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Ergotherapie für Kinder: Was ist das und wie hilft sie?

Ergotherapie für Kinder

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Ergotherapie für Kinder wird immer häufiger verordnet. Aber nur wenige Eltern wissen, was diese Therapieform bedeutet. Fragst du dich, ob sie auch deinem Kind helfen könnte und was dort gemacht wird? Wir erklären, was Ergotherapie ist und welche Kinder davon besonders profitieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ergotherapie hilft Kindern mit Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten bei der Alltagsbewältigung. Die Gründe für diese Auffälligkeiten sind individuell und stehen nicht im Fokus der Therapie.
  • Ziel der Ergotherapie für Kinder ist, das Leben und den Alltag zu erleichtern: Das Kind steht mit seinen Fähigkeiten und Wünschen im Vordergrund. Es soll selbstständiger und handlungsfähiger werden.
  • Übungen, Aufgaben und Hilfsmittel werden spielerisch ausprobiert.
  • Sein Umfeld und seine Umwelt werden miteinbezogen. Eltern werden vom ergotherapeutischen Fachpersonal bei jeglichen Fragestellungen beraten und dadurch entlastet.
  • Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.  Eine Beantragung für Ergotherapie läuft über den Kinderarzt oder die Kinderärztin. Das ärztliche Personal stellt ein Rezept dafür aus.

Was ist Ergotherapie für Kinder?

Ergotherapie ermöglicht Kindern, die in ihren alltäglichen Handlungen eingeschränkt oder von Einschränkungen bedroht sind, fördernde Erfahrungen. Ziel ist, dem Kind sein Leben dauerhaft zu erleichtern. Dies geschieht mithilfe von Übungen, die sich auf die soziale Interaktion, Selbstständigkeit, Wahrnehmung, Konzentration, Motorik und Sensomotorik (die Sinnesorgane betreffend) beziehen.

Für welche Kinder ist Ergotherapie sinnvoll?

Ergotherapie ist sinnvoll für Kinder, die aufgrund ihrer bisherigen Entwicklung, durch angeborene oder erworbene Behinderung, Erkrankung oder einen Unfall Defizite, Verhaltensstörungen oder Entwicklungsverzögerungen aufweisen.

Bist du dir unsicher, ob dein eigenes Kind davon betroffen ist? Du und weitere Bezugspersonen sind die Experten deines Kindes! Sprich mit eurem Umfeld und danach mit der Kinderärztin. Eine „Diagnose“ kann und sollte nur von medizinischem Fachpersonal kommen. Die folgenden Beispiele sollen dir ein Gefühl dafür geben, wie sich die Schwierigkeiten im Alltag äußern können (aber nicht müssen):

  • Dein Kind kann sich nicht konzentrieren.
  • Es Kind handelt ungern selbstständig.
  • Das Kind ist scheinbar grundlos aggressiv, in der Kita und zu Hause.
  • Dein Kind hat Schwierigkeiten mit der Grobmotorik, wenn es versucht zu klettern.
  • Es hat Probleme, seinen Körper wahrzunehmen.
  • Das Kind leidet unter seelischen Problemen, wie starken Angstzuständen.  
  • Dein Kind hat Probleme mit der Koordination, wenn es einen Ball wirft.
  • Oder du bemerkst Probleme mit der Feinmotorik: Es kann z.B. seine Hand-Kraft nicht dosieren, wenn es die Hand eines anderen Menschen drückt.
  • Das Kind hat Defizite in der Motorik, wenn es sich in seiner Umwelt bewegt und Abstände zu Möbeln oder Türrahmen nicht einschätzen kann. Es verletzt sich dadurch ungewöhnlich oft im Alltag.

Wenn dir ein oder mehrere Verhaltensweisen von den genannten bei deinem Kind aufgefallen sind, könnte Ergotherapie auch für euch passen.

Generell gilt: Besteht eine Beeinträchtigung der Teilhabe des Kindes oder seiner Familie am gesellschaftlichen Leben (Becker, Steding-Albrecht, 2017, S. 404-405), ist Ergotherapie empfehlenswert. Die Verbesserung der Situation für das Kind steht bei den Maßnahmen der Therapierenden im Fokus.

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Was wird in der Ergotherapie mit meinem Kind gemacht?

Im Folgenden zeigen wir dir einige Beispiele, wie ergotherapeutische Maßnahmen aussehen können.

Wahrnehmung schulen

Ergotherapie für Kinder - ein Beispiel für Übungen, die die Sensomotorik schulen

Das dargestellte Kind hat Probleme mit der Wahrnehmung seines Körpers. Innerhalb der ergotherapeutischen Sitzung kann es sich sensomotorisch ausprobieren, indem es in einer Box mit Kichererbsen wühlt und diese auf seiner Haut wahrnimmt.

Koordination und Grobmotorik verbessern

Ergotherapie für Kinder - ein Beispiel für Übungen, die die Grobmotorik und Koordination schulen

Die Schwierigkeiten mit der Koordination und Grobmotorik sollen verbessert werden, damit dem Kind Erleichterung verschafft wird: Hier übt es im gemeinsamen Spiel mit der Ergotherapeutin das „Ball werfen und fangen“.

Gefühle erkennen und benennen

Ergotherapie für Kinder - ein Beispiel für Übungen, die das soziale Verhalten verbessern

Zusammen mit der Therapeutin übt das Kind, eigene Gefühle zu benennen und zuzuordnen. Dadurch kann es seine Selbst- und Fremdwahrnehmung schulen. Hier sollen die soziale Interaktion und das Sozialverhalten angesprochen werden.

Wo findet Ergotherapie statt?

Ergotherapie wird in folgenden Einrichtungen angeboten: 

  • Frühförderzentren
  • Ergotherapeutische Praxen (teilweise sind Hausbesuche möglich)
  • Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen
  • Sozialpädiatrische Zentren
  • Tageskliniken
  • Krankenhäuser
  • Rehabilitationskliniken
  • Pflegeheime
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Was kostet Ergotherapie?

Ergotherapie wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, es ist also eine Kassenleistung der gesetzlichen Krankenkasse. Falls du privat versichert bist, solltest du vorher nachfragen, ob die private Kasse die Kosten (zumindest anteilig) übernimmt.

Frage beim ärztlichen Fachpersonal deiner Kinderarztpraxis nach einer Einschätzung und Erstverordnung. Diese umfasst in der Regel 10 Behandlungseinheiten. Nach dem Erstkontakt mit den Therapierenden wird der weitere Verlauf der Ergotherapie für dein Kind besprochen. Erst dann beginnt die Therapie deines Kindes. In den Verordnungen werden Dauer, Frequenz und die Art der ergotherapeutischen Behandlung festgehalten.

Was ist der Unterschied zwischen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie?

Beispiel 1: Das Kind hat Schwierigkeiten, seinen Arm zu heben
Ziel der Physiotherapie wäre, den Arm wieder vollständig zu mobilisieren. Bei der Ergotherapie trainiert das Kind in den Sitzungen, sich selbstständig mit dem anderen Arm zu waschen.

Beispiel 2: Das Kind spricht nicht (gern)
Ein Kind, welches zum Beispiel Entwicklungsstörungen der Sprache aufweist, erhält eine logopädische Behandlung. Wenn ein Kind sprechen kann, aber aufgrund von extremer Schüchternheit nicht spricht, bekommt es Ergotherapie. Dadurch baut es seine Handlungsfähigkeit in dem Bereich des Sozialverhaltens aus. 

Wie verläuft die Therapie meines Kindes?

Die Diagnostik findet spielerisch zu Hause, in der Kita oder in der Ergotherapie-Praxis statt. Hier beobachten die Therapierenden das Kind dabei, wie es alltägliche Handlungen selbstständig ausführt. Zusätzlich berichtest du dem Fachpersonal vom bisherigen Entwicklungsverlauf, auch Anamnese (Vorgeschichte eines Zustandes) genannt (Greving, Ondracek, 2010, S. 112).

Dann wird ein Ist-Zustand festgestellt, ein Ziel formuliert und die Therapie geplant. Die Wünsche, Bedürfnisse und Fähigkeiten deines Kindes werden miteinbezogen. Am besten funktioniert die Zusammenarbeit, wenn Therapierende, Eltern und Kind wertschätzend miteinander umgehen.

Die Gesamtdauer der Therapie variiert je nach Diagnose. In der Regel arbeitet das ergotherapeutische Fachpersonal im 1:1 Kontakt wöchentlich an einem oder mehreren festgesetzten Tagen für 45 Minuten mit deinem Kind. Du darfst beobachtend dabei sein, solltest aber nicht eingreifen.

Welche Übungen zum Einsatz kommen, ist ganz unterschiedlich. Die Therapie wird von den Therapierenden dokumentiert und die Ergebnisse werden im Gespräch mit den Eltern besprochen. Innerhalb des Therapieverlaufs wirst du beraten, wie du dein Kind im Alltag bestmöglich unterstützen kannst (Becker, Heidrun, Steding-Albrecht, Ute, 2017, S. 404-405). Möglicherweise bekommt ihr Material, das deinem Kind den Alltag zu Hause, im Kita- und Freizeitbereich erleichtern soll.

Kann ich ergotherapeutische Übungen zu Hause mit meinem Kleinkind machen?

Ja, auf jeden Fall! Hierfür empfehlen wir dir den Instagram-Kanalergotipps“ der Ergotherapeutin Silvia Resei. Er enthält kurze, hilfreiche Tipps für die Gestaltung des Familienalltags.

Falls dein Kleinkind oder Baby eine diagnostizierte Entwicklungsverzögerung hat, legen wir dir das Buch „Unterwegs auf vier Füßen“* von Christiane Seiler wärmstens ans Herz.

Es erklärt dir wunderbar anschaulich alles, was du wissen musst, damit du dein Kind bestmöglich unterstützen und stärken kannst.

ergotherapie buchempfehlung - Ergotherapie für Kinder: Was ist das und wie hilft sie?

Erklärvideo: „Ergo what?! Ein Animationsfilm von Ergotherapie-Studierenden“

Hier wird kurz und kurzweilig erklärt, welche Anwendungsbereiche es für Ergotherapie gibt (nicht nur für Kinder).

Fazit

Ergotherapie für Kinder zielt darauf ab, dein Kind bei unsicherem Verhalten im Alltag zu fördern. Die Therapie verläuft individuell und berücksichtigt die Fähigkeiten des Kindes, sowie seine Umwelt und sein Umfeld. 

Falls du das Gefühl hast, dein Kind hat eine Entwicklungsverzögerung oder eine Verhaltensauffälligkeit, vereinbare einen Termin in der Kinderarztpraxis. Suche Gespräche mit den übrigen Bezugspersonen deines Kindes. Das Ziel von kindgerechter Ergotherapie ist es, die Anforderungen des Lebens zu erleichtern und die größtmögliche Teilhabe zu schaffen. Die fachlichen Therapierenden der Ergotherapie stehen auch dir und euch als Eltern beratend zur Seite.

Häufige Fragen

Wer verschreibt Ergotherapie?

Ergotherapie wird vom ärztlichen Personal in Form einer Verordnung/eines Rezeptes deiner Kinderarztpraxis verschrieben.

Welche „Störungsbilder“ gibt es?

Auf der Ergotherapie-Verordnung findest du in der Regel einen der unten stehenden Begriffe. Lass dich vom Begriff „Störung“ nicht verunsichern. Dein Kind ist nicht falsch, wie es ist. Bewerte die Verordnung daher nicht als etwas Negatives. Der Begriff bedeutet lediglich, dass dein Kind in einem oder mehreren Bereichen Schwierigkeiten hat und zusätzliche Unterstützung sein Leben erleichtern könnte. Die Diagnose selbst stellt das ärztliche Fachpersonal der Kinderarztpraxis zusammen mit dem Fachpersonal der Ergotherapie:

  • Koordinationsstörung
  • Aufmerksamkeitsstörungen und Konzentrationsstörungen
  • Feinmotorik- und Grafomotorikstörung
  • ADS/ADHS
  • Störung des Sozialverhaltens
  • Wahrnehmungsstörung
  • Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung

Hilft Ergotherapie bei Wutanfällen?

Ja, Ergotherapie kann Kindern helfen, ihre Fähigkeiten zur Regulation der eigenen Gefühle aufzubauen und zu stärken. Kinder, die große Schwierigkeiten haben, ihre erlebte Wut wieder loszulassen, benötigen dabei Unterstützung. Ergotherapie leistet hier Abhilfe: Die Kinder erlernen sozio-emotionale Kompetenzen, wie die Wut in Verbindung mit Bewegungsübungen wahrzunehmen. Oftmals werden bei Kindern mit Wutanfällen Therapierende mit einer Fachausbildung in Pädiatrie (auf Kinder und Jugendliche spezialisiert) tätig.

Welche Ausbildung haben Ergotherapeuten/ Ergotherapeutinnen?

Therapierende der Ergotherapie wenden wissenschaftlich anerkannte Verfahren der Ergotherapie im Rahmen ihrer Berufspraxis an. Die Berufsausbildung von Ergotherapeuten/Ergotherapeutinnen kann entweder schulisch, über ein Studium oder eine duale Ausbildung erworben werden (in der Regel über 3 Jahre).

Die Ausbildungskriterien und Inhalte der Ergotherapie-Ausbildung sind bundesweit einheitlich geregelt. Nach einer erfolgreich absolvierten Ausbildung erhalten die Absolventen die Berufsbezeichnung „Ergotherapeut/Ergotherapeutin“ und über eine duale Ausbildung oder ein Studium noch den akademischen Zusatz eines Bachelorabschlusses.

Fachpersonal der Ergotherapie frischt sein Wissen regelmäßig auf und hat die Möglichkeit, sich auf bestimmte Fachbereiche der Ergotherapie zu spezialisieren, zum Beispiel als Fachtherapeutin für Pädiatrie (gezielt Ergotherapie für Kinder).

Wie finde ich einen guten Ergotherapeuten/eine gute Ergotherapeutin?

Frage in deiner Kinderarztpraxis nach Empfehlungen oder höre dich in deinem Freundes- und Bekanntenkreis nach positiven Erfahrungen mit ergotherapeutischen Praxen um. Falls du eine ergotherapeutische Praxis in deinem Wohnort suchst, empfehlen wir dir diese offizielle Seite des deutschen Ergotherapie-Verbands: https://dve.info/service/therapeutensuche

Konnten wir dir deine Fragen zur Ergotherapie für Kinder beantworten? Wir freuen uns, auf deinen Kommentar und den Austausch zu diesem Thema!

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 13.11.2023
Dieser Artikel wurde von Maylis Jungwirth geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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