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Zangengeburt: Nutzen, Ablauf und Folgen für Mutter und Kind

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Zangengeburt – gibt es so etwas noch? Was mittelalterlich klingt, ist in Deutschland selten. Manchmal aber nötig, um ein Baby zu retten. Wie eine solche Geburt abläuft und welche Folgen sie für dich oder dein Kind haben kann, erfährst du jetzt.

Was ist eine Zangengeburt, und wann ist sie nötig?

Ein Kind, das per Zange (Forceps) geholt wird, ist mittlerweile selten, aber nicht ausgeschlossen. 0,4 Prozent aller Entbindungen in Deutschland, also 4 von 1.000 Geburten, sind Zangengeburten. Weitaus häufiger ist eine Saugglockengeburt. Ein Grund dafür liegt auch darin, dass die schwierige Technik der Zangengeburt nicht mehr alle Geburtshelfer beherrschen oder sie sich zutrauen. WENN unter der Geburt also jemand zur Zange greift, kannst du dir sicher sein, dass sie jemand mit Erfahrung führt.

Wenn die Geburt stagniert, der Kopf des Kindes aber schon zu tief im Geburtskanal ist, kann manchmal Hilfe nötig sein. Verschlechtern sich dann die Herztöne des Babys, ist die Zange eins der besten Hilfsmittel, denn sie ist schnell angelegt. Wenn die Saugglocke warum auch immer keine Option ist, hebt der oder die Ärztin dein Kind mithilfe von zwei anatomisch geformten Metalllöffeln Stück für Stück aus dem Geburtskanal. Keine Sorge, du selbst merkst davon dank lokaler Betäubung wenig. 

Und auch dein Kind bleibt bei dieser Methode heil. Es ist völlig normal, wenn der Kopf nach der Zangengeburt länglich verformt ist. Innerhalb weniger Wochen normalisiert sich dieser Zustand wieder.

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Bedingungen und Ablauf einer Zangengeburt

Eine Zangengeburt macht niemand einfach aus einer Laune heraus. Die Zange wird nur benutzt, wenn es nicht anders geht. Trotzdem müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein, bevor es damit losgeht:

  • Die Austreibungsphase dauert zu lang und das Baby zeigt deutliche Stresszeichen.
  • Das Kind liegt mit dem Köpfchen voran so tief im Geburtskanal, dass es gut erreichbar ist.
  • Die Fruchtblase ist bereits geplatzt oder eröffnet.
  • Der Muttermund ist komplett offen.

Um mehr Platz für die Zange zu haben, hilft ein Katheter, deine Blase zu leeren. Eventuell wird ein Dammschnitt nötig. Keine Sorge, vorher bekommst du einen Pudendus-Block, wenn du keine PDA hattest. Also eine lokale Betäubung. Früher arbeitete man ohne Schmerzmittel. Du kannst dir vorstellen, warum Zangengeburten einen so schlechten Ruf hatten.

Die Ärztin führt erst einen und dann den anderen Löffel ein. Und zwar so, dass sie an Babys Kopf anliegen. Ein sanfter Probezug zeigt, dass keine Weichteile eingeklemmt sind und die Zange gut sitzt. Während der Presswehen wird der Kopf des Babys als größtes Körperteil nach und nach herausgezogen. Du darfst mitschieben. Manchmal drücken die Geburtshelferinnen zeitgleich auf deinen Bauch (Kristeller-Handgriff). Ist der Kopf draußen, kommt die Zange weg. Der Rest der Geburt geht dann schnell.

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Chancen und Risiken einer Zangengeburt für das Baby

Nicht vergessen: Eine Zangengeburt kann das Leben deines Babys retten. Eventuelle Kopfverformungen bilden sich innerhalb weniger Tage zurück. Und auch eventuelle Kratzer oder Blutergüsse verschwinden nach ein paar Tagen. Nach einer Zangengeburt ist die Neugeborenengelbsucht meist leicht verstärkt, aber dafür gibt es gute Gegenmaßnahmen. 

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Durch den Druck der Zange könnte unter Umständen der Gesichtsnerv leicht gequetscht werden. Die Folge davon wären Gesichtslähmungen (Parese). Diese Beeinträchtigungen heilen jedoch normalerweise innerhalb von 3 bis 4 Wochen von selbst ab. Sollten Lähmungen über den ersten Lebensmonat hinaus anhalten, sprich das auf jeden Fall in der Kinderarztpraxis an.  

Auch könnten Nerven zwischen Hals und Schulter (Plexus brachialis) bei der Zangengeburt verletzt werden, was ebenfalls Lähmungserscheinungen zur Folge hätte. Etwaige neurologische Defizite über den 3. Monat hinaus könnten unter Umständen eine Operation nötig machen – doch das nur zur Vollständigkeit. 80 bis 95 Prozent der Kinder benötigen keine solchen Maßnahmen und erholen sich ganz von allein.

Und was ist mit Hirnblutungen? Die gibt es, sie sind aber sehr selten, und meist nur leicht und ohne langfristige Folgen für das Kind. Da auch normal geborene Babys Hirnblutungen haben können, sind sich Experten nicht sicher, woran es wirklich lag: an der Zange oder an der verlängerten Geburt. Wie auch immer: solche Blutungen sind nach Zangengeburten noch seltener als bei Geburten mit der Saugglocke.

Mögliche Folgen einer Zangengeburt für die Mutter

Kommt die Zange als Geburtshilfe zum Einsatz kann das mitunter auch Folgen für dich selbst haben. Sie dehnt den Geburtsweg stark, wodurch der Dammbereich zwischen Scheide und Anus reißen kann (Dammriss). Auch der Beckenboden, also die Muskelplatte, die die inneren Organe im Becken zurückhält, wird bei einer Zangengeburt enorm belastet. Ein gezieltes Beckenbodentraining nach der Geburt ist deshalb sehr wichtig für dich, um einer möglichen Inkontinenz oder Gebärmuttersenkung vorzubeugen. Unter Umständen könnten beim Einsatz der Zange auch Verletzungen der Harnwege oder Blase auftreten.

Dass viele Frauen nach vaginalen Geburten (und speziell nach dem Einsatz solcher Hilfsmittel) davon betroffen sind, ist erst in den letzten Jahren klar geworden. Bestimmte Faktoren begünstigen solche Geburtsverletzungen:

  • Das Alter der Schwangeren
  • die Größe des Kindes bzw. des Kopfes im Vergleich zur Mutter oder ihrem Becken
  • die Elastizität des Beckenbodens/Bindegewebes
  • vorangegangene Geburten mit starken Dammrissen

Ärzte versuchen mithilfe von Algorithmen, das individuelle Risiko der Frau abzuschätzen. Mitunter raten sie dann zum rechtzeitigen Kaiserschnitt. Ein Vorschlag, den du gut abwägen solltest. Denn alle Geburtsmethoden haben ihre individuellen Vor- und Nachteile.

Abgesehen von den körperlichen Beschwerden, macht dir vielleicht auch die mentale Verarbeitung der Geburt per Zange zu schaffen. Denn ob Zange, Saugglocke oder Kaiserschnitt: Wann immer Hilfsmittel nötig werden, platzen Träume. Viele Frauen haben ganz genaue Vorstellungen davon, wie ihre Geburt verlaufen soll. Doch leider klappt das nicht immer. Das zu verarbeiten, braucht Zeit und manchmal professionelle Hilfe. Mach es nicht mit dir selbst aus. Sondern sprich mit Hebamme oder Frauenärztin darüber, damit sie dir helfen können.

Viele Betroffene profitieren auch vom Austausch mit anderen Müttern. Selbsthilfegruppen nach traumatischer Geburt gibt es vielleicht auch in deiner Nähe. Ein weiteres Angebot ist beispielsweise das Hilfetelefon von Motherhood e.V..

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Quellen

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✔ Inhaltlich geprüft am 23.11.2022
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

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