheit und Zuversicht. Dadurch wird das Urvertrauen des Kindes in den ersten Lebenswochen gestärkt. Viele Väter kommen sich wie das fünfte (oder in diesem Fall das dritte) Rad am Wagen vor, da sie scheinbar kaum zur Entwicklung dieses Urvertrauens beitragen können.
Damit befindet sich das Stillen in einem familiären Kontext, der die Väter wenig beachtet und ihnen bestenfalls eine unterstützende Rolle zugesteht. […]
Die Abhängigkeit von der Mutter und die eigene körperliche Unfähigkeit stellen sowohl die Anerkennung durch das Kind als auch die väterliche Autonomie infrage.
Jeremia Herrmann in seinem Artikel „Stillen aus der Perspektive von Vätern“
Die Rolle des Vaters in der Anfangszeit
Viele Väter stellen sich die Frage, wie sie sich in den Alltag einbringen können. Du auch? Dann ist es zunächst einmal wichtig, dass du dich von dem Gedanken befreist, nicht gebraucht zu werden. Ziehe dich nicht zurück, sondern sei für deine Partnerin und euer gemeinsames Baby da. Auch für Väter gibt es im Wochenbett und darüber hinaus viele Möglichkeiten, sich aktiv in das Familienleben einzubringen und Mutter und Kind etwas Gutes zu tun.
Du kannst vielleicht nicht stillen. Aber alle anderen Aufgaben kannst du sehr wohl übernehmen. Selbst beim Stillen kannst du dir eigene Zuständigkeitsbereiche schaffen. Je mehr Aufgaben du übernimmst, desto schneller findest du deine Rolle in eurer neuen Familienkonstellation – und desto mehr kannst du zur Entwicklung des Urvertrauens beitragen.
Tipps für Väter, um die Mutter beim Stillen zu unterstützen
Um deine Partnerin beim Stillen zu unterstützen und euren Familienalltag mitzugestalten, kannst du unter anderem folgende Maßnahmen ergreifen:
- Stillplatz vorbereiten.
Sorge dafür, dass das Stillen für Mutter und Kind besonders angenehm ist. Bringe deiner Partnerin Kissen, damit sie die richtige Position für das Stillen finden kann. Stelle ihr ein Glas Wasser oder Tee und Snacks bereit. Gerade in der Anfangszeit kann es sein, dass das Baby ständig gestillt werden möchte. Durch solche Gesten kannst du deine Partnerin in dieser anstrengenden Zeit unterstützen und für eine entspannte Atmosphäre sorgen. Auch kleine Aufmerksamkeiten wie eine Rückenmassage sind in dieser Zeit sehr willkommen. - Stillende Mutter mental unterstützen.
Sollte das Stillen nicht direkt gelingen, ermutige deine Partnerin. Stillschwierigkeiten sind zu Beginn keine Seltenheit. Sei für deine Partnerin da und bestätige sie darin, das Stillen nicht aufzugeben. Studien wie die „Swiss Infant Feeding Study“ belegen, dass Frauen erfolgreicher, länger und problemloser stillen, wenn der Vater das Stillen bejaht, begleitet und unterstützt. Wichtig: Dränge deine Partnerin aber nicht zum Stillen, sollte sie sich dazu entschließen, das Stillen aufzugeben. Sei ihre Stütze, falls andere Frauen ihr deswegen ein schlechtes Gewissen machen sollten. - Stillende Mutter durch Nähe unterstützen.
Es gibt Paare, die die Stillmahlzeiten gemeinsam zelebrieren. Vielleicht möchte deine Partnerin auch, dass du dabei bist? Setze dich neben oder hinter sie und halte sie im Arm, während sie euer Baby stillt. Auf diese Weise kannst du deinen Liebsten auch beim Stillen nah sein. Wichtig: Akzeptiere es, falls sich deine Partnerin lieber zurückziehen möchte. Wichtig ist, dass ihr eure Wünsche aussprecht. Kommunikation ist das A und O beim Elternsein. - Warten auf das Bäuerchen übernehmen.
Stillen kann anstrengen. Vor allem das sogenannte Clusterfeeding kann eine enorme Herausforderung sein. Phasen, in denen der Säugling nahezu dauerhaft gestillt werden möchte, zehren an den Kräften. Du kannst deine Partnerin entlasten, indem du zwischen den Stillmahlzeiten das Warten auf das Bäuerchen übernimmst. Deine Partnerin kann währenddessen aufstehen und sich kurz die Füße vertreten, bevor es mit dem Stillen an der zweiten Brust weitergeht.
- „Nachtschicht“ teilen.
Manche Babys schlafen nachts direkt nach dem Stillen wieder ein. Bei anderen funktioniert das Einschlafstillen weniger gut. Sie möchten sanft hin und her geschaukelt oder herumgetragen werden. Diesen Part kannst du übernehmen. Dann kann deine Partnerin direkt nach dem Stillen weiterschlafen. Dein Baby „lernt“ indessen, dass es auch bei dir geborgen und sicher einschlummern kann. - Stressoren eliminieren.
Natürlich möchte jeder euren Nachwuchs kennenlernen. Gerade zu Beginn der Stillzeit sollten Mutter und Kind jedoch Ruhe haben. Die Stillbeziehung muss sich erst einspielen. Daher ist Stillen in der Anfangszeit durchaus störanfällig. Besucher können Mutter und Kind zusätzlich stressen. Sollte sich der Besuch nicht gänzlich abwimmeln lassen, ermögliche es deiner Partnerin, sich zum Stillen zurückzuziehen. Übernimm du so lange die „Bespaßung“ eures Besuches. - Haushalt und Erledigungen übernehmen.
Einkaufen, Kochen, Putzen – diese Aufgaben teilt ihr euch normalerweise? Deine Partnerin sollte sich im Wochenbett schonen. Du entlastest deine Partnerin enorm, wenn du dich in der Anfangszeit überwiegend allein um Erledigungen und den Haushalt kümmerst. Es muss nicht alles perfekt sein. Ein paar Staubflusen stören nicht. Statt zu kochen, kannst du auch den Lieferservice nutzen. Die frischgebackene Mama wird dir dankbar sein, wenn sie sich nicht um solche Dinge kümmern muss.
Bereite dich auf die Zeit im Wochenbett vor!
Damit du weißt, was auf euch zukommen wird, ist es ratsam, sich bereits während der Schwangerschaft auf die Zeit nach der Geburt vorzubereiten. Besuche doch gemeinsam mit deiner Partnerin einen Babypflegekurs. Das gibt dir Sicherheit im Umgang mit deinem Neugeborenen. Nehmt außerdem gemeinsam an einem Still-Infoabend oder einem Stillvorbereitungskurs teil. Dort gibt es häufig auch gute Ratschläge für Väter.
Tipps für Väter, um eine enge Bindung zum Baby aufzubauen
Auch für das sogenannte Bonding bietet sich dir als Vater reichlich Gelegenheit. Wichtig ist, dass du jede Möglichkeit nutzt, Zeit mit deinem Kind zu verbringen. Trau dich, auch allein mit deinem Baby zu sein. Falls es weint, probiere verschiedene Dinge aus. Trage es herum, wiege es sanft hin und her, sieh nach, ob die Windel möglicherweise voll ist. Vertraue dir und deinem Instinkt. Mit der Zeit weißt du direkt, was deinen Schatz gerade umtreibt. Du lernst, die Signale deines Kindes zu deuten.
Dein Baby erkennt auf diese Weise, dass du auf seine Bedürfnisse reagierst, dich kümmerst und da bist, wenn es dich braucht. Das stärkt eure Beziehung und trägt zu einer engen Bindung bei. Dein Kind erfährt außerdem, dass es auch andere Vertrauens- und Bezugspersonen gibt als Mama, die genauso viel Sicherheit bieten. Eine wichtige Lektion, die ihm im späteren Leben zugutekommen wird und ihm unter anderem die Kita-Eingewöhnung erleichtern kann.
Folgende Maßnahmen helfen dir dabei, eine starke Bindung auszubauen:
- Zeit mit dem Baby verbringen.
Stimme und Geruch sind für Neugeborene wichtige Merkmale, um eine enge Bindung aufbauen zu können. Deine Stimme ist deinem Baby bereits aus dem Mutterleib vertraut. Nach kurzer Zeit wird es auch deinen Geruch kennen. Das kannst du fördern, indem du von Anfang an viel Zeit mit deinem Baby verbringst. Das entlastet deine Partnerin und ist gut für die Vater-Kind-Bindung. - Auf Körperkontakt achten.
Kuschle viel mit deinem Baby – am besten oberkörperfrei. Durch den Hautkontakt schüttet der Körper das Hormon Oxytocin aus. Oxytocin wird auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet. Es trägt zu einer starken Bindung bei. Dein Baby entspannt und fühlt sich geborgen. - Baby allein beruhigen.
Traue dir von Anfang an zu, dein Baby allein zu beruhigen. Finde deine eigene Strategie. Viele Babys lauschen beispielsweise gern der tiefen Stimme ihres Vaters. Sing ihm ein Lied vor oder erzähle ihm, wie dein Tag war. Auch das Tragen in einer Tragehilfe kann ein Baby beruhigen. Probiere aus, was bei euch am besten hilft. - Babypflege übernehmen.
Bringe dich aktiv in die Babypflege ein. Du kannst etwa das Baden übernehmen oder das Wickeln. Gerade das Wickeln bietet die ideale Möglichkeit für Interaktion in Form von Spiel und Unterhaltung auf dem Wickeltisch. - Babymassage durchführen.
Die meisten Babys lieben es, sanft massiert zu werden. Führe die Babymassage regelmäßig durch und mache euer eigenes kleines Ritual daraus. Die Mama kann währenddessen entspannen oder sich eine Dusche gönnen. Eine Win-win-Situation für alle.
Du würdest gern mehr machen, aber du steckst bereits wieder mitten im Arbeitsalltag? Dann plane bewusst abends und/oder am Wochenende gemeinsame Zeit für dich und dein Baby ein. Diese wertvolle Vater-Kind-Zeit ermöglicht es dir, eine innige Beziehung zu deinem Schatz aufzubauen.
Fazit: Nimm die Rolle des aktiven Unterstützers ein
Aller Anfang ist schwer. Gerade die erste Zeit mit Baby ist herausfordernd. Sei unbesorgt. Du wächst in deine Rolle als Vater hinein und wirst deinen Platz in eurer neuen Familienkonstellation finden. Das Mutter- und Vatersein beschränkt sich schließlich nicht auf die Ernährung. Es gibt viele weitere Bedürfnisse zu stillen, nicht „nur“ den Hunger. Zum Elternsein gehört sehr viel mehr.
Quellen
- Jeremia Herrmann (2017): Stillen aus der Perspektive von Vätern. In: Journal / Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, Heft Nr. 41, S. 68-71.
http://dx.doi.org/10.25595/1348 (abgerufen am 12.04.2023) - Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Ich bin dabei! – Vater werden
https://shop.bzga.de/ich-bin-dabei-vater-werden-13510000/ (abgerufen am 12.04.2023) - Stillförderung Schweiz: Du willst das Beste für dein Baby. Gib’s ihm!
https://www.stillfoerderung.ch/logicio/pmws/stillen__vaterbaby__de.html (abgerufen am 12.04.2023) - SWIFS – Swiss Infant Feeding Study (2014): Eine nationale Studie zur Säuglingsernährung und Gesundheit im ersten Lebensjahr
https://www.swisstph.ch/fileadmin/user_upload/SwissTPH/Projects/SWIFS/SWIFS_Schlussbericht.pdf (abgerufen am 12.04.2023)