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Ist das bei Euch auch so? Wer sein Kind zu spät von der Kita abholt, zahlt Strafe

Ist das bei Euch auch so Wer sein Kind zu spaet aus der Kita abholt muss Strafe zahlen 2 - Ist das bei Euch auch so? Wer sein Kind zu spät von der Kita abholt, zahlt Strafe
Kinder, die regelmäßig zu spät aus der Betreuung abgeholt werden, leiden auch seelisch darunter. / Bild ©Anke Thomass, Adobe Stock

Mindestens 25 Euro Strafe zahlen Eltern einer Kita in Heidenheim fürs Zuspätkommen. Aber das scheint keine Ausnahme zu sein. 

In Heidenheim an der Brenz müssen Eltern nun mit mindestens 25 Euro Strafe rechnen, wenn sie ihr Kind zu spät aus der Betreuung abholen. Der Gemeinderat hat die Verspätungsgebühr vor Kurzem eingeführt und änderte dazu auch die Benutzungsbedingungen für Kindertageseinrichtungen. Andere Kommunen in Baden-Württemberg überlegen sich diesen Schritt nun auch und der Landkreis Ludwigsburg macht das wohl schon seit April so. Das kommt sicher nicht überall gut an und ist es gerechtfertigt?

Wiederholt unpünktliche Eltern müssen je angefangene halbe Stunde 25 Euro zahlen 

„Jedes Kind kann auch ein, zwei Mal zu spät abgeholt werden“, sagt David Mittner im Artikel der Frankfurter Allgemeine dazu. Der Geschäftsbereichsleiter Kinder, Jugend und Familie bei der Stadt Heidenheim in der Nähe von Ulm meint, es gebe Familien, die sich regelmäßig verspäten. Dann stünden sich Aufsichtspflicht und Dienstplan gegenüber. Die rechtliche Handhabe sei wenig praxistauglich. „Wir müssten auf das Jugendamt zugehen, das könnte theoretisch eine Inobhutnahme einleiten“, sagt Mittner. 

Damit das nicht passieren muss, halten die Kitas Personal für Verspätungen vor. Aber das sorgt auch für Frust bei den Mitarbeitenden. Diese haben schließlich ein eigenes Leben und nicht selten auch eigene Kinder, die dann wiederum warten müssen, wenn Mama oder Papa ein zu spät abgeholtes Kind betreuen müssen. 

Eine richtige Strafgebühr kannte ich bisher nicht

Kitazeit wird vertraglich fest vereinbart in dem Bundesland, in dem ich lebe. 5 Stunden sind in Hamburg gratis, alles, was darüber an Betreuungszeit gebucht wird, muss je nach Gehalt selbst bezahlt werden. Und wer ein Kind dann zu spät abgeholt, muss die zusätzliche Betreuungszeit auch bezahlen. Strafe ist das nicht wirklich. Aber: Es gibt in Hamburg Kindertagesstätten, die beim Zuspätkommen der Eltern auch mal ein Auge zudrücken. Und dann gibt es welche, wo Eltern jedes Mal zahlen müssen für die Mehrbetreuung. 

Unsere Erzieher waren immer sehr kulant. Wir konnten das Kind bringen, wann es passte und dann konnte es die vereinbarte Betreuungszeit in der Kita verbringen. Allerdings sollte das Kind entweder vor oder nach dem Morgenkreis kommen, um das Ritual nicht zu stören. Wenn ich berufsbedingt mal zu spät gekommen bin, hat mich niemand zur Kasse gebeten. Aber das kam auch nicht oft, und vor allem nicht regelmäßig vor. Und: Wenn es mal Engpässe aufgrund von Krankheitswellen beim Personal in der Kita gab, haben auch wir Eltern geholfen, indem wir unsere Kinder (und manchmal auch deren Freunde) nach Möglichkeit zuhause betreut und das verbliebene gesunde Kitapersonal entlastet haben. Ein Geben und Nehmen also.

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Zur Zuspätkomm-Problematik fällt mir persönlich Folgendes ein: 

Eltern könnten hier in Zeiten des Fachkräftemangels auch Rücksicht nehmen und nur in wirklichen Notfällen zu spät kommen. Es hat nämlich etwas mit Respekt dem Betreuungspersonal gegenüber zu tun, dass ich mich eben nicht jeden Tag verspäte und dadurch dazu beitrage, dass das Personal seinen restlichen Tag nach meiner Verspätung richten muss. Für einen Zug- oder Bahnausfall kann niemand etwas, wenn der Job auf dem Spiel steht, sagt man zur Überstunde auch ungern nein und dann gibt es noch unzählige systemrelevante Berufe, wo man auch nicht einfach gehen kann, wenn ein Notfall eintritt. In der Krankenpflege zum Beispiel. 

Aber wenn es zur Regelmäßigkeit wird, dass das eigene Kind in der Kita oder vor der Schule warten muss, müssen alle Seiten in Dialog gehen und eine Lösung finden. Denn was viele Eltern auch in der Hektik des Alltags unterschätzen, ist die Wirkung ihres Handelns auf die Kinder:  “Wenn ich mich regelmäßig verspäte, sende ich übrigens auch ein Signal an mein Kind, nämlich: Das pünktliche Abholen ist nicht so wichtig. Beim Kind, was dein Verhalten zügig auf sich selbst bezieht, kommt unter Umständen an `Ich bin nicht so wichtig`. Das ist besonders fatal, wenn das Kind zum x-ten Mal als letztes Kind abgeholt wird. Es spürt nicht nur die Gereiztheit des Kita-Personals, sondern auch deine Unregelmäßigkeit. Es zweifelt im schlimmsten Fall an deiner Liebe zu ihm und wird in sich unsicher“, sagt Pädagogin Leonie Illerhues. 

Und es muss auch Verständnis dafür geben, dass die zusätzlichen Personalgebühren den Eltern dann in Rechnung gestellt werden. Ob die Eltern dadurch wirklich pünktlicher werden, kann noch nicht gesagt werden. Dafür gibt es die “Strafgebühr” in Heidenheim noch nicht lange genug. Und sollte das Beispiel Schule machen und Strafzahlungen für zu spätes Abholen aus der Kita sich durchsetzen, dann treffen diese auch Familien, für die jeder Cent wichtig ist. Gerechtfertigt oder nicht – was meint ihr dazu?

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Quellen

Veröffentlicht von Nina Gaglio

Nina ist Mama eines Grundschulkindes und seit 25 Jahren leidenschaftliche Reporterin und Redakteurin. Angefangen hat alles beim Fernsehen, wo Nina neben ihrem Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaften Studium erste Erfahrungen sammeln konnte und dann 12 Jahre blieb. Danach kam viel PR und der Onlinejournalismus dazu. Familien- und Kinderthemen und die Arbeit mit Experten aus diesen Bereichen gehörte auch zum Redaktionsalltag. Und so war es nur logisch, dass Nina nach dem Mutterwerden auch für Parenting-Magazine schrieb.

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