Was „bis 3 zählen“ bei deinem Kind wirklich bewirkt

„Du kommst da jetzt sofort runter, ich zähle bis 3! 1, 2, …“ Falls du dich hier wiederfindest, aufgepasst! Denn: Als Eltern bis 3 zu zählen, bewirkt nicht das, was du möchtest! Warum das so ist, erklären wir jetzt. Obendrein bekommst du hier 4 alternative Schritte zum „Bis-3-Zählen“!

Wenn das Kind nicht so will, wie du…

Die beliebte Erziehungsmethode „Ich zähle bis 3!“ findet sich in vielen Haushalten wieder. Vermutlich hast du es schon in deiner eigenen Kindheit gehört oder es begegnet dir auf dem Spielplatz. Aber warum zählen wir überhaupt bis 3? Die Absicht ist hier entscheidend! 

• Willst du das Kind motivieren?
• Oder drohst du, weil es dich mit seinem Verhalten auf die Palme bringt?

1. Absicht: Motivation

Aus pädagogischer Sicht ist die „Ich zähle bis 3“-Methode für Kinder im Schulalter in Ordnung, die gelegentlich eine spielerische Motivation von ihren Eltern einfordern. Wichtig ist hierbei, dass vorher mit dem Kind Absprachen gemacht werden, wann es diese Motivation braucht.

Das könnte sein:

• wenn es einen Gegenstand zügig holen oder wegbringen soll
• wenn es eine Aufgabe im Haushalt zu Ende bringen soll (wie Tisch abputzen)

Bei jüngeren Kindern und ohne vorherige Absprache sieht das deutlich anders aus …

2. Absicht: Drohung 

Wenn das Kind nicht hört oder provoziert, schafft die „Ich zähle bis 3“-Methode scheinbar schnelle Abhilfe. Obendrein sind das meist Momente, in denen Eltern völlig überlastet sind und eine direkte Lösung brauchen. Durch das Androhen des Zählens fühlen wir Erwachsene eine gewisse Kontrolle über das kindliche Verhalten.

Aber …

• Hört das Kind besser, weil du bis 3 zählst?
• Wird es durch das Zählen wirklich motiviert oder hat es eher Angst?

Spoiler: Wenn das „Ich zähle bis 3“ funktioniert, dann, weil dein Kind auf den Druck dahinter reagiert. Das kann auf Dauer allerdings gefährlich sein und eine seelische Belastung bei deinem Kind verursachen. Denn … was kommt eigentlich nach der 3?

Was kommt nach der 3?

Was passiert, wenn das Kind mit dem Verhalten nicht aufhört, selbst wenn du schon bis 3 gezählt hast?

• Verbietest du ihm etwas?
• Nimmst du ihm das Lieblingsspielzeug weg?
• Muss es auf sein Zimmer?
• Wirst du dann laut und schimpfst?

Sätze wie „Ich zähle bis 3“ werden nicht selten von einem unausgesprochenen „sonst“ begleitet. Das führt schnell zu einer unterschwelligen Drohung mit angedeuteter Bestrafung. Und Drohen ist kein guter Weg, um mit deinem Kind zu sprechen. Im Gegenteil.

Drohen kann dazu führen, dass dein Kind …

• Dir und anderen Erwachsenen nicht mehr vertraut.
• Schwierigkeiten hat, sich zu entscheiden oder etwas auszuprobieren. 
• Dir nicht mehr die Wahrheit sagt, aus Angst vor einer Bestrafung.
• Immer alles „richtig“ machen will und sich nicht erlaubt, „Fehler“ zu machen.
• An Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein verliert.
• Sich von dir nicht geliebt und gesehen fühlt.
• Bleibende, schwere Ängste und Unsicherheiten entwickelt.

Diese Folgeschäden solltest du als Elternteil unbedingt vermeiden, wenn du möchtest, dass dein Kind glücklich ist. Drohungen und „bis 3 zählen, weil sonst passiert XY“ sind eine eher gewaltvolle Art, mit deinem Kind zu sprechen. 

Merke: Dein Kind ist niemals für deine Art der Konfliktlösung verantwortlich, egal, was es tut oder wie sehr es dich auch auf die Palme bringt. Du bist der Erwachsene, das bedeutet, du kannst eine liebevolle und klare Sprache vorleben und Kompromisse in den Alltag bringen.

„Bis 3 zählen“ führt obendrein nicht zum Ziel, denn …

• Das unerwünschte Verhalten deines Kindes wird durch das Zählen nicht weniger, sondern nur von Angst, Druck und Unwohlsein begleitet. 
• Dein Kind wird durch die Drohungen immer lustloser, mit dir zu sprechen oder dir überhaupt zuzuhören. Irgendwann überhört es das „Ich zähle jetzt bis 3!“
• Es verlernt auf Dauer, Dinge aus eigener Motivation heraus zu machen, wenn sie nicht durch Druck und von anderen Menschen vorgegeben werden.

Also: Die Methode „Ich zähle jetzt bis 3!“ ist nicht nur schädlich, sondern führt auch nicht zum Ziel! Wähle beim nächsten Mal lieber eine andere Art, mit deinem Kind zu sprechen. 

Wie es ohne Zählen klappt – 4 Schritte!

Wir wissen jetzt, dass wir als Erwachsene die Verantwortung für die Lösung solcher Situation in der Hand haben. Sobald das Kind das nächste Mal wieder nicht hört und du schon loslegen willst mit dem „Ich zähle jetzt bis 3!“, erinnere dich an unsere 4 Schritte:

Beispiel: Das Kind ist auf den Rutschturm geklettert, obwohl du es mehrmals gebeten hast, jetzt mitzukommen. Ihr habt gleich einen Termin bei der Kinderärztin. Deine Nerven liegen blank.

1. Ruhe bewahren: Hole einige Atemzüge tief Luft und gehe, wenn möglich, kurz aus der Situation.
2. Check vom Ist-Zustand: „Das Kind hört nicht, auch wenn ich schon 10 x gesagt habe, dass wir losmüssen. Es hat offensichtlich ein anderes Bedürfnis als ich und möchte noch spielen. Welchen Kompromiss kann ich vorschlagen?“
3. Kommunikation auf Augenhöhe: „Ich wünsche mir, dass du jetzt herunterkommst, weil wir einen Termin in der Kinderarztpraxis haben. Ich verstehe, dass du lieber noch spielen möchtest, doch das geht jetzt nicht mehr. Allerdings habe ich zwei Optionen zur Auswahl für dich. „
4. Spielerische Konfliktlösung mit 2 Optionen: „Entweder, ich helfe dir herunter, oder du kommst von selbst zu mir, aber wie ein Tier. Was meinst du, welche Tiere können am besten herunterklettern?“

Fazit

Das „bis 3 Zählen“ führt als Methode nicht zum Ziel und kann sogar schädlich für dein Kind sein. Anstatt dich also damit aufzuhalten, überdenke deine Kommunikation: Dein Kind ist ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen und Ideen. Du wirst sein Verhalten nicht kontrollieren können, sosehr du dich auch bemühst. 

Wenn du demnächst Situationen hast, in denen du an deine Grenzen kommst, erinnere dich an unsere 4 Schritte und überlege, wie ihr gemeinsam spielerische Kompromisse auf Augenhöhe finden könnt.