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Stilldemenz: Was wirklich dahinter steckt

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Seit dein kleiner Schatz auf der Welt ist, neigst du dazu, Dinge zu vergessen? Du verpeilst deine Termine, suchst ständig deine Sachen? Dann leidest du unter Stilldemenz! Keine Sorge, mit der klassischen Demenz hat das nichts zu tun. Wir verraten dir, was wirklich dahintersteckt und was du dagegen tun kannst!

Ist Stilldemenz eine Krankheit?

„Frauen haben nach der Geburt den Eindruck, dass dort, wo sich einmal das eigene Gehirn befand, nur noch eine Art Kartoffelbrei vorhanden ist.“ (Prof. Dr. Manfred Spitzer, ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm)

Herrscht in deinem Kopf seit der Geburt deines Kindes auch „Matsch“? Das kann beängstigend sein. Aber: Du befindest dich in guter Gesellschaft. Rund 80 % aller jungen Mütter sind von Stilldemenz betroffen. Auch Mütter, die nicht stillen.

Der Begriff Stilldemenz ist doppelt irreführend. Zum einen wird die „Demenz“ nicht durch das Stillen ausgelöst. Zum anderen handelt es sich gar nicht um eine Demenz. Anders als bei der klassischen Demenz sterben bei der Stilldemenz keine Gehirnzellen ab. Der Begriff Demenz ist in diesem Zusammenhang eher augenzwinkernd zu verstehen. Dass du dich plötzlich schlechter konzentrieren kannst, dass du Dinge verlegst und Termine verschusselst, ist kein unwiderruflicher Dauerzustand. Stilldemenz schreitet auch nicht unerbittlich fort. Untersuchungen zeigen, dass die „mütterliche Verpeiltheit“ sich nach ein bis zwei Jahren legt. Wenn dein Baby erst durchschläft, lichtet sich der Nebel in deinem Kopf.

Woran erkennst du, dass du an Stilldemenz leidest?

Wissenschaftler der University of Barcelona stellten anhand von Gehirnscans fest, dass Frauen vor, während und nach der Schwangerschaft unterschiedlich viele graue Zellen aufweisen. Graue Zellen helfen uns dabei, Informationen zu verarbeiten. Nach der Geburt haben Frauen weniger davon. Die Gehirnleistung einer Neu-Mutter verändert sich also nachweislich. Manche Gehirnareale wachsen, andere schrumpfen. Durch die „Umstrukturierung“ des Gehirns werden „mütterliche Verhaltensweisen“ gefördert – so die Vermutung der Wissenschaftler. Das Gehirn setzt nun andere Prioritäten. Dennoch leiden nicht alle Neu-Mamas an Stilldemenz. Stilldemenz hängt von verschiedenen Faktoren ab. Manche Mütter merken gar nichts davon. Andere könnten glatt ihren eigenen Namen vergessen.

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Ob du an Stilldemenz leidest, erkennst du beispielsweise daran, dass…

  • du wichtige Termine und Verabredungen vergisst.
  • du ständig deine Sachen verlegst.
  • du tägliche Rituale versäumst, wie Zähne putzten, Haare kämmen, Medikamente einnehmen et cetera.
  • du oft nicht mehr weißt, was du gerade noch machen wolltest.
  • dein Einkauf jedes Mal unvollständig ist, da du immer etwas vergisst.
  • dir Namen plötzlich nicht einfallen.
  • dir häufig die Worte fehlen.

Schusseligkeit, Verwirrtheit, kleine Gedächtnisaussetzer und Wortfindungsstörungen sind eindeutige Anzeichen einer Stilldemenz.

Stilldemenz ist harmlos. Falls du allerdings traurig, niedergeschlagen und antriebslos bist und dich mit der neuen Situation überfordert fühlst, steckt womöglich etwas Ernstes dahinter. Dann könnte es sich um Anzeichen einer Depression handeln und du solltest unbedingt einen Arzt um Rat fragen.

Was sind die Ursachen der Stilldemenz?

Stilldemenz wird nicht durch das Stillen ausgelöst. Verschiedene Faktoren spielen hier eine Rolle. Die drei Hauptursachen sind folgende:

  1. Du bekommst zu wenig Schlaf
    Als frisch gebackene Mama bist du ununterbrochen im Einsatz. Auch nachts endet dieser Full-Time-Job nicht. Ein Stillkind wird durchschnittlich alle zwei bis vier Stunden zum Trinken wach – mit ihm die Mutter. Dir fehlen dadurch Tiefschlafphasen, die für die Konzentration und die Regeneration wichtig sind. Deine mentale Leistungsfähigkeit nimmt ab. Auch Mütter, die nicht stillen, bekommen wenig Schlaf. Daher hat Stilldemenz nichts mit Stillen per se zu tun.
  2. Deine Hormone spielen verrückt
    Nach der Geburt gerät dein Hormonhaushalt ordentlich durcheinander. Dein Progesteron- und dein Östrogenspiegel sinken abrupt in den Keller. Oxytocin und Prolaktin steigen an. Diese Hormone stärken die Bindung zwischen Mutter und Kind. Vor allem Oxytocin sorgt dafür, dass du dich in dein Kind „verliebst“. Dein Gehirn fokussiert sich vollkommen auf die Bedürfnisse deines Babys und blendet vermeintlich Unwichtiges aus. Wenn du nicht mehr weißt, wo du deinen Autoschlüssel hingelegt hast, war die Position des Schlüssels für dein Gehirn schlichtweg nicht relevant genug, um sich diese Info zu merken.
  3. Du stehst unter Dauerstress
    Gerade in den ersten Wochen bist du noch unsicher im Umgang mit deinem Schatz und möchtest nichts falsch machen. Die Verantwortung für dein kleines Würmchen versetzt dich unbewusst in eine Art Dauerstress. Du schläfst schlecht und bist ausgelaugt. Dadurch schnellt dein Cortisolwert in die Höhe. Cortisol ist ein Stresshormon. Es hat eine starke Wirkung auf das Gedächtnis und blockiert beispielsweise die Neubildung von Gedächtnisinhalten. Stillende Mütter bekommen diesen Dauerstress leichter in den Griff. Stillen lässt den Cortisolspiegel nachweislich sinken. Wenn du nicht stillst, können Entspannungsübungen helfen. Oder Sport. Sofern du Zeit dafür findest.

Auch Väter können von Stilldemenz betroffen sein. Laut einer Wiederholungsstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) weisen sie die gleiche Vergesslichkeit auf wie Frauen, die ihrem Baby das Fläschchen geben. Schlafmangel stellt den Überlegungen der Wissenschaftler zufolge somit die Hauptursache für Stilldemenz dar.

Was hilft gegen Stilldemenz?

Ein Allheilmittel gegen Stilldemenz gibt es nicht. Du musst in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt deines Kindes damit leben. Du kannst dir deinen Alltag als vergessliche und schusselige Neu-Mama aber erleichtern. Folgende Tipps helfen dir dabei, die Stilldemenz abzumildern.

  1. Sorge für ausreichend Schlaf!
    Schlafmangel und fehlende Tiefschlafphasen gelten als Hauptursachen der Stilldemenz. Du solltest also unbedingt für ausreichend Schlaf sorgen. Nutze die Schlafphasen deines Babys auch für dich. Der Haushalt (und alles andere) kann warten!
  2. Lass dein Baby im Eltern- oder Beistellbett schlafen!
    Manche Hebammen empfehlen, das Baby in der Anfangsphase im Elternbett schlafen zu lassen. Auf diese Weise kannst du dein Baby nachts im Halbschlaf stillen und sofort weiterschlafen, wenn es eingeschlummert ist. Andere Hebammen raten vom Familienbett ab, da es (so praktisch es ist) Risiken birgt. Eine gute Alternativ ist ein Beistellbett. Auch damit kannst du im Liegen stillen. Wichtig: Zum Stillen sollte nachts nicht das Licht eingeschaltet werden. Stillen im Dunkeln fördert das schnelle Einschlafen danach.
  3. Achte auf eine gesunde, vitaminreiche Ernährung!
    Vitamin C, D, E und B12 sind gut für dein Gedächtnis. Du solltest also auf eine gesunde, vitaminreiche Ernährung achten. Besonders, wenn du stillst. Durch das Stillen werden deinem Körper wichtige Vitamine und Mineralien entzogen. Dein Gehirn muss ausreichend mit diesen Stoffen versorgt werden. Vitaminreiche Kost mit vielen Mineralstoffen, Eiweißen, gesunden Fetten und Kohlenhydraten gehört jetzt auf deinen Speiseplan. Bei Vitamin- und Mineraltabletten solltest du vorsichtig sein. Halte immer Rücksprache mit deinem Arzt oder deiner Hebamme.
  4. Achte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr!
    Das Gehirn besteht zu 80% aus Wasser. Um die Gedächtnisleistung aufrechtzuerhalten, musst du genug Flüssigkeit zu dir nehmen. Hebammen und Ernährungswissenschaftler empfehlen zu jeder Stillmahlzeit ein Glas Wasser zu trinken. Du solltest auf eine Flüssigkeitszufuhr von circa zwei Litern pro Tag achten.
  5. Sorge für genügend Bewegung an der frischen Luft!
    Spaziergänge an der frischen Luft bringen deinen Kreislauf in Schwung und beleben Körper und Geist. Gehe so viel nach draußen wie möglich. Auch deinem Schatz tut die frische Luft gut.
  6. Notiere wichtige Dinge auf einem Zettel!
    Ob Termine oder der Einkauf, schreibe dir alle wichtigen Dinge, an die es zu denken gilt, unmittelbar auf. Am besten hängst du dir hierfür einen Zettel gut sichtbar an deinen Kühlschrank. So begegnet dir der Zettel mehrmals am Tag und der Blick darauf wird zur Routine.
  7. Nutze die Kalenderfunktion deines Smartphones!
    Trage deine Termine in den Kalender deines Smartphones ein. Dort kannst du einstellen, dass du mit einem Signal daran erinnert wirst. Sicher ist sicher!
  8. Nimm zu wichtigen Terminen eine Begleitperson mit!
    Vier Ohren hören besser als zwei. Damit wichtige Informationen nicht verloren gehen, solltest du Termine in der Anfangszeit nicht allein wahrnehmen. Falls du keine Begleitperson organisieren kannst, nimm alternativ ein Notizheft samt Stift mit und schreibe wichtige Dinge auf.
  9. Etabliere eine feste Ablage für deine Alltagsgegenstände!
    Schlüssel, Handtasche, Geldbeutel und Co. solltest du immer an ein und dieselbe Stelle legen. So stellst du sicher, dass du nicht vergisst, wo du deine Sachen deponiert hast.
  10. Fordere dein Gehirn anderweitig!
    Deine Gehirnleistung kannst du durch Kreuzworträtsel oder Sudoku fördern. Zeitung zu lesen und dich mit Freunden zu treffen, ist ebenfalls hilfreich. Auch das bringt deine Gehirnzellen in Schwung.

Fazit

Dass du nach der Geburt vergesslicher und unorganisierter bist als sonst, ist normal. Spätestens zum Ende der Stillzeit oder wenn dein Kind erst einmal durchschläft, normalisiert sich deine Gehirnleistung wieder. Bis dahin darfst du ruhig auch mal etwas vergessen. Wer könnte es dir verübeln? Wenn dein kleiner Schatz dich anlächelt, verkommt alles andere zur Nebensache.

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 03.02.2023
Dieser Artikel wurde von Christine Müller geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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