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Pädagogin meint: „Pfeift auf diese Tischregeln“

Sind Tischregeln noch zeitgemäß?
Sind Tischregeln eigentlich noch zeitgemäß? / Bild © Kristin Gründler, Adobe Stock

Es ist ein leidiges Thema: Tischmanieren! Du möchtest sie deinem Kind beibringen und fragst dich gleichzeitig, was hier noch zeitgemäß ist? Wir haben Antworten für dich!

Dass das eigene Kind beim Essen nicht mehr kerzengerade und wie fest geschnürt am Tisch sitzen muss, ist heutzutage vielen Eltern klar. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich nicht, dass es in Ordnung ist, wenn das Kind mit Essen um sich wirft oder auf den Teller spuckt. Wie du einen zeitgemäßen Mittelweg finden kannst, erklären wir jetzt!

Zeitgemäße Tischmanieren – unsere Empfehlungen!

Wir haben ein paar Beispiele zu Tischmanieren für dich, zu denen wir zeitgemäße Empfehlungen geben. Wie du das letztendlich handhabst, ist natürlich dir überlassen. Wichtig ist, dass du dabei die Altersgruppe, den individuellen Entwicklungsstand und das Verständnis deines Kindes beachtest! Häufig braucht es nur einige Umformulierungen und altersgerechte Erklärungen zum Thema:

„Wir wertschätzen unser Essen.“, statt „Mit Essen wird nicht gespielt!“ 

  • Wir empfehlen, dem Kind vorzuleben, das eigene Essen täglich wertzuschätzen und dankbar dafür zu sein. Dazu gehört auch, dass das Essen nicht geworfen, ausgespuckt oder abfällig behandelt wird. Du bist als Elternteil auf jeden Fall in der Verantwortung, deinem Kind genau das beizubringen.
  • Kleinkind: Für die Entwicklung eines gesunden Essverhaltens ist es wichtig, dass dein Kind sein Essen so zum Mund führen darf, wie es das kann. Wenn dein Kleinkind sein Essen also mit der ganzen Hand nimmt, hat das weniger etwas mit „Spielen“, als mit Ausprobieren zu tun. Du darfst es deshalb hier ruhig gewähren lassen.
  • Vorschul- und Schulkind: Sobald dein Kind mit Besteck essen kann, kannst du den Hintergrund der Regel erklären. Denn Essen gibt dem Körper Energie und ist kein Spielzeug! So wird dein Kind ein besseres Verständnis dafür bekommen.
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„Wir versuchen, beim Essen aufmerksam am Tisch zu sitzen.“, statt „Beim Essen wird nicht gezappelt!“

  • Es ist nicht realistisch, dass dein Kind mit einem dauerhaft geraden Rücken und in der immer selben Position am Tisch sitzt. Längst ist klar, dass Kinder viel mehr Bewegung benötigen als Erwachsene. Dass sie sich also gelegentlich am Tisch bewegen, sollte weder kommentiert noch kontrolliert werden.
  • Kleinkind: Wenn dein Kind einen Hochstuhl oder Kinderstuhl hat, sitzt es vermutlich ohnehin in einer etwas eingeschränkteren Position. Dass es sich also auch mal von links nach rechts windet, ist sogar empfehlenswert, damit der Körper besser verdauen kann.
  • Vorschul- und Schulkind: Du kannst dein Kind dazu anregen, sich beim Essen möglichst bequem und aufrecht hinzusetzen. Solange es nicht quer über dem Stuhl liegt, ist alles in Ordnung. Bei Kindern in diesem Alter geht es viel mehr darum, dass sie sich möglichst nicht vom Essen ablenken lassen. Wenn du darauf achtest, dass dein Kind sich davor körperlich auspowert, bist du hier auf der sicheren Seite. Häufig klappt das „aufrecht und ruhig hinsetzen“, dann von ganz alleine. 

„Wir bemühen uns, dass das Essen auf dem Teller und im Mund bleibt.“, statt „Pass auf, dass du dich nicht dreckig machst!“ 

  • Es ist weder zeitgemäß noch realistisch, dass das Kind beim Essen nicht kleckert, denn auch das gehört zur Entwicklung dazu. Und seien wir doch mal ehrlich: Auch als Erwachsene kleckern wir noch ziemlich häufig.
  • Am Kleckern oder „sich dreckig machen“ ist nichts schlimm, wenn es nicht ständig und aus einer Unaufmerksamkeit heraus passiert. Versuche, genau das deinem Kind zu erklären. Zudem kannst du darauf achten, die Situation am Tisch gut vorzubereiten.
  • Kleinkind: Biete deinem Kleinkind ein Lätzchen an, wenn es dich stört, dass es sich beim Essen dreckig macht. Falls regelmäßig etwas auf dem Boden landen sollte, gilt hier Ähnliches: Das ist normal und gehört zum Lernen dazu. Wenn du eine Unterlage unter den Stuhl legst, beugst du hier vor.
  • Vorschul- und Schulkind: „Vor und nach dem Essen, Hände waschen nicht vergessen!“ – Diese Regel macht auf jeden Fall Sinn. So verteilt dein Kind keine Essensreste und kann noch besser verinnerlichen, die Mahlzeiten wertzuschätzen und sich darauf zu konzentrieren. Zusätzlich kannst du ihm ebenfalls ein Lätzchen oder eine Servierte beim Essen anbieten.

„Wir sprechen erst, wenn der Mund leer ist.“, statt „Mit vollem Mund wird nicht gesprochen!“

  • Dein Kind darf lernen, dass es respektvoller ist, den Mund leerzumachen, bevor es etwas sagt. So müssen die anderen Menschen kein gekautes Essen in seinem Mund betrachten und verstehen es besser. Bleib auch hier möglichst geduldig mit deinem Kind.
  • Kleinkind: Du kannst dein Kleinkind, wenn es mit vollem Mund spricht, immer wieder daran erinnern, erst zu Ende zu kauen und dann etwas zu erzählen. Überlege dir hierfür vielleicht ein Zeichen oder eine Gebärde, das erleichtert es für das Kleinkind.
  • Vorschul- oder Schulkind: Wenn du dein Kind regelmäßig an die Regel und – vor allem – den Sinn dahinter erinnerst, wird es das gut verstehen und umsetzen können. 

Wie Tischmanieren entstehen

Dein Kind lernt zum Großteil über: Nachahmung, Nachahmung und nochmals Nachahmung! Die Art, wie es am Tisch sitzt, spricht und isst, hängt in sehr großen Teilen von dir und den weiteren Bezugspersonen ab! Mach dir das immer und immer wieder bewusst. Tischmanieren lassen sich demnach nicht nur anlernen, sondern insbesondere auch vorleben! Deswegen haben wir unsere zeitgemäßen Tischmanieren immer mit einem „Wir“ begonnen! Wenn alle Familienmitglieder – speziell Mama und Papa – sich an bestimmte Regeln beim Essen halten, wird es für dein Kind ganz normal sein, dasselbe zu tun.

Was, wenn wir uns als Elternteile nicht einig sind?

Schwieriger wird das Ganze natürlich, wenn die Elternteile bei den Tischmanieren unterschiedliche Vorstellungen haben. Das Fatale? Das Kind spürt natürlich genau, dass ihr als Eltern euch nicht einig seid, ist verwirrt und KANN nur falsch reagieren. Was wir dir hier empfehlen:

1. Reden, reden und nochmals reden!

Es ist wichtig, dass ihr als Elternteile auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Denn ihr gebt dem Kind mit euren Grenzen und Regeln Sicherheit für sein Verhalten und seine Worte – das betrifft natürlich auch die Tischmanieren! Dieses Bewusstsein kann helfen, dass ihr eine Lösung im Sinne des Kindes findet.

2. Den goldenen Mittelweg wählen

Wenn ihr keine Einigung findet, entscheidet euch am besten für den goldenen Mittelweg, den wir oben beispielhaft beschrieben haben. Wir empfehlen ihn insbesondere aus pädagogischer Sicht:

  • „Wir sprechen erst, wenn der Mund leer ist.“
  • „Wir passen gut auf, dass wir uns und die Umgebung nicht bekleckern, wenn wir essen. Sollte das mal passieren, ist das okay.“
  • „Wir versuchen, uns gerade hinzusetzen und uns aufs Essen zu konzentrieren. Uns ist klar, dass das nicht jeden Tag gleich gut geht.“
  • „Wir wertschätzen unser Essen, weshalb wir nicht damit spielen. Wie wir es zum Mund führen, darf unterschiedlich und von unserem Alter und der Entwicklung abhängig sein.“

3. Im Zweifel und bei Eskalationen

Holt euch anonyme und kostenlose Hilfe in einer Erziehungs- und Familienberatungsstelle. Oftmals kann es helfen, wenn eine unbeteiligte Person den Konflikt – im Sinne eures Kindes – moderiert und euch hilft, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Wie ist es bei dir? Welche Tischmanieren lebst du vor und welche findest du überholt? Hinterlasse uns gerne einen Kommentar! Wir freuen uns auf den Austausch!

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Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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