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Ist Einschlafstillen wirklich gut?

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Das Einschlafstillen ist nicht unumstritten. Viele Mütter praktizieren und lieben es. Andere vermeiden es und warnen davor. Was ist dran an der Behauptung, dass Kinder, die in den Schlaf gestillt werden, ohne das Stillen irgendwann nicht mehr einschlafen können? Wir klären dich über die Vor- und Nachteile des Einschlafstillens auf!

Um zu verstehen, welchen Effekt Einschlafstillen hat, ist ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit notwendig

Einschlafstillen aus evolutionsbiologischer Sicht

Aus evolutionsbiologischer Sicht ist Einschlafstillen ein vollkommen natürlicher Vorgang. Früher hätten Babys ohne ihre Eltern nicht lange überlebt. Sie wären verhungert, erfroren oder gefressen worden. Daher suchten Babys instinktiv die Nähe zu jemandem, der sie trägt, beschützt und für ihr Wohlergehen sorgt.

Stillen gab Babys schon immer ein Gefühl von Geborgenheit. Mehr noch. Durch den direkten Körperkontakt mit der Mutter wurde nicht nur ihr Hunger gestillt. Jemand wärmte und beschützte sie. Es ist daher tief im Köpfchen eines Babys verankert, dass es beim Stillen entspannen und einschlafen kann.

Evolutionsbiologisch ist Einschlafstillen also ein Grundbedürfnis. Woher kommt dann die Angst, dass man das Kind falsch „prägen“ könnte? Weshalb wird Einschlafstillen heutzutage oft kritisch betrachtet?

Zurück in die Gegenwart

Einschlafstillen aus heutiger Sicht

Wir Menschen haben uns weiterentwickelt. Wir leben in warmen Häusern, haben sichere Bettchen für unsere Babys und die Gefahr, dass Babys von wilden Tieren gefressen werden, ist ebenfalls gebannt. Das alles weiß ein Baby nicht. Es trägt die gleichen Urängste in sich wie früher.

Nicht die Babys haben sich verändert, sondern wir. Heutzutage machen wir uns Gedanken darüber, ob wir unser Baby verwöhnen, wenn wir es häufig tragen, wenn wir es im Familienbett schlafen lassen oder wenn wir es zum Einschlafen stillen. Wir hinterfragen die Dinge, statt auf die natürlichen Bedürfnisse unserer Babys und unsere Instinkte zu hören. Das Einschlafstillen ist hier nur ein Beispiel von vielen.

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So bewertet die Psychologie das Einschlafstillen

Betrachtet man das Einschlafstillen aus psychologischer Sicht, genau genommen aus der Sicht des sogenannten behavioristischen Modells, wird die Diskrepanz zwischen früher und heute glasklar. Heute wird es nicht mehr als natürliches, sondern als erlerntes Verhalten betrachtet, wenn ein Baby ohne elterliche Begleitung nicht schlafen kann. Das Einschlafstillen basiert aus psychologischer Sicht nämlich auf einer Assoziation. Dadurch, dass wir Babys beim Einschlafen stillen, verknüpfen sie das Einschlafen unmittelbar mit dem Stillen. Es gehört für sie zum Einschlafen dazu. Und hier sehen Psychologen das Problem. Einschlafen könnte irgendwann ohne dieses erlernte Einschlafprogramm (das Stillen) nicht mehr möglich sein.

Stimmt das?

Ja, das Kind gewöhnt sich an das Einschlafen an der Brust. Und ja, man wird ihm irgendwann womöglich eine Alternative anbieten müssen, um es vom Einschlafstillen zu entwöhnen – spätestens wenn man abstillen möchte. Aber trifft das nicht auf alle Einschlafhilfen zu? Eltern, die ihre Babys in den Schlaf tragen oder ihnen das Fläschchen geben oder ihnen einfach „nur“ die Hand halten, werden irgendwann vor demselben „Problem“ stehen. Keine Einschlafhilfe ist für die Ewigkeit gedacht. Gewöhnung, Entwöhnung und Loslösung sind ganz natürliche Prozesse im Baby- und Kleinkindalter. Du musst dir keine Sorgen machen, dass dein Baby „abhängig“ von der Brust wird und du diese Gewohnheit nicht ändern kannst. Mit dem Abstillen ist schon immer eine „Gewohnheitsänderung“ verbunden. Du wirst so oder so durch diese Phase hindurch müssen.

Die meisten Stillkinder stillen sich zwischen dem 2. und 4. Geburtstag von selbst ab, womit auch das abendliche und nächtliche Stillen wegfällt.

Sibylle Lüpold (Hebamme)

Weshalb Einschlafstillen gut ist

Nähe, Sicherheit, Geborgenheit – das alles sind Grundbedürfnisse eines Babys. Durch das Einschlafstillen sorgst du für die perfekten Rahmenbedingungen zum Einschlafen. Dein Baby kann entspannen, Milch trinken und findet leicht in den Schlaf.

Es spricht rein gar nichts dagegen, deinem Kind diese „Hilfestellung“ zu geben. Jedes Kind wird irgendwann auch ohne das Stillen einschlafen können. Du musst dir keine Sorgen machen, dass du Einschlaf-Assoziationen weckst, die ihr nicht mehr los bekommt. Im Gegenteil. Durch die Nähe und die positive Einschlafsituation sammelt dein Kind gute Erfahrungen, baut Sicherheit auf und wird selbständiger. Es legt seine Angst ab. Dadurch wird ein entspanntes Einschlafen ohne irgendwelche Einschlafhilfen überhaupt erst möglich.

Mit dem Einschlafstillen legst du den Grundstein dafür, dass dein Baby Schlaf als etwas Positives, etwas Entspannendes wahrnimmt. Und diese durch das Stillen ausgelöste Form der Entspannung kannst du später durch andere Entspannungsformen ersetzen, beispielsweise durch streicheln oder Hand halten. Dein Baby wird vermutlich erst einmal auf dem alten Ritual beharren. Das ist normal. Wenn du es einfühlsam begleitest, kannst du es aber nach und nach an eine neue Möglichkeit zum Einschlafen heranführen. Irgendwann wird dein Kind auch allein in den Schlaf finden. Eine sichere Eltern-Kind-Beziehung ist hierfür das A und O.

(K)Eine Alternative: Das Baby wach ins Bett legen

Natürlich kannst du versuchen, dein Baby wach in sein Bettchen zu legen. In den meisten Fällen wird das aber nicht funktionieren. Babys brauchen beim Einschlafen eine Begleitung – in welcher Form auch immer. Wenn du deinen Schatz also nicht schreien lassen möchtest, bis er resigniert oder vor Erschöpfung einschläft (bloß nicht!!!), brauchst du eine Strategie, ein Ritual, das ihm beim Einschlafen hilft.

„Es ist ganz normal, dass Babys beim Einschlafen Hilfe brauchen. Und ganz sicher keine schlechte Angewohnheit.“

Nora Imlau (Journalistin und Autorin)

Einschlafstillen ist nur eine Möglichkeit von vielen. Du kannst dein Baby auch in den Schlaf tragen, du kannst mit ihm kuscheln – ganz wie es für euch am besten funktioniert. Dass du dein Baby beim Einschlafen begleitest, ist keine schlechte Angewohnheit, die ihr als Eltern ihm „beigebracht“ habt. Es ist ganz normal und natürlich, dass euer Kind diese Begleitung braucht. Und Einschlafstillen ist sicherlich eine der stressfreisten Einschlaf-Methoden, die es gibt – für dein Baby und für dich.

Einschlafstillen: Vor- und Nachteile auf einen Blick

Vorteile:

  • Einschlafstillen ist ein natürliches Schlafmittel, da die Inhaltsstoffe der Muttermilch beruhigend und schlaffördernd wirken. Es ist aus biologischer Sicht also sehr sinnvoll, ein Kind in den Schlaf zu stillen.
  • Die meisten Kinder schlafen an der Brust hervorragend ein. Einschlafstillen erspart euch jede Menge Einschlafstress.
  • Einschlafstillen unterstützt die Milchbildung. Nachts ist die Milchbildung am höchsten. Denn die Ausschüttung der an der Milchbildung beteiligten Hormone erreicht dann ihren Höhepunkt. Dein Körper bildet nachts also am meisten Milch. Durch das Weglassen des Einschlafstillens reduziert sich oft die Milchmenge.
  • Durch Einschlafstillen wird die Brust gut entleert. Es kann sich nichts stauen.
  • Einschlafstillen unterstützt das Wachstum. Die Wachstumshormone werden größtenteils nachts ausgeschüttet.
  • Die vermehrte nächtliche Zuwendung und der zusätzliche Körperkontakt beim Einschlafstillen wirken sich positiv auf die kindliche Entwicklung aus.
  • Nächtliche Aufwachphasen können unmittelbar im Halbschlaf abgefangen werden. Wenn dein Kind in oder an deinem Bett schläft, musst du nicht einmal aufstehen.
  • Durch das unmittelbare Stillen werden die nächtlichen Schreiphasen reduziert. Das Baby findet schnell wieder in den Schlaf.
  • Einschlafstillen fördert die sichere Bindung zwischen Mutter und Kind. Das gegenseitige Vertrauen wird durch die zusätzliche Zuwendung unterstützt.

Nachteile:

  • Nur die Mutter kann „den Job“ übernehmen. Ein Baby, das es gewohnt ist mit der Mutter einzuschlafen, wird sich bei einer anderen Person schwerer tut. Aber auch ein einschlafgestilltes Kind kann ohne Mama einschlafen. Wichtig ist, dass stattdessen eine andere Bezugsperson bei ihm ist, die es beim Einschlafen begleitet und die es tröstet, falls Tränchen fließen. Es sollte nicht alleingelassen werden.
  • Wenn du das Einschlafstillen abgewöhnen möchtest, brauchst du alternative Beruhigungsstrategien, etwa einen Schnuller oder ein Schnuffeltuch. Die Umgewöhnung braucht Zeit. Aber: Du brauchst immer Geduld und Alternativen, wenn du ein Einschlafritual verändern möchtest – egal ob du zum Einschlafen gestillt hast oder nicht. Kinder, die es gewohnt sind mit der Flasche oder beim Tragen einzuschlafen, werden sich genauso schwertun, wenn Eltern diese Einschlafrituale verändern wollen.
  • Das Kind braucht eine andere Einschlafstrategie, wenn es in die Kita kommt. Meist finden Kinder in der Kita aber ganz von selbst einen anderen Weg zum Einschlafen.
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Fazit

Du solltest keine Angst vor Gewohnheiten haben. Einschlafstillen ist etwas Schönes und Nützliches. Es beruhigt dein Kind und hilft ihm, entspannt in den Schlaf zu finden – und es erspart dir viel Einschlafstress. Einschlafstillen ist also gut für dein Baby und für dich. Lass dich nicht verunsichern. Wie so häufig gilt auch hier: Höre auf dein Bauchgefühl. Wir Eltern sollten viel häufiger unserem Instinkt vertrauen.

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Quellen

✔ Inhaltlich geprüft am 23.05.2023
Dieser Artikel wurde von Juliane Baier geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Patricia Schlösser-Christ

Patricia widmet sich als Kulturanthropologin mit Leidenschaft der Kindheits- und Familienforschung. Ihre liebsten (und herausforderndsten) „Studienobjekte“ sind ihre beiden kleinen Töchter. Wenn sie nicht gerade Feldforschung im Kinderzimmer ihrer kleinen Rasselbande betreibt, powert sie sich beim Handball aus.

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