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An deiner Hand lernt dein Kind nicht richtig laufen

An deiner Hand lernt dein Kind nicht richtig laufen
Laufen lernen klappt besser ohne Hilfe! / Bild © eggeeggjiew, Adobe Stock

Im Alter zwischen 9 und 20 Monaten lernt ein Kind in der Regel zu laufen. Viele Eltern wollen diesen spannenden Meilenstein unterstützen. Doch Vorsicht! Warum dein Kind an der Hand nicht richtig laufen lernt und was du stattdessen tun kannst, erfährst du jetzt! 

„Wahnsinn, du stehst ja!“

Dein Baby ist schon lange kein Baby mehr: Es brabbelt vor sich hin, hat innerhalb weniger Tage einen Wachstumsschub oder zieht sich auf einmal an einzelnen Möbelstücken hoch, bis es steht. Spätestens jetzt ist vielen Eltern klar: Bis zum Laufen ist es nicht mehr weit! Verständlich, dass du deinem Kleinkind beim Laufenlernen helfen möchtest und ihm deswegen immer wieder deine Hand anbietest. Wenn du nicht aufpasst, kann das Ganze aber auch schnell nach hinten losgehen!

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Aber ich will meinem Kind doch nur helfen!

Sicher, du meinst es nur gut. Wenn du deinem Kind aber immerzu die Hand zum Laufen anbietest, kann es nicht richtig laufen lernen.

Denn:

  • Für das „freie Laufen“ werden die Arme benötigt. Nur so kann das Kind sein Gleichgewicht ausbalancieren und ein Gefühl für die motorischen Abläufe entwickeln. Wenn es deine Hände hält, verpasst es diese Erfahrungen.
  • Durch deine Größe als Erwachsener muss das Kind sich automatisch in eine überstreckte Position bringen, selbst wenn du dich zu ihm hinunterbeugst. Es „hängt“ sich also mit seinem Oberkörper in deine Hände hinein und kann so weder die Muskulatur stärken, noch Gleichgewicht oder Rumpfstabilität entwickeln. 
  • Die meisten Kinder entwickeln automatisch einen unnatürlichen Zehenspitzen-Gang, wenn sie an der Hand laufen.
  • Obendrein schadet ihr als Eltern natürlich euren Rücken, wenn ihr das regelmäßig macht.

Die Folge? Dein Kind bekommt womöglich Haltungsschäden und beginnt sehr viel später zu laufen, als wenn es diesen Meilenstein eigenständig gemacht hätte.

Was du stattdessen tun kannst

Hab keine Sorge! Es gibt gute Alternativen, wenn du dein Kind beim Laufen lernen unterstützen möchtest. Diese sind:

  • Knie dich links oder rechts neben das Kind, wenn es bei Gehversuchen nach deinem Halt sucht. Lasse deine Hände auf seiner Schulterhöhe und biete ihm den Zeigefinger an. So „hängt“ sich das Kind nicht in deine Hände. Obendrein kann es deinen Zeigefinger viel sicherer umschließen und festhalten.
  • Alternativ kannst du dich hinter das Kind knien und es mit den Händen sanft unter beide Achseln fassen, während es einige Schritte geht. So stabilisierst du von hinten seinen Rumpf. Achte darauf, dass du deinen Griff möglichst locker lässt und es nicht hochhebst. Du bietest ihm so lediglich zusätzliche Sicherheit.
  • Ermahne das Kind nicht, wenn es sich an Möbelstücken oder Gegenständen hochzieht, um loszulaufen. Dein Kind macht das aus einem natürlichen Antrieb und Forschergeist heraus. Sorge also lieber vorab dafür, dass deine Wohnung kindersicher ist, damit dein Kind alles als Starthilfe nutzen kann.
  • Lass dein Kind möglichst viel barfuß laufen, wenn die Temperaturen es zu lassen. Gerade das barfuß laufen im Park oder Wald kann helfen, mehr Gleichgewicht zu bekommen, da der unebene Boden eine zusätzliche Herausforderung bietet. Obendrein lernt dein Kind dann zügiger, wie es seine Füße aufsetzen und abrollen muss.

Erinnerung: Unfälle, Stürze, Verletzungen, Plumpsen, wackelige Angelegenheiten – all das gehört ganz natürlich dazu, wenn ein Kind das Laufen lernt.

Laufen lernen ist kein Wettbewerb!

  • „Wie, dein Kind läuft immer noch nicht? Unser Kind läuft schon seit Monaten!“
  • „Habt ihr denn noch nicht geübt?“
  • „Nimm es doch mal an die Hand und zeig es ihm!“

Stopp! Es ist Zeit, diese falschen und alten Annahmen ein für alle Mal zu verabschieden! Sollten dir Menschen so übergriffig begegnen, versuche, keinen Wert auf ihre Meinung zu geben. Denn: Die Meilensteine der Kleinkind-Entwicklung verlaufen IMMER individuell und im eigenen Tempo. Dein Kind wird nicht schneller das Laufen lernen, wenn du ständig mit ihm übst oder es an deiner Hand laufen lässt. Ganz im Gegenteil.

Das Kind lernt das sogenannte „freie Laufen“, wenn …

  • Der Körper bereit dafür ist (Motorik) und es von sich aus damit loslegt (natürliche Motivation).
  • Die Möglichkeiten da sind, dass das Kind frei und auf seine eigene Weise üben, fallen und lernen darf. Dafür muss es sich hochziehen, hangeln und auf unterschiedlichste Weise in die aufrechte Position bringen können. Manchmal hilft es auch, wenn das Kind dabei einen Gegenstand vor sich her durch den Raum schieben kann.
  • Es keinen Druck oder Zwang bekommt. Das Kind darf in seinem Tempo das Laufen lernen, denn das behält es schließlich für den Rest seines Lebens als Fortbewegungsmittel bei. Obendrein wird es viel mehr Stolz und Selbstvertrauen spüren, wenn es diesen Weg selbst und ohne ständige Unterstützung geht.

Und was ist mit Lauflernwagen?

Dein Kind braucht kein extra Gerät, um das Laufen zu lernen. Es wird sich im Laufe der Zeit ohnehin überall hochziehen und immer wieder üben. Wenn ihr allerdings einen eher minimalistischen Wohnstil habt, wo das Kind nur wenig Möglichkeiten zum Hochziehen und Schieben hat, können Lauflernwagen eine minimale Abhilfe schaffen. Das „Schieben“ geht allerdings auch mit einem üblichen Stuhl auf Kinderhöhe, den das Kind vor sich herschiebt. Hier solltest du darauf achten, vorher Filzgleiter anzubringen, mit denen der Stuhl trotzdem sicher und gut über den Boden rutscht. 

Wir wünschen deinem Kind ein fröhliches Laufen-lernen!

Wie ist es bei deinem Kind? Lernt es gerade laufen und wenn ja, hilfst du ihm dabei? Wir freuen uns auf deinen Kommentar zum Thema!

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Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

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