Eine Schwangerschaftsvergiftung kann für Mutter und Baby sehr gefährlich werden, egal ob Eklampsie, Präeklampsie oder HELLP. Deshalb sind die schnelle Diagnose und eine engmaschige Betreuung so wichtig. Was eine Schwangerschaftsvergiftung genau ist und wie sie behandelt wird, erfährst du jetzt.
Schwangerschaftsvergiftung: Was ist das eigentlich?
Schwangerschaftsvergiftung ist ein umgangssprachlicher Begriff für schwere Erkrankungen (Spätgestosen) der Mutter, die vor und während der Schwangerschaft entstehen: Präeklampsie, Eklampsie und HELLP. Das häufigste Anzeichen – egal welcher Form – ist der Bluthochdruck.
Du glaubst, dass die Schwangerschaftsvergiftung nur im letzten Trimester der Schwangerschaft auftritt? Das ist falsch. Daher bei den ersten Anzeichen sofort mit Ärztin oder Hebamme sprechen! Die Erkrankungen verlaufen bei jeder Frau anders.
Schwangerschaftsvergiftung: So viele Begriffe, was ist der Unterschied?
Schwangerschaftsvergiftung, Präeklampsie, Gestose – im Sprachgebrauch sind die Begriffe ziemlich durcheinander. Deshalb probieren wir, sie für dich zu ordnen.
Oberbegriff: Gestose, im Volksmund auch „Schwangerschaftsvergiftung“
Formen von Getose:
- Frühgestose
- Spätgestosen
- Präeklampsie
- Eklampsie
- HELLP-Syndrom
- Propfgestose
Frühgestose
Diese Gestose tritt vor der 20. Schwangerschaftswoche. Hierzu zählt beispielsweise starkes Erbrechen bis zur Erkrankung Hyperemesis gravidarum. Diese Auffälligkeit ist nicht so selten. Rund zwei Prozent der Schwangeren kennen das. Meist lässt die starke Übelkeit bis zur 14. SSW nach, manchmal aber nicht. Möglicherweise muss die Schwangere für ein paar Tage ins Krankenhaus, wenn sie dadurch auszehrt.
Präeklampsie, Eklampsie und HELLP
Präeklampsie, Eklampsie und HELLP sind Spätgestosen. Sie treten ab der 20. SSW auf. Manchmal auch erst kurz vor oder sogar nach der Geburt. Präeklampsie und Eklampsie heißen auch „EPH-Gestosen“.
Eine Präeklampsie ist eine Bluthochdruckerkrankung mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Augenflimmern, Unruhe und gesteigerten Reflexen. Bei der Eklampsie kommen noch Krampfanfälle hinzu. Das HELLP-Syndrom ist die gefährlichste Form, inklusive Gelbsucht (weil die Blutplättchen rapide zerfallen).
Wichtig: Unbehandelt können Präeklampsie, Eklampsie oder HELLP zu einer Frühgeburt führen. Im schlimmsten Fall versterben Mutter und/oder Kind.
Pfropfgestose
Weniger bekannt: die Pfropfgestose. Hierbei handelt es sich um eine Gestose, die auf Basis einer Vorerkrankung der werdenden Mutter entsteht. Dies sind beispielsweise Nierenerkrankungen oder starker Bluthochdruck.
Schwangerschaftsvergiftung: Mögliche Ursachen für eine Gestose
Es gibt verschiedene Faktoren, die eine Gestose beeinflussen. Grundsätzlich trifft es auch Frauen, die nicht zur Risikogruppe gehören. Risiken sind:
- Bestehende Nierenkrankheiten
- Bestehende Erkrankungen der Gefäßsysteme
- Störungen im Bereich der Mikrozirkulation
- Starker Magnesiummangel
- Uteroplazentare Störungen der Durchblutung
- Familiäre Vorbelastungen
Andere Risikofaktoren sind:
- Vorliegende Frühgestose
- Mehrlingsschwangerschaft
- Alter der Schwangeren unter 18 Jahre oder mehr als 40 Jahre
- Erste Schwangerschaft
- Fettleibigkeit
- Diabetes mellitus
- Bestehende Autoimmunerkrankung
Schwangerschaftsvergiftung: Symptome von Präeklampsie, Eklampsie und HELLP
Die Präeklampsie ist die Vorstufe zur Eklampsie und des HELLP-Syndroms. 3-7 Prozent der Schwangeren trifft es. Für die Präeklampsie gibt es drei messbare Anzeichen:
- Wassereinlagerungen (Ödeme)
- Hohe Eiweißausscheidungen über den Urin (Proteinurie)
- Bluthochdruck (Hypertonie)
Arzt oder die Hebamme prüfen diese Faktoren bei jeder Untersuchung. Symptome treten manchmal auch zwischen den Terminen auf. Setz dich deshalb bereits bei einem der Symptome direkt mit Hebamme oder Arzt in Verbindung.
Zusätzlich zu den genannten Leitsymptomen gibt es noch weitere:
- Kopfschmerzen und Schwindel
- Gesteigerte Reflexe
- Störungen des Nervensystems, wie Sehstörungen.
- eventuell Übelkeit und Erbrechen
- Wachstumsverzögerungen beim Ungeborenen
- Wassereinlagerungen in der Lunge
- Eingeschränkte Nierenfunktion der Schwangeren
Schwangerschaftsvergiftung: Die schwere Präeklampsie
Eine schwere Präeklampsie geht mit ausgeprägten Symptomen einher. Die Blutdruckwerte liegen bei über 160/100 mmHg und die Nieren leiden so sehr, dass die Harnmenge abnimmt. Es treten Sehstörungen und starke Kopfschmerzen auf.
Eine schwere Präeklampsie kann zu einer Eklampsie führen. In diesem Fall sind die Symptome gleich. Dazu kommen Krampfanfälle. Die Muskulatur spannt sich stark an. Muskelzuckungen treten unwillkürlich, aber rhythmisch auf. (Bei Epilepsie ist manchmal ein Schub schuld und keine Eklampsie.)
Die Eklampsie tritt plötzlich auf – manchmal auch noch nach der Geburt. Im schlimmsten Fall führt sie zu einer Plazentainsuffizienz, akutem Leber- und Nierenversagen und/oder Koma. Sie ist lebensbedrohlich für Mutter und Kind.
Schwangerschaftsvergiftung: Das HELLP-Syndrom, die schlimmste Form
Auch das HELLP-Syndrom ist eine Spätgestose. Es tritt bei etwa fünf von 1000 Schwangeren kurz vor der Geburt auf. 10 – 20 Prozent der Frauen mit Präeklampsie entwickeln ein solches Syndrom. Der Begriff setzt sich zusammen aus:
- H – für die Hämolysis, einen Blutzerfall
- EL – für Elevated Liver Enzyms, die Erhöhung von Leberwerten
- LP – für Low Platelet Count, das Nachlassen der Blutgerinnung
Typisch sind starke Oberbauchschmerzen – manchmal auch im Bereich der Nieren. Diese magst du für Wehen halten. Deutliche Wassereinlagerungen im Gesicht oder an den Extremitäten sowie Übelkeit und Erbrechen, Sehstörungen und eine gelbliche Haut sind weitere Hinweise.
Auch beim HELLP-Syndrom steigt der Blutdruck deutlich an (nicht immer!). In 5 – 15 Prozent Prozent der Fälle findet sich kein Eiweiß im Urin!
Meist treten die Symptome überraschend und sehr stark auf – sofort ab ins Krankenhaus!
Schwangerschaftsvergiftung: Therapie
Je nach Art, Schweregrad und Zeitpunkt der Spätgestose ändert sich die Therapie:
Bei ersten, milden Anzeichen wird ambulant behandelt. Die werdende Mutter bekommt gegen die Wassereinlagerungen Kompressionsstrümpfe. Sie muss die Beine hochlegen und braucht Ruhe. Gegen leichten Bluthochdruck gibt es Medikamente. Steigt dieser auf 150/100 mmHg an, ist es besser, stationär weiterzubehandeln.
Im Krankenhaus werden Mutter und Kind überwacht und der Blutdruck medikamentös gesenkt. Zusätzlich gibt es Magnesium und regelmäßige CTGs.
- Nach der 37. Schwangerschaftswoche hilft eine Geburtseinleitung.
- In der 35. bis 37. Schwangerschaftswoche und ausgeprägter Präeklampsie wird ebenfalls eine Geburt erwogen. Die Symptome klingen nach der Entbindung ab.
- Zwischen der 25. und 34. SSW versucht man, die Entbindung so lange wie möglich zu verzögern. Das Baby bekommt Medikamente, damit die Lunge schneller reift.
Ein HELLP-Syndrom ist ein medizinischer Notfall. Die Betroffene muss intensivmedizinisch betreut werden. Ein Notkaiserschnitt wird notwendig.
Ausnahme: partielles HELLP-Syndrom mit bisher guten Laborwerten. Hier wird oft mit einer „therapeutischen Plasmapherese“ gearbeitet, damit das Baby noch im Bauch bleiben darf. Dabei wird das Blutplasmas der werdenden Mutter durch Frischplasma ersetzt.
Schwangerschaftsvergiftung: Wie vorbeugen?
Hast du bereits eine Präeklampsie? Dann musst du in der nächsten Schwangerschaft besonders aufpassen und dich schonen.
Aber selbst wenn du bisher nicht betroffen warst, geh bitte zu den Vorsorgeterminen, bei denen Blutdruck und Urin kontrolliert werden. Deinen Blutdruck kannst du auch selbst zweimal täglich messen und die Werte aufschreiben.
Viele hochwertige Eiweiße aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Milchprodukten und magerem Fleisch(keine Eiweiß-Diät!) sind besser als zu viele Kohlenhydrate wie bei Zucker oder Weißmehl. Achte generell darauf, dich gesund und ausgewogen zu ernähren.
Tipp: Geh lieber einmal zu viel zur Ärztin oder zur Hebamme als einmal zu wenig. Lass Unwohlsein abklären und bestehe auf eine Kontrolle von Auffälligkeiten.
Was ist deine Erfahrung mit einer Schwangerschaftsvergiftung? Schreib es uns in die Kommentare!
Quellen
- Berufsverband der Frauenärzte: Schwangerschaftshochdruck/Präeklampsie: Krankheitsbilder & Symptome
https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/schwangerschaftshochdruck-praeeklampsie/krankheitsbilder/#c301 (abgerufen am 13.6.2017) - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen:
https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/beschwerden-und-krankheiten/akute-erkrankungen-und-infektionen/hypertensive-schwangerschaftserkrankungen/ (abgerufen am 13.6.2017) - Birgit Gebauer-Sesterhenn & Dr. Med. Thomas Villinger:
Schwangerschaft und Geburt (GU Große Ratgeber Kinder)
GU Verlag, Auflage: 6 (8. September 2012)