Close Babelli.deBabelli.de

Stillen und Beruf vereinbaren – so kann es gehen

Ärztin in der Praxis hält ihr Stillbaby im Arm
Job und Stillen schließen sich nicht aus, wenn Frauen Hilfe haben. / Bild © Syda Productions, Adobe Stock

Für unsere mit * gekennzeichneten, redaktionell unabhängigen Produktempfehlungen erhält Babelli ggf. eine Provision vom Händler, die den Preis jedoch nicht erhöht. Mehr dazu

Welche Regelungen es zum Stillen oder Abpumpen im Job gibt und was dir das Leben als Stillende im Beruf erleichtert, erklären wir hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Für das Stillen im Job gibt es gesetzliche Regelungen, ebenso dafür, wie Stillende beschäftigt werden dürfen.
  • Wichtig für den Anspruch auf Stillpausen sind u.a. das Alter deines Babys und die Zahl deiner Arbeitsstunden.
  • Sprich dich frühzeitig mit der Firmenleitung ab, damit sie deinen Arbeitsplatz überprüfen und planen kann.
  • Für das unauffällige Abpumpen gibt es mittlerweile geniale Hilfsmittel.

Die WHO empfiehlt, 6 Monate voll zu stillen und bis zum 2. Geburtstag weiterzustillen. Aber wie, wenn man als Stillende wieder in den Job einsteigt? Weil Stillen und Muttermilch unglaublich wertvoll sind, bedenkt das Mutterschutzgesetz auch Stillende mit.

Wir gehen zuerst darauf ein, wie das Gesetz dir hilft, und geben dir weiter unten Tipps für die praktische Umsetzung von Stillen oder Abpumpen nach dem Wiedereinstieg in den Job.

Deine Rechte in der Stillzeit 

Wenn du während der Arbeitszeit stillen möchtest oder musst, kannst du das tun. Es gibt jedoch ein paar Regelungen, die wichtig sind. Du findest sie im Mutterschutzgesetz, kurz MuSchG.

  1. Bis zum ersten Geburtstag deines Kindes muss dich die Firmenleitung für Stillpausen oder zum Abpumpen von Muttermilch bezahlt freistellen. (§ 23)
  2. Es braucht eine formlose Mitteilung von dir, dass du stillen willst, denn dein Unternehmen muss daraufhin deinen Arbeitsplatz überprüfen. Hintergrund: Bestimmte Tätigkeiten sind auch in der Stillzeit nicht erlaubt. Dein Unternehmen muss zudem einen geeigneten Raum dafür zur Verfügung stellen oder erlauben, dass du außerhalb stillst. (§ 9)
  3. Stillpausen sind keine gesetzlichen Ruhepausen, die gibt es extra. Sie müssen auch nicht nachgearbeitet werden. Die Mindestlänge richtet sich nach der Arbeitszeit (Details weiter unten). Der Fahrtweg zum Kind und zurück gilt jedoch nicht als Stillzeit. 
  4. Kannst du außerhalb der Arbeitszeiten stillen, ohne dass der Stillrhythmus beeinträchtigt wird – wenn du beispielsweise nur noch nachts stillst – musst du in jedem Fall auf den Betrieb Rücksicht nehmen. 
  5. Die Geschäftsleitung darf einen Stillnachweis verlangen, nicht aber, dass du ihn bezahlst. Du bekommst ein solches Schreiben auf Anfrage in der Arztpraxis oder von deiner Hebamme.
  6. Der Anspruch auf ‘bezahlte’ Stillpausen endet mit dem 1. Geburtstag. Danach darfst du ebenfalls während der Arbeitszeit stillen, müsstest die Zeit jedoch nacharbeiten oder die Ruhepausen dafür nutzen.

Weigern darf sich die Geschäftsleitung nicht. Falls doch, kannst du bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde einreichen (§ 29). Nun aber zu den Zeiten:

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Vorgeschriebene Stillpausen im 1. Jahr

Wenn du vor dem ersten Geburtstag deines Babys wieder in den Job einsteigst, hast du Anspruch auf bezahlte Stillzeiten. Wie viel zusätzliche Zeit (§ 7) dir zum Stillen oder Abpumpen zusteht, hängt von deinem Arbeitsvertrag ab

unter 8 Stunden pro Tag (Teilzeit)

  • Es gibt keine gesetzlich festgelegte Zeitspanne, aber Stillpausen müssen gewährt werden, wenn du dabei die Unternehmensinteressen berücksichtigst. Du solltest möglichst wenig ausfallen.

8 Stunden pro Tag (Vollzeit)

  • Dir stehen 1 x 60 Minuten oder 2 x 30 Minuten pro Tag zu.
  • Du darfst zwischen den Modellen wechseln, jedoch mit Ankündigung.

Mehr als 8 Stunden pro Tag

  • Dir stehen 1 x 90 Minuten oder 2 x 45 Minuten pro Tag zu.
  • Wenn du zu deinem Kind fährst, darfst du auf 90 Minuten am Stück bestehen, musst aber nicht.
  • Du darfst zwischen den Modellen wechseln, jedoch mit Ankündigung.
  • Wenn deine Arbeitszeit am Tag 2 Stunden oder mehr unterbrochen ist, gelten die Zeiten davor und danach als Vollzeit.

Stillende sollten in der Regel nur von Montag bis Samstag zwischen 6.00 und 20.00 Uhr und maximal 8,5 Stunden pro Tag oder 90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden. Die Ruhezeit muss mindestens 11 Stunden betragen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Einsatz bis 22 Uhr genehmigt werden. Genaueres zu Schichtdienst, Spät- und Nachtdiensten sowie Sonn- und Feiertagen findest du in § 4, § 5, § 6.

Praktische Tipps für das Stillen im Beruf

Stillen und Job schließen sich nicht aus. Wie es gehen kann, folgt nun: 

1. Frühzeitig planen

Wenn du während der Stillzeit wieder in deinen Beruf einsteigen möchtest, überlege früh, wie du das Stillen in den Arbeitsalltag integrieren kannst. Mittlerweile weißt du, wie das Stillen läuft. Trinkt dein Baby effizient, wird das Stillen auch weiterhin problemlos klappen. Nuckelt es jedoch ewig, kann es sein, dass deine Milchproduktion abnimmt, wenn es durch deinen Job fortan seltener trinkt. Dann kann zusätzliches Abpumpen hilfreich sein. Tipps dazu findest du weiter unten.

2. Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen

Informiere deinen Arbeitgeber frühzeitig darüber, dass du trotz des Jobs stillen möchtest. Größere Unternehmen haben Richtlinien oder Programme zur Unterstützung von stillenden Müttern, wie zum Beispiel flexible Arbeitszeiten oder spezielle Stillräume. Bei kleineren Firmen hängt es meist von der Leitung ab, wie gut es angenommen und unterstützt wird. Wenn du konkrete Bedürfnisse hast, solltest du diese rechtzeitig kundtun. Manchmal ist auch etwas Überzeugungsarbeit nötig. Deine Rechte findest du oben.

3. Nach Bedarf stillen, auch im Job

Zugegeben, ein Stillplan wäre im Job besonders praktisch. Aber feste Stillzeiten sind vor allem bei kleineren Babys unnatürlich, gesetzliche Regelungen hin oder her. Deshalb darfst du auch weiterhin auf die Signale deines Babys achten und nach Bedarf stillen, allerdings nur nach Absprache. Wenn dein Team oder die Leitung dafür kein Verständnis hat, könntest du mit den wirklich hilfreichen Informationen des Netzwerks “Gesund ins Leben” Aufklärungsarbeit leisten. Sobald dein Stillkind größer ist und schon Beikost bekommt, kannst du versuchen, die Stillzeiten auf Anfang und/oder Ende der Arbeitszeit zu legen. Du kommst dann später oder gehst früher. Der kleine Milchhunger zwischendurch lässt sich dann prima durch abgepumpte Milch besänftigen, damit du keine Ersatzmilch geben musst. 

4. Das Baby zu dir bringen lassen

Am leichtesten gelingt der Jobeinstieg während der Stillzeit, wenn es jemanden gibt, der oder die euer Kind liebevoll umsorgt und dich tatkräftig unterstützt. Vielleicht kann diese Person das Baby zu dir bringen? Das spart Fahrzeit und entspannt dich. Ein sehr junges Baby kannst du je nach Job vielleicht mit zur Arbeit nehmen.  

5. Homeoffice erbitten

Apropos Homeoffice, von zu Hause arbeiten zu dürfen, ist ein Geschenk, aber Segen und Fluch zugleich. Die eingesparte Zeit ist grandios. Aber auch hier sinkt der Stresspegel, wenn du als (Still)Mama den Rücken freihast und Kind und Haushalt gut betreut weißt. Am besten sitzt du in der Arbeitszeit in einem separaten Raum, damit du dich besser konzentrieren kannst, denn permanentes Multitasking geht an die Substanz. Spätestens seit Corona wissen das viele Eltern.

6. Bei Schwierigkeiten: Zwiemilch erwägen

Stillen gelingt am besten in entspannter Atmosphäre. Im Job ist die nicht immer gegeben. Es kann also durchaus sein, dass dir die Kombination aus beidem auf Dauer zu anstrengend wird. Völlig okay, schließlich gibt es noch andere Möglichkeiten wie beispielsweise Zwiemilch, also abwechselnd zu stillen oder das Fläschchen mit Milchnahrung zu geben. Wenn dein Kind schon einige Monate alt ist, wird es damit klarkommen und du kannst ihm deine wertvolle Muttermilch nach der Arbeit schenken. Beachte nur, dass die Menge abnimmt, sobald du weniger stillst. Durch Abpumpen zwischendurch kannst du diesen natürlichen Prozess etwas abmildern und einem Milchstau vorbeugen. Du verhinderst auch, dass der Milchspendereflex unerwartet einsetzt und deine Kleidung nass wird. Tipp: Stilleinlagen tragen! 

7. Essen und trinken nicht vergessen!

Es scheint selbstverständlich, aber viele Menschen vergessen ihre Bedürfnisse, wenn sie konzentriert arbeiten. Doch die Qualität und Menge deiner Milch hängt auch davon ab, wie gut dein Körper versorgt ist. Stelle dir am besten immer gesunde Snacks und viel Wasser oder Fruchtschorlen bereit. Und denk daran: Erholungspausen stehen dir auch dann zusätzlich zu, wenn du Stillpausen beanspruchst.

8. Gelassen bleiben

Wenn die Milch nicht so gut fließt, das Baby nicht mitmacht oder sich das Team die ein oder andere unpassende Bemerkung nicht verkneifen kann: Möglicherweise flutscht nicht alles so schnell, wie du gern möchtest. Aber hab Geduld, nach einer Weile werden sich alle an die neue Situation gewöhnt haben. Je entspannter du an die Sache gehst, desto mehr entkrampft sich die Situation und irgendwann ist es ganz normal. Je mehr Frauen ihr Ding mit Humor und Energie durchziehen, desto leichter wird es für kommende Generationen. 

Tipps für das Abpumpen während der Arbeitszeit

Willst du während der Arbeitszeit nicht stillen, aber deine Milchmenge erhalten? Oder Milch gewinnen, damit sie dein Baby am nächsten Tag im Fläschchen bekommen kann? Dann haben wir auch hierfür ein paar Tipps unserer Hebamme:

1. Häufiger abpumpen

Abpumpen ist nie so effektiv, als wenn dein Baby an der Brust trinkt. Die Milchmenge wird also zwangsläufig abnehmen, wenn du statt zu stillen Milch mit der Pumpe gewinnst und seltener pumpst, als das Baby vorher getrunken hat. Vielleicht ist dir das recht, weil du ohnehin auf mehr Beikost umstellen wolltest. Falls nicht, hilft nur häufiges Pumpen (also besser das Zwei-Pausen-Modell) und gründliches Entleeren beider Brüste. Am besten geht das mit einer elektrischen Doppelpumpe. 

2. Elektrische Doppelpumpe leihen/kaufen

Eine solche, große Milchpumpe kannst du in der Apotheke ausleihen, jedoch nicht auf Rezept. Denn Milch abpumpen, weil du wieder arbeiten willst, ist medizinisch gesehen nicht notwendig. Die meisten Apotheken benötigen aber keine Verordnung dafür. Ob du ein Rezept in der Kinderarzt- oder Gyn-Praxis bekämst, hängt von Arzt oder Ärztin ab.
Pumpen zum Kaufen findest du von verschiedenen Anbietern. Sie sind meist kleiner als eine geliehene Milchpumpe und praktisch für unterwegs. Unser Tipp: Wenn du ganz unauffällig abpumpen willst und es dir leisten kannst, gibt es mittlerweile ziemlich geniale Doppelpumpensets von Elvie*, die sich unter BH und Bluse verstecken lassen und ohne Kabel oder sichtbare Schläuche auskommen. In Kombination mit einem Abpump-Bustier* klappt es aber auch mit normalen Pumpen fast nebenbei.

3. In gute Kühlsets investieren

Muttermilch muss bei Zimmertemperatur innerhalb weniger Stunden verbraucht oder sofort gekühlt werden. Wenn du auf der Arbeit einen Kühlschrank hast, ist das ideal. Aber wie kommt die Milch gekühlt nach Hause? Herkömmliche Kühltaschen oder Kühlbeutel reichen vor allem im Sommer dafür nicht aus. Abhilfe kann eine kleine, handliche Kühltasche mit Kühlakku leisten, zum Beispiel von Medela* oder anderen Anbietern. Und: Wenn du Muttermilch einfrieren willst, vergiss nicht, die Muttermilchbeutel zu beschriften.

4. Denk auch an dich 

Selbstfürsorge ist natürlich auch beim Abpumpen wichtig. Also gönne dir auch zwischendurch zustehende Ruhepausen, iss und trink, was dir guttut und bleibe so gut es geht bei dir. Ommmm.

5. Bilder vom Baby anschauen

Der Milchspendereflex setzt immer dann ein, wenn eine Extraportion des Bindungshormons Oxytocin ausgeschüttet wird. Normalerweise würde dein Baby dafür sorgen. Fotos, Videos und Tonaufnahmen helfen aber auch. Wie hast du bisher gestillt? Vielleicht kannst du das gewohnte Setting nachstellen. Mach es dir an deinem Platz mit Musik und Fotos so gemütlich wie möglich und sperre die anderen aus. Ohne Ablenkungen und unnötigen Stress oder Druck von außen fließt die Milch besser.

Fazit

Im Job zu stillen oder Milch abzupumpen ist noch nicht selbstverständlich, jedoch durchaus möglich. Dafür sorgen die Mutterschutzgesetze. Dennoch ist es wichtig, dass du dein Vorhaben rechtzeitig und offen kommunizierst. Mit der Unterstützung von Arbeitgeber und Familie kannst du Stillen (oder Abpumpen) und Beruf erfolgreich vereinbaren und deinem Baby deine wertvolle Milch auch weiterhin schenken. Humor, Gelassenheit und ein wenig Vorbereitung helfen dabei. Viel Erfolg!

7194bbce16fa42c09bd36759dba20ddb - Stillen und Beruf vereinbaren – so kann es gehen

Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 20.05.2024
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert