Baby Led Weaning ist „in“. Doch was beinhaltet BLW wirklich und welche Vor- und Nachteile gibt es? Wir verschaffen dir einen Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
- BLW ist eine beliebte Methode, um Babys von der Brust zu entwöhnen
- Es gibt sowohl Befürworter als auch Skeptiker. Offiziell empfohlen wird die Methode bisher nicht.
- Wichtig ist, auf prall-elastische Lebensmittel zu verzichten und vielfältige Nahrung anzubieten. Immer dabei bleiben!
- Eltern sollten sich gut informieren, bevor sie mit BLW beginnen.
Baby Led Weaning (BLW) ist eine Methode zur Einführung fester Nahrungsmittel bei Säuglingen. Übersetzt heißt es: Baby-gesteuertes Entwöhnen (von der Milch). Im Gegensatz zur herkömmlichen Methode, bei der Babys mit Brei gefüttert werden, ermöglicht Baby Led Weaning dem Baby, die Bestandteile seiner Nahrung selbständig zu erforschen und zu essen.
Die Grundidee von Baby Led Weaning ist also, dem Baby mehr Kontrolle über seine Nahrungsaufnahme zu erlauben und seine Fähigkeit zur Selbstregulation zu fördern. Anstatt ihm löffelweise Nahrung in den Mund zu geben, werden stückige, fingerfreundliche Lebensmittel angeboten. Das Baby entscheidet selbst, was und wie viel es isst und wie lange es sich dafür Zeit lässt.
Die Methode wird seit etwa einem Jahrzehnt immer populärer. Dennoch gibt es Kritik und Bedenken. Manche Einwände sind durchaus berechtigt, wenn Eltern sich nicht genug informieren. Welche Gründe Eltern haben, auf BLW zu setzen, und warum Ärzte es offiziell noch immer nicht empfehlen, fassen wir hier zusammen:
Vorteile von Baby Led Weaning
Baby Led Weaning kann wichtige Bereiche der Babyentwicklung fördern:
1. Förderung der Feinmotorik
Indem dein Baby selbständig greift und isst, werden seine motorischen Fähigkeiten entwickelt und verbessert. Auch die Zunge und Mundmuskeln bekommen mehr zu tun, was wiederum die Sprachentwicklung unterstützen kann.
2. Förderung der Selbstregulation
Das Baby verlernt nicht, auf seine eigenen Hunger- und Sättigungssignale zu achten und seine Nahrungsaufnahme entsprechend zu steuern. Studien deuten darauf hin, dass Babys zudem ein Gespür dafür haben, welche Nährstoffe sie gerade benötigen, und ihre Nahrungsaufnahme dann entsprechend anpassen.
3. Mögliche Förderung der Nahrungsvielfalt
Baby Led Weaning kann dazu beitragen, dass dein Baby vielfältige Lebensmittel und Geschmacksrichtungen kennenlernt, da Zutaten nicht so oft wie beim Brei miteinander vermischt werden. Auch die Konsistenz bleibt so besser erhalten. So ist Essen nicht nur Mittel zum Zweck, sondern jeden Tag aufs Neue interessant.
4. Förderung der Unabhängigkeit
Indem dein Baby über seine Nahrungsaufnahme entscheidet, entwickelt es ein Gefühl der Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit. Es fühlt sich beim Essen nicht von dir fremdbestimmt und weiß, dass es Dinge selbst schaffen kann.
Und noch zwei Vorteile gibt es: Zum einen werden mit BLW-ernährte Kinder häufiger gestillt – möglicherweise schon allein deshalb, weil sich ihre Eltern sehr intensiv mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt haben. Zum anderen empfinden viele Eltern das Baby Led Weaning als einfacher und praktischer im Familienalltag als separat zubereitete Breinahrung nach striktem Beikostplan.
Bedenken und Risiken in Bezug auf Baby Led Weaning
Bei allen Förderungsversprechen gibt es auch Risiken, die nicht abwegig sind. Deshalb wird BLW von offizieller Seite bisher nicht empfohlen. Aber mach dir selbst ein Bild:
1. Erhöhte Erstickungsgefahr
Eine Hauptsorge beim BLW ist die Möglichkeit, dass das Baby größere Stücke Nahrung verschlucken könnte. Diese Sorge ist nicht abwegig. Denn obwohl Babys in der Regel in der Lage sind, Nahrungsmittel auch ohne Zähne zu zerkleinern, besteht immer ein Risiko, dass Teile davon in die Luftröhre landen. Babys haben einen schnell einsetzenden Würgereflex, die meisten Verschluckungsunfälle gehen also glimpflich aus. Dennoch solltest du sicherstellen, dass die angebotenen Lebensmittel angemessen geschnitten und weich genug sind, um das Risiko zu minimieren. Und du solltest die Nahrungsaufnahme immer wachsam begleiten. Wir empfehlen allen Eltern und Betreuungspersonen zudem einen Erste-Hilfe-am-Baby-Kurs:
2. Mögliche Nährstoffmängel
Die zweite Hauptsorge betrifft die Versorgung mit Nährstoffen. Insbesondere Eisen und Zink können nach sechsmonatigem Vollstillen fehlen. Momentan gibt es keine Studien, die alle Zweifel ausräumen konnten. Denn ob Babys mit BLW genug von dem bekommen, was der kleine Körper braucht, hängt eben auch immer von den Eltern ab. Wenn du weißt, was du tust, ist wahrscheinlich alles gut. Wenn Eltern jedoch nur eine geringe Bandbreite anbieten, wenig frisch zubereiten und/oder stattdessen auf zuckerhaltige, salzreiche Fertigprodukte setzen, reicht das oft nicht aus, um den Bedarf zu decken. Gestillte Kinder sind dabei im Vorteil, denn sie können viele mögliche Defizite (aber nicht alle) über die Muttermilch ausgleichen. Auch deshalb empfiehlt die WHO, noch bis zum zweiten Geburtstag begleitend weiterzustillen.
3. Mangelnde Vielfalt
Baby Led Weaning kann dazu beitragen, dass dein Baby viele Lebensmittel kennen- und schätzen lernt. Gleichzeitig kann es auch dazu führen, dass das Baby bestimmte Nährstoffe verpasst, wenn es sich hauptsächlich auf die von ihm bevorzugten Lebensmittel konzentriert. Umso wichtiger ist es, verschiedenste Lebensmittel anzubieten und es immer wieder zu probieren, falls das Baby etwas ablehnt. Denn was es heute nicht mag, könnte es morgen lieben. Rezepte aus Büchern oder Social Media können viele Inspirationen liefern. Die Community wird von Tag zu Tag größer. Gleichzeitig kannst du darüber nachdenken, eben doch ab und zu Brei dazu zu reichen. Denn verboten ist das nicht, im Gegenteil: Die Mischung macht’s und allzu dogmatisch sollte man das Ganze laut Hebamme Jana Friedrich ohnehin nicht sehen.
4. Geringe Nahrungsaufnahme
Einige Eltern machen sich Sorgen, dass Babys beim Baby Led Weaning möglicherweise überhaupt nicht genug Nahrung zu sich nehmen. Schließlich kann das Essen viel Zeit in Anspruch nehmen und es landet oft mehr auf dem Boden als im Babymund. BLW sollte deshalb zumindest im ersten Jahr nicht die einzige Nahrungsquelle darstellen, sondern von Muttermilch oder Babymilch begleitet werden. Außerdem solltest du erst beginnen, wenn dein Kind alle wichtigen Beikostreisezeichen zeigt. Hast du das Gefühl, dass dein Kind nicht genug zunimmt, lass dich bitte ärztlich beraten.
5. (Un)Praktische Aspekte
Baby Led Weaning kann ein wenig chaotisch sein, da Babys dazu neigen, mit Lebensmitteln zu experimentieren. Das ist ganz natürlich, erfordert aber möglicherweise zusätzliche Reinigungsmaßnahmen nach den Mahlzeiten. Für ungeduldige oder besonders ordnungsliebende Elterngemüter ist die Methode also eher nichts. Ähnlich sieht es aus, wenn im Familienalltag nicht viel Zeit und Muße fürs Kochen und Essen bleibt. Das ist zwar schade, aber manchmal einfach nicht zu ändern. Du kannst am besten einschätzen, ob BLW wirklich zu euch als Familie passt, oder nicht.
Fazit
BLW kann eine tolle Sache für Baby und Eltern sein, wenn die Voraussetzungen stimmen. Wenn im Alltag jedoch zu wenig Zeit bleibt oder andere Gründe dagegen sprechen, ist Babybrei noch immer die gängige Empfehlung. Vielleicht möchtet ihr ja beides kombinieren?
Quellen
- Merz, L. & Schäflein, A. (2021). Das große GU Breifrei-Kochbuch: Die besten Rezepte und Tipps von den Expertinnen des breifreibaby-Blogs. GRÄFE UND UNZER Verlag.
- Larfah, L. (2022). BLW – baby-led weaning: Ratgeber aller Grundlagen, meine Praxistipps für Euren liebevollen Start in die selbstbestimmte, breifreie Beikost & Kochbuch mit 130 gesunden Rezepten für Anfänger. independently published.
- Brei und Baby-led weaning: Was ist bei der Beikost zu beachten? https://www.gesund-ins-leben.de/fuer-fachkreise/bestens-unterstuetzt-durchs-1-lebensjahr/nachgefragt/brei-und-baby-led-weaning-was-ist-bei-der-beikost-zu-beachten/ (abgerufen am 21.05.2024)
- Vieira VL, Rapley G. Baby-led weaning, an overview of the new approach to food introduction: integrative literature review. Rev Paul Pediatr. 2021 Aug 23;40:e2020507. doi: 10.1590/1984-0462/2022/40/2020507. PMID: 34431920; PMCID: PMC8384235. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8384235/ (abgerufen am 21.05.2024)
- A Baby-Led Approach to Eating Solids and Risk of Choking: https://publications.aap.org/pediatrics/article-abstract/138/4/e20160772/52372/A-Baby-Led-Approach-to-Eating-Solids-and-Risk-of (abgerufen am 21.05.2024)