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Dammriss bei der Geburt: Häufigkeit, Schmerzen & Heilung

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Der Dammriss gilt als die häufigste Verletzung während der Geburt. Aber wie kommt es zu einem Dammriss? Wie wird er behandelt? Und kann man einem Dammriss vorbeugen? Wir erklären dir alles, was du zum Thema Dammriss wissen solltest!

Was ist ein Dammriss?

Als Damm bezeichnet man das Gewebe zwischen der Scheide und dem After einer Frau. Als Teil der Beckenbodenmuskulatur ist er dafür zuständig, den Körper nach unten „abzudichten“. Darüber hinaus trennt er den Genitalbereich vom Afterbereich. Dadurch wird das Eindringen von Bakterien aus dem Darm in die Scheide verhindert.

Bei der Geburt wird der Damm enorm belastet – und enorm gedehnt. Schließlich muss ein kleines Menschlein hindurchpassen. Zwar ist das Gewebe sehr elastisch, dennoch kann es passieren, dass es bei der Geburt beschädigt wird. Es hält der übermäßigen Dehnung nicht stand und reißt. Dann ist von einem Dammriss die Rede.

Unterschiedliche Schweregrade des Dammrisses:

Ein Dammriss wird medizinisch in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt.

  • Dammriss 1. Grades: Der Riss ist oberflächlich und betrifft nur die Haut. Muskulatur, Afterschließmuskel und Darmschleimhaut sind intakt.
  • Dammriss 2. Grades: Auch das Muskelgewebe ist gerissen. Der Riss betrifft also Haut und Muskulatur. Afterschließmuskel und Darmschleimhaut sind intakt.
  • Dammriss 3. Grades: Auch der Afterschließmuskel ist (teilweise oder vollständig) eingerissen. Die Darmschleimhaut ist intakt.
  • Dammriss 4. Grades: Auch die Darmschleimhaut ist eingerissen.
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Wann kommt es zu einem Dammriss? Gibt es Risikofaktoren?

Grundsätzlich kann es bei jeder Geburt zu einem Dammriss kommen. Es gibt jedoch gewisse Risikofaktoren, die einen Dammriss begünstigen.

Risikofaktoren:

  • Es handelt sich um ein sehr großes Kind. Dadurch wird das Gewebe stark überdehnt und reißt.
  • Das Kind ist in einer ungünstigen Lage (Steißlage). Da der Steiß des Kindes einen geringeren Umfang als der Kopf hat, dehnt er den Geburtskanal nicht genügend. Bei der Geburt des Kopfes kann der Damm reißen.
  • Es handelt sich um eine schnelle Geburt mit kurzer Eröffnungsperiode. Das Gewebe hat zu wenig Zeit, sich ausreichend zu dehnen.
  • Es kommen mechanische Hilfsmittel bei der Entbindung zum Einsatz, wie Saugglocke oder Geburtszange
  • Es handelt sich um eine Mehrlingsgeburt.
  • Die Schwangere hat eine bestehende Bindegewebsschwäche.

Wie häufig kommt es zu einem Dammriss?

Statistiken zufolge kommt es bei knapp einem Drittel aller Frauen während einer natürlichen vaginalen Entbindung zu einem Dammriss. Meist handelt es sich dabei um einen Dammriss ersten oder zweiten Grades. Dammrisse dritten und vierten Grades sind selten. Die Häufigkeit liegt bei ungefähr 1,74 Prozent (Grad 3) und 0,12 Prozent (Grad 4). Vor allem Dammrisse vierten Grades kommen in Deutschland sehr selten vor – bei rund einer von tausend Geburten.

Wie wird der Dammriss versorgt?

Dammrisse ersten Grades verheilen meist von allein. Sie müssen häufig nicht einmal genäht werden. Dammrisse zweiten und dritten Grades werden hingegen meist unter lokaler Betäubung mit selbstauflösendem Nahtmaterial vernäht. Das Vernähen wird ganz unkompliziert im Gebärbett durchgeführt. Die frisch gebackene Mutter kann also mit dem Kind im Arm liegen bleiben und kuscheln. Sie muss lediglich ihre Beine in die Halteschalen legen.

Bei Dammrissen vierten Grades, also wenn Haut, Muskulatur und Darmschleimhaut betroffen sind, kann eine Operation unter Vollnarkose notwendig sein. Dann vernäht der Arzt den Damm schichtweise und versorgt Afterschließmuskel und Darm chirurgisch. Er stellt sicher, dass die Funktion des Schließmuskels erhalten bleibt. Bei Dammrissen dritten und vierten Grades ist das Komplikationsrisiko somit höher, da hier auch die Wiederherstellung des Schließmuskels und Darms vonnöten ist.

Schmerzen, Prognose und mögliche Komplikationen

Während der Geburt bekommen die meisten Frauen nicht mit, wenn der Damm reißt. In der Regel verspüren Frauen also keinen direkten Schmerz. Dafür sorgt zum einen das Adrenalin unter der Geburt. Zum anderen die Aussicht, gleich das eigene Baby im Arm halten zu können.

Schmerzen treten meist erst nach einigen Tagen auf, wenn die Wundheilung einsetzt. Dann spüren viele Frauen die Nähte. Diese verursachen ein Spannungsgefühl. Auch beim Sitzen und während des Stuhlgangs kann der Dammriss teils brennende Schmerzen verursachen.

Gegen die Schmerzen können Schmerzmittel eingenommen werden. Allerdings solltest du immer Rücksprache mit deinem Arzt halten. Denn: Schmerzmittel kann in kleinen Dosen in die Muttermilch gelangen. Wie du den Heilungsprozess unterstützen und die Schmerzen auch ohne Medikamente lindern kannst, verraten wir dir gleich.

Prognose:

Dammrisse verheilen normalerweise gut. Bei kleineren Dammrissen klingen die Beschwerden nach rund zehn Tagen ab. Nach etwa drei Wochen lösen sich die Fäden auf. Endgültig verheilt sind die Stellen nach rund vier bis sechs Wochen.

Größere Wunden brauchen länger. Dann können die Beschwerden bis zu drei Monate andauern.

Mögliche Komplikationen:

Wird der Dammriss nicht gut versorgt, heilt er nicht vollständig ab. Bei höhergradigen Rissen sind dann Komplikationen wie eine Beckenbodensenkung (falls Gewebe des Beckenbodens verletzt wurde), Abszesse, Fisteln oder Inkontinenz möglich. Solche Komplikationen treten jedoch selten auf.

Manche Frauen empfinden nach einem Dammriss Geschlechtsverkehr infolge einer sehr starken Narbenbildung als unangenehm. In solchen Fällen kann der Damm mithilfe der Perineoplastik (Dammplastik) neu vernäht werden.

Bleibt eine Narbe?

Bei einem Dammriss bleibt – wie bei jeder Verletzung – eine Narbe. Diese kann je nach Schweregrad des Dammrisses wenige Millimeter bis wenige Zentimeter groß sein. Mit der richtigen Narbenpflege verursacht die Narbe aber in der Regel keine Beschwerden.

Heilungsverlauf: So kannst du die Heilung unterstützen

Die Prognose ist bei einem Dammriss normalerweise gut. Du kannst den Heilungsprozess positiv beeinflussen, wenn du ein paar einfache Dinge beherzigst.

  • Achte auf Hygiene!
    Putze den Po nach dem Stuhlgang immer nach hinten ab. Dadurch verhinderst du, dass Keime vom After in die Wunde gelangen. Eine Po-Dusche, die du mit Wasser befüllen kannst, ist nun eine gute Sache. Trockne die Wunde nach jeder Reinigung vorsichtig ab. Auch wichtig: Wechsele regelmäßig die Einlagen, die du während des Wochenflusses trägst.
  • Vermeide starkes Pressen beim Stuhlgang!
    Trage lieber etwas Vaseline am After auf. Dadurch sorgst du für mehr Gleitfähigkeit und kannst Schmerzen beim Stuhlgang verhindern.
  • Nimm weiche, ballaststoffreiche Kost zu dir und trinke viel!
    Weiche Kost und viel Flüssigkeit fördern einen weichen Stuhl. Eine Verstopfung solltest du jetzt vermeiden.
  • Nimm kurze, lauwarme Sitzbäder!
    Sitzbäder desinfizieren und halten die Narbe weich. Besonders geeignet sind Sitzbäder mit entzündungshemmenden Zusätzen wie Kamille, Arnika und Ringelblume.
  • Kühle die Dammnaht!
    Kälte wird oft als angenehm empfunden. Du kannst die Dammnaht mit Gel-Pads oder Eispackungen kühlen. Alternativ kannst du auch im Gefrierfach gekühlte Damenbinden verwenden.
  • Massiere die Narbe!
    Wenn sich die Fäden aufgelöst haben, kannst du die Narbe täglich ein- bis zweimal mit Mandelöl oder einer speziellen Narbensalbe (frag am besten in der Apotheke nach) massieren. Massagen fördern die Durchblutung des Gewebes. Dadurch aktivierst du die Selbstheilungskräfte deiner Haut.
  • Trainiere deinen Beckenboden!
    Sollten nach dem Dammriss funktionelle Beschwerden bestehen, kannst du diese mit einem gezielten Beckenbodentraining verbessern.

Wann du zum Arzt gehen solltest…

Wenn du merkst, dass sich die Narbe entzündet hat (etwa wenn Eiter austritt) oder falls du Fieber bekommst, gehe unbedingt zum Arzt! Eventuell musst du ein Antibiotikum einnehmen.

Ein Arztbesuch ist außerdem dringend angeraten, wenn sich eine Wulst bildet! Es könnte sein, dass der Dammriss zu eng vernäht wurde. Dein Arzt wird die Fäden entfernen und die Wunde neu verschließen.

Generell gilt: Solltest du mit Beschwerden zu kämpfen haben – welcher Art auch immer – scheue dich nicht den Arzt aufzusuchen. Vor allem, wenn die Beschwerden bereits mehrere Monate anhalten (etwa eine Inkontinenz).

Prophylaxe: So kannst du einem Dammriss vorbeugen

Wenn dir die Entbindung noch bevorsteht, kannst du das Risiko eines Dammrisses verringern. Mit den folgenden Maßnahmen bereitest du deinen Damm bestens auf die Geburt vor.

  • Massiere deinen Damm regelmäßig!
    Etwa ab der 34. SSW solltest du beginnen den Damm sanft zu massieren. Verwende dabei ein Öl (etwa Weizenkeimöl), um den Damm geschmeidig zu machen. Trage das Öl zwischen Scheide und After auf und führe deinen Daumen in die Scheide ein. Beginne nun den Damm mit dem Daumen zu dehnen und das leicht gedehnte Gewebe mit einem anderen Finger zu massieren. Eine genaue Anleitung und hilfreiche Tipps haben wir im Artikel zur Dammmassage für dich. Wenn du den Damm regelmäßig wenige Minuten massierst, kannst du eine spürbare Dehnung erzielen.
  • Führe Damm-Gymnastik durch!
    Auch mit spezieller Damm-Gymnastik kannst du einen Dehnungseffekt erzielen. Eine mögliche Übung: Gehe mit geöffneten Knien in die Hocke. Setze dich jetzt in den Schneidersitz und presse für einige Minuten die Füße gegeneinander. Alternativ sind auch Übungen aus dem Schwangerschaftsyoga eine gute Möglichkeit, dich auf die Geburt vorzubereiten.
  • Nimm Sitzbäder!
    Sitzbäder helfen auch prophylaktisch. Sie machen das Gewebe weicher.
  • Trinke in Rücksprache Himbeerblättertee!
    Himbeerblättertee ist eine seit langem verbreitete Methode zur Vorbereitung des Gewebes, welche die Unterleibsmuskulatur lockern soll. Beckenboden und Dammbereich werden elastischer. Laut Studien ist dieser Effekt nicht bewiesen, aber es gibt Anhaltspunkte, dass er sich positiv auf die mentale Stimmung der Frau auswirkt.
  • Finde die beste Geburtsposition!
    Die meisten Frauen gebären in der Rückenlage. Dadurch wird die Dammregion stark belastet. Das Risiko für einen Dammriss steigt. Bei anderen Geburtspositionen (etwa in der Hocke oder im Vierfüßlerstand) wird das Gewebe weniger belastet. Der Damm bleibt häufiger ­­intakt. Auch eine Wassergeburt ist im Hinblick auf den Damm eine gute Option. Durch das warme Wasser wird das Gewebe weicher und elastischer.

Die aktuelle Leitlinie für die Geburtshilfe empfiehlt, beim Durchtritt des Köpfchens warme Kompressen auf den Damm zu legen. Dadurch wird das Verletzungsrisiko verringert. Sprich deine Hebamme und/oder den behandelnden Arzt darauf an!

Vorteil Dammriss gegenüber Dammschnitt

Noch vor rund 20 Jahren kam es bei natürlichen Entbindungen fast schon routinemäßig zu einem Dammschnitt. Dadurch sollte der Scheideneingang erweitert und ein Dammriss verhindert werden. Es erschien sinnvoller einen Schnitt durchzuführen, als das Gewebe unkontrolliert einreißen zu lassen. Heute werden Dammschnitte deutlich seltener durchgeführt. Sie kommen nur bei etwa 20 Prozent aller Geburten zum Einsatz, wenn beispielsweise der Geburtskanal zu eng ist oder das Kind schnell geholt werden muss.

Weshalb lässt man den Damm heute reißen?

Inzwischen haben sich die Leitlinien geändert. Ärzte lassen den Damm reißen, statt einen Dammschnitt durchzuführen. Der Grund: Reißt der Damm von selbst ein, dann dort, wo das Gewebe sehr dünn ist. An diesen Stellen verheilen die Narben normalerweise sehr schnell wieder. Bei einem Dammschnitt ist die Wunde hingegen größer. Schließlich geht ein Dammschnitt durch mehrere Gewebeschichten hindurch. Nach einem Dammriss verheilen die Verletzungen also oft besser als nach einem Dammschnitt.

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Fazit

Zugegeben, Dammriss klingt äußerst schmerzhaft. Aber keine Angst, sollte dein Damm während der Entbindung reißen, wirst du vermutlich nichts davon spüren. Abgesehen davon: Richtig versorgt heilt ein Dammriss in der Regel komplikationslos ab. Du bist dennoch besorgt? Nun, damit es gar nicht erst zu einem Dammriss kommt, kannst du bereits in der Schwangerschaft einige Maßnahmen ergreifen. Mit der richtigen Vorsorge kannst du das Dammriss-Risiko deutlich verringern.

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Quellen

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✔ Inhaltlich geprüft am 17.02.2022
Dieser Artikel wurde von Nadine Beermann geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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