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Ablauf einer Zwillingsgeburt: Natürlich oder per Kaiserschnitt?

Zwillingsgeburt
Neugeborene Zwillinge / Bild © Martin Valigursky, Adobe Stock

Wer mit Zwillingen schwanger ist, erlebt vieles ähnlich wie andere Schwangere. Manches aber ist doch sehr speziell und erfordert Wissen über die individuelle Situation. Wende dich deshalb auch bei Fragen zur Geburt eurer Zwillinge früh an Ärzte mit Erfahrung beim Thema Mehrlinge. Schließlich sollen eure Babys einen guten Start ins Leben haben.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Zwillingsgeburt gleicht zunächst einer Geburt von nur einem Kind.
  • Es gibt medizinische Gründe, bei denen Ärzte euch zu einem Kaiserschnitt raten werden. Bei einer unkomplizierten Zwillingsschwangerschaft ist aber auch eine vaginale Geburt gut möglich. 
  • Die meisten Zwillinge (ca. 60 Prozent) kommen vor SSW 38 auf die Welt. Ihr solltet also damit rechnen, dass eure beiden Kinder früher als gedacht geboren werden könnten.
  • Sucht euch deshalb als Klinik für eure Zwillingsgeburt ein Perinatalzentrum Level 1 oder 2. Dort seid ihr immer nah bei euren Kindern – auch wenn diese eventuell noch in der Klinik bleiben müssen.
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Wie läuft eine Zwillingsgeburt ab?

Die Geburtsphasen einer spontanen bzw. “natürlichen” Zwillingsgeburt gleichen denen jeder anderen Geburt. Mehr Informationen rund um das Thema Geburt erhältst du übrigens in unserer kostenlosen babelli Schwangerschafts-App. Einzig für das zweite Kind gibt es eine zweite Austrittsphase. Es kommt im Durchschnitt etwa eine halbe Stunde nach dem ersten auf die Welt. Der zeitliche Abstand kann aber variieren. Mittels Ultraschall werden Herztöne und Lage des zweiten Zwillingskindes überwacht, solange es noch nicht auf der Welt ist.

Selten kommen Zwillinge an verschiedenen Tagen auf die Welt. Sie heißen dann zweizeitige Zwillinge. Ein Zwilling wird zum Beispiel innerhalb eines Geburtsvorgangs in der Nacht vor 24 Uhr geboren, der andere Zwilling kurz nach 24 Uhr. Tatsächlich können in Ausnahmefällen zwischen der (Früh-)Geburt vom ersten Zwilling und der tatsächlichen Geburt des zweiten Zwillings auch Tage oder Monate liegen. Im Jahr 2019 meldeten die Kliniken der Stadt Köln Zwillingsmädchen, die mit einem Abstand von 97 Tagen geboren wurden.

In der Regel raten Ärzte von Anfang an zu einer Periduralanästhesie (PDA), um deine Kräfte zu schonen und um – falls notwendig – möglichst schnell weitere Medikamente geben zu können. 
Was du außerdem wissen solltest: Zwei Kinder erfordern doppeltes Fachpersonal: So stehen bei einer Zwillingsgeburt in der Regel zwei Gynäkologen, zwei pädiatrische Fachkräfte (z.B. Kinderärztin und Kinderkrankenschwester) und zwei Hebammen für euch parat. Das ist gut zu wissen, denn dann gerätst du beim Anblick der vielen Menschen nicht in Sorge um deine Kinder und dich.

Im Vorfeld solltet ihr überlegen, ob ihr nicht noch eine weitere Begleitperson hinzuzieht, die sich während der Geburt des zweiten Kindes um dich oder das erste Baby kümmern kann. Das könnte zum Beispiel auch eine Doula sein.

Es gibt spezielle Geburtsvorbereitungskurse für Zwillingseltern

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Wann raten Ärzte zum Kaiserschnitt?

Verläuft die Schwangerschaft regulär und sind Mutter und Kinder gesund, steht einer spontanen Zwillingsgeburt nichts im Weg. Es gibt allerdings einige Gründe, die aus medizinischer Sicht für einen Kaiserschnitt sprechen:

Frühgeborene vor SSW 32/33 werden in der Regel per Kaiserschnitt entbunden. Sie sind noch nicht komplett ausgereift und halten den Anstrengungen einer Spontangeburt womöglich noch nicht so gut stand. Du bekommst vermutlich vor der Geburt Medikamente gespritzt, die die Lungenreife deiner Babys zusätzlich unterstützen.  

Eine Querlage beim “führenden” Zwilling, der unten und damit dem Muttermund am nächsten liegt, erzwingt einen Kaiserschnitt. Andere Lageanomalien wie eine Beckenendlage erschweren zwar die Entscheidung für eine Spontangeburt, sind aber kein absolutes Hindernis: Liegt etwa der erste Zwilling mit dem Kopf in Führung und der zweite nur in Beckenendlage, kann durchaus eine spontane Geburt angestrebt werden. Der Verlauf der Zwillingsgeburt entscheidet dann, ob ein Kaiserschnitt notwendig wird oder nicht. 

Die so genannte Twin Birth Studie zeigt, dass 56 Prozent der geplanten vaginalen Geburten auch tatsächlich vaginal entbunden wurden, bei 40 Prozent war ein Kaiserschnitt beider Kinder und bei vier Prozent ein Kaiserschnitt am zweiten Zwilling notwendig. In der Gruppe mit geplantem Kaiserschnitt betrug die Kaiserschnittrate 91 Prozent.

Gemeinsam mit euren Ärzten und Hebammen solltet ihr deshalb eure individuelle Situation besprechen. Dazu zählen auch frühere Geburten sowie Größe und Gewicht der Kinder.

Teilen sich eineiige Zwillinge eine Plazenta und eine Fruchtblase (monochorial-monoamniot), wird in den allermeisten Fällen auch von einer Spontangeburt abgeraten. Diese Schwangerschaft muss generell gut überwacht sein, um eine schlechte Versorgung durch die gemeinsame Plazenta zu vermeiden. Deine Ärzte werden deshalb zu einer frühzeitigen Entbindung ab SSW 33 per Kaiserschnitt raten. So sinkt auch die Gefahr von Nabelschnur-Komplikationen während der Zwillingsgeburt.

Gewichtsunterschiede führen auch oft zu einem Kaiserschnitt, vor allem wenn der führende Zwilling deutlich kleiner und leichter ist als der zweite. 

Schwangerschaftskomplikationen wie ein Gestationsdiabetes, ein hoher Blutdruck oder bestimmte Vorerkrankungen, die man bei der Geburt von nur einem Kind vielleicht noch eher tolerieren würde, können bei einer Zwillingsgeburt doch eher zu einer Entscheidung für einen Kaiserschnitt führen. 

Dein Arzt oder deine Ärztin werden mit euch sprechen und vermutlich auch einen Geburtsmodus empfehlen. Informiert euch rechtzeitig über Vor- und Nachteile, damit ihr gut vorbereitet in die Geburt startet und dann auch auf unvorhergesehene Situationen reagieren könnt. Viele Eltern fühlen sich mit einem plötzlichen Kaiserschnitt etwa “überrumpelt”. Dem könnt ihr vorbeugen.

Wann kommen Zwillinge auf die Welt?

Stelle dich auf eine etwas kürzere Schwangerschaft ein: Viele Kliniken raten ab SSW 38 sogar zu einer Einleitung der Geburt, damit beide Kinder sicher und gesund auf die Welt kommen. Denn ab dann wird es wirklich eng in deinem Bauch, und die Babys gelten bereits als reif. Eineiige Zwillinge, die sich eine Plazenta teilen, sollen laut ärztlicher Leitlinie sogar bereits ab SSW 37 geholt werden, da sich die Sterblichkeit im Mutterleib bei ihnen ab diesem Zeitpunkt verdoppelt. 

60 Prozent aller Zwillinge werden vor SSW 38 geboren, 12 Prozent davon sogar vor SSW 33. Immer wieder gibt es auch Komplikationen, sodass extreme Frühchen ab SSW 28 oder sogar noch früher auf die Welt kommen und zunächst viele Wochen auf der Neugeborenen-Intensivstation verbringen müssen. 

Inzwischen haben die meisten Geburtskliniken so viel Erfahrung mit diesen Frühgeborenen, dass sie bestens umsorgt werden und sich im Inkubator weiter entwickeln können bis ihr sie ab einem Geburtsgewicht von etwa 2100 Gramm mit nach Hause nehmen dürft. 

Wie lange bleiben Zwillinge nach der Geburt im Krankenhaus?

Sind deine Zwillinge voll ausgereift und bist du nach einer spontanen Entbindung auch wieder fit, dürft ihr nach drei bis fünf Tagen nach Hause. Häufig verzögert sich die Entlassung aber.

Nach einer (extremen) frühen Frühgeburt müssen sie zunächst viele Wochen und Monate auf einer Neugeborenen-Intensivstation bleiben. Du darfst sie in der Regel begleiten und wirst auch früh in die Pflege mit eingebunden. Damit ihr nach Hause dürft, müssen die beiden ein gewisses Alter und/oder Gewicht erreichen. Die genauen Entlassungskriterien werden die Ärzte mit euch vor Ort besprechen. Sie kennen eure Kinder am besten und haben Erfahrung mit der Entwicklung von Früh- und Neugeborenen. 

Bei der Wahl der Geburtsklinik solltest du dich für ein Perinatalzentrum (Level 1 oder 2) entscheiden. Das Personal dort ist auf Früh- und Neugeborene spezialisiert. Im Idealfall bist du so auch direkt nach der Geburt räumlich nah an der Neugeborenen-Intensivstation.

Hast du noch Fragen oder Anregungen zum Thema Zwillingsgeburt? Lass es uns in den Kommentaren wissen!

Quellen

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Lersch, P. & Von Haugwitz, D. (2020). Zwillinge: Gut durch Schwangerschaft, Geburt & erstes Lebensjahr.

AWMF LL 015-087 S24. Überwachung und Betreuung von Zwillingsschwangerschaften. www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-087.html (abgerufen am 02.08.2023)

Barrett, J., Hannah, M. E., Hutton, E. K., Willan, A. R., Allen, A. C., Armson, B. A., Gafni, A., Joseph, K., Mason, D., Ohlsson, A., Ross, S., Sanchez, J. & Asztalos, E. (2013). A randomized trial of planned cesarean or vaginal delivery for twin pregnancy. The New England Journal of Medicine, 369(14), 1295–1305. https://doi.org/10.1056/nejmoa1214939 (abgerufen am 02.08.2023)

Beckenendlagenentwicklung: Steigende Sectiorate bei Zwillingsschwangerschaften. (2018). Die Hebamme, 31(05), 298. https://doi.org/10.1055/a-0729-5192 (abgerufen am 02.08.2023)

Cheong-See, F., Schuit, E., Arroyo-Manzano, D., Khalil, A., Barrett, J., Joseph, K. S., Asztalos, E., Hack, K., Lewi, L., Lim, A. C., Liem, S., Norman, J. E., Morrison, J. C., Combs, C. A., Garite, T. J., Maurel, K., Serra, V., Perales, A., Rode, L., . . . Thangaratinam, S. (2016). Prospective risk of stillbirth and neonatal complications in twin pregnancies: systematic review and meta-analysis. BMJ, i4353. https://doi.org/10.1136/bmj.i4353 (abgerufen am 02.08.2023)

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✔ Inhaltlich geprüft am 18.08.2023
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Clara Stark

Mit Mann und drei Kindern lebt Clara im niederbayerischen Landshut. Von dort aus unterstützt sie die babelli-Redaktion als Medizinjournalistin und erklärt Fachbegriffe rund um Schwangerschaft, Baby und Kleinkind - von Amniozentese bis Zytomegalie. Seit mehr als 20 Jahren recherchiert die Diplom-Molekularmedizinerin und gelernte Redakteurin zu Wissenschafts- und Medizinthemen. Komplexe Sachverhalte so zu erklären, dass sie leicht verständlich und konsumierbar sind, ist für sie selbstverständlich und herausfordernd zugleich.

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