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Geburtsvorbereitungskurse und andere Beratungsangebote bereiten Eltern zwar umfassend auf die Geburt vor, doch was das Stillen angeht, werden Mütter meist ins kalte Wasser geschubst. Was viele Schwangere nicht wissen: Bei den wenigsten Müttern klappt das Stillen von Anfang an wie am Schnürchen. Und wenn das Baby erstmal schreit vor Hunger, die Brustwarzen schmerzen und der verzweifelte Papa Ersatzmilch besorgt hat, ist das meist das jähe Ende des Traums vom Stillen. Wir geben dir Tipps für einen guten Stillstart und zeigen dir, welche Fehler du vermeiden solltest.
„Breast is best!“ – das hast du sicher auch schon gehört. Unbestritten ist Stillen die beste Ernährung für dein Kind, vor allem in den ersten 6 Monaten. Selbst Hersteller von Ersatzmilch weisen darauf hin. Da verwundert es kaum, dass die meisten Schwangeren ihre Babys nach der Geburt stillen möchten. Doch schon nach wenigen Wochen greifen immer mehr Eltern zum Fläschchen, wenn die Realität sie einholt und das Stillen zur Belastungsprobe wird. Gleichzeitig kann es medizinische oder persönliche Gründe geben, weshalb das Stillen nicht euer Weg ist. Das wäre auch völlig in Ordnung. Solange dies für euch als Familie passt. Auf der anderen Seite können jedoch auch falsche Erwartungen und eine unzureichende Aufklärung die Ursache dafür sein, dass junge Mütter sich alleingelassen fühlen, wenn das Stillen wie so oft nicht auf Anhieb klappt.
Vielleicht liegt es daran, dass das Stillen noch vor ein bis zwei Generationen kaum praktiziert wurde und erst jetzt wieder verstärkt in den Fokus gerät, dass junge Mütter kaum auf Unterstützung bei dem Thema hoffen können. Die eigenen Mütter haben sie selbst oft mit dem Fläschchen ernährt oder erinnern sich nicht mehr. Vielleicht gehen wir auch davon aus, dass das schon irgendwie geht. Schließlich sind wir ja Säugetiere, wie hätte die Menschheit sonst überlebt? Wahrscheinlich hat sie das, weil Frauen in früheren Gemeinschaften enger zusammenlebten und einander in solchen Fragen aushelfen konnten.
Diese Fehler solltest du vermeiden
Fehler #1: Nuckel anbieten
Vielen Babys wird schon im Krankenhaus wie selbstverständlich als allererstes ein Schnuller in den Mund gesteckt. Bedenke, dass dein Kind erst lernen muss, richtig an deiner Brust zu saugen, damit es an die Milch kommt. Da der Schnuller sich in der Form von der Brust unterscheidet und auch keine Milch herauskommt, gewöhnt sich dein Baby möglicherweise eine falsche Saugtechnik an. Die Folge ist eine sogenannte „Saugverwirrung“, die oft erst durch eine erfahrene Stillberaterin behoben werden kann und das Stillen deutlich erschwert.
Fehler #2: Sofort zufüttern
Stell dich darauf ein, dass die Milch erst nach einigen Tagen einschießt. Bis dahin wird nur wenig zähflüssige, gelblich weiße Flüssigkeit aus deinen Brustwarzen austreten. Das sogenannte Kolostrum enthält wichtige Nähr- und Abwehrstoffe und ist daher sehr wertvoll für dein Baby. Mach dir keine Sorgen darum, dass es Hunger hat, denn kurz nach der Geburt ist sein Magen nicht größer als eine Erbse. Es könnte größere Trinkmengen noch gar nicht verarbeiten. Außerdem hat es sich in den letzten Wochen vor der Geburt eine Speckschicht angelegt, die ihm nun Kalorien liefert. Deshalb ist es auch ganz normal, dass Babys nach der Geburt erstmal ein wenig abnehmen.
In manchen Fällen kommt die Milchbildung verzögert in Gang. Sollte dein Baby nach dem Stillen unzufrieden wirken und die Kinderärzte bereits eine Gewichtsabnahme von mehr als 7 Prozent erkannt haben, können die Beratung durch eine Stillberaterin, zusätzliches Abpumpen und gegebenenfalls Zufüttern notwendig werden. An diesem Punkt ist das Wichtigste, dranzubleiben. Die Achterbahn der Gefühle in den ersten Tagen durch die sich umstellenden Hormone macht es nicht unbedingt leichter. Aber es gut zu wissen, dass es in der Regel ungefähr 2 Wochen braucht, bis sich das Stillen richtig gut eingespielt hat. Gewisse Startschwierigkeiten sind daher wirklich nicht selten.
Fehler #3: Zu früh aufgeben
Es dauert eine ganze Weile, bis sich deine Milchproduktion auf den Bedarf deines Babys eingependelt hat. Zu Anfang wirst du darauf warten, dass die Milch einschießt. Danach hast du wahrscheinlich erstmal zu viel Milch, was auch unangenehm sein kann für Mutter und Kind. Außerdem muss deine Brust sich erst an das Saugen gewöhnen und dein Baby richtig trinken lernen. Möglicherweise schmerzen die Brustwarzen am Anfang oder du weißt noch nicht, wie du dein Baby richtig anlegen sollst, sodass es sich nicht verschluckt. Das alles ist recht normal.
Die meisten Mütter fangen nach einigen Wochen an, die Stillbeziehung richtig zu genießen. Am besten ist es, wenn du von Anfang an liebevolle Unterstützung einer kompetenten Hebamme hast. Vielleicht kennst du auch andere Personen in deinem Umfeld, die dich ermutigen und unterstützen können. Gehe positiv an das Stillen heran und führe dir immer vor Augen, dass es einfach Zeit braucht, bis du und dein Baby ein eingespieltes Team seid.
Fehler #4: Nach der Uhr füttern
Früher war es durchaus üblich, Babys nach der Uhr zu füttern. Heute macht man das nicht mehr, aber so manche Mutter oder Schwiegermutter rät noch immer dazu, das Baby lieber nur alle 4 Stunden anzulegen, um ihm einen Rhythmus anzugewöhnen. Diesen gut gemeinten Ratschlag kannst du einfach ignorieren. Dein Neugeborenes weiß am besten, wann es wie viel Trinkmenge benötigt und aufnehmen kann. Für sein schnelles Wachstum braucht es sehr viel Energie und das kann auch bedeuten, dass es alle 30 Minuten an die Brust möchte. Verweigerst du ihm dies, kann es passieren, dass es in Schreiattacken verfällt, die du dann auch nicht mehr stoppen kannst, indem du ihm die Brust anbietest.
Übrigens verändert sich der Kalorienbedarf deines Babys auch ständig. Es kann sein, dass es plötzlich doppelt so oft trinken möchte, wie noch am Tag zuvor. Kein Grund zur Sorge, das wird immer wieder vorkommen und hängt mit den natürlichen Wachstumsschüben zusammen. Auch Clusterfeeding, also ständiges Trinken am Abend oder an bestimmten Tagen, ist normal. Dein Baby bestellt sich so neue Milch, wenn es einen erhöhten Bedarf hat.
So klappt der Stillstart
Gerade zu Anfang müssen sich Mutter und Kind erst aufeinander einstellen. Dein Baby hat zwar einen Saugreflex, das bedeutet aber nicht, dass es von Anfang an perfekt trinken kann. Genauso muss deine Brust sich erstmal auf die Menge und die Trinkabstände einstellen, um genau so viel Milch zu produzieren, wie dein Baby trinkt.
1. Gut informieren
Wenn du stillen möchtest, ist der erste Schritt, dich schon vorab intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn wenn dein Baby erstmal Hunger hat, sich andauernd verschluckt oder die Brust schmerzt und entzündet ist, ist es meist schon zu spät. Es gibt ausgezeichnete Ratgeber zum Thema Stillen, wie zum Beispiel Intuitives Stillen* der Hebamme und Stillberaterin Regine Gresens. Auf ihrem Blog stillkinder.de findest du weitere ausführliche Informationen zu dem Thema.
Bitte deine Hebamme, dich auf das Stillen vorzubereiten. Lass dir zeigen, wie du dein Baby richtig anlegst, welche Stillpositionen in welchen Situationen sich besonders eignen und wie du dein Baby aufstoßen lassen kannst. Nehmt euch ausreichend Zeit, um alle häufig auftretenden Probleme durchzugehen. Falls du Flachwarzen oder Hohlwarzen hast, sollte deine Hebamme jetzt schon einen Blick darauf werfen und dir entsprechende Tipps für das Anlegen geben. Möglicherweise ist es sinnvoll, schon jetzt eine Milchpumpe zu kaufen, die bei holprigen ersten Stillversuchen zum Anlegen und für die Milchproduktion helfen kann.
Auch nach der Geburt sollten du und deine Hebamme einen Fokus auf das richtige Anlegen und mögliche Stillprobleme legen.
2. Stillfreundliche Klinik wählen
Schon bei der Wahl deiner Geburtsklinik kannst du darauf achten, ob es sich um ein stillfreundliches Krankenhaus handelt. Dies kannst du anhand einiger Indikatoren feststellen:
- Es gibt ausgebildete Stillberaterinnen und das Personal auf der Wochenbettstation erhält regelmäßige Schulungen zur Stillförderung
- Zusätzlich gibt es in der Klinik schriftliche Regelungen zur Stillförderung
- Es gibt Maßnahmen zur Förderung von Stillgruppen oder ambulante Beratungsangebote auch nach Verlassen des Krankenhauses
- Rooming-in ist grundsätzlich möglich
- Nach der Geburt haben Mutter und Kind ausreichend Zeit im Kreißsaal, um das erste Stillen zu ermöglichen. Das Personal unterstützt sie dabei
- Mütter werden zum Stillen motiviert (aber nicht unter Druck gesetzt!) und bei auftretenden Problemen kompetent beraten
- Das Personal zeigt den Müttern, wie sie ihr Baby optimal anlegen
- Muss das Baby von der Mutter getrennt werden, erhält sie Hilfe, um die Milchproduktion in Gang zu bringen und aufrechtzuerhalten
- Neugeborene erhalten keine andere Flüssigkeit, wenn keine medizinische Notwendigkeit besteht.
- Neugeborene, die gestillt werden, erhalten keinen Schnuller
3. Partner einbeziehen
Hol deinen Partner ins Boot. Wenn das Baby schreit, die Mama müde ist und die Dinge einfach nicht so laufen, wie die frisch gebackenen Eltern sich das vorstellen, geht der Papa oder die Co-Mama auf Lösungssuche. Und die ist meistens das Fläschchen. Klar, dein Partner möchte dir ja helfen und vielleicht klappt es ja besser mit der Ersatzmilch. Manchmal stimmt das auch. Oft genug aber auch nicht und die Mütter trauern einer zu schnell abgebrochenen Stillbeziehung hinterher.
Bitte deinen Partner, dich zu ermutigen. Ihr solltet euch beide darauf einstellen, dass es vielleicht nicht von Anfang an perfekt klappt (und das gilt nicht nur für das Stillen). Geht nicht mit falschen Erwartungen an die Sache heran und gebt euch Zeit. Am besten kann dein Partner dir helfen, indem er dich ermutigt, dich unterstützt und versteht und indem er stets für frisches Wasser sorgt.
Mach dich auch darauf gefasst, dass möglicherweise deine Familie, Freunde oder sogar völlig fremde Personen eine Meinung dazu haben, dass du stillst und wann, wo, wie oft und wie lange du es tust. Wie du darauf reagierst, ist deine Sache, versuche einfach dich nicht verunsichern zu lassen, wenn dir plötzlich jeder reinredet. Bitte dein Umfeld, dir nur Tipps zu geben, wenn du vorher darum gebeten hast.
4. Stillplatz vorbereiten
Damit du und dein Baby einen schönen Stillstart habt, müsst ihr euch wohlfühlen. Und dafür kannst du jetzt schon sorgen. Richte einen bequemen Stillplatz in deiner Wohnung ein, an den ihr euch zurückziehen könnt und Ruhe habt. Neben einem Stillkissen sollte dort auch immer eine Trinkflasche mit frischem Wasser bereitstehen. In den ersten Monaten kann es vorkommen, dass dein Baby gefühlt ständig an deiner Brust hängt. Vielleicht schaffst du es sogar, dabei zu lesen. Ein E-Reader ist besonders handlich und du kannst ihn auch bei schlechten Lichtverhältnissen nutzen.
Leg dir schon einen kleinen Vorrat an Stilleinlagen an. Gerade zu Beginn solltest du lieber auf gute Qualität, als auf einen günstigen setzen. Der Milchfluss ist zu Beginn meist sehr stark und du möchtest sicher keine Milchflecken auf all deinen T-Shirts oder die Einlagen ständig wechseln. Empfehlenswert sind beispielsweise Nuk Ultradry Comfort und die von Lansinoh. Du kannst auch wiederverwendbare Einlagen nutzen, zum Beispiel Baby Bliss Stilleinlagen*.
Damit du in der Stillzeit genügend trinkst, greife auf Wasser, Früchtetee, Kamillentee oder Brühe zurück. Stilltee hatte lange Zeit den Ruf, die Milchbildung zu unterstützen. Leider gibt es diesbezüglich keine wissenschaftlichen Beweise. Von Fencheltee wird Schwangeren, Stillenden und Kinder unter 4 Jahren aktuell abgeraten. Auf Pfefferminztee und Salbeitee solltest wegen seiner milchhemmenden Wirkung vorerst verzichten. Für wunde Brustwarzen und zum Pflegen kannst du dir vorab eine Brustwarzencreme besorgen. Gegen prall gefüllte oder leicht gerötete Brüste helfen kühlende Wickel, zum Beispiel mit Kohl oder Quark. Im Notfall tut es aber auch eine gefrorene Packung Erbsen oder einfach ein eiskaltes Handtuch.
Bei Unsicherheiten frage noch einmal bei deiner Nachsorgehebamme nach, was du vorsorglich kaufen kannst.
🎧 Podcast: #108 – Die häufigsten Stillprobleme und deren Lösung
In dieser Folge sprechen wir mit Hebamme Anja Gaca über wunde Brustwarzen, Milchstau und Mastitis. Du wirst dabei auch erfahren, warum es so wichtig ist, trotzdem weiter zu stillen. Wenn dir unser Podcast gefällt, dann abonnier ihn doch direkt bei Spotify oder iTunes, um keine Folgen mehr zu verpassen.
Quellen
- Regine Gresens: Intuitives Stillen: Einfach und entspannt – Dem eigenen Gefühl vertrauen – Die Beziehung zum Baby stärken
Kösel-Verlag, 3. Auflage (3. Oktober 2016) - Silvia Höfer & Nora Szász: Hebammen-Gesundheitswissen:
Für Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach,
GU Verlag, Auflage 1 (8. September 2012) - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Stillen nach Bedarf: https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/nach-der-geburt/das-wochenbett-von-a-bis-z/stillen-von-a-bis-z/stillen-nach-bedarf/ (abgerufen am 02.10.2024)
- Stillen Institut: Väter, Partner und Partnerinnen im Fokus der Forschung:
https://www.stillen-institut.com/de/vaeter-partner-partnerinnen.html (abgerufen am 02.10.2024)