Zum Ende des 2. Trimesters der Schwangerschaft steht ein wichtiger Test an: der Zuckertest. Wie läuft er ab und was sagen die Werte aus? Wie geht es weiter, sollten deine Blutzucker-Werte grenzwertig sein? Wir klären deine Fragen zum Zuckerbelastungstest in der Schwangerschaft.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zuckertest zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche soll einen möglichen Schwangerschatfsdiabetes frühzeitig erkennen.
- Es gibt zwei Tests: den einfachen Suchtest (GCT, 50g Glukose) und den umfangreicheren oralen Glukosetoleranztest (oGTT, 75g Glukose).
- Aussagekräftiger ist der große Zuckertest.
- Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für den kleinen Zuckertest. Den großen zahlen sie nur, wenn eine medizinische Notwendigkeit dafür vorliegt.
- Du kannst dich freiwillig für den großen Zuckertest entscheiden, trägst die Kosten (15 – 25 Euro) dann aber selbst.
Warum wird in der Schwangerschaft ein Zuckertest gemacht?
Zwischen der 24+0 und 27+6 SSW steht für jede Schwangere im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen ein Zuckertest an. Sein Ziel ist es, einen möglichen Schwangerschaftsdiabetes (auch Gestationsdiabetes, kurz: GDM) zu erkennen, bevor er Probleme bereitet.
Liegt ein Diabetes vor, produziert die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin, um aufgenommenen Zucker ausreichend zu verstoffwechseln. Die Folge ist ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel, der gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind birgt. Rechtzeitig erkannt, kann ein Schwangerschaftsdiabetes aber gut behandelt werden. Deswegen sehen die Mutterschaftsrichtlinien ein Zucker-Screening gegen Ende des 2. Trimesters vor, also im 6. bis 7. Monat.
Übrigens: Da der Insulinbedarf in der Schwangerschaft steigt, können auch Frauen einen GDM entwickeln, die vorher keine Probleme mit dem Zuckerstoffwechsel hatten. Symptome gibt es kaum, möglicherweise aber Folgen für das Baby. Deshalb ist es so wichtig, es in der Schwangerschaft mit Süßem nicht zu übertreiben.
Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft ein Diabetes-Risiko hatten, können sich auch schon im 1. Trimester und bei negativem Ergebnis wiederholt im 2. und 3. Trimester testen lassen.
Unabhängig vom Standard-Screening wird dein Arzt oder deine Ärztin voraussichtlich einen Zuckertest veranlassen, wenn eine oder mehrere folgender Kriterien oder Risikofaktoren gegeben sind:
- Übergewicht der Mutter (BMI > 30,0)
- Diabetes der Eltern oder Geschwister
- Gestationsdiabetes bei vorherigen Schwangerschaften
- Intrauteriner Fruchttod (Totgeburt) in vorherigen Schwangerschaften
- Geburtsgewicht des Kindes vorheriger Schwangerschaft(en) > 4.500 Gramm
- mehr als 3 Fehlgeburten vor der bestehenden Schwangerschaft
- vorherige Geburt eines Kindes mit schweren Fehlbildungen
Kleiner vs. großer Zuckertest in der Schwangerschaft
Genau genommen gibt es nicht DEN Zuckertest für Schwangere, sondern es gibt zwei verschiedene Arten: einen „kleinen“ Vortest und einen „großen“ Glukosetoleranztest. Beide Tests werden in der gynäkologischen Praxis durchgeführt. Sie sollen herausfinden, wie schnell dein Körper Zucker abbauen kann – ob also genügend Insulin produziert wird.
Kleiner Zuckertest (50-g-GCT)
Besonderheiten: Der „kleine Zuckertest“ wird auch als Vortest, Suchtest oder Glucose-Challenge-Test (kurz: GCT) bezeichnet. Er kann unabhängig von der Tageszeit gemacht werden und dauert etwas länger als eine Stunde. Du musst dafür nicht nüchtern sein, das heißt, du kannst im Vorfeld ganz normal essen und trinken und musst auf nichts achten.
Ablauf: Du trinkst schluckweise eine Lösung aus 200ml Wasser und 50g Traubenzucker (Glukose). Nach einer Stunde wird dein Blutzucker gemessen. Dafür reicht meist schon ein Stich in die Fingerkuppe oder ins Ohrläppchen. Vielleicht wird dein Arzt dir aber auch Blut abnehmen. Nach der Auswertung entscheidet der Arzt oder die Ärztin, ob zur Sicherheit ein weiterer, großer Zuckertest nötig ist oder nicht.
Kleiner Zuckertest – Werte:
- Ein Blutzuckerwert ab 135 mg/dl (7,5 mmol/l) gilt als grenzwertig. Zum Abklären wird wenige Tage später ein großer Zuckertest folgen.
- Beträgt dein Blutzuckerwert eine Stunde nach dem Trinken der Glukoselösung sogar über 200 mg/dl (11,2 mmol/l), kann die Diagnose Gestationsdiabetes auch ohne weiteren Test gestellt werden.
Großer Zuckertest (75-g-oGTT)
Besonderheiten: Der orale Glukosetoleranztest, wie der genauere, große Zuckertest richtig heißt, dauert etwa 3 Stunden. Für ihn gelten außerdem einige Regeln, um das Ergebnis nicht zu verfälschen:
- Zeitpunkt: Der Test muss morgens zwischen 6 und 9 Uhr durchgeführt werden.
- Nüchtern sein: Du darfst in den 8 Stunden vor dem Test nichts gegessen oder getrunken haben.
- Essverhalten: In den 3 Tagen vor dem Test solltest du dich wie gewohnt ernähren und keine besondere Diät halten.
- Keine körperliche Belastung: Das gilt unmittelbar vor als auch während des Tests. Zwischen den Blutentnahmen schnell mal in den Supermarkt gehen, ist also nicht möglich. Du wirst die Zeit im Wartezimmer verbringen müssen.
- Keine akute Erkrankung: Du solltest gesund sein zum Zeitpunkt des Tests. Im Zweifel sollte der Test einige Tage verschoben werden.
- Nicht rauchen, kein Alkohol: Aber das ist in der Schwangerschaft ohnehin tabu.
Ablauf: Zuerst wird dein Nüchternblutzucker bestimmt. Anschließend trinkst du schluckweise eine Lösung aus 300ml Wasser und 75g Glukose. Jeweils eine und 2 Stunden später wird der Blutzucker erneut gemessen. So erhält man einen guten Eindruck davon, wie sich dein Blutzuckerspiegel unter extremer Zucker-Belastung verhält.
Großer Zuckertest – Werte:
Für die Auswertung spielen alle 3 gemessenen Blutzuckerwert eine Rolle. Wenn mindestens einer davon auffällig ist, liegt ein Schwangerschaftsdiabetes vor.
Wichtig ist, ob das Blut aus der Vene oder aus der Fingerkuppe abgenommen wurde. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Werte im venösen Blut. Die Nüchternwerte sind bei Venenblut/Fingerblut gleich. Die 1- und 2-Stunden-Werte sind bei der Fingerkuppe in der Regel 20 bis 40 mg höher.
Messung | Unbedenklich | Grenzwertig | Wahrscheinlich Diabetes |
---|---|---|---|
Nüchtern | < 92 mg/dl | 92 - 125 mg/dl | > 125 mg/dl |
nach 1 Stunde | < 180 mg/dl | 180 - 200 mg/dl | > 200 mg/dl |
nach 2 Stunden | < 153 mg/dl | 153 - 200 mg/dl | > 200 mg/dl |
Die Zuckertest-Werte sind grenzwertig – was nun?
Zeigt der Vortest Auffälligkeiten, wird dein Arzt oder deine Ärztin 2 bis 3 Tage später einen oralen Glukosetoleranztest durchführen. Sind dessen Werte im Grenzbereich, musst du deinen Blutzuckerspiegel in den nächsten Wochen regelmäßig selbst überprüfen und deine Ernährung vorsorglich so zuckerarm wie möglich gestalten. Wahrscheinlich musst du dann im Anschluss noch einmal zum oGTT antreten.
Steht die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes eindeutig fest, wirst du an eine spezielle Diabetes-Schwerpunktpraxis überwiesen. Dort wirst du umfassend aufgeklärt und betreut. Ein Lichtblick: In 80 Prozent der Fälle lässt sich ein Schwangerschaftsdiabetes mit einer Ernährungsumstellung und ausreichend Bewegung in den Griff bekommen. Nur 20 Prozent der Betroffenen müssen sich Insulin spritzen.
Kritik: Was taugt der Zuckertest wirklich?
Der Zuckertest für Schwangere ist in den Fachgesellschaften umstritten. Vor allem der Nutzen des kleinen Zuckertests (GCT) wird immer wieder infrage gestellt. Er sei nicht genau genug, um wirklich aussagekräftig zu sein. So erfasst er etwa nicht den Nüchternzucker, der bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes aber häufig die einzige Auffälligkeit sei. So kann es passieren, dass eine vorliegende Störung trotz Test nicht erkannt wird.
Ärzte empfehlen meist lieber den großen oralen Glukosetoleranztest (oGTT), da dieser viel zuverlässiger ist. Das Problem: Gibt es keine Symptome und/oder bestehen keine Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes, zahlen die meisten gesetzlichen Krankenkassen nur den kleinen Test. Wünschst du dir dennoch einen großen Zuckertest, zählt er als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) und du musst ihn selbst zahlen.
Aber auch der orale Glukosetoleranztest wird diskutiert. Vor allem die Einteilung der Grenzwerte steht in der Kritik. Sie sei willkürlich und würde nur auf einer einzigen Studie basieren. Der Test würde damit auch zur Diagnose Schwangerschaftsdiabetes führen, wenn nur eine leichte Störung des Zuckerstoffwechsels besteht, die nicht behandelt werden müsste. Die betroffenen Frauen würden damit unnötig verunsichert und Stress und Sorgen ausgesetzt. Zudem gibt es Einflussfaktoren, die das Ergebnis des oGTT verfälschen könnten, etwa außergewöhnliche Belastungen in den Tagen vor dem Test oder die Einnahme von Medikamenten.
Fazit
Trotz aller Kritik ist der oGTT bisher das zuverlässigste Mittel, um einen Schwangerschaftsdiabetes festzustellen. Wenn du dir also statt des kleinen Vortests gleich den großen Zuckertest wünschst, dann teile das deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin einfach mit. Die Kosten des oGTT halten sich mit ca. 15 bis 25 Euro in Grenzen.
Hast du noch Fragen zum Zuckertest in der Schwangerschaft? Dann schreib uns gern einen Kommentar!
Quellen
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Frauenärzte im Netz: Schwangerschaftsspezifische Erkrankungen im Wochenbett. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/infektionen-und-schwangerschaftsspezifische-erkrankungen/schwangerschaftserkrankungen-beschwerden/#c96 (abgerufen am 27.03.2024)
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Gemeinsamer Bundesausschuss: Untersuchung auf Schwangerschaftsdiabetes für Frauen in der Schwangerschaft. https://www.g-ba.de/downloads/83-691-284/2012-03-03_Merkblatt_Schwangerschaftsdiabetes_bf.pdf (abgerufen am 27.03.2024)
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DDG, DGGG, AGG: S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. 2. Auflage. https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/057_D_Diabetes_Ges/057-008pr_S3_Gestationsdiabetes-mellitus-GDM-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2018-03.pdf (abgerufen am 27.03.2024)
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diabinfo – Das Diabetesinformationsportal: Wie wird ein Schwangerschaftsdiabetes festgestellt? https://www.diabinfo.de/leben/schwangerschaftsdiabetes/diagnose.html (abgerufen am 27.03.2024)
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Deutsche Apotheker Zeitung: Umstrittener Zuckertest. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-41-2019/umstrittener-zuckertest (abgerufen am 27.03.2024)
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