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Notkaiserschnitt: Gründe, Ablauf und Häufigkeit einer Notsectio

Medizinisches PErsonal bereitet im OP einen Notkaiserschnitt vor.
Ein Notkaiserschnitt erfolgt in Vollnarkose. / Bild © Friends Stock, Adobe Stock

Ein Notkaiserschnitt ist das Schreckgespenst vieler schwangerer Frauen. Leider gibt es Gründe, die einen Notkaiserschnitt unausweichlich machen. Welche das sind, wie häufig sie eintreten und wie eine Notsectio abläuft, erklären wir dir in diesem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Notkaiserschnitt erfolgt stets ungeplant und kann sowohl vor Beginn als auch während der Geburt notwendig werden.
  • Die Notsectio wird durchgeführt, wenn für Mutter und/oder Kind unmittelbare Lebensgefahr besteht.
  • Von der Entscheidung zur Sectio bis zur Entbindung des Kindes sollten bei einem Notkaiserschnitt maximal 20 Minuten vergehen.
  • Die notfallmäßige Sectio caesarea unterscheidet sich unter anderem in ihrer Dauer und der Narkoseart von einem (Wunsch-)Kaiserschnitt.
  • Eine Notsectio kann psychisch belastend sein, daher ist es wichtig, über das Erlebte zu sprechen – hierzu gibt es verschiedene Beratungs- und Anlaufstellen.

Was ist ein Notkaiserschnitt?

Ein Notkaiserschnitt (auch: Notfallkaiserschnitt) ist eine notfallmäßig durchgeführte Schnittentbindung. Er wird auch als Notsectio (von lateinisch „Sectio caesarea“) bezeichnet. Man spricht nur dann von einem Notkaiserschnitt, wenn unmittelbare Lebensgefahr für die Mutter und/oder das Baby besteht und die Sectio umgehend erfolgen muss.

Ein Notkaiserschnitt ist also ein ungeplanter Kaiserschnitt, der in einer Notfallsituation erfolgt. Er kann sowohl vor Beginn als auch während der Geburt notwendig werden:

  • falls bei einer bereits begonnenen Spontangeburt lebensbedrohliche Komplikationen eintreten, die zuvor nicht absehbar waren.
  • falls das Leben von Mutter und/oder Kind vor Einsetzen der Geburt akut bedroht ist (etwa durch eine schwere Erkrankung der Mutter oder Blutungen, die beispielsweise durch eine Plazentalösung verursacht werden).

Einem Notkaiserschnitt liegt demnach stets eine dringende, nicht vorhersehbare medizinische Notwendigkeit zugrunde. Er muss unmittelbar erfolgen, um lebensbedrohliche Komplikationen abzuwenden.

Unterschied zwischen Notkaiserschnitt und eiligem Kaiserschnitt

Oft werden die Begriffe Notkaiserschnitt und eiliger Kaiserschnitt synonym verwendet. Aber: Bei einem eiligen (auch: dringlichen) Kaiserschnitt besteht keine akute Lebensgefahr. Bei einer eiligen Sectio bleibt daher mehr Zeit für vorbereitende Maßnahmen, etwa für das Legen eines Blasenkatheters oder die gründliche Desinfektion des OP-Gebietes.

Wie häufig kommt es zu einer Notsectio?

Im Jahr 2021 kamen 30,9 Prozent aller Kinder in Deutschland per Kaiserschnitt zur Welt. Jedes dritte Kind wurde demnach per Sectio entbunden. Diese Rate ist seit mehreren Jahren nahezu unverändert. Genaue Zahlen darüber, wie viele der durchgeführten Kaiserschnitte Notfallmaßnahmen waren, gibt es jedoch nicht.

Zur Beruhigung: Bei 90 Prozent aller Kaiserschnitte liegen sogenannte relative Indikationen vor. Das bedeutet: Ein Kaiserschnitt kann in diesem Fall die beste Option sein, er ist aber nicht zwingend erforderlich. Bei einem Notfallkaiserschnitt handelt es sich hingegen um eine absolute Indikation, denn er erfolgt aus zwingenden medizinischen Gründen. Absolute Indikationen sind für weniger als 10 Prozent aller Kaiserschnittentbindungen verantwortlich. Bei der überwiegenden Mehrheit aller Kaiserschnitte liegt somit kein Notfall vor.

Du solltest der Geburt gelassen entgegenblicken und dir keine Sorgen machen. Ein Notkaiserschnitt ist zum Glück äußerst selten erforderlich.

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Was sind die Gründe für einen Notkaiserschnitt?

Ein Notkaiserschnitt wird durchgeführt, wenn eine akute Bedrohung für das Leben von Mutter und/oder Kind besteht. Folgende Gründe erfordern ein rasches Handeln:

  • Abfallende Herztöne des Babys (akute Bradykardie): Die Herzfrequenz des Babys sinkt auf unter 110 Schläge pro Minute.
  • Akuter Sauerstoffmangel beim Baby (Asphyxie): Das Ungeborene wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt (etwa bei einem Nabelschnurvorfall).
  • Nabelschnurvorfall: Die Nabelschnur „rutscht“ zwischen Baby und Vagina. Während der Wehen wird das Baby gegen die Nabelschnur gedrückt. Es besteht die Gefahr, dass sie abgeklemmt und dadurch die Sauerstoffzufuhr beeinträchtigt wird.
  • Baby steckt fest: Die Schultern des Babys verkeilen sich am Schambein der Mutter.
  • Armvorfall bei Querlage: Das Baby liegt quer in der Gebärmutter. Ein Arm „fällt“ in den Geburtskanal vor. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich die Schultern im Becken der Mutter verkeilen (sogenannte Schulterdystokie) und es zu Komplikationen wie einer Uterusruptur kommt.
  • Uterusruptur: Die Gebärmutter reißt ein. Bei Frauen, die schon einmal einen Kaiserschnitt hatten, besteht ein erhöhtes Risiko.
  • Vorzeitige Plazentaablösung: Die Plazenta (Mutterkuchen) löst sich zu früh von der Gebärmutterwand ab. Es kann zu starken Blutungen und einer Unterversorgung des Babys mit Sauerstoff kommen.
  • Infektion und Fieber der Mutter: Es kommt nach einem vorzeitigen Blasensprung zu einer Infektion und Fieber bei der Mutter. Oder es liegt eine akute Infektion der Fruchthöhle und eventuell des Kindes vor (Amnioninfektionssyndrom).
  • Kraftverlust der Mutter: Die Mutter ist erschöpft und hat keine Kraft mehr.
  • Schwangerschaftsbedingte schwere Erkrankung der Mutter: Die Schwangere entwickelt ohne Vorzeichen das HELLP-Syndrom oder leidet an einer schweren Eklampsie (Krampfanfälle bei einer Präeklampsie).
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Geburtsstillstand erfordert nicht zwangsläufig einen Notkaiserschnitt

Auch ein Geburtsstillstand kann eine Notsectio erforderlich machen. Solange Mutter und Kind wohlauf sind, kann jedoch zunächst abgewartet werden. Anders sieht es aus, wenn es Mutter und/oder Kind nicht gut geht. Sobald Gesundheit und Leben von Mutter und/oder Kind in Gefahr sind, ist ein Notkaiserschnitt zwingend erforderlich. Wann ein Notkaiserschnitt bei einem Geburtsstillstand durchgeführt wird, entscheiden somit die Ärzte je nach Gesundheitszustand von Mutter und Kind.

Woran erkennt man, dass es dem Ungeborenen nicht gut geht?

Drohende Komplikationen während der Geburt lassen sich auf dem CTG erkennen, das den Herzschlag des Babys und die Wehentätigkeit überwacht. Sollten die CTG-Werte auffällig (pathologisch) sein, werden zunächst diagnostische Maßnahmen ergriffen, um die Ursache zu analysieren. Unter anderem kann durch eine Fetalblutanalyse der Sauerstoffgehalt des Blutes beim ungeborenen Kind im Labor bestimmt werden. Stellen die Ärzte und Ärztinnen eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation fest, wird der Notkaiserschnitt durchgeführt.

Wie läuft ein Notkaiserschnitt ab?

Ein Notkaiserschnitt unterscheidet sich im Wesentlichen in drei Punkten von einem „normalen“ Kaiserschnitt oder einem Wunschkaiserschnitt:

  1. in seiner Dauer
  2. in der Art der Betäubung
  3. in Bezug auf die Begleitperson.

Dauer eines Notkaiserschnitts

Bei einem Notkaiserschnitt muss es schnell gehen. Die sogenannte Entscheidungs-Entbindungszeit („E-E-Zeit“), also die Zeit von der Entscheidung für eine Notsectio bis zur Geburt des Babys, sollte laut Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaften zur Sectio Caesarea maximal 20 Minuten betragen.

Art der Betäubung

Das rasche Handeln hat zur Folge, dass nicht genug Zeit bleibt, eine Spinalanästhesie bzw. Periduralanästhesie (PDA) zu setzen. Eine notfallmäßige Schnittentbindung erfolgt daher normalerweise bei Vollnarkose, da diese schneller wirkt. Übrigens werden aus Zeitgründen auch weitere, bei Kaiserschnitten ohne Not übliche Vorbereitungsmaßnahmen wie das Legen eines Blasenkatheters, die ausführliche Aufklärung der Mutter und die gründliche Desinfektion des Bauchbereichs übersprungen. In besonders akuten Fällen wird die Notsectio sogar direkt im Kreißsaal durchgeführt – sofern es die Räumlichkeiten zulassen.

Anwesenheit einer Begleitperson

Während es bei einem Kaiserschnitt normalerweise möglich ist, eine Begleitperson mit in den OP zu nehmen, ist bei einem Notfallkaiserschnitt in der Regel keine Geburtsbegleitung erlaubt. Deine Hebamme darf jedoch mit in den OP. Sie nimmt das Baby an und übergibt es zur Kontrolle den Kinderärzten. Dein Partner darf bei der Untersuchung durch den Kinderarzt oder die Kinderärztin dabei sein.

Krankenhäuser üben Abläufe einer Notsectio ein

Um bei einem Notkaiserschnitt keine Zeit zu verlieren, wird die Notsectio trainiert. Die Abläufe werden exakt eingeübt, damit im Notfall jeder weiß, was er zu tun hat. In vielen Kliniken gibt es zudem einen „Alarmknopf“, der im Falle einer akut lebensbedrohlichen Situation für Mutter und/oder Kind gedrückt werden kann, um das für die OP erforderliche medizinische Fachpersonal schnell zusammenzurufen.

Welche Folgen kann eine Notsectio haben?

Bei einer Notsectio steht das Ärzteteam unter Zeitdruck. Alles muss deutlich schneller gehen als bei einem geplanten Kaiserschnitt. Daher ist bei einem Notkaiserschnitt das Verletzungsrisiko erhöht. Durch das rasche Handeln kann es eher zu Verletzungen umliegender Organe und zu stärkeren Blutungen kommen (muss es aber nicht!). Dies wiederum kann die Rückbildung sowie den Heilungsprozess der Notkaiserschnitt-Narbe verzögern.

Neben diesen körperlichen Beschwerden kann eine Notsectio auch psychische Folgen haben. Ein Notkaiserschnitt kann ein traumatisierendes Geburtserlebnis sein. Die Angst um das Baby und das Gefühl, die Geburt aufgrund der Vollnarkose nicht wie erhofft „miterlebt“ zu haben, können eine große seelische Belastung darstellen – selbst dann, wenn die Betroffenen wissen, dass die Sectio lebensrettend war. Diese seelischen Narben können weitreichende Folgen haben, etwa Schuldgefühle oder Probleme, eine Bindung zum Kind aufzubauen.

Notkaiserschnitt verarbeiten: hilfreiche Anlaufstellen

Da ein Notkaiserschnitt Folgen physischer und vor allem psychischer Natur haben kann, ist es wichtig, das Erlebte zu verarbeiten. Für viele betroffene Frauen sind ihre Frauenärztin und vor allem ihre Hebamme dabei wichtige Stützen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Beratungs- und Anlaufstellen, die Frauen mit traumatischen Geburtserfahrungen in Anspruch nehmen können, etwa:

Es ist wichtig, über das Erlebte zu sprechen – mit Ärzten, Hebammen, Therapeuten oder auch anderen Betroffenen, die die Notkaiserschnitt-Erfahrung mit dir teilen.

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Um die Geburt zu verarbeiten, kann es zudem hilfreich sein, den Geburtsbericht anzufordern. Dort ist der Ablauf der Geburt genauestens dokumentiert. Wende dich hierzu an die Krankenhausverwaltung oder die Leitung der Geburtsstation des Krankenhauses, in dem du entbunden hast. Laut § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hast du ein Anrecht auf Einsichtnahme in deine Patientenakte. Darauf kannst du dich berufen, falls die Klinik zunächst zögern sollte, die Akte herauszugeben.

Hebammen-Tipp: Babyheilbad nach Meissner

Viele Hebammen empfehlen Frauen, die eine schwierige Geburt hinter sich haben, ein Babyheilbad nach Meissner durchzuführen. Es soll dazu beitragen können, eine traumatische Geburtssituation aufzuarbeiten und das Bonding zwischen Mutter und Kind zu fördern.

Hat ein Notkaiserschnitt Auswirkungen auf das Baby?

Wie bei allen Kaiserschnitten kann es auch bei einer notfallmäßigen Sectio caesarea durch die plötzliche Geburt zu Atemproblemen und Anpassungsstörungen kommen. Bei einer Notsectio unter Vollnarkose besteht zudem ein erhöhtes Risiko eines verzögerten Atmungsbeginns. Das Neugeborene kann außerdem sehr schläfrig sein.

Neugeborene, die per Notkaiserschnitt geboren werden, benötigen zudem häufiger eine medizinische Behandlung. Dies liegt jedoch nicht an der Operation selbst, sondern an den medizinischen Gründen, die die Notsectio nötig gemacht haben (etwa ein drohender Sauerstoffmangel). Darüber hinaus kann es durch die OP zu kleinen Schürf- oder Schnittwunden kommen. Diese heilen jedoch meist von selbst ab.

Stillen nach Notsectio – geht das?

Das Stillen kann trotz Vollnarkose früh gefördert werden. Sobald die frisch gebackene Mutter wach und orientiert ist, sollte…

  • das frühe Anlegen unterstützt werden.
  • das Baby bei der Mama bleiben.
  • das Bonding gefördert werden.

Übrigens: Früher dachte man, die erste Vormilch müsse nach einer Sectio in Vollnarkose gewonnen und verworfen werden. Das ist jedoch nicht der Fall.

Mögliche Probleme beim Stillen nach einem Notkaiserschnitt

Trotz früher Stillförderung kann es nach einer Notsectio anfänglich zu Stillschwierigkeiten wie einer verzögerten Milchbildung oder einer langsamen Gewichtszunahme des Babys kommen. Abpumpen kann hilfreich sein, um die Milchbildung in Gang zu setzen, falls das Kind noch nicht effektiv an der Brust saugen kann.

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Fazit: Ein Notkaiserschnitt ist nur sehr selten erforderlich

Du solltest der Geburt gelassen, nicht sorgenvoll entgegenblicken. Ein Notkaiserschnitt ist nur sehr selten erforderlich. Betrachte ihn nicht als Schreckgespenst, sondern als wertvolle Möglichkeit, deinem Baby auf die Welt zu verhelfen, falls es dies aus irgendeinem Grund nicht alleine schaffen sollte. Die geburtsmedizinischen Krankenhausabteilungen in Deutschland sind bestens auf unvorhersehbare Geburtsverläufe vorbereitet. Sollte es tatsächlich zu Komplikationen kommen, sind du und dein Kind in guten Händen.

Hast du bereits einen Notkaiserschnitt hinter dir? Wie hast du das Erlebte empfunden und verarbeitet? Wir freuen uns über eure Erfahrungsberichte und Kommentare!

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 23.04.2024
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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