Babys wollen gesehen werden. Sie brauchen unsere Aufmerksamkeit, wie die Luft zum Atmen. Warum das so ist, welche elterlichen Verhaltensweisen hemmen können und wie es besser geht, erklären wir hier.
Babys müssen sich austauschen können
Ein liebevoller und einfühlsamer Austausch zwischen Eltern und ihren Babys bildet das Fundament für eine gesunde Entwicklung. Dass Babys in den ersten Lebensjahren intensiven Kontakt brauchen, um sich gut entwickeln zu können, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Denn ohne ein Gegenüber, das ihnen Aufmerksamkeit schenkt, ziehen sie sich immer mehr zurück, werden stiller und stiller. Wichtige Areale im Gehirn entwickeln sich nicht so, wie sie könnten. Zum Glück sind die dunklen Zeiten vorbei, in denen man Babys gezielt Liebe verweigerte, damit sie folgsam wurden, auch wenn manche Babymythen aus der Kaiser- und Nazizeit immer noch nachhallen.
Aber nicht nur absichtliches Abhärten – beispielsweise durch gezieltes Schreienlassen – beeinflusst die kindliche Entwicklung negativ. Heute haben wir ganz andere Herausforderungen wie zum Beispiel ausschweifenden Medienkonsum von Eltern, die ihren Blick nicht vom Handy lösen können und von Babys und Kleinkindern, die am Tablet spielen. Beides kann die Entwicklung eines Kindes hemmen und ihm später Verhaltensauffälligkeiten bescheren:
Was die Entwicklung deines Babys hemmt
Wusstest du, dass Babys mit Bildschirmzeit später öfter Probleme zu haben scheinen, Sinnesreize richtig zu verarbeiten? Eine 2024 veröffentlichte US-amerikanische Studie kam jüngst zu diesem Schluss. Die beobachteten Babys mit Medienkonsum waren schneller überreizt als ihre Altersgenossen ohne Zugang zu Tablets und Handys. Sie schliefen schlechter und hatten im Schnitt mehr Verhaltensauffälligkeiten.
Der vermutete Grund: die fehlende Interaktion in der kritischen, frühkindlichen Zeit. Denn Videos senden zwar viele Signale zum Baby, sie gehen aber nicht auf dessen Reaktionen ein. Auch nicht solche Videos, die einigermaßen kindgerecht sind. Eine Einbahnstraße also, die möglicherweise die weitere Entwicklung nachhaltig beeinträchtigen könnte.
Dass von Bildschirmen abgelenkte Eltern Babys ebenso verunsichern und beim Kommunizieren lernen nicht besonders hilfreich sind, hat eine andere Studie deutlich gemacht. Gleiches trifft auf Eltern solche zu, die beispielsweise aufgrund einer Wochenbettdepression ihrer Umgebung gegenüber gleichgültig wirken (Bitte achte auf deine mentale Gesundheit und nimm Hilfe von außen an, falls du betroffen bist).
Bloße Anwesenheit reicht allein nicht aus, damit sich das Baby wahrgenommen fühlt. Es ist wichtig, dass du auch wirklich mit allen Sinnen und ganz bewusst bei deinem Baby bist, wenn es Aufmerksamkeit braucht, statt nur danebenzusitzen.
Dein Baby liebevoll begleiten
Nur im Austausch mit anderen Menschen entwickeln sich Kognition (Wahrnehmung), emotionale Regulation und soziale Fähigkeiten deines Babys also altersgerecht. Und das weit, bevor dein Kind sprechen kann.
Ob Mimik, Gestik, Laute oder auch Berührung, wir Menschen kommunizieren auf so vielen Ebenen. Auch wenn ein Baby anfangs noch keine einzelnen Wörter erkennt: Es nimmt schon so viel wahr. Und lernt jeden Tag dazu. Je mehr du auf dein Kind eingehst, je mehr du mit ihm „redest“ –, ob mit oder ohne Worte –, desto leichter wird es, einander zu verstehen und desto besser entwickeln sich seine sozialen Fähigkeiten. Das bedeutet nicht, dass du pausenlos mit ihm sprechen musst. Ganz im Gegenteil: Ermutige es, sich mitzuteilen, beobachte seine Signale und Reaktionen und zeige ihm, dass du es verstanden hast.
Ein vielsagender Blick, wenn es vor sich hin gluckst, ein fröhliches Summen, während du es liebevoll wickelst, eine sanfte Berührung der Ärmchen, wenn es nach deinen Haaren greift – all das ist schon Austausch zwischen dir und deinem Baby. Die Möglichkeiten sind schier unendlich und vieles davon machen wir als Eltern intuitiv ohnehin schon. Und noch besser ist es, wenn wir erkennen, falls wir uns zu sehr ablenken lassen, um dann öfter gegenzusteuern.
Aber auch hier gilt: Nobody is perfect! Wir sind alle nur Menschen. Solange du dich selbst reflektierst und in die richtige Richtung losgehst, machst du deinem Baby ein großartiges Geschenk, das Schritt für Schritt immer größer wird.
Tipp von Hebamme Emely
Wenn heute mal wieder nichts so recht klappen will und alles zu viel wird, nimm es mit Humor! Mach dir deine Lieblingsmusik an, halte dein Baby im Arm oder in der Trage und tanzt gemeinsam durch die Wohnung. Deine Endorphine übertragen sich wunderbar auf dein Kind. Das wirkt manchmal Wunder. Willst du wissen, warum gemeinsames Musikmachen und Musikgenießen so wunderbar funktionieren? Dann lies gern hier weiter:
Quellen
- Herbert Renz-Polster: Kösel Verlag, 2022
- Nazi-Erziehungsideale, die nicht weichen: https://www.wienerzeitung.at/a/nazi-erziehungsideale-die-nicht-weichen (abgerufen am 13.02.2024)
- Bundesstiftung Mutter und Kind: Video “Still Face Experiment” (Eingefrorenes-Gesicht-Experiment): https://www.bundesstiftung-mutter-und-kind.de/bumuki/video-still-face-experiment-eingefrorenes-gesicht-experiment–204080 (abgerufen am 13.02.2024)
- Studie: Heffler KF, Acharya B, Subedi K, Bennett DS. Early-Life Digital Media Experiences and Development of Atypical Sensory Processing. JAMA Pediatr. Published online January 08, 2024. doi:10.1001/jamapediatrics.2023.5923
https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/article-abstract/2813443 (abgerufen am 13.02.2024) - Studie: Nabi, R., & Wolfers, L. (2022). Does Digital Media Use Harm Children’s Emotional Intelligence? A Parental Perspective. Media and Communication, 10(1), 350-360. doi: https://doi.org/10.17645/mac.v10i1.4731 (abgerufen am 13.02.2024)